Ostafrika 1 von Carl Paul

Gaebler Info und Genealogie

Home neu • Genealogie • Christoph Gäbler • Hannelore  Schwedes • Indien • Ökumene • Politik • Bildung • Kunst • Was noch? • Privat • Kontakt • Suchen
 

Carl und E. Paul
Carl Paul
Dokumente 1
Dokumente 2
Togo
Kamerun
Ostafrika 1
Ostafrika 2
Ostafrika 3
Südwestafrika 1
Südwestafrika 2
Südseeinseln 1
Südseeinseln 2
Tagebuch 1
Tagebuch 2
Pfarramt Lorenzkirch
Pfarrer Lorenzkirch
Georg H. Sappuhn
Lorenzmarkt
Otto Baltzer

Die Mission in unsern Kolonien

Von Pfarrer Carl Paul

Neue Folge der Dietelschen Missionsstunden, Zweites Heft, Verlag Fr. Richter, Leipzig 1900, Seite 1 - 112

Deutsch-Ostafrika 1

7,6 MB

Inhalt

Deutsch-Ostafrika als Missionsfeld

    Das deutsche Gebiet und seine Völker
    Die Missionsstrassen
    Die Sprachen
    Heidentum und Islam
    Mission und Politik

Livingstone und die Universitäten-Mission

    1. Der Missionsherold in Innerafrika
           Werdegang
           Reisen
           Sklaverei
           Charakterzüge

    2. Die Universitäten-Mission und die Schotten
           Magomero
           Livingstonia
           Bandawe
           Blantyre
           Sansibar
           Magila
           Masasi
           Newala
           Tschitangali
           Weiterentwicklung der Missionsstationen
           Mwiti
           Likoma

Anmerkung  
Copyright von Bildern 
Ouellenschriften über die Mission in Deutsch Ostafrika  
Landkarten

Inhaltsverzeichnis


Links zur Einführung von  Carl Paul

  1. Was sind wir unsern Kolonien schuldig?
       Begangenes Unrecht wieder gut machen
       Schutzgebiete statt Kolonien
       Verderbliche Einflüsse
       Kolonialpflichten
       Kolonisierung nur mit gleichzeitiger Christianisierung

  2. Die Missionstätigkeit in unsern Kolonien
      Neues Interesse für die Mission
      Neue Herausforderungen für die Mission
      Eifersucht gegen England
      Überblick über Togo
      Überblick über Kamerun
      Überblick über Südwestafrika
      Überblick über Ostafrika
      Überblick über die Südsee
      Missionskräfte in Bewegung setzen

Inhaltsverzeichnis


Weitere Links

Inhaltsverzeichnis


Deutsch Ostafrika als Missionsfeld

Die Ernte ist groß, aber wenige sind der Arbeiter. Darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende.
Matth. 9, 37. 38.

Ostafrika hat später, als alle andern Küstengebiete des dunkeln Erdteils die Segnungen des Evangeliums empfangen. Nach Südafrika zog bereits 1737 der erste Missionar. An der Westküste begannen die evangelischen Glaubensboten ihr Werk in Verbindung mit der englischen Antisklavereibewegung am Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts. Sogar Nordafrika, wo das Christentum im Islam ein fast uneinnehmbares Bollwerk fand, kam früher an die Reihe, als der Osten. Nachdem Herrnhuter Brüder sich in der zweiten Hälfte des 18, Jahrhunderts ohne jeden sichtbaren Erfolg um die koptischen Überreste des Christentums in Ägypten gemüht, traten 1826 englische Missionare ein und drangen seitdem nilaufwärts bis Abessinien vor, für andre Glaubensboten die Bahn brechend, die von Ägypten aus eine "Apostelstraße" durch Afrika zu legen suchten, Ostafrika aber blieb bis um die Mitte des jetzt beendeten Missionsjahrhunderts ganz beiseite liegen. Es wurde vom großen Weltverkehr nicht berührt, weil der vielbefahrene Seeweg von Europa nach dem südlichen und östlichen Asien über das Kap der guten Hoffnung und quer durch den Indischen Ozean führte. Als aber vor 50 Jahren auch diese Gebiete des dunkeln Erdteils in den Gesichtskreis der europäischen Völker kamen, trat plötzlich eine geradezu fieberhafte Tätigkeit an die Stelle der bisherigen Gleichgültigkeit. Die Geographen und Afrikaforscher beschäftigten sich mit keinem andern Teile des Erdballs so angelegentlich, wie mit diesen Gegenden. So oft es einem Reisenden gelang, den Schleier von den ostafrikanischen Geheimnissen ein Stück weiter wegzuziehen, ward er ein gefeierter Mann. Dann folgte gegen Ende des Jahrhunderts eine Zeit, wo von den Kolonialmächten, besonders Deutschland und England ein förmlicher Wettlauf nach den einzelnen Teilen Ostafrikas unternommen wurde. Die Pioniere der einen suchten denen der andern zuvorzukommen. Die Häuptlinge, deren Länder und Ländchen man bis dahin nicht einmal dem Namen nach kannte, wurden vielumworbene Persönlichkeiten. Sie konnten ganze Berge von Geschenken fordern, wenn sie dafür die deutsche oder englische Flagge über ihrer Boma wehen ließen.

