Dez 092012
 

Ökumenischer Jugenddienst seit 1955/1956 – Seniorenkreis
Konvent in Neudietendorf 10.-14. September 2012
„Balance in meinem Leben und in der Welt“

Balance in oder durch Bewegung

Von Klaus Freudenberg

Als das Wort Balance zum Leitthema unserer Tagung wurde, war ich zunächst skeptisch und neugierig zugleich, ob der Begriff geeignet ist, das  auszudrücken, was wir mit Älterwerden usw. meinen. Dank der Ermutigung von Christoph habe ich mich darauf eingelassen, Gedanken nachzugehen, die mich beschäftigen. Dabei geht es natürlich nicht um grundsätzlich Neues.

Das Thema Balance wird im persönlichen Leben wenig gebraucht bzw. nicht so strapaziert wie andere Themen. Ich habe versucht, mich über eine längere Zeit in das Thema zu vertiefen. Jeden Tag sind mir neue Gedanken gekommen, die ich nun zusammenfassen möchte. Dabei spreche ich aus meiner persönlichen Erfahrung und Beobachtung und nehme Anregungen und Zitate aus anderen Textquellen auf.

Zur Illustration benutze ich zwei Bilder, die mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurden. Die eine Abbildung stammt aus einer Ausstellung der deutsch-englischen Künstlerin Ute Haring unter dem Titel „Finde deine Balance“. Wir sehen zwei schemenhafte  Menschen, die auf einer  Drehscheibe balancieren, um ihr Gleichgewicht zu halten. In welcher Beziehung stehen sie zu  einander? Wohin bewegen sie sich? Treten sie nur auf der Stelle?

Die andere Abbildung stammt aus den Vorbereitungsmaterialien. Ich habe sie vergrößert. Wir sehen einen Menschen, der sich auf einem Seil balancierend zwischen zwei Punkten – Anfang und Ende – bewegt. Dieses Bild scheint mir geeigneter unser Anliegen zu verdeutlichen.

Bewegung

Um ein anderes Bild zu gebrauchen, ist ein Wort von Albert Einstein: „Das Leben ist wie Fahrradfahren, man muss sich vorwärts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.“ Deshalb habe ich als Untertitel Balance in oder durch Bewegung gewählt. Das öffnet den Blick. Es ist eine Lebenshaltung im Rückblick und Ausblick, mit Perspektive und kein auf der Stelle treten. Wir unterscheiden uns sicher in den persönlichen Ansichten, Erfahrungen und Zukunftsvorstellungen. Wir sind einerseits als Menschen in einer persönlichen Situation, andererseits aber Teil der Gesellschaft, Teil von sozialen Netzwerken,  Angehörige von Gruppen und Nationalitäten.

An dieser Stelle will ich in Ergänzung zu den Definitionen von Martin hinzufügen. Das Verb balancieren bedeutet:

  • einen Gegenstand, mehrere Gegenstände zugleich im Gleichgewicht halten, während man sich fortbewegt.
  • über etwas balancieren, das Gleichgewicht haltend, über etwas sehr Schmales gehend. Handwörterbuch der deutschen Gegenwartssprache, Akademieverlag 1984: Zum Begriff Gesellschaft ist zu lesen: „ Gesamtheit der sozialen Beziehungen im menschlichen Zusammenleben, die Menschen unter bestimmten materiellen und politischen Verhältnissen eingehen“.

Wenn wir von Balance in der Gesellschaft reden, ist sowohl der Einzelne als die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit angesprochen. Dabei spielt der Einzelne in seiner jeweiligen persönlichen Situation ohne Zweifel eine wichtige Rolle:

  • seelischer und körperlicher Zustand
  • -Harmonie oder Disharmonie
  • soziale und materielle Situation stehen in Wechselwirkung mit der Gesellschaft und haben Einfluss  auf das Zusammenleben der Menschen. Bewusst oder unbewusst strebt jeder Mensch ein inneres und äußeres Gleichgewicht an.

Wie die Geschichte der Menschheit  zeigt, ist die gesellschaftliche Balance bisher ein Wunschtraum geblieben. Dennoch ist dieses Ziel zu allen Zeiten und in allen Kulturen eine Herausforderung gewesen, selbst wenn es nur dem Machterhalt diente.

Auch wir sind eingebunden in den Strom der Menschen, die sich auf den Weg gemacht haben bzw. um im Bild zu bleiben, sich auf dem Seil befinden.

