Jan 022016
 

Der lange Schatten der Flüchtlinge lag über dem „Frohen Weihnachtsfest“

Von Walter Hiller, 31.12.2015

Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung
aller staatlichen Gewalt. (Grundgesetz Art. 1)

Der massenhafte Zustrom von Flüchtlingen zeigt ganz deutlich, dass eine Politik der Ausgrenzung und Abschottung in einer globalisierten Welt nicht möglich ist.

Was wir jetzt erleben vor unserer Haustür, das massenhafte Sterben im Mittelmeer, das unsägliche Leid auf den Fluchtwegen, das unmenschliche Leben von Millionen Menschen in Lagern, im Orient, in Asien und Afrika, die zu  einem großen Teil nicht einmal versorgt werden können mit dem Nötigsten, ist ein Skandal, der uns alle betrifft. Es sind immerhin 60 Millionen Menschen die auf der Flucht sind. Sie fliehen vor Krieg, Terror, Diktatur, Armut und Hunger.

Betrachten wir in diesem Zusammenhang die Flüchtlings- und Migrationspolitik der Europäischen Union der vergangenen 20 Jahre nach der Festlegung im Dubliner Abkommen, so bestand diese aus politischer Abschreckung und einer sinnlosen Abschottung, in dem Irrglauben, mit der „Festung Europa“ das Problem Flüchtlinge lösen zu können. Europa hat viel dafür getan die Flüchtlinge aus Afrika und Asien fernzuhalten. Das Grundrecht auf Asyl wurde vor allem auf Drängen Deutschlands auch auf europäischer Ebene ausgehöhlt. Diese Politik ist auf der ganzen Linie gescheitert, die „Festung“ ist geschleift. Sie hielt dem Druck der Menschen, die bei uns um Hilfe suchten, nicht stand. Und nun herrscht weitgehend Uneinigkeit über die weitere Vorgehensweise. Deutlich wird aber durch diese Situation, dass die hochgepriesenen, humanistischen und universalen Werte eine hohle Phrase sind,  zumal die Gesellschaften der Mitgliedsländer nach Rechts driften. Die Folgen dieser Entwicklung sind nicht absehbar und selbst Martin Schulz, Präsident des Europaparlaments meint zu dieser Entwicklung in einem Interview der Frankfurter Rundschau: „Europa steht am Abgrund„. Wenn es nun um Sein oder Nichtsein von Europa geht, müssten endlich die richtigen Konsequenzen gezogen werden. Aber was machen sie? Sie reden nun alle wieder darüber, dass in den Herkunftsländern bessere Lebensbedingungen geschaffen werden müssen, dass die EU-Außengrenzen besser geschützt und die Kontrollen für  Asylsuchende verschärft werden. Aber an den strukturellen Ursachen der millionenfachen Migration wird mit verbohrter Konsequenz festgehalten. Wir liefern die Waffen und deshalb sind diese Kriege auch unsere Kriege. Und oftmals sind wir mit Militäreinsätzen schneller bei der Hand als mit diplomatischen Initiativen. Dazu kommt ein wirtschaftlicher Aspekt: Das auf Wettbewerb, auf Kapital- und Profitinteressen ausgerichtete Wirtschaftssystem zwingt z.B. afrikanischen Staaten „Freihandelsabkommen“ auf, die im Ergebnis zur Vernichtung der lokalen Landwirtschaft führen und damit Not und Elend auslösen. (TTIP lässt grüßen)

Unser globales Finanz- und Wirtschaftssystem dient eben nicht den Menschen, nicht der Verbesserung der Lebensbedingungen, wie es eigentlich sein müsste und auch sein könnte. Und so lange einseitig das Kapital dominiert, werden wir die „Soziale Frage“ weder bei uns in Europa und schon gar nicht in den Schwellen- und Entwicklungsländern lösen.

Unsere Grundwerte, Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität bräuchten wir sowohl in der Europa-Politik als auch für die Überwindung der sozialen Spaltung unserer wie der globalen Gesellschaft. Sie geben Orientierung dafür, wie wir in demokratischem Sinne für die Grundrechte aller Menschen, für eine Politik ohne Gewalt und ohne Krieg politische Entscheidungen treffen sollen.

Es sind dicke Bretter, die zu bohren sind. Dazu sollten wir aber alle einen Beitrag leisten. Denn ohne Druck auf die Politik wird die Umsetzung der Grundrechte für alle Menschen nicht möglich sein.


Links