Mitten unter die Forscher und Politiker hinein trat der Missionar, der den Eingebornen Ostafrikas nichts abforderte, sondern ihm die schönste Gabe seiner christlichen Heimat brachte, das Evangelium. Alle wichtigen Wege, die sich dem Forscher als gangbar erwiesen, mussten auch sogleich den Glaubensboten dienen. In einzelnen abgelegenen Gebieten kamen sogar die Missionare den Forschungsreisenden und Kolonialbeamten zuvor. Die Missionskarawanen sind viel eher als die militärischen Expeditionen ins Innere gezogen, und an manchen Orten haben die Missionare schon früher Posto gefasst, als die Kolonialtruppen. Als dann im Jahre 1885 das ganze herrenlose Gebiet durch friedliche Verhandlungen unter Deutschland, England und Portugal verteilt ward, haben die mutigen Pioniere des Evangeliums unter den bei der Besitzergreifung seitens dieser Mächte unvermeidlichen Wirren allerdings schwer zu leiden gehabt; einzelne mühsam errichtete Stationen gingen sogar wieder verloren. Aber das war nur ein kurzer Rückschlag. Sobald das Land beruhigt war, nahm die Mission die Gelegenheit wahr, als segenspendende Friedensbotin unter die unterworfenen Völker zu treten. Den größten Anteil an diesen Fortschritten hat Deutsch-Ostafrika erlangt. Es war, als ob die christliche Liebe, die so lange von diesem Gebiet des dunkeln Erdteils zurückgehalten war, sich ihm nun mit umso größerer Innigkeit zuwenden wollte. Gleich einem aufgestauten Bergstrom ergoss sie sich über das Land.

Ehe wir uns dieser Geschichte der Missionsbestrebungen, an denen eine ganze Reihe von deutschen und englischen Missionsgesellschaften beteiligt sind, zuwenden, soll der Naturboden, den sie im deutschen Gebiet fanden, hier mit kurzen Strichen gekennzeichnet werden.

Inhaltsverzeichnis


Das deutsche Gebiet und seine Völker

Unser Kolonialbesitz in Ostafrika hat eine Ausdehnung von nahezu 18.000 deutschen Quadratmeilen oder einer Million Quadratkilometern, ist also ungefähr doppelt so groß wie das deutsche Mutterland. Im Osten und Westen finden wir natürliche Grenzen, dort den Indischen Ozean, hier die drei großen Seen Nyassa, Tanganjika und Victoria Nyanza, deren Wasserflächen teilweise zum deutschen Gebiet gehören. Im Norden und Süden sind die Grenzen bei den kolonialpolitischen Abmachungen an manchen Stellen ohne Rücksicht auf die natürlichen Verhältnisse gezogen, sodass einzelne Stammesgebiete zerschnitten, halb deutsch und halb englisch oder portugiesisch wurden.

Der Gesamteindruck, den das Land macht, ist nicht schön. Der Naturforscher Henry Drummond, der sich einige Zeit in der Nähe des Nyassa-Sees aufgehalten hat, schreibt in seinen: Buche "Innerafrika":

"Afrika steigt in drei breiten Stufen vom Meere in die Höhe: zu äußerst ein niederer, Fieberluft erzeugender Küstenstrich; dann ein Hochland, etwa von der Durchschnittshöhe der Vogesen; nach diesem ein zweites, höheres Hochland, welches im innersten Teile des Landes mit Berg und Tal sich hinzieht. Füllt man diesen Umriss aus, so hat man Afrika vor sich. Man denke sich den Küstenstrich als eine sonnenverbrannte Graslandschaft, in der hier und da eine Palme steht. Die Dörfer sind nicht zahlreich und von heruntergekommenem Volk bewohnt; Leoparden, Hyänen, Krokodile und Flusspferde haben hier ihre Heimat. Dann folgen die Hochebenen, beide mit endlosem Wald bedeckt, aber es ist niederer Baumwuchs mit unansehnlichen Stämmen, dessen dürftiges Laubwerk den Wanderer nur schlecht vor der tropischen Sonne schützt. Die Bäume sind nichts Besonderes. Hier und dort erblickt man eine Wein- oder Fächerpalme, eine wie ein Kronleuchter sich ausbreitende Euphorbia, eine farbenglühende Mimose oder den trostlosen mächtigen Affenbrotbaum; auch sieht ein aufmerksames Auge allerlei seltsame Schlinggewächse, und zwischen den Sträuchern bergen merkwürdige Orchideen ihre seltsamen Blütenformen. Die äußere Gestalt des Waldwuchses aber ist ähnlich dem europäischen; Bäume, wie Eschen, Ulmen und Buchen, nur selten so groß gewachsen, wie bei uns und, von den Flussufern abgesehen, selten so schön. Die Tierwelt ist allerdings eine andere, auch die Vögel. Viele tausend Kilometer Wald, über Berg und Tal sich hinziehend, ein dürftiger, schattenloser, spurloser, sangloser Wald, das ist das östliche Innerafrika."

