Aug 202016
 

Das Internierungslager Dehradun im II. Weltkrieg

Von Dr. Hans Schäfer unter Mitarbeit von Rudi Beyer, Brodocz, Carstens, Chicken, Hansknecht, Knaack, Plate, Rehsenberg, Saknus, Scheurmann, Thierfeider, Urchs.

Interned by „a generous and human Government of India“: Der französische Revolutionsemigrant Dubois, S.J.,
prägte diesen Ausdruck nach 50-jähriger Missionstätigkeit in Indien in seinem Standardwerk: Hinduismus.

Inhalt

I.  Anlage des Lagers und Kosten

II.  Inspektion

III.  Wing Supervisor

IV.  Budget (Rehsenberg)

V.  Einnahmen

1)  Schnapsbrennerei (Schäfer)
2)  Gemüsebau (Knaack)
3)  Mistverwertung GmbH (Stephan Willms)
4)  Andere Beschäftigungen (Rehsenberg)

VI.  Schlaraffia hinterm Draht (Schäfer)

VII.  Kantine (Andreas Fischer)

VIII.  Centro culturale (Schäfer)

 1) Abitur (Schäfer)
 2) Ingenieurschule (Henri Abt)

 3) Bergschule (Dr. Puffe)
 4) Meisterprüfung
 5) Theologische Arbeitsgemeinschaft (Pastor Menzel)
6) Medizinische Fakultät (Prof. Thierfelder)
 7) Medical Meetings (Schäfer)
 8) Ärzte-Unterstützungsfonds (Schäfer)
 9) Bibliothek (Schäfer)
10) Theater, Konzerte, Kino (Schäfer und Rudi Beyer)
11) v. Swaine, der grosse Tanzkünstler Paulssen, der grosse Techniker (Schäfer)
12) Zensur, Post (Schäfer)
13) Theater und Vorträge aus „Alas Vallei (Schäfer)

IX. Sport (Brodocz, Hansknecht)

1)  Der Bergrenner (Günther)
2)  Im Vogelparadies Carexfund (Schäfer)
3)  Ausflüge: „Schwarz“ an die Iumna (Rehsenberg)

X.  Gesundheitsverhältnisse und Mortalität (Schäfer)

XI.  Kasuistik (Schäfer)

XII.  Schlussbetrachtung (Schäfer)

XIII.  Finanzen (Schäfer)

Mit freundlicher Genehmigung der Ebling Bibliothek für Health Sciences, University of Wisconsin-Madison, USA. Für privaten, wissenschaftlichen, nicht kommerziellen Gebrauch.


Hans Schäfer

Geboren 1884 in Görlitz, Schlesien, Deutschland; Ausbildung an mehreren deutschen Universitäten (Dr. med. Breslau 1909); von 1909-14 Kamerun (Afrika); 1921 an der D.E.I., bis 1924 Regierungsarzt in Sibolga und Padang (West-Sumatra); 1926 Regional- und Missionsarzt in Sambas (W. Borneo); später Plantagenarzt in Deli (Sumatra Ostküste) und später an der Goldmine Lebong Tandai in Benkoelen (S. Sumatra). Bei der Invasion Hollands durch die Deutschen wurde er interniert und später nach Britisch-Indien verschifft, wo er sich in dem Lager in Dehra Dun befand; nach dem Zweiten Weltkrieg in dem Kurort in Dannenfels, Pfaltz (Deutschland).

Quelle


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Vorwort

Si duo faciunt idem, non idem est: von den 2500 Internierten würde vermutlich! – jeder eine im Grundton anders geartete Darstellung geben, die meine ist meinem Naturell entsprechend sehr optimistisch gehalten. Zugegeben: ich hatte es sehr leicht, besser als die meisten Kameraden: keine Sorgen um „Haus und Hof, Familie, Stellung, Finanzen“ etc., sogar noch ausgesprochen vom Glück begünstigt, da ich – als fast einziger! aus meinen nach Schweden überwiesenen Ersparnissen – unverhofft und zum 1. Male in meinem Leben als ein“Krösus“ en miniature die 5 Jahre in Dehra Dun leben konnte. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass wir Alle eine ungewöhnlich und unerwartet angenehme Internierung – alles bleibt relativ!! – in Dehra Dun verleben konnten, der Leser urteile selbst!!

I. Anlage des Lagers

Das Central Internment Camp Dehra Dun lag ca. 600 – 700 m hoch, am Fuss der Himalaya-Ausläufer, in den United Provinces. Bei Kriegsbeginn im Jahre 1939 wurde es hier neu gebaut, in einer der klimatiscn günstigsten Gegenden ganz Indiens, im Gegensatz zu Alas Valei in Atjen (Sumatra), einem verrufenen Malaria-Nest, in das uns die Holländer einsperrten. Das Lager grenzte an die Teepflanzung East Hope und lag auf einem sanft abfallenden, freien Hochplateau mit herrlichem Blick auf den 2000 m hohen Mussorie Rücken, den „Pinzgauer Spaziergang“ mit den beiden Gipfeln Badratsch und Clouds End. Das Lager fasste etwa 3000 Mann in 7 Blocks je 400 bis 600 Mann. Baracken.

