Jun 022012
 

Über Zen

Von Peter Gottwald

Es gibt eine Wirklichkeit, die vor Himmel und Erde steht.
Sie hat keine Form, geschweige denn einen Namen.
Augen können sie nicht sehen,
lautlos ist sie, nicht wahrnehmbar für Ohren.
Sie Geist oder Buddha zu nennen,
entspricht nicht ihrer Natur,
wie das Trugbild einer Blume wäre sie dann.
Nicht Geist noch Buddha ist sie;
vollkommen ruhig erleuchtet sie in wunderbarer Weise.
Nur dem klaren Auge ist sie wahrnehmbar.
Das Dharma ist sie und wirklich jenseits von Form und Klang.
Das Tao ist sie, und Worte haben nichts mit ihr zu tun.
In der Absicht, Blinde anzuziehen,
ließ Buddha seinem goldenen Munde
spielerische Worte entspringen.
Seitdem sind Himmel und Erde
überwuchert mit dichtem Dornengebüsch.
O meine lieben und ehrenwerten Freunde,
die ihr hier versammelt seid!
Wenn ihr euch danach sehnt,
die donnernde Stimme des Dharma zu hören,
gebt eure Worte auf, entleert eure Gedanken,
dann kommt ihr so weit das eine Sein zu erkennen.
Daio Kokushi                    

Ehe ich zu meinem Thema komme, halte ich fest, dass der Begriff „Meditation“ in sehr verschiedenen Diskursen gebräuchlich ist. Für die Einen ist es eine religiöse Praxis im Rahmen einer Konfession, für die Anderen eine Methode unter anderen, die der „wellness“ dienen.

So konnte Lassalle [1] sagen: In der Meditation geht die Seele Gott so weit entgegen wie dies möglich ist. Aber in manchen Anzeigen heißt es heute nur noch: Zen vermag gestresste Manager besser auf ihre Arbeit einzustellen.

Auch im Kontext buddhistischer Lehren wird Meditation unterschiedlich gesehen. Den einen ist sie ein Weg zur Erleuchtung, zur Befreiung vom Leid, als ein ganz diesseitiger Pfad der Achtsamkeit, den anderen eine Praxis der Annäherung an einen zum Gott gemachten Buddha, den man um etwas bitten kann. Dann gab es noch den Baghwan Shree Rajneesh, der speziell für seine westlichen SchülerInnen eine „dynamische Meditation“ konzipierte, in der Bewegung und Stille wechseln. Schließlich haben Ärzte und Psychotherapeuten im Westen aus östlichen Meditationsformen wie dem Zen und dem Yoga neue Formen abgeleitet, die einen Platz in der ärztlichen Praxis gefunden haben: Übungen der Achtsamkeit und Autogenes Training. Aber die „Achtsamkeitsbasierte Stress Reduktion“ (ABSR) ist ebensowenig Zen wie das Autogene Training noch Yoga ist!

Methodologische Vorbemerkung.

Will man etwas über Meditation, welcher Art auch immer, wissen, so findet man sich alsbald vor einem Dilemma: Setzt man sich nicht selbst einer meditativen Praxis aus, und zwar in vollem Ernst und nach allen Regeln der jeweiligen Schule, unterstützt und gefordert zugleich von einem anerkannten Lehrer, sondern übt „mit einem Hintergedanken“, so hintergeht man den Lehrer, wenn man insgeheim nach Wissen über die Meditation sucht – anstatt sich mit dem Wissen zu begnügen, das einem zuteil wird. Hält man sich solchermaßen selbst, bedingt durch einen inneren Vorbehalt, der einen als Wissenschaftler bestätigt, gleichsam zurück, anstatt sich ganz der Übung hinzugeben, so verrät man aber nicht nur die Lehrer, sondern auch sich selbst, da man sich so um die Früchte der Übung bringt. Diese methodologischen Überlegungen galten immer schon für diejenigen Ethnologen, die sich im Äußeren an die untersuchten Menschen anzupassen wussten, innerlich aber doch Wissenschaftler blieben, d.h. aber gegenüber ihren von Magie oder Mythos bewegten Objekten auf einer ganz anderen kulturellen Stufe, nämlich einer mental-rationalen, standen [2]. Sie hatten damit immer etwas von Spionen, da sie sich – im Dienst ihrer Wissenschaft – der fremden Kultur weder hingeben konnten noch durften. Es handelt sich also im schlimmsten Fall tatsächlich um „Spione im Haus der Liebe“, wie ich mit einem Buchtitel von Anais Nin sagen könnte.

