Jul 042018
 
Die Welt am Rande des Finanzabgrundes

Von Ernst Wolff

Welche Hintergründe und Drahtzieher stecken hinter dem Finanzsystem. Welche Gefahren liegen vor uns. Der Deep State wird genauso behandelt, wie die Ideen den Menschen gefügig und abhängig zu machen. Ein Vortrag für Insider und Menschen die sich vieles in unserer Gesellschaft gar nicht vorstellen können und als Verschwörungstheorie abtun. Ernst Wolff ist wieder sehr exakt und liefert auch Quellen. Der Journalist und Buchautor der Bücher „Weltmacht IWF“ und „Finanz-Tsunami“ beschäftigt sich seit 40 Jahren mit den Hintergründen des Finanzsystems.

Quelle: Eine Produktion der Wonderful Events GmbH im Rahmen der SeeGespräche unterwegs-Reihe © Wonderful Events GmbH / Seegespräche 2018 


Das globale Finanzsystem und der Vorwurf der Verschwörungstheorie

Ein Kommentar von Ernst Wolff

Wer immer in unseren Tagen mehr als nur oberflächliche Kritik am globalen Finanzsystem übt, setzt sich der Gefahr aus, von den Mainstream-Medien und der offiziellen Politik als „Verschwörungstheoretiker“ und damit als wissenschaftlich nicht ernstzunehmender Aufwiegler abgetan zu werden.

Es lohnt sich, diesen Vorwurf näher unter die Lupe zu nehmen, denn er enthüllt bei genauerem Hinsehen mehr über die, die ihn erheben, als über die, gegen die er sich richtet.

Als Verschwörung gilt der Wikipedia zufolge „das zielgerichtete, konspirative Wirken einer kleinen Gruppe von Akteuren zu einem meist illegalen oder illegitimen Zweck.“ Der Duden definiert die Verschwörung als „gemeinsame Planung eines Unternehmens gegen jemanden oder etwas (besonders gegen die staatliche Ordnung)“.

In anderen Worten: Wer grundlegende Kritik am globalen Finanzsystem übt, unterstellt einer kleinen Gruppe von Akteuren die gemeinsame Planung eines Unternehmens zu einem meist gesetzwidrigen oder unrechtmäßigen Zweck, welche sich insbesondere gegen die staatliche Ordnung richtet.

Gehen wir der Sache auf den Grund und werfen zuerst einmal einen Blick auf die Anzahl der Akteure im Finanzsystem. Im Verhältnis zur Weltbevölkerung handelt es sich hier in der Tat um eine verschwindend kleine Gruppe von Menschen. Zu ihnen zählen die Chefs von Zentralbanken, kommerziellen Großbanken, Hedgefonds, Finanzministerien, internationalen Finanzorganisationen wie der BIZ, dem IWF, der Weltbank und der WTO, um nur die wichtigsten zu nennen.

Kann man diesen Akteuren „zielgerichtetes Wirken“ vorwerfen? Betrachten wir dazu ihre Aktivitäten nach der Krise von 2007/08: Während sich die Politik zunächst weigerte, die Großbanken zu retten, setzten sich die Finanz-Akteure nach kurzer Zeit gegen sie durch, indem sie mit dem Zusammenbruch von Handel, Industrieproduktion und sogar ganzen Staaten drohten und so die Begleichung riesiger Schuldenberge privater Investoren durch die Staaten erwirkten.

Als in Europa daraufhin mehrere Länder in Zahlungsschwierigkeiten gerieten, gründeten die Akteure die „Troika“ aus EZB, IWF und EU-Kommission, setzten diese Länder unter deren Zwangsverwaltung und sorgten dafür, dass unliebsame Regierungschefs durch „Technokraten“ – also hohe Vertreter des Finanzgewerbes – ersetzt wurden.

Anschließend erwirkten sie zu ihrem eigenen Vorteil das „Quantitative Easing“, das Schöpfen von riesigen Geldsummen und ihre Vergabe zu immer niedrigeren Zinsen. Begleitet wurde es von der Austeritätspolitik, die die Lasten der Krise auf die arbeitenden Menschen abwälzte. Seit einigen Jahren kaufen Zentralbanken zudem Staats- und Unternehmensanleihen sowie Aktien in großem Stil auf – und zwar über alle Staatsgrenzen hinweg und in der Absicht, das System durch koordinierte Aktionen am Leben zu erhalten.

Damit besteht kein Zweifel, dass das Handeln der Akteure „zielgerichtet“ ist. Aber ist es auch „konspirativ“ und erfolgt damit  – der Erklärung der Wikipedia zufolge – auf der Grundlage der „Zusammenarbeit mehrerer Personen unter einheitlicher Zielsetzung und bewusster Ausschaltung fremden oder öffentlichen Einblicks“?