Je 50 Mann lagen in einer schönen strohgedeckten Ziegelbaracke von 30 m Länge, 12 m Breite und 15m Höhe. Später (1943/44) durften wir noch in jeder Baracke je 2 Bunks bauen, von denen einige nach anfänglich weniger geglückten Versuchen zu ganz wohnlichen Buden ausgestattet wurden, natürlich mit clandstiner Lichtanlage, Deren glückliche und unternehmende Besitzer wohnten dann, dem unangenehmen „Barackengelüll“ enthoben, immerhin fast für sich allein. Für ein indisches Lager konnten die Wohnungsverhältnisse – blanco – einwandfrei genannt werden, mindestens in den letzten Internierungsjahren. Gegen das immerhin zu beanstandende (milde ausgedrückt) Durchregnen in der Monsunzeit durch die schadhaft gewordenen Strohdächer wussten sich die Kameraden, die gerade einen derartigen Platz bekommen hatten mit der Zeit auch zu schützen: Aus Zeitungs- und Packpapier, das in mehreren Lagen zusammengeleimt und mit Ölfarbe bestrichen war, fertigten sie sich Regen-Schutz an. Im Sommer blieben die Baracken trotz Temperaturen von 43o C bei verständiger Lüftung: ab 7 Uhr Fenster und Türen dicht (was natürlich zu dauerndem Palaver Anlass gab) relativ kühl; im Winter (Temperatur bis plus 5o C) herrschte – bei Kaminfeuerung – auch noch erträgliche Wärme.

Die Art und Anlage der Baracken verbesserte sich von Jahr zu Jahr, fast als ob der Bau eines Internierungslagers ein vollständiges Novum wäre. Wing VII, der zuletzt, 1943 gebaute, stand mehrere Niveaus über Wing I, der schon 1939 – fast planlos möchte ich sagen -, wahrscheinlich in kürzester Zeit fertig gestellt wurde. Dort standen die Gebäude kreuz und quer durcheinander und jeder Internierte hätte sie fast nach eigenen Plänen sein eigenes Wigwam konstruieren können.

Baron von Örtzen baute sich ein eigene „Villa:Gallenstein“. Die Nazi-Patrioten brannten sie ihm aber eines guten Tages nachts ab. Er kam aber noch lebend heraus. Der englische Major Taylor sagte: „Ein uraltes Rezept der Spanischen Inquisition!“. In dem zuerst gebauten Wing I wohnten die in Britisch Indien internierten Deutschen, in Wing II hauptsächlich Antinazis, ins Wing III Italiener (1942/43 auch ich in der dort bestehenden Klasse A = Selbstzahler = „Hauleute“, in Wing IV die Finnen, Balkanesen: miscellaneous, Wing V blieb frei; später kamen italienische Missionare hinein, in Wing VI und VII die aus Holl. Indien nach Dehra Dun überführten Deutschen; schliesslich der Generalswing: 80 in Abessinien und Lybien gefangene italienische Generäle mit ihren Burschen. Der „Spion Vulpi“ wurde hier von seinen Kameraden eines Tages erstochen, nachdem er überführt war von den Engländern Geld angenommen zu haben. Eine Bestrafung, geschweige eine Untersuchung nahmen die Engländer nicht vor: „Your risk“!! – Das Lager stand unter dem Befehl von Col., später 1944/45 Brigade-General Williams. Zum Stab gehörten Major Taylor (mit etwas krummen Rücken), Major Hunt, jeder Wing mit einem eigenem Wing Commander, meist ein Captain, u.a. MacAlpine, „Morning, morning all“, Capt. Ward. Allen Offizieren und Unteroffizieren (Sergeant Friend allen voran) stelle ich schon hier eine blanco „Musterconduite“ aus: in 5 Jahren habe ich kein Schimpfwort, nicht einmal ein unfreundliches Wort vernommen, und es „klappte alles“ sicher ebenso gut oder noch besser wie unter preussischem Kasernenhof-Commang.

Piepenbrink: "In Feindes Hand"

Piepenbrink: „In Feindes Hand“

Die Dehra Dun Lagerkosten betrugen – laut Zeitungsberichten – jährlich 3 Millionen Rupees, pro Mann also 1000 Rupees. Der Gesamtetat aller Kriegsgefangenen-Lager in Indien (allein 70.000 Libyen-Italiener) in den 6 Kriegsjahren 330 Millionen Rupees = „zahlt der Papst“ = Im I. Kriege unterschrieb ein Feldwebel einen Requisitionsschein in der Lombardei: 1 Kuh = 1000 Lire = „zahlt der Papst“!! – in casu die arme indische Bevölkerung. Das Britische Empire wurde bestimmt durch die 1500 aus Holl. Indien hierher verschleppten Deutschen nicht gefährdet. Hätte man sie, wie es die Briten mit ihren in Britisch-Indien ansässigen Deutschen „Alten und Kranken“ „old and seriously ill“ auch getan haben, heimgeschickt und die Jungen ausgewechselt, ja…hätte man…., dann hätte man Millionen gespart, und das Kriegsende wäre trotzdem das gleiche geblieben.