Setzt man sich aber, eingedenk einer solchen Warnung, nicht selbst der Übung aus, so bleibt einem nur zweierlei – und das aus jeweils zweiter Hand: Das Studium von Texten oder die Befragung von Erfahrenen, die man allerdings erst einmal von der Sinnhaftigkeit der wissenschaftlichen Zugangsweise überzeugen muss. Im ersten Fall hat man es mit dem eingangs zitierten „Dornengestrüpp“ zu tun, das sich jeder Hermeneutik hartnäckig widersetzt [3], im zweiten Fall mit Menschen, in denen u.U. missionarische Impulse sich auf den Forscher richten [4], wenn sie es nicht geradezu darauf anlegen, die Fragenden lächerlich zu machen.

Vorbemerkung aus ärztlicher Sicht.

Vorab sei schon einmal in aller Deutlichkeit gesagt, das Zen keine Therapie, kein Heilmittel in irgendeinem medizinischen Sinne ist, auch keine Psychotherapie [5], dass der Weg vielmehr eine Ichstärke und eine robuste, von Stress nicht so leicht aus dem Gleichgewicht zu bringende Persönlichkeit erfordert [6]. Dass im Verlauf der Übung durchaus die eine oder andere gesundheitliche Verbesserung eintreten kann, ist davon unberührt. Doch ist Gesundheit nicht das Ziel des „zielfreien Weges“, ja nicht einmal ein „Heil“, wie die Meister nicht müde werden zu warnen. Allerdings, träte nicht eine positive Entwicklung ein – wer würde dann noch die Übung durchhalten? Jedenfalls geht es nicht um „Gesundheit“, vor einer solchen Erwartung wird  ausdrücklich gewarnt. Um diese Warnung zu begründen, sei an Karl Jaspers [7] und seine Lehre von den Stufen ärztlicher Tätigkeit erinnert, die er in seiner „Allgemeinen Psychopathologie“ niedergelegt hat. Dort weist er fünf Schritte auf:

  • den ärztlichen Eingriff, sei es mittels eines Medikaments oder des Skalpells.
  • die Beratung hinsichtlich der Lebensführung, als allgemeine Diätetik.
  • die Vermittelung von Wissen über das Krankheitsgeschehen
  • Psychotherapie in den verschiedenen Formen.
  • Existentielle Kommunikation.

Dabei gilt: Auf der jeweils höheren Stufe muss gearbeitet werden, wenn auf der unteren kein dauerhafter Erfolg eintritt. So ist bei wiederkehrenden Entzündungen evtl. das Essverhalten zu ändern, falls auch das nicht hilft, wird Wissen vermittelt über die Weisen und Grenzen der ärztlichen Möglichkeiten in einem solchen Falle, damit aber auch dem Patienten vermittelt, dass bestimmte Leiden nicht zu heilen, allenfalls zu lindern sind, letztlich ertragen werden müssen. Erst wenn dem Patienten all dies nicht zuzumuten ist, kommt nach Jaspers Psychotherapie ins Spiel, wobei sich der Arzt zur Funktion im Dienste der Gewinnung seelischer Gesundheit beim Patienten macht. Das heißt aber auch, dass er nicht mehr rückhaltlos Wissen vermitteln darf, wenn deutlich ist, dass dies dem Patienten schadet, dass er die Dynamik, die sich entwickelt, nicht für eigene Zwecke missbraucht, sondern im Dienste des Patienten nutzt – in der Psychoanalyse spricht man hier von der Notwendigkeit der Übertragung wie auch deren analytischen Bearbeitung und schließlich Auflösung nach gelungenem Prozess. Erst auf der höchsten Stufe kann eine rückhaltlose Kommunikation erfolgen, von Existenz zu Existenz, wie Jaspers sagt.

Indirekt mag man aus dieser Stufenlehre auf „Gesundheit“ schließen: Sie ist evident, wenn es keines Eingriffs bedarf, die Lebensweise in Ordnung ist, Wissen vorliegt (und ertragen werden kann), Seelisches im Gleichgewicht scheint – und schließlich eine geistige „Statur“ existentielle Kommunikation möglich macht.

Blickt man von dort her auf die Kommunikation zwischen Meister und Schüler im Zen, so wird man diese als Sonderform der existentiellen Kommunikation auffassen dürfen, bei welcher der Meister derjenige ist, der sich einer existentiellen, einer Grenzsituation aussetzte, eine heilsame Erfahrung machte und nun alles daran setzt, seinen Schülern eben dies zu ermöglichen, von Herz zu Herz vermittelt, wie es heißt, in der Erwartung der unbedingten Bereitschaft der Schüler, sich der Übung „in vollem Ernst“ ebenfalls auszusetzen, durch alle Zweifel hindurch, in dem festen Glauben, dass dort eine heilsame Erfahrung möglich ist.

Zur Praxis und Lehre des Zen.