Diese Schilderung rührt aus der Zeit her, wo Deutsch-Ostafrika von Forschungsreisenden nur auf den Hauptstraßen durchzogen wurde. Sie wird heutigen Tages, wo wir auch die ehemals abgelegenen und unzugänglichen Gebiete besser kennen, von manchem der begeisterten Lobredner Deutsch - Ostafrikas nicht mehr für zutreffend gehalten. Diese finden Drummonds Schilderung allzu absprechend. Und in der Tat gibt es Landschaften, wie Usambara und Usagara in der Nähe der Küste, oder die herrlichen Bergländer im Norden des Nyassa-Sees, die mit ihrem Pflanzen- und Wasserreichtum, mit ihren wohlangebauten Schamben, d.i. Pflanzungen der Eingebornen, einen viel anziehenderen Eindruck machen. Wenn diese aber geeignet sind, anmutigere Züge in das von Drummond entworfene Bild einzutragen, so darf nicht übersehen werden, dass sich in Deutsch-Ostafrika auch Landschaftsbilder finden, die noch viel trostloser aussehen, als es nach jener Beschreibung zu erwarten ist. Die Steppe im Süden des Kilimandscharo oder die große Wildnis von Ugogo, wo in der Regenzeit weiter nichts zu sehen ist, als mannshohes, hartes Gras, hier und da von schlammigen Tümpeln unterbrochen und in der Trockenzeit eine öde gleichfarbige Ebene, nach den häufigen Steppenbränden lediglich mit Asche und Steinen bedeckt, bilden das Gegengewicht zu den berg-, wasser- und blumenreichen Landschaften einzelner Gebiete. Bei der großen Ausdehnung von Deutsch-Ostafrika kann natürlich von einem einheitlichen Gesamteindruck nicht die Rede sein. Ein Missionar, der so glücklich ist, seine Station in einer der lieblichen Landschaften von Usambara zu haben, wird in seinen Berichten die Schönheit von Deutsch-Ostafrika preisen, während der in Urambo oder ein andrer in Usambiro am Südufer des Victoria-Nyanza vielleicht über seine traurige Umgebung klagt. Als Major von Wissmann Gouverneur von Deutsch-Ostafrika war, fasste er seine Wertschätzung des Landes in das Urteil zusammen, dass nur 1/10 des ganzen Gebiets bewohnt und nutzbar sei. Andere glaubten nach ihren Beobachtungen zu einem besseren Ergebnis zu kommen. Der jetzige Gouverneur Generalmajor Liebert schätzt das bewohnbare und brauchbare Land auf etwa die Hälfte des Ganzen. Mag letzteres auch richtiger sein, so lohnt doch der größte Teil des Gebiets den Anbau nur für die Eingebornen. Es sind ganz verschwindend kleine Landesteile, die von so verlockender Fruchtbarkeit sind, dass sich Europäer bewogen fühlen, hinzugehen, um Plantagen anzulegen, wie das z. B. im östlichen Usambara schon geschehen ist. Die Kolonialmänner mögen die geringe Ausdehnung des Plantagenlandes bedauern. Im Interesse der Mission dagegen ist es mit Freuden zu begrüßen, dass im Großen und Ganzen die Afrikaner im Besitz ihres Heimatlands bleiben werden. Der Mission erwachsen jedes Mal unermessliche Schwierigkeiten daraus, wenn die Weißen ein Heidenland geradezu überfluten.

Ebenso wenig einheitlich, wie der Charakter der Landschaft ist der der Bevölkerung. Im Matthäus-Evangelium heißt es, dass das Himmelreich einem Netz zu vergleichen sei, das ins Meer geworfen ist, damit man allerlei Gattung fängt. Dafür bietet die ostafrikanische Mission ein treffliches Beispiel. Wenn irgendwo, so ist es hier angebracht, von einem Völkermeer zu sprechen. An den Küstenplätzen, wo die Karawanenpfade enden, ist das Völkergemisch geradezu verwirrend. In den Straßen von Tanga oder Bagamoyo bekommt man mehr verschiedene Nationalitäten zu sehen und Sprachen zu hören, als in irgendeiner der Haupt- und Handelsstädte Europas. Es wird dem Neuling freilich schwer werden, diese Afrikaner zu unterscheiden. Wer die Unterscheidungsmerkmale herausfinden will, muss ein geübtes Auge haben und sich auf die spärliche Kleidung, Waffen, Haarfrisur und Schmuckgegenstände der verschiedenen Stämme verstehen.

Die Bevölkerung gehört in der Mehrzahl zu den Bantu, jener großen Völkerfamilie, die die mittleren Teile Afrikas bewohnt und zu beiden Seiten der geraden Linie von Kamerun nach Dar-es-Salaam gefunden wird. Im südlichen Teile Deutsch-Ostafrikas wohnen Stämme, die den Zulus verwandt sind, in den Steppen des Nordens dagegen schweifen die Massai, ein der großen hamitischen Rasse von Nordostafrika ungehöriges Volk. Man zählt sie wie andere an der deutsch-englischen Grenze wohnende kleinere Gruppen zu den sogenannten nilotischen Völkern, die sich den Sudannegern nähern. Unter den Eingebornen gibt es sesshafte Leute, die sich meist vom Ackerbau oder an den Seen vom Fischfang nähren, und beweglichere Elemente, wie die handeltreibenden Stämme, die sich auf den Karawanenstraßen herumtreiben, oder die nomadisierenden Hirten. Im Allgemeinen ist die Bevölkerung arm. Drummond weiß das anschaulich zu schildern. Er schreibt:

"Verborgen in den Wäldern, wie Vogelnester im Dickicht, in steter Furcht vor einander und vor ihrem gemeinsamen Feinde, dem Sklavenjäger, finden sich die kleinen Ortschaften der Eingebornen. In paradiesischer Einfalt haust hier der Mensch im Urzustand; ohne Kleidung, ohne Bildung, ohne Gelehrsamkeit, scheinbar auch ohne Religion, das echte Kind der Natur, gedankenlos, sorglos und zufrieden. Dieser Mensch ist allem Anschein nach stets vergnügt; er hat, was er braucht. Ein zugespitzter Stecken liefert ihm seinen Speer; zwei Hölzer, aneinander gerieben, gewähren ihm Feuer; aus fünfzig Stecken macht er sich ein Haus. Die Rinde, die er davon abschält, gibt sein bisschen Kleidung ab; die Früchte an den Ästen sind seine Nahrung. Es ist erstaunlich, wie wenig ein solches Naturgeschöpf zu seiner Reise durchs Leben nötig hat. Ich wohnte einmal dem Begräbnis eines Afrikaners bei; nach der Gewohnheit seines Stammes wurde ihm seine ganze irdische Habe mit ins Grab gegeben. Nach dem Leichnam wurde die Tabakspfeife des Gestorbenen hineingelegt, dann ein kunstloses Messer, eine irdene Schüssel und zuletzt Pfeil und Bogen, die Sehne des letzteren durchschnitten, ein rührendes Symbol, dass die Arbeit getan. Das war alles; vier Gegenstände der ganze Besitz eines Menschenkindes während eines halben Jahrhunderts."

Sehr auffällig ist der Mangel an größeren Staatenbildungen. Über das weite Gebiet herrschen Hunderte von kleinen Häuptlingen, die in der Regel von einander unabhängig, meist sogar feindlich gesinnt sind. Die Trennung geht im Dschaggalande am Kilimandscharo so weit, dass die auf etwa 50.000 Köpfe geschätzte Bewohnerschaft in mehr als 30 kleine Staaten zerfällt, die sich gegen einander verschanzten und abschlossen, bis das deutsche Regiment zwangsweise einen Verbindungsweg unter ihnen herstellte. Von Zeit zu Zeit haben sich zwar einzelne Häuptlinge hervorgetan und nach Unterjochung ihrer Nachbarn ein größeres Reich gegründet. So die Wakilindi in Usambaia, vor allem aber der berühmte Mirambo, den man den Napoleon von Ostafrika genannt hat. Sein Reich soll ungefähr so groß wie Württemberg gewesen sein. Er behauptete sich selbst den Arabern gegenüber, die sonst doch mit jedem Häuptling fertig wurden. Von 1871 an führte er einen mehrjährigen siegreichen Krieg gegen sie. Seine Hauptstadt Urambo bestand aus einer Reihe von Dörfern, die mit Lehmmauern befestigt waren und eine Fläche von 80 Quadratkilometern bedeckten. Ein Herrschergeschlecht von ähnlicher Bedeutung muss es auch im Süden unsers Schutzgebiets gegeben haben. In Rungembe (Uhehe) wird heute noch ein Nationalheiligtum, das Familiengrab der früheren Sultane gezeigt, auch fanden die deutschen Eroberer große Tembenstädte von beträchtlicher Ausdehnung, Aber es ist doch nur bei dem Versuch geblieben, die verschiedenartigen Stämme zusammenzuschweißen. Etwas Nachhaltiges hat keiner dieser großen Häuptlinge schaffen können.

Wesentlich verschieden von der in abgesonderten Stämmen lebenden Bevölkerung des Innern ist das Küstenvolk. Hier entstand durch eine Völkermischung größeren Stils, deren Ursprung sich geschichtlich nicht mehr nachweisen lässt, ein ganz neuer Stamm, die Wasuaheli*). Man findet bei ihnen viele Eigenheiten aller der Stämme wieder, die in ihnen aufgegangen sind, aber abgeblasst und ausgeglichen, wie es bei der leicht beweglichen Küstenbevölkerung nicht anders zu erwarten. Weil sie sich gern als die aufgeklärten und fortgeschrittenen unter den Negern aufspielen, ist ihnen in religiöser Hinsicht schwer beizukommen. Das gilt auch von den anderen Bewohnern der Küstenstädte, von denen hier nur die Goanesen, ein Mischvolk aus der alten portugiesischen Zeit, und die Inder erwähnt seien. Letztere bilden den Kaufmannsstand an der Küste. Die einen haben Kramläden, in denen sie alle möglichen europäischen oder indischen Artikel feilbieten, andre haben sich als Geldwechsler oder auch als Großhändler aufgetan. Zu der Zeit, als noch alle Fäden des Verkehrs auf der Insel Sansibar zusammenliefen, beherrschte ein dortiger Inder, namens Sewa, das ganze Karawanengeschäft. Wer Träger anwerben und Tauschartikel einkaufen wollte, konnte nichts Besseres tun, als sich an ihn wenden. Es gibt auch in den deutschen Küstenstädten sehr reiche Händler indischer Abkunft. Einer von ihnen, Sewa Hadji, hat ein Krankenhaus in Dar-es-Salaam gestiftet.