II. Inspektion

Wöchentlich einmal, am festgesetzten Tage und pünktlich zur Sekunde, erschienen Williams und Taylor zur Inspektion, gefolgt vom Wiiig Commander, Wing Supervisor und Gefolge, nachdem Sergeant Major Thompson, genannt der Nussknacker, mit einem gewaltigen Tambour-Stab in der Rechten, von weitem schon „Commandant“ geschmettert hatte. Es durfte dann kein Stück Wäsche mehr auf der Leine hängen, was unserem Wing-Commander Ward mehr Kummer machte als uns, denn ereignete sich dieses Malheur – trotz aller Vor-Inspektion – wirklich einmal, so bekam er von Williams eins auf den Deckel, aber nicht wir. Alles musste „nice and clean“ aussehen, und tat es auch«. Im allgemeinen lief auch die ganze Zeremonie ohne jede Reibung ab. Für die Offiziere muss es nur eine gewaltige Stumpfsinns-Affaire des Heiligen Commis gewesen sein, jahrelang (1939-1946) täglich (pro Tag ein anderer Block) diese ereignisreiche Promenade ablaufen zu müssen. Zum Schluss „die Heren Offiziere zur Kritik“. Im Wing Office bei einer Tasse Kantinen-Kaffee und Kuchen oder Zitronenlimonade (gegen Bezahlung natürlich) Besprechung, was nicht geklappt hatte. Das ganze Rennen dauerte wohl knapp eine Sunde.

III. Wing Supervisor

Unsere eigene höchste Instanz stellte der von uns gewählte Wing Supervisor dar, in Wing 7 während meiner Internierung dort: Lehmann, Becker, Jülich, dieser wohl der hierfür fähigste. Sie genossen nur das Vorrecht, im Büro allein wohnen zu dürfen. Lehmann, mein old baas, prägte den sehr richtigen Spruch: „von Hechts wegen müsste der Wing-Supervisor jährlich abgelöst werden: „Täglich gibt es mit 2 Kameraden Krach, im Jahre also mit allen, seine Stellung ist dann untergraben.“ Mit was für Dingen er auch täglich, stündlich, belämmert wurde, kann sich ja ein Nichtinternierter kaum vorstellen, auch ein Internierter nur kaum. „Wer dem Publikum dient, ist ein armes Tier, er plagt sich zu Tod, niemand dankt ihm dafür.“ (Goethe). Jedenfalls, als Lehmann nach 1 ½ Jahren abtrat, ihm war seiner anerkannten Verdienste wegen vom „generous and human Government of India“ angeboten worden, ins Familienlager Satara überzusiedeln (mit seinem Schützling Karl Schwitzki), also sich zu verbessern – er war etwas nervös geworden, – begleitete ihn von seiner 600 ann starken „Gefolgschaft“ nur der Marine-Assistenz-Arzt a.D. Dr. Schäfer ans Tor. Nie vergesse ich seinen Start in die Freiheit: bildlich hob er – wie Bruder Kurt faktisch, in Vulpera vor dem „Badearzt“! – die Rockschösse seines Cutaways hoch (er trug nur Khakihemd: Rockschösse tida ada). „Jetzt könnt ihr mir alle…, G. Privatmann und Ober-Nazi quasselte was von „Kapitän verlässt das Schiff nicht“. Ich erwiderte ihm nur: „Sehen Sie sich nur diese Pisangblätter an. So grün ist Ihr Neid. Sie wären schon längst abgehauen, hätten Sie nur die Möglichkeit dazu.“ Lagerbüro.

Die gesamte Buchführung und Kassen-Abteilung erledigten ehrenamtlich 3 – 4 Kameraden, zu meinen Zeiten Carstens, Rehsenberg, Manchot (Schwager Creppehens), Rath, Jacobsen, Kessel, Hansknecht – nur gegen die Vergünstigung: im Büro, durch Vorhang getrennt, wohnen zu können. Arbeiter der Stirn wurden nicht so hoch gewertet wie die der Faust (cfr. unten).

IV. Budget

Die sehr genaue und dankenswerte Arbeit Rehsenbergs bringt folgende Zahlen:

Monatliche Einnahmen Block 7, 1944/45

600 x 20 Rs. vom Engländer 12.000 Rs.
600 x 13 Rs. aus Deutschland 7.800 Rs.
Abhebung von Privatkonten (100 -120 Konto) 5.000 Rs.
Messing Allowance 4½ Rs. pro Kopf 5.063 Rs.
An Engländer gelieferte Waren (Bäckerei, Wurstmacherei, Handwerker, Gemüsebauer, Mahler, etc.) 500 Rs.
An andere Wings verkaufte Waren der obigen Betriebe und von Einzelpersonen 1.500 Rs.
Monatliche Zahlung der Engländer für Sport, Anschaffung von Küchengeräten, Wing Allowance, Kino-Beihilfe etc. 400 Rs.
Honorar 2 Ärzte 360 Rs.
Honorar 3 Zahntechniker 90 Rs.
Honorar M 12 Orderlies (Krankenpfleger) 240 Rs.
pro Monat 32.953 Rs.
im Jahr      395.436 Rs.
pro Mann und Jahr 659 Rs.
pro Mann und Monat bei free board and lodging 55 Rs.