Im Folgenden beziehe ich mich auf eine besondere Tradition des Zen, nämlich die Schule der „Drei Kostbarkeiten“ (jap.: SanBoKyoDan), wie sie sich in der Linie Harada-Yasutani-Yamada manifestierte. Ihr gehören in der Bundesrepublik Lehrerinnen wie Gundula Meyer und Lehrer wie Victor Löw, Paul Shepherd und Willigis Jäger an. Letzterer hat noch im hohen Alter eine eigene Linie gestiftet und Anschluss an eine Chan-Tradition in China gefunden.

Meine eigene Position (nach 30 Jahren als Zenschüler in dieser Tradition ist weder eine religiöse, sei es nun eine buddhistische oder christliche Einstellung,  noch eine auf Gesundheit oder wellness ausgerichtete. Mir geht es um eine Praxis der Versenkung, die zu Bewusstseinszuständen führen kann, welche zutiefst beglücken, und die alsbald im Alltag in eine Lebensform zu integrieren sind, die hier und heute mit Achtsamkeit und Mitgefühl ein Miteinander Leben erlaubt, das in seiner Kürze und Leidhaftigkeit gleichwohl sinnvoll gestaltet werden kann.  Jean Gebser [8], auf den sich auch Lassalle bezog, hat für diese neue Lebensform den Begriff „Integrales Bewusstsein“ geprägt und angenommen, dass ein solches, gewinnt es erst einmal Raum, das noch herrschende mentalen Bewusstsein (und die darauf gründende und heute so bedroht erscheinende Kultur) ablösen könne.

Die Zenpraxis wird damit im Westen zunehmend frei von ihren buddhistischen Wurzeln, sie zielt nicht mehr auf die Befreiung vom Leiden ab, erhofft sich nicht mehr eine Erlösung in einem Nirwana immerwährenden Glücks, sieht das Leben auf diesem Planeten nicht mehr als überwiegend leidvolle Erfahrung, angetrieben von Gier, Hass und Verblendung, wie sie das „Lebensrad“ mit seinen Wiedergeburten in Bewegung halten, sondern als eine Möglichkeit der Übung, eine Bemühung um Qualität [9], und zwar im Respekt vor anderen Lebensformen und Lebensauffassungen, mit denen sie in gewaltfreie Kommunikation einzutreten sucht, nüchtern, sachlich und achtsam – und das  ohne irgendeinen metaphysischen Standpunkt einzunehmen. Wird der Zenweg von Menschen gegangen, die sich zu einer Konfession bekennen, so mischen sich deren Gewissheiten auf eine Weise ein, welche die reine Form verfälschen können; gleichwohl findet man diese Mischung heutzutage recht oft, und es kann beträchtliche Mühe bereiten, klare Standpunkte zu erkennen – aber das ist eine andere Geschichte.

Damit komme ich zur Zenpraxis als konkrete Form der Meditation. Wie die meisten von Ihnen wissen, besteht sie in der Übung einer bestimmten inneren und äußeren Haltung, vollzogen in besonders dafür eingerichteten Räumen und Zeiten, in einer Gemeinschaft unter Anleitung eines Lehrers. Dieser, so sagt es die Tradition, steht in einer langen Reihe von Erfahrenen, die sich zuletzt bis auf den historischen Buddha zurückführen lässt. Von ihm – und dann von allen weiteren auf alle weiteren – wurde die Lehrbefugnis erteilt, bis heute.

Was lässt sich nun in dieser Übung erfahren?

Neben den Schmerzen, die das stille Sitzen den meisten bereitet, ist es zunächst und vor allem die Konfrontation mit dem unablässigen Strom der Gedanken und Gefühle, die in der tiefen Stille des Meditationsraumes auf einen einstürmen und immer wieder von der inneren Haltung – der Konzentration auf den Atem, wie er von selber kommt und geht – ablenken. Dann gilt es, sich nicht auf dieses oder jenes einzulassen, sondern sogleich zur Übung zurückzukehren, die auch darin bestehen mag, die Atemzüge zu zählen, von eins bis zehn und wieder von vorne, bis der Gong das Ende eine Sitzperiode ankündigt.

Sodann können bisher ungeahnte Erinnerungen auftreten, aber auch optische und akustische Illusionen wahrnehmbar werden, ja geradezu sich Dramen vor dem inneren Auge, lebhaft wie in Träumen, abspielen, durch die man in der gleichen Weise hindurchgehen muss, um immer wieder zur Übung zurückzukehren [10]. Die ist, wie man sich nun denken kann, einfach aber nicht leicht, wie die Pastorin und Zenmeisterin Gundula Meyer sagt. Vertieft sich diese Praxis, so kann man gelegentlich in Zustände einer Versunkenheit (jap.: Zanmai, nicht zu verwechseln mit dem indischen Samadhi) geraten, in denen einem „die Zeit“ abhanden kommt trotz der Gewissheit, dass man immer „wach“ geblieben ist.