Eine noch größere Rolle spielten und spielen hier und da wohl noch die Araber. Sie hatten sich vor der deutschen Besitzergreifung zu Herren des Landes aufgeworfen und knechteten tatsächlich die eingeborene Bevölkerung ganz nach Belieben. Ihr Hauptquartier war Sansibar, der Herrschersitz der von Südarabien herübergekommenen Sultane. Von hier ward erst die Küstenbevölkerung unterworfen und dann in klugem Vorgehen eine Karawanenstraße nach der andern besetzt. Die arabischen Ansiedelungen erstrecken sich bis ins Seengebiet, ja noch darüber hinaus. Vermöge ihrer geistigen Überlegenheit und einer besseren Bewaffnung hielten wenige Araber ganze Volksstämme mit ihren Häuptlingen in Abhängigkeit von sich. Wie abscheulich sie diese Übermacht bei den Sklavenjagden und dem Sklavenhandel benutzten, ist allbekannt. Sie verdienen, die Blutsauger Ostafrikas genannt zu werden.

Man kann im Allgemeinen nicht sagen, dass der Mission unter den Völkern Ostafrikas eine leichte Aufgabe gestellt wäre. Gewiss, die Zerrissenheit der Bevölkerung kann den Sieg des Evangeliums befördern. Das Heidentum tritt ihm hier nirgends als eine geschlossene Macht entgegen; viele kleine Völker werden sich jedenfalls leichter christianisieren lassen, als ein einziges großes. Dafür findet aber die Mission auf diesem Arbeitsfelde andere eigentümliche Hindernisse. Es ist eine fast allgemeine Klage der Missionare an der Küste und in den unmittelbar dahinterliegenden Gegenden, dass die hier wohnenden Völker sehr stumpf und hart sind. Der fleischliche Sinn und die heidnische Unsittlichkeit halten die Neger wie mit ehernen Fesseln gebunden. Dasselbe Klagelied ist zu hören, wenn man in die Missionsstationen kommt, die zwar weiter landeinwärts, aber an den vielbegangenen Karawanenstraßen liegen. So schreibt ein Herrnhuter Missionar aus Urambo:

"Wenn ich mir die Leute anschaue, wie blöde sie einen oft ansehen oder gar anlachen, wenn man sie über geistliche Dinge befragt oder auch nur sagt, dass man hier von Jesu reden und lehren wolle, so möchte sich einem der Gedanke aufdrängen: "Solche Leute werden nie Christen werden."

Es wäre aber verkehrt, solche Erfahrungen zu verallgemeinern und alle Eingebornen Ostafrikas stumpfsinnig und unempfänglich zu nennen. Die Herrnhuter Brüder unter den Kondenegern machen gerade die gegenteiligen Erfahrungen; sie finden nach einer mehrjährigen Wirksamkeit bei ihren Schülern und Gottesdienstbesuchern schon ein ziemlich reichliches Maß christlicher Erkenntnis. Ähnlich steht es in Usambara, wo es z. B. in Hohenfriedeberg geradezu Erweckungszeiten gegeben hat, und bei den Dschagganegern in Kilimandscharo.

Eine Erschwerung der Missionstätigkeit liegt offenbar in der geringen Dichtigkeit der Bevölkerung. Man hat noch keine allgemeine Volkszählung in Deutsch-Ostafrika vornehmen können, es liegen aber von verschiedenen Seiten Schätzungen der Bevölkerungszahl vor. Die höchste derselben geht auf sieben bis acht Millionen. Wenn man bedenkt, dass das Gebiet, in dem sie wohnen, doppelt so groß ist, wie das Deutsche Reich, erhellt ohne weiteres, wie spärlich es bewohnt ist. Aus einzelnen Gegenden wird ja ausdrücklich berichtet, dass sie sich zu ihrem Vorteil von den übrigen Landesteilen unterscheiden. So haben die Sendboten der Universitäten-Mission im Bondeilande bei Magila und Korogwe einen Kranz von Dörfern um sich, die sie mit Leichtigkeit besuchen können. Ähnliches wird aus Ruanda und Urundi am Tanganjika-See berichtet; in Usambara sollen sich täglich mindestens 2.000 Menschen auf dem Marktplatz versammeln. Aber das sind doch Ausnahmen, die sehr auffallen, und wenn es solche dichtbevölkerte Landschaften gibt, so muss der übrige Teil des Landes umso dünner bewohnt sein, weil, wie oben erwähnt, im Durchschnitt unser afrikanisches Gebiet nur den dreizehnten Teil der Bevölkerungsdichtigkeit Deutschlands aufzuweisen hat. Da muss der Missionar bei seinen Heidenpredigten in der Regel weit wandern und sich mit einer kleinen Zuhörerschar zufrieden geben.