Wenn ich mein Leben im Rückblick betrachte, so kann ich dankbar sein, eine innere und äußere Balance zu kennen und in verschiedenen Lebenssituationen damit umzugehen. Ich kann es als Auszeichnung oder Geschenk verstehen in zwei  verschiedenen Gesellschaftssystemen über längere Zeit gelebt zu haben. Insofern war ich immer  genötigt über meinen Platz in der jeweiligen Gesellschaft nachzudenken und mich entsprechend zu positionieren.

Im Ergebnis des 2. Weltkriegs bin ich in einer gespaltenen deutschen Gesellschaft und in einer gespaltenen weltanschaulichen Gesellschaft, die jeweils verschiedene Perspektiven verfolgten, großgeworden. Dank meines Elternhauses und meiner Familie, dank meiner Erziehung und Bildung konnte ich Ziele verfolgen und Wege gehen, die mich in der inneren und äußeren Balance hielten. Diese Wege waren nicht immer geradlinig, es gab auch Unebenheiten und Rückschläge. Dennoch habe ich meine Ziele nicht aus dem Auge verloren. Dazu gehörten die Themen:

  • Frieden-Abrüstung-Wehrdienst
  • Gerechtigkeit-Nord-Süd-Dialog
  • Bewahrung der Schöpfung-Umwelt
  • Deutsche Einheit, Ost-West-Dialog
  • Europäische Einheit.

Von großer Bedeutung für meine Balancefindung in der Gesellschaft waren meine christliche Erziehung, meine ostdeutsche Schulbildung und meine Begegnung  mit den ökumenischen Aufbaulagern und deren Nachfolgekonferenzen. Dabei habe ich gelernt, dass auch kleine Schritte zählen, Ausdauer zum Erfolg führt, auch Kompromisse und Verweigerung dazugehören, Vertrauensbildung  und persönliches Vorbild wichtig sind.

Wissen, Dialogbereitschaft und die Rolle, als Anwalt der anderen Seite aufzutreten sind Balance fördernd. Die andere Seite, das sind die, die nicht zu Wort kommen oder nicht beteiligt sind.

„Nur das Gleichgewicht zerstört die Gewalt und hebt sie auf. Die soziale Ordnung kann nur in einem Gleichgewicht der Kräfte bestehen….weiß man, wodurch das Gleichgewicht der Gesellschaft gestört ist, so muß man sein Möglichstes tun, um zu der leichten Schale ein Gewicht hinzuzufügen…” Der Mensch sollte ”…sich bemühen, die Gewalt in der Welt immer mehr durch eine wirksame Gewaltlosigkeit zu ersetzen…“
Simone Weil

Balance in der Gesellschaft schließt immer ein Dafür oder Dagegen ein, notfalls auch den status quo. Diese Einstellung hat für mich eine große Rolle gespielt  bei der Wehrdienstverweigerung 1963 und den Diskussionen mit den Musterungskommissionen. (Nie wieder Krieg in Deutschland und Europa, keine Gewalt zur Lösung von Konflikten, Abrüstung weltweit.)

Auch meine Entscheidung Bausoldat zu werden, (Ich gehörte zu den ersten Bausoldaten, die 1964 einberufen wurden und bis zum Ende der DDR 1989 ca. 16.000 zählten.) brachte Bewegung in ein verkrustetes System.

Meine berufliche Entwicklung war auf Grund meiner christlichen und politischen Einstellung eingeschränkt, so dass ich erst nach 1990 einen Neuanfang finden konnte.

Klaus Freudenberg

Klaus Freudenberg 2010

In diesem Zusammenhang bin ich nicht der Versuchung erlegen zu fliehen oder auszureisen oder mich in eine innere Emigration zurückzuziehen. Im Sinne der Glaubwürdigkeit bin ich geblieben und habe versucht in der Balance zu bleiben.

Gehen oder Bleiben war ein großes Thema in der ehemaligen DDR, das zu großen Disbalancen führte. Das freie Individuum in einer freien Gesellschaft ( Der Westen als das Reich der Freiheit) ohne Bevormundung des Staates und unbegrenzte Reisefreiheit waren ein verlockendes Ziel.

Der Bundespräsident Gauck, der Sehnsuchts-Wessi aus dem Osten hat diese Freiheitserwartung wiederholt gepriesen. Der von ihm vertretene Freiheitsbegriff ist individuell geprägt, konservativ und privilegiert. Freiheit ist keine Narrenfreiheit. Freiheit schließt Befreiung zu und Befreiung von ein. Es stellt sich die Frage: Kann die freie westliche Gesellschaft des  21. Jahrhunderts frei bleiben, wenn sie ihre Freiheitsvorstellung konserviert.