Peter Gottwald 2009

Und schließlich kann, oft erst nach Jahren, eine Erfahrung sich einstellen, von der die Lehrer sagen, ja, das war „es“, die Erleuchtung – wenn es denn der eindringlichen Prüfung standgehalten hat, die u.a. darauf achtet, ob tatsächlich ein „jenseits von Raum und Zeit“, oder eben „Leerheit“ erfahren wurde, wie sie der Buddha in der klassischen Herz-Sutra bezeugte, in der es heißt: Als der Buddha in tiefer Meditation erwachte, erkannte er, dass alle Bewusstseinszustände leer sind und er errettete aus allem Leid.

Die Lehrer in dieser Tradition vertreten die Überzeugung, dass die „eigentliche harte Arbeit“, nämlich die der Integration der Erleuchtung, erst dann beginnt. Im Bilderzyklus der „Zehn Ochsen“ sind für diesen Prozess vier Stufen vorgesehen [11].

Lassalle pflegte zu betonen, dass neben positiven Auswirkungen auf Gesundheit (etwa das Verschwinden von Migräne), bei längerer Übung dieser Art auch Veränderungen im Charakter zu erwarten seien, etwa ein Ausgleich zwischen divergieren Strebungen, eine Zunahme an Intuition. Und schließlich sei es die Erleuchtung, die erfahrbar werde – die aber müsse in einem langen Prozess der weiteren Übung integriert werden in eine Lebenspraxis, die eventuell den Adepten schließlich als Lehrer auf den Marktplatz führen kann, wo er „verdorrte Bäume schnell zum Blühen bringen kann“.

Mit dieser Darstellung könnte man es bewenden lassen, denn alles Weitere kann nur konkret erfahren und in den jeweiligen konkreten Alltag eingebettet werden, der etwa tägliches häusliches Meditieren, aber auch Intensivkurse im Laufe des Jahres vorsieht, bei denen die Begegnung mit Meistern (und das Erleben der Gemeinschaft der Übenden) im Vordergrund stehen.

Im Rückblick allerdings auf den eingangs rezitierten Text erlaube ich mir dennoch einige Anmerkungen. Derartige Texte werden in den Übungswochen (jap.: Sesshins) regelmäßig rezitiert, ohne dass Gelegenheit entstünde, darüber ins Gespräch zu kommen. Allenfalls mag sich der Lehrer in seinen täglichen Unterweisungen (jap.: Teisho) darauf beziehen. Die Schüler bleiben also einstweilen ratlos vor einem Text, der aus einer fremden Tradition stammt, eine ganz andere Auffassung von „Wirklichkeit“ vertritt und etwas lobt und preist, von dem man keine Ahnung haben kann. Warum soll man sich dann danach „sehnen, die donnernde Stimme des Dharma zu hören“? Und wie stellt man es an, „die Worte aufzugeben und die Gedanken zu entleeren?“ Solche Fragen werden die Meister in den Einzelgesprächen (jap.: Dolkusan) behutsam beantworten, auf die Übung hinweisend, die eben kein „Tun“, sondern ein „Lassen“ ist. Dabei gilt es jedenfalls, immer dann zur Übung zurückzukehren (dem Atem folgen, die Atemzüge zählen, auch dem Koan sich erneut anvertrauen), wenn man bemerkt, dass man davon abgewichen ist und in „täuschende Gedanken und Gefühle“ geriet. Ohne sich zu ärgern, ohne sich selbst zu tadeln – und auch durch diese Aktionen hindurch – genüge, so hört man, eine „kleine Bewegung des Geistes“, um zur Übung zurückzukehren. Eine besondere Rolle spielen dabei die sogenannten „Koans“, das sind Sammlungen von Interaktionen und Gesprächen zwischen Meister und Schüler, in denen letztere zu einer Erleuchtung gekommen sind [12]. Eines der bekanntesten – neben dem berühmten „Klatschen der einen Hand“ ist das Koan „MU“:

Ein Mönch kam zu Joshu und fragte den Meister in vollem Ernst:
Hat der Hund Buddhanatur oder nicht? Meister Joshu antwortete: Mu 

Nach dieser Nicht-Antwort (Mu bedeutet nicht oder hat nicht) kam der Mönch also zur Erleuchtung! Wie konnte er überhaupt an der Lehre des Buddha zweifeln, nach der alle Wesen, also auch der Hund, die Buddhnatur haben, dies aber in ihrer Verblendung nicht erkennen? Das bleibt offen, aber es ist von Bedeutung, dass der Mönch seine Frage „in vollem Ernst“ stellte, als Ausdruck eines Zweifels, der so tief ist wie seine Entschlossenheit felsenfest, die Übung weiter auszuführen.