Ausser den 20 Rs. plus 13 Rs. = 33 Rs., die jeder Internierte ohne alle Arbeit „erhielt“, schafften die rührigen, unternehmenden, hochwertigen Individuen also noch eine wesentliche, zusätzliche Gesamt-Block-Einnahme von 24.000 Rs. pro Jahr an Waren aus Eigenen- und Lagerbetrieben, Schnaps, Gemüse, Handwerkserzeugnisse uie an die Engländer (ca. Rs. 6000) und an andere Winge verkauft wurden. Unsere Blockbilanz stand ausgesprochen positiv zu Buch.

V. Einnahmen

1) Schnapsbrennerei

Die Schlüssel-Industrie lag bei der Schnapsbrennerei; an 2. Stelle erbrachte der Gemüsebau und die Geflügelzucht die grössten Einnahmen. Mit Genehmigung der Lagerleitung und wahrscheinlich (?) des Home Departments: .Regierung – unter Befreiung von der Schnapssteuer des Landes (!) – wurden in unserem Block monatlich 1.200 Flaschen Schnaps fabriziert, pro Mann also 2 Flaschen, pro anno 14.400 Flaschen (!!)…, und auch…. versoffen, („Ihre Ziffer von 1200 Flaschen Schnaps muss sicherlich noch um die Menge erhöht werden, die „illegal“ produziert wurde. Das waren doch zweifellos auch noch 250 bis 300 Flaschen, bei den vielen „Schwarzbrennern“. (Rehsenberg)) – bis auf den von mir nicht zu schätzenden Anteil, der draussen auf den Spaziergängen an die Bevölkerung verschachert wurde (!) – gegen die ausdrückliche, ehrenwörtliche Versicherung, mit der Bevölkerung nicht in Verbindung zu treten (!!), und zwar auch mit Wissen der Lagerleitung, die in den Dörfern Spitzel postierte, aber nur immer mit neuen Warnungen gegen unseren Schnapshandel auftrat (!), nur – „for the show“ – beim Abmarsch aus dem Lager Stichproben des Gepäcks vornahm. Ich wurde praktisch jedes Mal kontrolliert: von mir wusste jedermann: Ich zählte zu den „Hauleuten“, ich besass eigenes Geld, trank nie einen Tropfen Schnaps in 5 Jahren, noch weniger handelte ich damit. – Die Briten dachten über die Schwäche der Menschen, sich zu betrinken, offenbar sehr liberal. Sie tranken selbst ja auch nicht nur Wasser! Häufig waren die Internierten nicht „apellfähig“, sie lagen besoffen in der Koje (Sergeant Friend: „Bringt ihn her!“; 2 Mann Rollkommando rückten dann ab und brachten das Opfer der Internierung, zur rechten und zur linken unter der Schulter gestützt, sichtbar zur Barackenecke: „All right! that’s all“. K. u. K. Toni P. „Schneider Meck“ sind mir in dieser Situation noch deutlich in Erinnerung!

Essenzen lieferten teils Geschäfte in Dehra Dun, teils eigenes Produkt: Pfefferminze und Calmus von den Excursionen, auch die aromatischen Früchte des Beelbaumes: Aegle Marmelos (cfr. Vegetation D.D.). Als Meister dieses verdienstvollen Brau-Gewerbes. fungierte der Lausitzer Oswald unter Mitarbeit von Herbert Kissing, Walter Paas, Heinemann, Born, Gebr. Schmidt etc.. Wie die astronomischen Verbrauchszahlen beweisen, lieferte er offenbar ein Produkt, das allen Anforderungen entsprach und auch von englischen Offizieren und Unteroffizieren gekauft wurde. Freilich hatte es das Gebräu auch „in sich“ !! Wie vom Blitze erschlagen sah ich mehrfach die „Combattanten“ zusammenfallen: die Kniee lösten sich!! – die Beine versagten. Mir genügte schon der Fuselgeruch, um linksumkehrt zu machen! Den „Abschleppdienst“ besorgten gut trainierte Kameraden: mit den Leptosomen Typen (Schneider Meck!!) ging die Sache sehr einfach (Vollnarkose!), aber mit den athletischen 2½ Zentner schweren Wurstmachern hatte man seine liebe Not, besonders wenn es das Unglück gewollt hatte, dass sie noch kopfüber „het achtergedeelt“ – unbekleidet ! – nach oben!! in den 1 m. tiefen Abzugsgraben geplumpst und mit vereinten Kräften herausgehieft werden mussten: „Ein fideles Gefängnis“!! – Mehrfach sah ich auch die spindeldürren Hinduh-sweepers, – niemals natürlich Moslems!! – sinnlos und unbeweglich betrunken – selbst im strömenden eiskalten Winterregen!! auf der Strasse liegen, ohne dass sich jemand ihrer erbarmte!! In Indien und China hat der Mensch noch keinen Wert, wegen Überproduktion! !