Stellen wir hierzu folgende Fragen: Gewährt die Finanzindustrie Außenstehenden Einblick in ihre Entscheidungen? Wurde ein einziger arbeitender Europäer gefragt, ob er mit der Bildung der Troika – einer Vereinigung nicht vom Volk gewählter Bürokraten – einverstanden war? Durfte die internationale Öffentlichkeit je mitreden, als die Zentralbanken beschlossen, Geld zu drucken und es zu immer günstigeren Konditionen an die Finanzindustrie zu vergeben?

Ganz im Gegenteil: Die wichtigsten Maßnahmen der Finanzindustrie wurden (und werden) hinter verschlossenen Türen solcher Organisationen wie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (der Zentralbank aller Zentralbanken) oder der Group of Thirty (einer Vereinigung ehemaliger Zentralbanker, Finanzminister und Chefs von Großbanken) vorbereitet, international abgesprochen und anschließend durch die Zentralbanken umgesetzt.

Ob diese Maßnahmen illegal oder illegitim sind? Die Antwort erübrigt sich, wenn man sich die Anzahl von Gerichtsurteilen gegen internationale Großbanken ansieht, bei denen es um den Vorwurf des Betruges ging. Allein gegen die Deutsche Bank laufen zurzeit mehr als 7.000 solche Verfahren. Was die Zentralbanken angeht, so muss man sich nur die Statuten der EZB vornehmen, um festzustellen, dass sowohl der Ankauf von Staats- und Unternehmensanleihen als auch der von Aktien rechtlich nicht zulässig ist.

Besonders interessant für uns Europäer erscheint in diesem Zusammenhang, dass sowohl die EZB als auch die BIZ als exterritoriales Gebiet gelten und ihre führenden Mitglieder juristische Immunität genießen, was sie über geltende Gesetze erhebt. Im Klartext heißt das: Hier haben die an der Konspiration Beteiligten sogar schon Vorkehrungen für den Fall getroffen, dass ihr Tun und Lassen sie eines Tages vor Gericht bringen sollte.

Wenden wir uns abschließend noch dem letzten Punkt zu: Ist das Handeln der Finanzakteure gegen die staatliche Ordnung gerichtet? Um diese Frage zu beantworten, muss man nur die Lehre aus zwei Jahrtausenden Menschheitsgeschichte ziehen: Nichts hat staatliche Ordnungen stärker untergraben als die Polarisierung von Gesellschaften durch die Zunahme sozialer Ungleichheit.

In diesem Punkt übertreffen die Akteure der Finanzindustrie alles, was die Welt bisher gesehen hat: Noch nie in der gesamten Geschichte der Menschheit hat es eine solche Explosion der sozialen Ungleichheit gegeben wie in unseren Tagen, noch nie war die Kluft zwischen Reich und Arm so groß.

Zusammenfassend kann man also feststellen: Wer gegen Kritiker des Finanzsystems den Vorwurf des „Verschwörungstheoretikers“ erhebt, hat das globale Finanzsystem entweder nicht verstanden oder ist daran interessiert, von seinem wahren Charakter abzulenken: Dass es sich dabei nämlich tatsächlich um eine Verschwörung handelt – und zwar eine von Politik und Mainstream-Medien unterstützte Verschwörung zugunsten derer, die von ihren Vermögen leben können, und zum Nachteil derer, die von ihrer Arbeit leben müssen.

Quelle: Tagesdosis 14.7.2018


Griechenlands Zerfall und die grotesken Lügen der Politik

Vor wenigen Tagen löste die Meldung, dass Deutschland an den „Hilfszahlungen“ für Griechenland fast drei Mrd. Euro an Zinsen verdient hat, eine Welle der Empörung aus. Deutsche Politiker unterließen es, die Nachricht zu kommentieren – vermutlich, weil ihnen die Argumente fehlen, um ein derartiges Handeln zu rechtfertigen.

Dennoch sollte man die Meldung nicht einfach übergehen. Sie zeigt nämlich am Beispiel eines der wirtschaftlich und finanziell schwächsten Länder der Eurozone, welches Stadium der Fäulnis und des Zerfalls unser gegenwärtiges Finanzsystem inzwischen erreicht hat und welche Rolle die Politik in der Endphase dieses Prozesses spielt.

Bereits der Eintritt Griechenlands in die Eurozone war ein von Finanzindustrie und Politik gemeinschaftlich begangener Betrug an der arbeitenden Bevölkerung: Um aufgenommen zu werden, wurden mit Hilfe der Großbank Goldman Sachs (unter ihrem damaligem Europachef Mario Draghi) nachweislich Bilanzen frisiert und hohe Risiken an den Kapitalmärkten eingegangen. Den Preis für die entstandenen Verluste in Höhe von 5,1 Mrd. Euro trugen nicht etwa die Konzerne und Banken, die anschließend vom Euro profitierten, sondern – die griechischen Steuerzahler.