Mit viel Hoffnung verbunden war für mich der Konziliare Prozess, der seit der Generalversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen 1983 in Vancouver die Themen Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung auf die Tagesordnung setzte. Auch die Friedensbewegung mit der Friedensdekade seit 1980 hat mich geprägt.

Es waren Balancethemen, die sehr stark das Verhältnis zwischen Ost und West bestimmten. Ost und West als Synonyme des Gleichgewichts in der deutschen und europäischen Gesellschaft:

  • Aufrüstung und  Abrüstung
  • Gewalt  und  Gewaltlosigkeit , Gewaltfreiheit
  • Hass und Versöhnung
  • Gerechtigkeit  und  Ungerechtigkeit
  • Unterstellung  und  Gleichstellung
  • Umweltzerstörung  und  Bewahrung der Schöpfung

Ein Höhepunkt der Entwicklung war die friedliche Revolution im Osten Deutschlands, die mit der Losung „Keine Gewalt“ 1989 ohne Blutvergießen zur Selbstbefreiung führte und uns die Einheit Deutschlands  brachte.

Ich zitiere aus dem Buch Und wir sind dabei gewesen – Die Revolution, die aus der Kirche kam von Christian Führer:

„Drei unschätzbare Güter brachte der Westen mit in die Einheit. Erstens das Grundgesetz. Es ist politisch das Beste, was wir diesbezüglich in Deutschland hervorgebracht  haben. Zweitens den großen Zeitrahmen von vierzig Jahren gelebter Demokratie. Solange hatte hierzulande bisher noch keine Demokratie Bestand. Drittens die gut funktionierende Wirtschaft. Der Osten brachte dagegen nur eines ein, dafür aber das Entscheidende: die Friedliche Revolution. Die Selbstbefreiung des Volkes aus einer Diktatur ohne fremde Hilfe, ohne Dollar und Dax , ohne die Armeen der Sowjetunion und der USA . Der Osten brachte den Willen zur Veränderung und die dazugehörige Kraft ein.“

Persönlich konnte ich in Stralsund am Runden Tisch teilnehmen und den Übergang von einer sozialistischen Ordnung in eine kapitalistische erleben. Als Vorsitzender des ersten Bauausschusses konnte ich viele Einsichten gewinnen, die mir bisher fremd waren.

Anzumerken ist, dass ich zusammen mit anderen die Gunst der Stunde nutzen konnte die Insel Dänholm, die Wiege der deutschen Kriegsmarine zu entmilitarisieren, ein Beitrag zur Abrüstung (Aktion  Dänholm militärfrei 1991).

Seit 1990 bewege ich mich in einem neuen Abschnitt meiner gesellschaftlichen Lebensbalance. Die großen Ziele sind geblieben, die Rahmenbedingungen  haben sich geändert. Die Herausforderung zu neuem Engagement besteht.

Neue Disbalancen entfalten ihre Wirkung:

  • die Demografische Entwicklung
  • der Weggang der jungen, gut ausgebildeten Generation nach Westdeutschland und in alle Welt
  • die Verarmung der Bevölkerung
  • hohe, unbekannte Arbeitslosigkeit
  • zunehmende Anzahl von jungen Schulabbrechern
  • Zusammenbruch der alten sozialistischen Betriebe
  • Ungleichheit der Löhne und Renten
  • Zerfall der ostdeutschen Gesellschaft
  • Zerfall des Wir-Gefühls im Osten auf der einen Seite.

Auf der anderen Seite:

  • Schaffung neuer Verwaltungsstrukturen, bis hin in der Kirche ( Nordkirche )
  • Zuzug von Beamten, Managern und Pensionären aus den alten Bundesländern, damit einhergehend
  • eine Restauration, zurück zu früheren Zeiten mit Landbesitz und gesellschaftlichem Einfluss
  • große Unsicherheit in der Schullandschaft mit immer neuen Versuchen, die zum Teil Erfahrungen aus der DDR aufnehmen, aber nicht so genannt werden dürfen, gleiches gilt auch für Kindertagesstätten. Nicht unerwähnt bleiben sollte  die Schaffung der neuen Infrastruktur, die Sanierung der Städte und  Dörfer.