Es lassen sich manche Gründe für diese Erscheinung anführen. In erster Linie wohl der Umstand, dass weite Strecken unfruchtbar sind und ihre Bewohner tatsächlich nicht ernähren könnten. An Versuchen, sich dort anzusiedeln, hat es nicht gefehlt. Die Eingebornen am Rowuma, die durch die Magwangwara von ihren ursprünglichen Wohnsitzen verscheucht wurden, siedelten sich in abgelegenen Berggegenden an, mussten diese aber später wieder verlassen, weil dort nichts wuchs. Ferner wird manche Landschaft, in der die Verhältnisse für gewöhnlich günstiger liegen, dadurch entvölkert, dass hier die afrikanischen Plagen, Dürre und Heuschrecken, wiederholt die Ernte vernichten und die Bewohner zum Verlassen der Gegend zwingen. Die Hungersnot, die während der letzten Jahre das deutsche und englische Gebiet in der Nähe der Küste heimsuchte, hat vielen Tausenden das Leben gekostet. Auch das Klima ist wohl an manchen Orten schuld, wenn die Bevölkerung sich nicht recht mehren will. Die Weißen haben ja unter dem afrikanischen Fieber weit mehr zu leiden, als die Schwarzen. Ganz verschont bleiben aber auch die letzteren nicht davon. Außerdem gesellt sich bei ihnen noch ein ganzes Heer von Krankheiten dazu, die vielleicht nicht tödlich zu sein brauchten, es aber bei der verkehrten Behandlung tatsächlich sind.

Den hauptsächlichsten Grund für die Entvölkerung des Landes hat man ohne Zweifel in dem lang andauernden Kriegszustand früherer Zeiten zu suchen. Wenn es in solchen Ländern, wie am Kilimandscharo, Chronisten gegeben hätte, so würden in ihren Aufzeichnungen nicht nur Jahr für Jahr Kriegszüge und räuberische Überfälle zu finden fein, es gäbe sicherlich keinen Monat, wo nicht ein Waffengang der Häuptlinge am Berge oder aus der Nachbarschaft zu verzeichnen wäre. Ohne Rauben, Plündern und Morden ging es bei ihnen nicht ab. Im Süden unsers Gebiets haben die übermütigen Magwangwara Jahrzehnte lang das Land in Schrecken gehalten. Wir haben darüber gerade durch die mitbetroffene Universitäten-Mission nähere Nachrichten erhalten, in anderen Gegenden aber, wo es keine Berichterstatter gab, wird es nicht anders gewesen sein.

Mit der deutschen Besitzergreifung wurde ja das Kriegsgetümmel zuerst noch vermehrt, und es ist auch seitdem im Innern noch manche blutige Strafexpedition zur Ausführung gekommen. Auf die Dauer aber hat das deutsche Regiment doch friedliche Verhältnisse geschaffen, sodass man hoffen darf, die Bevölkerung werde sich in Zukunft unter der neuen Regierung wieder vermehren.

Von der neuen Obrigkeit wird man auch die Abschaffung mancher grausamen Sitten erwarten dürfen, die bisher vielen Menschen das Leben kosteten. Da ist in erster Linie der Kindermord zu nennen. In Usaramo wird ein Kind, dessen Geburt auf einen gewissen für unheilvoll gehaltenen Tag fällt, oder das seiner Mutter viele Schmerzen verursacht hat, erbarmungslos beiseite geschafft. Die Waseguha opferten einst alle Kinder, die während der Erscheinung eines Kometen geboren wurden. Die Waschambaa beobachten eine ganze Menge von Fällen, in denen die neugebornen Kinder sterben müssen, so, wenn es Zwillinge sind, wenn die Kleinen schon mit Zähnchen auf die Welt kommen, oder wenn die Schneidezähne zuerst kommen; auch wenn ein Kind geboren wird, so lange der altere Bruder noch nicht beschnitten ist, und so fort. Ein Missionar sah in Korogwe, wie ein Vater sein Kind der Mutter, mit Gewalt entriss und es tötete, weil die Oberzähne zuerst kamen! Die Mutter suchte sich aus Verzweiflung darüber zu ertränken. Aus ganz lächerlichen Ursachen bestehen die Väter oft darauf, ihre Kinder zu töten, weil sie fürchten, sonst selbst sterben zu müssen. Die Neger behaupten, dass die Säuglinge, bei denen diese oder jene Zeichen eintreten, einen bösen Geist hätten und später nichtsnutzige Menschen würden. Der jetzige Gouverneur hat den Kindermord verboten. In der Nähe der Regierungs- und Missionsstationen wird das Verbot wohl wirken, in der Verborgenheit aber müssen doch noch unzählige Kinder sterben.