Als Griechenland 2010 in den Strudel der Eurokrise geriet, wandte sich die Athener Regierung an die EU-Kommission in Brüssel und bat um Unterstützung. Die nicht gewählten Bürokraten der EU taten sich mit den ebenfalls nicht gewählten Vertretern von EZB und IWF zusammen, setzten Griechenlands Souveränität außer Kraft, stellten das Land unter die Zwangsverwaltung der Troika und gewährten ihm erst dann Kredite.

Diese Kredite waren allerdings keineswegs, wie der internationalen Öffentlichkeit gegenüber behauptet, „Hilfszahlungen“, die den Griechen zugute kamen, sondern dienten fast ausschließlich dazu, den Schuldendienst des Landes bei internationalen Banken zu ermöglichen. Den Preis zahlte einmal mehr die arbeitende Bevölkerung, denn die Troika koppelte ihre Zahlungen an extrem harte Austeritätsprogramme, die den Lebensstandard im Land drastisch senkten.

Während sich die Gläubiger im Ausland zufrieden zurücklehnen konnten, erlebte Griechenland in den Folgejahren einen nie gekannten Sozialabbau: Die Renten wurden bis heute um sechzig Prozent gesenkt, der Mindestlohn wurde bis auf 3,39 Euro gedrückt und das Gesundheitswesen weitgehend zerstört. Die Arbeitslosigkeit, insbesondere unter Jugendlichen, erreichte nie gekannte Rekordwerte, Obdachlosigkeit und Drogensucht griffen um sich, zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg mussten Menschen auf europäischem Boden wieder hungern.

Das aber war nicht alles: 2015 wurde Griechenland Schauplatz des vermutlich größten Polit-Betrugs der vergangenen Jahre. Die im Januar auf der Grundlage ihres Anti-Austeritäts-Programms an die Macht gekommene Syriza-Partei unter Alexis Tsipras ließ die Bevölkerung im Juli 2015 über die von der Troika geforderten Reformen im Land abstimmen. Obwohl mehr als 60 Prozent der Wähler mit „Nein“ stimmten, akzeptierte die Syriza-Führung unmittelbar nach der Wahl sämtliche Forderungen der Troika und setzte entgegen all ihren Ankündigungen das bisher härteste Sparprogramm in ganz Europa durch.

Die Politiker rechtfertigten die Missachtung des Wahlergebnisses damit, dass die Austeritätspolitik zwar hart, aber notwendig sei und das Land schlussendlich aus der Krise führen werde. Auch diese Behauptung ist inzwischen von der Wirklichkeit widerlegt: Obwohl seit 2010 Kredite in der Höhe von über 270 Milliarden Euro nach Griechenland geflossen sind, ist die Verschuldung des Landes auf 325 Mrd. Euro angestiegen und liegt damit heute um zwanzig Prozent höher als 2016.

Doch selbst angesichts dieser verheerenden Entwicklung zeigen die Syriza-Politiker keine Einsicht, sondern steigern sich in immer groteskere Behauptungen. So haben sie vergangene Woche angekündigt, dass das Land in 42 Jahren schuldenfrei sein werde, weil es bis 2060 durchgehend Primärüberschüsse (höhere Staatseinnahmen als Staatsausgaben bei Nichtberücksichtigung der Zinszahlungen) erzielen werde – eine Leistung, die bisher noch kein Staat der Neuzeit erbracht hat.

Übertroffen werden diese an Fieberphantasien erinnernden Aussagen nur noch von denen der EU-Politiker. So erklärte EU-Kommissar Moscovici vor zehn Tagen anlässlich der Einigung über das letzte „Rettungspaket“ allen Ernstes: „Die griechische Krise ist heute Abend vorbei.“ Dass der griechische Finanzminister Tsakalotos ihm zustimmte und ebenfalls vom „Ende der griechischen Krise“ sprach, zeigt, wie weit sich die Politik angesichts der immer bedrohlicheren Entwicklungen an den Finanzmärkten von der Realität entfernt hat.

Nur zur Erinnerung: In Griechenland erhält gegenwärtig jeder dritte Rentner weniger als 500 Euro im Monat, die nächste Rentensenkung steht im Januar 2019 an. Drei Millionen von 10,75 Millionen Griechen können sich keine Krankenversicherung leisten, die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 45 Prozent und vierzig Prozent aller Griechen sind derzeit nicht in der Lage, Miete und Rechnungen zu bezahlen.

Quelle: Tagesdosis 30.6.2018