Hierzu eine Meinungsäußerung aus dem Buch Osterweiterung – Leben im neuen Deutschland von Christian Wolff :

Die Menschen empfinden es als Potenzierung ihrer Niederlage, das die neuen Haus-Besitzer, meist sehr viel jünger als sie,  über das Kapital und damit über die Freiheit verfügen, über ihr Leben zu bestimmen und daran auch noch zu verdienen. Dafür so sagen sie, sind wir im Oktober 1989 nicht über den Ring gegangen. Wer diese Befindlichkeiten nicht ernst nimmt, der wird das aneinander vorbeireden, das alte und neue Fremdsein zwischen Ost und West nicht verstehen.

Auch die oft aus Hilflosigkeit und einem trotzigen Unterlegenheitsgefühl geborene Behauptung: „Es war doch nicht alles schlecht an der DDR.“  sind nur für den Außenstehenden verwunderlich. Mit DDR-Nostalgie hat das wenig zu tun, ganz viel aber mit der Erfahrung von Ungerechtigkeit und der Missachtung der eigenen Biografie.

Auch die Psychotherapeuten Hans-Joachim Maaz (Ost) und Michael Lukas Moeller (West)haben sich zur Mühsal des Zusammenwachsens – in  einem  Zwiegespräch über die deutsche Wiedervereinigung – geäussert.

Wir finden uns inzwischen gemeinsam in einer neuen sich ständig verändernden Gesellschaft wieder, die uns noch größere Anstrengungen zur Erreichung einer gesellschaftlichen Balance abverlangt. Die Betroffenheit durch Fehlentwicklungen auf allen Ebenen ist größer geworden, die weltweiten Konflikte ebenso, so dass mancher Dissens fast bedeutungslos erscheint.

Der Kapitalismus hat keine Zukunft. Die Menschheit hat die Ressourcen ausgereizt. Ein Kapitalismus ohne Wachstum ist nicht vorstellbar. Dieses Wirtschaftssystem ist wie ein Fahrrad, wenn es anhält, fällt es um. Auch hier ein Zitat von Christian Führer:

„Wer vor zehn Jahren den Gedanken der Verstaatlichung von Banken geäußert hätte, wäre jedem als verspätetes Gespenst des Kommunismus erschienen. Nun hat der neoliberale Globalkapitalismus selbst den Offenbarungseid leisten müssen, dass sein Bank- und Börsensystem ungerecht und nur bedingt funktionsfähig ist.“

Sind wir vielleicht schon zur „Demokratur“ geworden, zu einem Zwitter aus Demokratie und Diktatur des Kapitals? Vor allem eine Überlegung drängt sich angesichts der aktuellen Umstände auf. Kein System darf heiliggesprochen werden. Jedes System hat systemimmanente Fehler, die es selbst nicht beseitigen kann. Da muss von außen hineingewirkt werden!

Wenn wir in die Zukunft blicken, dann wissen wir, dass unsere Tage gezählt sind. Trotzdem sollten wir uns um innere und äußere Balance bemühen und unseren, wenn auch bescheidenen Anteil an der Balance in der Gesellschaft leisten. Wenn viele kleine Leute in vielen kleinen Orten mitwirken, dann werden die Ungleichgewichte in der Gesellschaft kleiner werden.

Das verlangt Aufmerksamkeit und einen wachen Sinn um Fehltritte zu vermeiden. Man kann es auch Achtsamkeit und Mitgefühl nennen. Dazu gehört aber auch, ein Ziel vor Augen zu haben. Die richtige Perspektive zu finden, bleibt eine fortwährende Aufgabe. Dann entsteht ein Weg unter deinen Füßen. Balance finden und halten will erlernt sein und verlangt immer neue situationsgerechte Antworten zu geben. Aber Erfahrung macht Mut.

Systemkritik allein genügt nicht. Wenn wir aus dem Teufelskreis der Disbalance herauskommen wollen brauchen wir einen neuen Anfang. Mark Twain hat gesagt:

„Nachdem wir das Ziel aus den Augen verloren hatten, verdoppelten wir unsere Anstrengungen.“

Wir sollten die kostbaren Lebensweisheiten wieder entdecken, die bereits formuliert wurden. Dazu zählen die GOLDENE REGEL:

  • „Was du nicht willst das man dir tu, das füg auch keinem andern zu“  oder anders formuliert: „Verändert den Lebensstil, damit ihr selbst überleben könnt“,
  • die Kernbotschaft der Bibel: Liebe deinen Nächsten, wie Dich selbst.
  • Albert Schweizer „Ehrfurcht vor dem Leben“
  • Hans Küng „Weltethos“
  • Karen Armstrong „Charta des Mitgefühls“ und
  • Erich Fromm „Humanismus als reale Utopie sowie Wege aus einer kranken Gesellschaft“