Auch in der Zentradition kennt man den Begriff der Weisheit, er ist jedoch anders konnotiert als im Westen, setzt er doch die Erfahrung und Integration der Erleuchtung voraus! Dazu einige Hinweise aus klassischen Texten [13], zuerst aus dem Herz-Sutra „Von der Vervollkommnung der Weisheit des Herzens“, wo es heißt, der Buddha habe „in der Übung der tiefen transzendenten Weisheit“ erfahren, dass „Form nichts anderes als Leere“ ist. Damit aber überwand er alles Leiden:

Ein Bodhisattva lebt aus dieser Weisheit
Ohne Hindernis im Geist,
ohne Hindernis und daher ohne Furcht…

und weiter:

Alle Buddhas der Vergangenheit
Leben aus dieser transzendenten Weisheit…
Wisse daher, dass die transzendente Weisheit
Das große heilige Mantra ist…
Das alle Leiden nimmt…
Es lautet: Gate, gate,  paragate, parasamgate…
[14]

In dem  chinesischen Text Shodoka heißt es:

Der wirklich Große besitzt das Schwert der Weisheit (33.Vers)
Und in den „Versen über den Glaubensgeist“ (Shinjin-Mei von Seng-t´san) finden wir:
In der Dharmawelt des So-Seins ist kein Anderes und kein Ich.
Wenn man dich bittet, es sofort zu erklären,
Kannst du nur sagen: „Nicht-Zwei“.
Wenn „Nicht-Zwei“, dann ist alles gleich,
Nichts, was nicht eingeschlossen wäre.
Die Weisen der zehn Richtungen
Sind alle in diese Weisheit eingetreten…

 Das aber nennen wir im Westen eine „Bewusstseinsstruktur“ aufgrund einer Erfahrung von „Bewusstseinszuständen“, die man hier zu ergründen, zu verstehen und zu erklären sucht.

Kontaktversuche des Westens.

Denn nun bemächtigen sich – im Westen – sogleich die Philosophie und die Wissenschaften dieser Sachverhalte und suchen sie, wie schon gesagt, zu verstehen, zu erklären und im Vergleich mit eigenen ähnlichen Traditionen zu deuten.

Ich erwähne hier nur drei Richtungen, eine theologische, eine philosophische und eine psychologische, jedoch keine „esoterische“ (Theosophie, Anthroposophie).

Die Deutung des Theologen und Jesuiten Lassalle, der sich als Missionar in Japan dem Zen zuwandte, um die tiefsten Überzeugungen der Japaner kennenzulernen, sieht den Zen als eine Art Gnostizismus, wie ihn das Christentum in seiner Frühzeit habe bekämpfen müssen. Es gebe jedoch eine christliche Gnosis, sie sei vom Heiligen Geist gewirkt und helfe, die Glaubensgeheimnisse besser zu verstehen.

Karl Jaspers [15] beschrieb die Erfahrung einer unio mystica als dem Menschen gegeben. Es sei jedoch nicht möglich, sich „darauf zu berufen“, sie bleibe privat, für den einen von höchster Bedeutung, für den anderen ein wirrer Traum, der in Vergessenheit geraten könne.

Johann Kreuzer [16], für den Mystik den Anspruch augenblickhafter Sinnevidenz erfüllt, sieht die mystische Erfahrung als Möglichkeit einer umfassenden Vernunft, welche durch die Meditation, die „im Seelengrund“ Gedächtnis, Verstand und Wille zusammenführt (Meister Eckhart) realisiert wird. Hier deuten sich Verbindung zu japanischen Philosophen an, wenn etwa Sh. Ueda die Texte eines Meister Eckhart mit denen von Vertretern der Zen-Philosophie in Beziehung setzt.

Gernot Böhme [17] verdanken wir die Einsicht, dass die Mystik eines „neuen“, des souveränen Menschen eine „absteigende“ ist, für die er als Beispiel den Zen-Buddhismus nannte, der durch die Erfahrung von „Nicht-Zwei“ das mentale Ich aus seinen Verhaftungen löse und mit einem tieferen „Aktivitätszentrum“ verbinde, sodass sich, nach Gebser [18], eine neue, eine Ich-Freiheit einstellen kann.

In der Psychologie hat sich eine ganz neue Schule, die sich Transpersonale Psychologie nennt, etabliert, welche „Gipfelerfahrungen“ aller Art, von den Ekstasen bis zur Erleuchtung untersucht und zu erklären sucht, mitunter schon im Übergriff auf Ergebnisse der Hirnforschung. Hier wäre auch St. Grof [19] zu nennen, der aufgrund seiner Experimente mit LSD zu einer Systematik der Erfahrungen unter dieser Droge kam, die durchaus auch in der Zentradition sinnvoll erscheint: Ungewöhnliche Erinnerungen, Halluzinationen, Wiederbeleben „perinataler Matrizen“, d.h. der Stadien des Geburtsvorgangs, in Form dramatischer „Szenen“ und schließlich Erleuchtung, können sich einstellen. Freilich ist hier noch kein „Übungsweg“ unter Anleitung Erfahrener entstanden, auch wenn Th. Leary, C. Castaneda und R.A. Wilson, um nur wenige zu nennen, einen solchen für möglich, ja nötig hielten.