2) Gemüsebau (von Hugo Knaack)

An zweiter Stelle der Einnahmen stand der Gemüsebau innerhalb des Lagers. In der besten Erntezeit lieferten die „Gärtner“ täglich 600 Stck. Kopfsalat je 1½ anna = knapp 60 Rupien, oder 1.800 Rupien monatlich an die Blockküche ab, oder verkauften sie an andere Blocks, oder an die englischen Offizier- und U’off.-Messen. Ausser Salat ernten die fleissigen Bauern: (kongsie tiga: Knaack, v. Husen und Hosbach, Liewald, Kuepker, Graf Bernstorff, Vornbecke, Katsch, v. Trips, v. Kriegshaber, Paas, Born, Joerrissen, Reher, Gebr. Engelmann und Seele. (Küchengarten: zuerst Seele und v. Kriegshaber, dann v. Kriegshaber und v. Tripps.) – Tomaten, Spinat, Rettich, Radies’chen, Mohrrüben, Weisskohl, Rotkohl (pro Kopf 8 anna: Nubber Liewald!), Rosenkohl, Gurken, Dill, Petersilie, Schnittlauch, Zwiebeln, Melisse, Majoran. – Im Erntejähr 1944/45 wurden ca. 65.000 lbs. im Lager gezogenes Gemüse an die Küche verkauft. Salat, Weisskohl, Tomaten, Gurken. (Scheurmann). Nicht zu vergessen die Verkäufe an Wing I, der ja reich war; unser Block war der ärmste und musste „exportieren“, auch Schnaps und Kuchen gingen neben Gemüse und Engelhards Eiern in grossen Mengen dahin.


3) Mistbetrieb G.m.b.H. Willms

Um den Gemüsebau so rentabel wie möglich zu gestalten, bildete sich eine eigene Mistverwertungs-G.m.b.H. –  Stephan Willms, der Hauptaktionär habe hierzu das Wort. Er begann mit ganz kleinen Mitteln und holte von den zu 100.000-den herumliegenden trockenen Kuhfladen erst im Rucksack, dann in alten Jutesäcken auf kleinem selbstgefertigten Räderkarren, zum Schluss mit Ochsenkarren den Mist herein.

Willms, der Alchemist

Als tätiger Mitarbeiter Heinz Reher aus Bremen, Pflanzer von Beruf (Witzenhausen), der einen 1 PS-Spezial-Express für den Transport gebaut hatte. Der Mist wurde von den Dorfjungen in unserem Auftrag gesammelt, sie bekamen pro Benzinkanister 1 Cigarette (10 Cigaretten 1 ½ anna; 10 Bleche füllten einen Sack, 12 Säcke einen Ochsenkarren). Unkosten per Ochsenkarre Rp. 2.-, später 2,8. Der Sack wurde verkauft mit 3 – 8, – Grossabnehmer 3 Rp.. Einstandspreis ungefähr 4 ½ anna oder rund eine Viertel-Rupie. Ein ganz anständiger Gewinn: „Steppahn“ der Alchemist macht aus Kuhmist Gold und daraus wurde wieder Schnaps: Höchstbezeichnend: Jeder unserer 600 Leute hätte denselben Verdienst haben können (ca. 50 Rp. im Monat)« (Knaack: hier irrt der geehrte Verfasser; er vergisst die Vorbedingung: Friedhofsgärtner, d.h. täglich ausgehen zu können; sonst hätten die Gärtner sich selbst versorgt, wie dies ja auch mit dem alten Dachstroh der Fall war.) Stephan der Alchemist, hatte ihn eben. Stephan besass bzw. besitzt ein goldenes Herz; seinen Monatsgewinn hortete er niemals – soweit ich mich dunkel erinnere bekam er in Port Said darum noch einen schniepelen Uno-Mantel als „destitute“, mit dem ich ihn noch in Düsseldorf ganz stolz rumlaufen sehe – sondern führte seinen Verdienst wieder dem Schnapskonsum allein und/oder im Kreise der Getreuen! der Blockwirtschaft zu! Ein Mann aus dem Vollen „geschaffen“ !