Beeindruckend ist für mich das Staatsziel „buen vivir„– gutes Leben in den Verfassungen von Ecuador und Bolivien- eine andere Alternative zum Wachstumswahn. Hinter diesem Ausdruck verbirgt sich ein Konzept, das sich an den Werten indigener Gemeinschaften orientiert und ein harmonisches Zusammenleben der Menschen im Einklang mit der Natur beschreibt. Es wird ein Gleichgewichtszustand angestrebt, in dem niemand einseitig auf Kosten anderer lebt, Kooperation statt Konkurrenz, Genügsamkeit statt Streben nach Mehr.

Letztlich kann jeder einzelne Mensch,  ob jünger oder älter seinen persönlichen Beitrag leisten. Wir müssen nicht darauf warten, dass sich zunächst das Gesellschaftssystem ändert und wir dann Voraussetzungen finden, in denen wir mitwirken können.

Die große Alternative lautet: Zukunft in Bescheidenheit J. Schlemmer, 1981. Im ursprünglichen Sinn heißt Bescheidenheit:  Bescheid wissen, einsichtig sein, Durchblick haben und sich der so erkannten Notwendigkeit entsprechend verhalten. Das hat nichts mit Verzicht und demonstrativer  Ärmlichkeit zu tun.

Bescheidenheit aus Einsicht ist der Entschluss zum Notwendigen, die Abwendung von Großmannssucht, von Protz und Verschwendung, von Gedankenlosigkeit und Gewohnheitstrott. Bescheidenheit ist die Hinwendung zu einer kraftvollen, aufmerksamen Lebensgestaltung, die Wiederentdeckung eines alten neuen Lebensstils.

Hier schließt sich der Kreis unserer Gedanken im Wandern durch die Zeit. Es ist vorstellbar oder auch nicht, dass wir diese Verhaltensweise zum Maßstab unseres neuen Handelns werden lassen. Stell Dir vor,  alle machen mit,  unsere Welt könnte sich verändern. Was heißt das:

  • ein neues Verhältnis zu uns selbst (Selbstvertrauen, Eigenverantwortung, Vorbildwirkung, Skepsis, Mitsprache / Mitwirkung, Entschleunigung)
  • ein neues Verhältnis zur  Mitwelt (Rücksichtnahme,  Solidarität, Hilfe, Achtung der  Menschenwürde, Gemeinsinn, Gleichstellung aller Menschen, Maßhalten)
  • ein neues Verhältnis zur Macht (Gewaltfreiheit , Legitimation der Macht und politischer Entscheidungen )
  • ein neues Verhältnis zur Umwelt und Natur (Erhaltung der Biodiversität, sparsamer Umgang mit Ressourcen.)
  • ein neues Wirtschaftsverständnis (Entwicklung ohne Wachstum, Nachhaltigkeit, keine Verschwendung)
  • ein neues Systemverständnis (Vielfalt und Toleranz, Dezentralisierung und Regionalität, Gleichstellung von geistiger und körperlicher Arbeit, sowie Ausbildung, Teilen des Wohlstands).

Danke für Euer Zuhören und eure Aufmerksamkeit. Vieles von dem, was ich vorgetragen habe, ist Euch bekannt. Ich wollte Euch Mut machen auch im fortgeschrittenen Lebensalter den Weg der Balance nicht zu verlassen und die großen und kleinen Ziele, die uns schon immer beschäftigt haben, nicht aus den Augen zu verlieren. Zukunft in Bescheidenheit ist das Leitthema, wie wir die Disbalancen in unserer Gesellschaft Schritt für Schritt beseitigen können. Dazu gehört Neues Denken und Mut zum Neuanfang.

FRAGEN

  • Muss das sein?
  • Was kann ich zum Gleichgewicht beitragen?
  • Gibt es Alternativen?
  • Kann ich helfen?
  • Gibt es eine Legitimation der Politik?

KONSEQUZEN

  • Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel
  • Verstaatlichung der Großbanken, keine Privatkontenführung
  • Bewusste Beteiligung an neuen Mobilitätsansätzen (Öffentlicher Verkehr, kleine Autos, Geschwindigkeitsbeschränkung,)
  • Bewusste Beteiligung am Klimaschutz u. a. 

Weitere Links zu Neudietendorf 2012

Links Neudietendorf 2010 zum Thema Zuversicht

Weitere Links des Ökumenischer Jugenddienst – Seniorenkreis