Eine persönliche Stellungnahme

Was hat man von alledem zu halten? Es sind ja auch Antworten auf die Worte des Buddha, von denen es in dem eingangs zitierten alten Text heißt, er habe sie seinem „goldenen Munde“ entspringen lassen. Aber ach: Seitdem sind Himmel und Erde überwuchert mit dichtem Dornengebüsch.

Diese wenigen Beispiele mögen genügen, um das neue „Dornengebüsch“ zu kennzeichnen, das im Westen durch die begeisterte oder kritische Rezeption des Zen entstanden ist. Es steht in seiner Gesamtheit dem „Dharma“ gegenüber, der Gesamtheit der Lehrreden des Buddhismus, die zusammen mit dem Buddha, als dem Erwachten, und der Gemeinschaft der Übenden, als der Sangha, die „Drei Kostbarkeiten“ des Buddhismus bilden, die ja auch zunehmend „im Westen“ realisiert werden.

Spricht man über Zen im Westen, so ist also auch nach diesen drei Kostbarkeiten zu fragen, wie sie sich dort manifestieren, wo die östliche Botschaft auf die westliche, die wissenschaftlich-technische Welt und ihre Weltsicht trifft. Nimmt man die westlichen Zenlehrer und Zenlehrerinnen als Manifestationen des Buddha, die unübersehbar große Schar der Übenden als die Sangha, so bleibt hier vor allem die Frage nach einem „modernen“ Dharma, welches beide Traditionen wahrt. Erst dann könnte man zu der Frage kommen, warum Zen eine „heilsame Lebenspraxis“ sei und woran man das erkenne?

Gleich zu Anfang halte ich für mich fest, dass ich weder einer „ontologischen Deutung“ im Sinne eines Es gibt eine Wirklichkeit, die vor Himmel und Erde steht, zustimmen werde, noch mich allein einer psychologischen im Sinne eines „es gibt einen Bewusstseinszustand, der als vollkommene Leerheit von allen Inhalten erfahren wird“ anvertraue. Beide sind für mich Äußerungen vom Standpunkt einer Tradition aus (vgl. dazu Paul Feyerabend [20]), zu der man sich bekennen kann aber nicht muss. Aber wie dann „darüber sprechen“, ohne sinnlos zu erscheinen oder gar „übersinnlich“ zu werden? Das kann nur von einer dritten Tradition her geschehen, die zugleich genau und profan sich zu bestimmen sucht. Hierzu wage ich einen Versuch:

Dabei gehe ich von der eigenen konkreten Erfahrung aus, welche eine in einer Krisensituation getroffene Entscheidung für den Zenweg bekräftigte. Es gilt ja immer noch, was Tschuang Tse [21] sagte: Manche Lehren der Alten bestanden in dem und dem, N.N. und M.M. hörten diese Lehre und liebten sie. Diese Personen also waren „angesprochen“ und antworteten mit ihrer ganzen Existenz – oder sie verfehlen das Wesentliche, suchen sich durch Kleidung und Hutmode von anderen zu unterscheiden, wie Tschuang Tse ironisch anmerkt. Ebenso wir Heutigen: Wir hören und lieben eine Lehre, befolgen einen Weg – und dann hängt es von den Erfahrungen ab, ob durch diese die Entscheidung (deren Wurzeln immer nur zu einem Teil bewusst sind) bekräftigt oder abgeschwächt wird. In dem einen Fall bleibt man dabei und vertieft die Übung, im anderen ist man enttäuscht, die Übung verflacht – und wird schließlich aufgegeben, die Devotionalien landen auf dem Flohmarkt. In jedem Fall haben wir es mit einer konkreten Lebens-Geschichte zu tun, die niemals von irgendeinem Standpunkt „außerhalb“ gänzlich zu erklären, geschweige denn zu bewerten ist. Allenfalls mag die alte Aussage zutreffen, in der es hieß: An ihren Früchten werdet Ihr sie erkennen. Aber auch hier gilt es Vorsicht zu üben: Was dem einen eine süße Frucht ist, mag für den anderen Gift sein – oder doch so erscheinen.

Wenn ich also vom Zen als einer „heilsamen“ Lebenspraxis [22] spreche, so kann ich das immer nur für mich selber tun. Mag der eine oder andere Zeitgenosse dann neugierig werden – falls er mich und meine Aussage nicht sofort und gänzlich ablehnt, so beginnt vielleicht dort eine neue Wendung in seiner oder ihrer Lebensgeschichte [23].