„Es war das beste Geschäft, das ich je in meinem Leben machte und auch machen werde: wohl etwas anrüchig, aber desto lohnender“. Diese Kuhmist-Verwertungs-Story: ein minimalster Ausschnitt aus der 2 Milliarden Kuhmist-Produktion Indiens (vgl. Kapitel Viehzucht) meines opus „Im Reiche des Gruss-Moguls“ illustriert: pars pro toto – das Kapitel native Arbeit und europäisches Kapital und die Kolonialwirtschaft von heute bzw. gestern sehr anschaulich und ist daher auch in extenso wiedergegeben: „Krieg, Handel und Piraterie“. Von einer Übervorteilung der Gemüsebauern kann kaum gesprochen werden; schon darum nicht, weil Stephan den vollen Gewinn wieder der Blockkasse über den Schnaps zuführte. Stephan machte 200 Rs. Gewinn am Kuhmist, der Block am Schnaps; letzteres ermöglichte eine bessere Ernährung und der Grossteil kam wieder den Gärtnern für Gemüselieferungen zugute. – Keine Konkurrenz und die Bauern erzielten mit Mist natürlich, wie überall auf der Welt, die vielfache Mehreinnahme.- Trotzdem blieben die Bauern, nach eigenen Angaben Knaacks – mit ihrer täglichen schweren Arbeit weit hinter dem Alchemisten zurück. – Die Misthändler = die Kopfarbeiter – verdienten spielend, ohne einen Finger krumm zu machen, das Doppelte und Mehrfache dessen, was die Erzeuger herausholen konnten, eine ganz lehrreiche Parallele zum „Zwischenhandel“ Deutschlands. – Die Wirtschaft unseres Blocks könnte ein Forscher mit Erfolg zur Dr.-Arbeit verwerten, ausser mir ist wohl noch niemand auf diese Idee verfallen, selbst die kurzen, hier wiedergegebenen Daten bleiben ein „Unicum der Weltliteratur“; sie könnte es aber vielleicht mit dem Flaschenbierverkauf „G. Stresemann’s in Berlin an Interessantem“ aufnehmen.

Noch weit vor der Kuhmist-Verwertungs A.G. erhält Kamerad Herbert K. den 1. Preis als Finanzier:

Der bedeutendste „Alchemist“ (Rehsenberg)

Ein anderer Internierter, ein .Bursche, der alles konnte und der stets neue Ideen hatte, zu Geld zu kommen und seine tollen Saufgelage zu finanzieren, war Herbert K.. Im Anfang in Dehra Dun machte er wohl „illegal“ den besten Schnaps und die besten Liköre und verdiente damit eine Masse Geld. Als man später den „illegalen“ Schnapsbrennern an den Kragen ging, fabrizierte er zuerst privat Möbel, dann machte er Regendächer, machte die berühmten Holzeinlegearbeiten für Y.M.C.A. (Young Men Christian Association) – (Christlicher Verein Junger Männer) und arbeitete auch noch in der grossen Tischlerei in Wing 6. Dann kam seine tollste Idee. Er stellte ein amerikanisches Billard her, mit allen Schikanen, unter anderem mit einem eingebauten Heizapparat aus Glühbirnen, damit das Holz bei den kolossal schwankenden Temperaturen sich nicht zieht. Dieses Billard stellte er im Restaurant „Tante Anna“ auf. Spielstunde 8 Anna. Gespielt wurde daran durchgehend von morgens 7 bis abends 22 Uhr, also 15 Spielstunden, demnach Tageseinnahme 7½ Rs. Monatseinkommen, ohne auch nur einen Finger zu rühren: 225 Rs. Ist das nicht glänzend? K. hatte die Absicht, wenn die Internierung noch etwas länger gedauert hätte, auch noch im Wing 1 und im Wing 6 je einen solchen Tisch aufzustellen. Das hätte Orgien gegeben! K. hat nur eins bereut, dass er nicht eher auf diese Idee kam.

Doch nun zurück zum Gemüsebau.- Hugo Knaack habe das Wort: Von total 40 Beeten lieferten – nach 3jähriger Erfahrung – die besten: 5 oder 6 Ernten pro Jahr, z.B. Beet 25:

25. Juni Mais gepflanzt  –  15.September geerntet, 01. Oktober SAW gepflanzt – 15. November geerntet, 16. November Blumenkohl gepflanzt  –  22. Januar geerntet, 26. Februar Kohl gepflanzt  –  22. Februar geerntet 06. Mai Mais gesät  –  im Mai geerntet.

Resultat:

1943/44  –   270 Rupien
1944/45  –   603 Rupien
1945/46  –   919 Rupien

Gesamtgewinn in 3 Jahren 1.591 Rupien für 3 Mann. Bei dieser, meiner, stets sehr anfechtbaren Rechnung mit den Knaack’schen Zahlen käme ich nur auf einen Verdienst von 530 Rupien pro Jahr.

1792 Rs. Umsatz 200 Rs. Unkosten 1592 Rs. = 530 Rs. pro Jahr = 176 Rs. pro Mann und Jahr, somit rund 15 Rs. pro Mann und Monat. Das Jahr 1945/46 ergibt etwas besseren Verdienst:

Ausgaben

20 Rs. Neuankauf Gelände, 40 Rs. Utensilien, 127 Rs. Dung, 24 Rs.  Saat  24 Rs. Saat,
Summe: 211 Rs. netto

Überschuss 703 Rs., auf 3 verteilt, je 234 Rs. oder alles zusammengenommen rund 20 Rs. pro Mann und Monat, also schwere, lange Arbeitszeit – kleiner Verdienst!! Kein Geschäft, wie bei jeder Landwirtschaft.