Über diese pragmatische Rede hinaus mag es dann noch den einen oder anderen Diskurs geben, der für mich, wie für Andere auch, relevant wurde. Da ist es zum einen das Lebenswerk Jean Gebsers, in dem ich Ansätze zu einer neuen Lebensform sehe – und einen expliziten Bezug zur Zentradition fand [24]. Auch eine neue Gemeinschaft öffnete sich dann, die sich um die Wahrung solcher Texte bemüht und den „Keimen eines Neuen Bewusstseins“ den Boden bereiten will [25].

Zum Anderen zeigen schon früh gelesene Texte wie die des Berliner Religionsphilosophen Klaus Heinrich [26] beim erneuten Lesen eine unvermutete Aktualität. So wie er von der „Schwierigkeit, nein zu sagen“ sprach, ist gerade heute einiges zu lernen. Es geht dann nämlich erneut über ein „Ja im Nein“, wenn es etwa um ein klares Nein zu kirchlichen Strukturen, dabei um ein ebenso klares Ja zu einer Stifter- und Vorbildgestalt wie der des Jesus von Nazareth geht, den man dann, wie viele das heute tun, in einer „spirituellen Ökumene“ neben den Buddha – und viele andere Erleuchtete – setzen kann. Ebenso hat man sich vor den vielfachen Möglichkeiten eines Verrats zu hüten, denn man hat nun darauf zu achten, weder die Übung, noch die Aufklärung, noch die Beziehungen, und auch nicht sich selbst – zu verraten. Und das ist keine leichte Übung, wie einen nicht zuletzt die Psychoanalyse lehrte.

Was Adornos [27] „Minima Moralia“ angeht, so mag man bei aller Zustimmung zu seiner teils vernichtenden Kritik der Moderne genau so fragen, wo denn sein „Ja“ in dieser Gegenwart war – und unser eigenes ist.

Immer noch gibt es die Wahlfreiheit – und die Tatsache, dass jede Beziehung diese einengt – und dass sich eben dagegen Widerstand richtet. Dieser Widerstand ist zu wahren, beileibe nicht zu bekämpfen. Ein solches Beziehungsangebot [28] mag angenommen oder verlacht werden, es bleibt auch heute eine Möglichkeit, die sich im Gespräch, und vielleicht in der gemeinsamen Übung, realisieren kann. Dann mag eine neue Geschichte beginnen – und weitergehen.

Vita

1935 in Shanghai geboren, 1936 mit den Eltern nach Deutschland gezogen, 1956 Abitur in Remscheid, bis 1962 Studium der Medizin in Kiel und München, Promotion zum Dr. med., Medizinalassistent in München bis 1964. 1965 Studienjahr (Forschung in der Psychiatrie) an der Harvard University, Boston. 1966-1976 Mitarbeiter am Max Planck Institut für Psychiatrie in München, 1972 Promotion zum Dr. rer. soz. 1977 bis 2001 Inhaber eines Lehrstuhls für Psychologie an der Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg. Als Emeritus Mitarbeit in der Jean Gebser Gesellschaft. Verheiratet mit Karin Gottwald, Krankengymnastin und Leiterin eines SpielRaums für Säuglinge und Kleinkinder.

Publikationen

In der Vorschule einer Freien Psychologie. Forschungsbericht eines Hochschullehrers und Zenschülers. Isensee, Oldenburg, 2. Aufl. 1993
Zen im Westen. Neue Lehrrede für eine alte Übung. LIT Verlag, Münster, 2003
Moderne Spiritualität. LIT Verlag, Münster, 2010
Integrales Bewusstsein. Wie es zur Sprache – und zur Welt – bringen? Peter Lang Verlag, 2012.

Anmerkungen

[1]

Vgl. dazu den Film „Atombombe und Meditation“, Bayer. Rundfunk, 1985, sowie Die Bücher „Wohin geht der Mensch?“ (darin Bezugnahme auf Jean Gebser und ein Vorwort C.F. von Weizsäcker), Aurum, 2. Aufl. 1988 und „Zen und christliche Mystik“, 3. Aufl. 1986, Aurum Verlag.

[2]

Zur Herleitung der Begriffe „magisch-mythisch-mental“ siehe das Werk „Ursprung und Gegenwart“ von Jean Gebser; Bde. II-IV der Gesamtausgabe bei Novalis, 1976.

[3]

Die Zenmeisterin Gunduly Meyer pflegte zu sagen, solnage man nicht erleuchtet sei, könne man das Herz-Sutra genausogt auf Japanisch lesen.

[4]

Ich kann der Versuchung nicht widerstehen, zu diesen Fragen Michael Ende, den meist als Märchenerzähler verkannten Kulturphilosophen zu zitieren. In seinem Buch „Die unendliche Geschichte“ berichtet er anschaulich von dem Gnom Engywuck, der es vorzieht, die Helden vor dem „Großen-Rätsel-Tor“ aus der Ferne zu beobachten, statt sich selber der Gefahr – und der Chance – auszusetzen!

[5]

Das gilt, auch wenn A. Watts in seinem Buch „Psychotherapie und östliche Befreiungswege“ (Kösel, München, 1980) Unterschiede zu verwischen scheint.

[6]

Vgl. dazu P. Gottwald: Psychotherapie und die Wege zur Ichfreiheit. Vortrag auf der Jahrestagung 1999 der Jean Gebser Gesellschaft. In: Beiträge zur Integralen Weltsicht. Novalis, Schaffhausen, 2000.

[7]

Karl Jaspers: Allgemeine Psychopathologie. Letzte korr. Aufl. 1946, Springer, Heidelberg

[8]

Jean Gebser, deutsch-schweizerischer Kulturanthropologe, 1905-1972, hinterließ ein umfangreiches Werk, das im Novalis Verlag, Schaffhausen, herausgebracht wurde.

[9]

Das hat P. Sloterdijk in seinem sonst eigentümlich folgenlos schließenden Werk „Du musst Dein Leben ändern“, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2010, klar herausgearbeitet. Vgl. auch das Buch von R.M.Pirsig: Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten. Fischer, Frankfurt. Dort geht es um den Begriff „Qualität“. Ungeachtet einer Satori-Erfahrung hat der Autor später eine „Metaphysics of Quality“ entwickelt (Internet).

[10]

Vgl. dazu das Werk von St. Grof: Geburt, Tod und Transzendenz, Kösel, München, in dem vergleichbare Erfahrungen unter LSD beschrieben werden.

[11]

Vgl. dazu die Bilderfolge in Ph.Kapleau: Die drei Pfeiler des Zen. Lehre, Übung, Erleuchtung. O. W. Barth Verlag, 1981.

[12]

Vgl. dazu Yamada Koun: Mumonkan – das torlose Tor, Kösel, München, 1989.

[13]

Zitiert aus einer Sammlung von Texten, die in der Sanbokyodan-Tradition rezitiert werden. Siehe www.zen-kokoro.de 

[14]

Meist übersetzt mit „Gehen, hinübergehen, ganz hinübergehen“

[15]

Karl Jaspers: Philosophische Logik – von der Wahrheit. Piper, München, 1948.

[16]

Johann Kreuzer: Über die Vernunft – Philosophie und Mystik. In: Mystik: Religion der Zukunft – Zukunft der Religion? Ev. Verlagsanstalt, Leipzig, 2003

[17]

Gernot Böhme: Anthropologie in pragmatischer Hinsicht. Darmstädter Vorlesungen, Ed. Suhrkamp, Frankfurt, 1985, Neuauflage 2010, dort Kap. 14: Mystik.

[18]

Jean Gebser: Ursprung und Gegenwart. Bde. II-IV der Gesamtausgabe bei Novalis, Schaffhausen, 1976.

[19]

St. Grof: Geburt, Tod und Transzendenz. Kösel, München, 1985

[20]

Paul Feyerabend: Erkenntnis für freie Menschen. Ed. Suhrkamp, Suhrkamp, Ffm. 1980

[21]

Hier zitiert nach Lin Yutang: Laotse. Fischer Taschenbuch, Frankfurt a. M.,1955

[22]

Vgl. dazu Robert Aitken: Zen als Lebenspraxis. Diederichs, 2. Aufl. 1990.

[23]

Auf diese Weise konnten Rudolf zur Lippe und ich selbst, die wir „unseren“ Studenten Fernöstliches wie Aikido und Zen anboten und nahe brachten, für die Kollegen zu „zurechnungsfähigen Irren“ (z.Lippe) werden, was uns gleichwohl nicht daran hinderte, unsere „Freiheit der Lehre“ weiterhin zu realisieren.

[24]

Vgl. dazu P. Gottwald: Integrales Bewusstsein. Wie es zur Sprache – und zur Welt – bringen? Peter Lang Verlag, Frankfurt a.M., 2012.

[25]

Man beachte dazu die Tätigkeit der „Jean Gebser Gesellschaft“ im Internet. Es gibt neben der Deutsch-Schweizerischen  seit einigen Jahren auch eine US-Amerikanische!

[26]

Klaus Heinrich: Versuch über die Schwierigkeit, nein zu sagen. Strömfeld Roter Stern, Frankfurt a. M., 1982; vgl. auch „Über die Geistlosigkeit der Universität heute“ in: Oldenburger Universitätsreden, 1985.

[27]

Theodor W. Adorno: Minima Moralia. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1973

[28]

Vgl. dazu das Kapitel VII/2 in meinem Buch „Integrales Bewusstsein“, Peter Lang Verlag, Frankfurt a.M., 2012

Links