Knaack

Die Preise: waren „Saisonmässig“ verschieden; Küche zahlte für erste Ware recht gut, später – bei Überangebot und knapper Kasse – schnitt sie uns den Hals ab. z.B. für 1 lb Blumenkohlblätter (ohne Frucht) 2 anna, später für die Frucht ohne Blätter 1½ anna, Tomaten anfänglich 4 anna pro lb, später 1 – 1½ anna.

Preise 1945

Salat 1 anna pro Kopf Eiszapfen 7 Stück = 1 anna Bierrettich 1 Stück = 2 anna Sawi 1 Kopf = 6 anna Kohl 1 Kopf = 6 anna Rote Beete 1 lb  = 2 – 4 anna Kohlrabi 2 Stück = 3 anna Blumenkohl 1 lb = 4 anna Tomaten 1 lb  = 4 anna

Hühner-Enten-Schweinezucht

Sie erbrachte unternehmenden und fleissigen Leuten ebenfalls beachtliche Einnahmen. Den Vogel schoss Engelhard ab, der mehrere 1000 Rps durch Eierverkauf erzielte (Enteneier), freilich auch von früh bis spät mit dem Füttern (und dem Besorgen des Futters) seiner Bebeks zu tun hatte» Die Hühnerzucht wurde durch das Risiko der Hühner-Cholera bedroht, die Hunderte von Hühnern in ganz kurzer Zeit dahinraffte. Graf Lippe, „der Entengraf“, Derksen und Nickel waren ebenfalls verdienstvolle Entenzüchter, Moeller und Ludwig, Becker und der kleine Adolf Knüllig aus Bar. 9 erfolgreiche Hüherzüchter. Walter Paas verdient als Kaninchenzüchter genannt zu werden.

Schweinezucht wurde vom Block selbst betrieben; der gemauerte Stall kostete knapp 1000 Rs., rentierte sich ebenfalls sehr gut. Bei der wöchentlichen General-Inspektion musste alles in bester Ordnung sein. In den Gärten durften keine Blätter und Blechbehälter herumstehen, Misthaufen mussten abgedeckt sein, alles wurde camoufliert. Enten- und Hühnerställe mussten absolut sauber sein, das Geflügel im Stall. Der Schweinestall gab in der ersten Zeit Veranlassung zu Beanstandungen wegen der Fliegen, aber auch hier schufen findige Köpfe bald Abhilfe.

Schliesslich tat sich auch eine Fischerei und Fischräucherei auf. In der Regenzeit füllten sich die trockenen steinigen Strombetten mit Wasser und Fischen und einige – meist in Indien geborene jüngere Leute -, voran die Ind. Jungen Engelmann, Willi Schild, die beiden Pass auch Hirsch, genannt das Hirschkalb brachten von ihren Ausflügen je 20 bis 25 kg Fisch mit, die frisch geräuchert vorzüglich schmeckten, und die „Reistafel“ angenehm bereicherten.

Die Geschirrwäscher und Domsalski (Knaack)

Ursprünglich 6 Inländer je 20 Rp. = 120 Rs. monatlich vom Engländer bezahlt. Dann machte „Dom“ eine Woche probeweise während seines Urlaubs vom Hospitalorderly-Dienst die Sache ganz allein „unentgeltlich“. Zu seiner Ablösung traten Hentrich und Bennit, die zusammen monatlich 60 Rs. erhielten (Blockersparnis genau 60 Rpst) später Engelmann, Willms, van Husen. Die Entschädigung wurde auf 12 Rs. herabgesetzt, aber durch das Sammeln der Essensreste für Hühner- und Entenzucht fielen natürlich auch einige Eier an; nebenbei natürlich noch das gute Küchenessen.


4) Andere Beschäftigungen und Einnahme-Quellen (Rehsenberg)

Postholer: Zuerst Ernst Becker, später Albert Kessel und Horst Wagner. Zeitungen wurden von den Engländern resp. deren indischen Hilfskräften in den Wing gebracht.

Technikum: Leiter war Henri Abt (Schlieper-Ingenieur). Abt hat sich, wie ich allgemein gehört habe, sehr grosse Mühe gegeben.

Sprachkurse: Englisch: Michels, Französisch: Dr. Dünnwald und Pater Gietmann, Italienisch: Dr. Halusa, Hindustani: Jahnke (nicht der jüngere Jahnke, sondern der ältere Herr aus Bar. 15), Latein: Dr. Halusa.

Hospital-Pfleger: Missionar Braun, Graumann, Jordan, Meyer, ferner: Pelzer, Wasmuth, Kreck, Ludescher, Frings, Noll, Kolk, Schaller.

Schneider: Wrozyna mit Becker und Vondrous, Gülpen, Franke, Schweighofer mit Klesse, Horn mit Steck. Zu den Schweighoferschen Wintermänteln möchte ich noch folgendes bemerken: Zuerst sollten nur 60 oder 70 Mäntel hergestellt werden, dann kamen aber immer neue Leute hinzu; nach meinem Dafürhalten dürften es total an die 100 Mäntel gewesen sein. (Rehsenberg)

Häuser – resp. Bunk-Bau: Herbert Kissing.

Tischlerei: Wiegand, Herbert Kissing.

Schuster: Vollmann, Bindemann, Julius Schadt, Faber, Hafner, Hirsch.

Schmiede und Klempner: Eisentraut mit Kühl „Krupp & Co.“, Igel mit Stegmayer, Bahrs, Otzenberger.

Buchbinderei: Missionar Gerlach mit Missionar Illing und Herrn Voss.

Kantine: Andreas Fischer, Klöfkorn, Helmut Schnelle, Missionar Damschen, Horst Wagner, der andere Wagner (Steiger oder dergl.), Schmidt, Joh. Pass.

„Tante Anna“: In der „Tante Anna“ arbeiteten unter anderen: Als Leiter Saknus, Diegelmann und Brambach, als Fachleute und Hilfskräfte Büllesbach, Jakobi, Hortmann, Diestelkamp, Möhrs, Rudi Jürgschadt, Scholz, Reineke („Fietche“), Böckler und andere, nicht zu vergessen den „Onkel Keuschen“, wie ihn jeder nannte.

Büro: Becker, Lehmann, Jülich, Carstens, Manchot, Hansknecht, Rath, Kessel, Rehsenberg, vorübergehend auch noch Jacobsen.

Gemüsebau: Kongsi Tiga: Knaack, v. Husen, Hosbach, ausserdem Liewald, Graf v. Bernstorff, Vornhecke-Katsch, Walter Paas, Born, Hein Meckel, Weiss.

Mistfahrer: cfr.“Mistverwertung“

Viehzucht: Engelhard, Graf von Lippe, Höbel, Beermann,..(Kaninchen), Walter Paas (Kaninchen), Möller mit Ludewig (Hühner).

Schnapsbrenner: Oswald, Herbert Kissing, Walter Paas, Heinemann, Heiss, Born, Gebrüder Schmidt.

Grasschneider: Johann Pass, der junge Ahrens.

Wäscher: Zorn, Thomas, Böckler.

Bügler: Beutler.

Gärtner: Graf von Bernstorff, Koch.

Friseure: Paul Böttcher (er war zugleich „Hoffriseur“ bei den englischen Offiziersdamen), Stocklaseck, Schwarz, Gries.

Holzhacker: Brand (I. G. Farben), Hobel, Willms, von Bergholz.

Bibliothek: Hake, Hercksen, Müller, Laudien, Horst Wagner.

Gräberfürsorge: gegen geringe Bezahlung (von den Engländern) von Jörrissen und Neuhaus (Bali) mustergültig durchgeführt. Bei den Tiots 1946/47 bereits alles demoliert! (Schriftlicher Bericht von Gigi via Major Hunt).

Kamerad Hufnagel unterhielt ein Altwaren- Verkaufs- & Tauschgeschäft, ausserdem wurden monatlich einmal an der „Bücherbörse“ alte oder auch neu extra für diesen Zweck aus Deutschland bestellte Bücher „versilbert“: der erfindungsreiche Internierte! Geld konnte aus Deutschland nicht geschickt werden, wohl aber Bücher, ergo fand man eben auf diesem Wege eine neue Erwerbsquelle… und als Folge entstand eine sehr reichhaltige Bibliothek (15.000 Bände)!! „Es ist heute natürlich sehr schwer zu sagen, wie viele Leute im Wing 7 arbeiteten. Doch wenn man alles berücksichtigt – Blockarbeit, Privatarbeit und „Privatgeschäfte“ – dürfte eine Ziffer, die zwischen ½ und ⅓ der Belegschaft liegt, etwa der Wirklichkeit entsprechen. Es war doch schon so, wenn man sich umschaute, dass jeder Zweite oder Dritte „etwas machte“. Es gab ja die tollsten Sachen; man denke nur an den so ertragreichen Tauschladen (Hufnagel).

Nicht zu vergessen unter den Handwerkern ist der Uhrmacher Kyber, der bestimmt auch sein Schäflein ins Trockene gebracht hat.

Ein Internierter, über den wohl noch manches Lustige zu sagen wäre, ist der gute Beppo de Siati. Er besass einen Affen, spielte ganz ausgezeichnet Akkordeon und Klavier, für eine Flasche Schnaps setzte er sich mit dem Rücken zum Klavier und spielte nach rückwärts einen Tango, wobei zu bemerken ist, dass auf diese Art die linke Hand die Melodie spielte und die rechte Hand begleitete, in seiner Art ein Genie!

Ein interessanter, vielseitiger Mann war Schweighofer. Kurz vor Toresschluss organisierte er noch die Massenfabrikation von Wintermänteln am laufenden Bande. Im Rahmen dieses Programmes wurden innerhalb weniger Tage über 100 Wintermäntel hergestellt für die „destitutes“ = il est, die „alles versoffen hatten“!