Bild aus Wikimedia Commens
Waschambaa vor ihrer Hütte

Das bei den westafrikanischen Heiden so vielgeübte Hinschlachten von Sklaven beim Tode ihres Herrn kommt in Ostafrika nicht so häufig vor, ganz unbekannt ist es hier aber auch nicht. Noch im Jahre 1893 wurden in Wuga, der Hauptstadt von Usambara, als der alte Häuptling Kimueri II. starb, vier Sklaven an seinem Grabe erstickt, um ihm das Geleit in die andre Welt zu geben. Solchen Gewalttaten wird ja jetzt von den deutschen Behörden nachgespürt und die verdiente Strafe zuteil, wirklich überwunden aber können sie erst mit der Ausbreitung christlicher Anschauungen im Volke werden. Das gilt auch von der Herzkrankheit Afrikas, der Sklaverei mit den vielfachen Übeln, die daran hängen. Wir werden später bei der Geschichte Livingstones noch auf die Einzelheiten dieser Krankheit zu sprechen kommen. Hier soll nur an der Hand einer Darstellung von Drummond, der die Dinge als Augenzeuge schildert, in einigen Allgemeinen Zügen davon die Rede sein. Die Schuld, sie hervorgerufen zu haben, liegt bei den Arabern. Von Norden und Osten her drangen sie in Innerafrika ein, durchstreiften es nach allen Seiten, und wohin sie kamen, brachten sie die Hölle auf Erden. Es war, als ob das unstete und flüchtige Arabervolk nur dazu da wäre, um andre ihrer Heimat zu berauben. Wo diese Bekenner des Islam erschienen, erwiesen sie sich als Feinde des Friedens, als herzlose Zerstörer des patriarchalischen Lebens und der Familienbande. Ganz Innerafrika lernte unter der von ihnen aufgerichteten Schreckensherrschaft seufzen. Sie haben das erreicht kraft ihres einzigen Vorteils: sie waren eher, als die Neger, im Besitz von Pulver und Blei. Sie taten es um eines einzigen Zweckes willen: Elfenbein und Sklaven; diese beiden sind gewissermaßen ein und dasselbe. Der arabische Händler brauchte Sklaven, um Elfenbein zu kaufen; wiederum brauchte er Sklaven, die ihm das Elfenbein an die Küste schleppten. Der Eingeborne, die lebendige Menschenseele, galt ihm nicht nur als gangbare Ware, sondern tatsächlich als Geld; man konnte ihn stehlen, man konnte ihn von dannen führen, er war überall verkäuflich.

Durch ganz Innerafrika legten die Händler ein Netz arabischer Stationen für den empörenden Menschenhandel an. Sie standen gewöhnlich mit den reichen Arabern an der Küste in Verbindung, und die Karawanenstraßen bildeten ihre Haupthandelswege. Ihre Helfershelfer erschienen in kürzeren oder längeren Zwischenräumen mit Kriegsbedarf wohlausgerüstet, daher waren die schwachen und unter sich obendrein verfeindeten Stämme völlig in ihrer Gewalt. Sie kamen immer unversehens und blieben nur so lange, bis sie ihren Zweck erreicht hatten, sie verschwanden und kehrten wieder, wenn die Bevölkerung sich erholt hatte und eine neue Menschenernte gehalten werden konnte.

Tief im Innern ging die Schlechtigkeit so weit, dass einige Araber sich zuweilen auf ein oder zwei Jahre im Bereich eines nichts ahnenden Stammes niederließen. Sie heuchelten Freundschaft und belästigten niemand. Ihr Geschäft schien lediglich der ehrliche Tauschhandel zu sein. Sie bauten ihre Lieblingsgemüse und Früchte an, deren Samen sie immer bei sich führten, als ob sie an diesem Orte immer leben und sterben wollten. Mittlerweile brachten sie alles Elfenbein in ihre Hand, das in der Gegend vorhanden war. Sobald aber eine genügend große Menge in ihren Hütten unter dem Boden vergraben und ihr Vorrat an Baumwollenstoff und Glasperlen verbraucht war, ließen sie die Maske fallen. Eines schönen Tages fingen sie Streit an, es folgte ein Blutbad, dem nur diejenigen unter den Eingebornen entgingen, die zum Elfenbeintransport brauchbar waren oder, wie die jungen Frauen und Mädchen, auf den Sklavenmärkten besonders hohe Preise erzielten. Nun wurden die Glashütten des Dorfes in Brand gesteckt, die Araber zogen mit ihrem Raube davon, und es begann der Sklavenmarsch, der ärger war als der Tod. Sachkundige Leute haben berechnet, dass auf einen Neger, der an der Küste zum Verkauf kam, vier oder fünf Eingeborne zu rechnen sind, die bei den Sklavenjagden oder auf dem Transport umkamen.

So stand es, als bei der Aufteilung der ostafrikanischen Gebiete ein Teil dieser mit Menschenblut befleckten Jagdreviere unter die deutsche Oberhoheit kam. Das Vorgehen der christlichen Mächte an der Küste und im Innern, soweit es dort möglich war, hat wenigstens die entsetzlichen Sklavenjagden unterdrückt, aber damit ist die Sklaverei noch lange nicht beseitigt, nicht einmal der Sklavenhandel. Noch im Jahre 1888 schrieb der Missionsarzt Dr. Pruen aus Mpapua:

"Große Karawanen, die augenscheinlich aus Sklaven bestehen, kommen aus dem Innern unter der Aufsicht von Arabern oder ihrer eingebornen Diener; sie werden hauptsächlich durch Tauschhandel erworben. Unzählige Karawanen mit Stoffen, Draht und Perlen ziehen in das Land hinauf und bei der Rückkehr führen sie statt der Tauschwaren Arbeitssklaven und Elfenbein mit. Von diesen Sklaven steht es fest, dass sie entweder der Abschaum ihrer heimischen Dörfer sind, deren Häuptlinge froh sind, sie los zu werden, oder es sind Gefangene, welche die Stämme des Hinterlands bei ihren häufigen Kriegen gemacht haben. Die Eingebornen erzählen mir, dass ein geringerer Teil durch List und Betrug erworben wird. Kleinere Trupps und einzelne Neger werden unter dem Vorwande, Nahrungsmittel absetzen zu können, in eine Karawane gelockt und dann ergriffen; oder zur Zeit einer Teuerung verlockt man die halbverhungerten Bewohner eines Dorfes durch die Versicherung, sich einer Karawane anschließen zu dürfen, und dass sie einige Tagereisen weiter Nahrung in Fülle finden würden. Aber wenn die wenigen Tagereisen gemacht sind, erscheint die Fülle immer noch nicht, und den Unglücklichen wird die traurige Tatsache klar, dass sie ihrer Freiheit Lebewohl gesagt haben. Endlich verkaufen zur Zeit einer Hungersnot manchmal Eltern ihre Kinder für Lebensmittel an vorüberziehende Karawanen,"

Es ist keine Frage, dass die Wachsamkeit der deutschen Behörden den Sklavenhändlern ihr abscheuliches Gewerbe immer mehr erschwert. Jetzt müssen sie schon beim Beginn ihres Marsches am Tanganjika-See ihre Vorkehrungen treffen. Da werden die aus dem Kongostaat herübergebrachten Frauen und Mädchen, wie uns die Missionare berichten, mit den furchtbarsten Drohungen bearbeitet, sich für die Frauen oder Kinder des Händlers auszugeben, wenn sie von jemandem befragt werden. Unter diesem Deckmantel finden die Sklaventransporte noch heutigen Tages ihren Weg durchs deutsche Gebiet. Dass hier aber auch noch ganz offenkundige Gewalttaten geschehen, ersieht man aus dem Jahresbericht der Universitäten-Mission vom Jahre 1898. Missionar Carnon erzählt dort aus Masasi am Rowuma:

"Eines Morgens kam ein Schulknabe gelaufen und sagte, dass ihm eben eine Frau zugerufen habe: 'Geh, sage dem Padre meinen Gruß, ich wäre verkauft und wüsste nicht, wohin mich diese Karawane bringt.' Wir machten uns eiligst auf und holten den Zug ein. Der Führer war ganz zuvorkommend gegen mich, kehrte mit um und kam in mein Haus, um Erörterungen über die Sache anzustellen. Seine Leute wurden sehr betreten, und lieferten mir die Frau mit ihren zwei Kindern aus. Sie war eine Witwe und vollständig frei gewesen. Weil sie sich geweigert hatte, die Frau eines Mannes zu werden, der ihr Nachbar und schon verheiratet war, nahm dieser das als Ursache, sich an ihr zu rächen und sie in die Sklaverei zu verkaufen. Das alles geschah zehn Minuten von unsrer Station!"

Mit der Sklaverei im engsten Zusammenhang steht die Vielweiberei. Sie wird von den Mohammedanern und Heiden in gleicher Weise geübt. Je reicher ein Mann ist, umso mehr Frauen pflegt er zu haben. Auch in Ostafrika ist infolgedessen das weibliche Geschlecht ganz entwürdigt. Die Frau ist in vielen Fällen weiter nichts, als ein Werkzeug und Spielball des Mannes, Bei einzelnen Stämmen z.B. den Wadschagga und Waschambaa ist sie etwas bessergestellt, aber auch hier ist das eheliche Band so locker, dass ein innigeres Zusammenleben der Ehegatten kaum vorkommt, jedenfalls werden die Ehen ebenso leicht gelöst, wie sie geschlossen werden. Einer der Missionare von Bethel traf einst einen ihm von früher her bekannten Mann in einem fremden Dorfe. Bei einer Krankheit war er um sein ganzes Glück gekommen. Er hatte eine Frau, drei Söhne und eine Tochter gehabt. Als er aber zu schwach wurde, sein Feld zu bestellen, kam eines Tages der Häuptling zu ihm und sagte: "Du kannst dein Feld nicht mehr besorgen; damit nun deine Frau nicht im Elend umkommt, gib sie mir!" Da blieb dem Armen nichts weiter übrig, als ihm seine Frau abzutreten. Darauf ist er aus Gram weggezogen. Aus diesem Falle ist nicht zu ersehen, wie sich die Frau selbst zu der Auflösung der Ehe gestellt hat. Bei einer andern Gelegenheit aber war zu erkennen, wie leicht es die Ehefrauen mit einem solchen Wechsel nehmen. In Hohenfriedeberg standen einige verheiratete Frauen im Taufunterricht, die von ihren Männern deswegen verlassen wurden. Da wandten sie sich, natürlich ohne Vorwissen ihres Lehrers, an einige halberwachsene Knaben auf der Station mit der Frage, ob sie sie heiraten wollten. Als diese Ja sagten, waren sie sehr vergnügt.

Das sind traurige Dinge, welche die Verkommenheit der Heiden deutlich illustrieren. Es wird lange Zeit dauern, ehe das Jahrhunderte lang geknechtete und entwürdigte Weib sich in Ostafrika zu der Stellung erhebt, die ihr das Christentum in Haus, Familie und Gemeinde zuweist.

Schließlich sei noch das Laster die Trunksucht erwähnt, dem keineswegs nur in West- und Südafrika gehuldigt wird. wie manche meinen. Ostafrika hat auch seine Trunkenbolde. Der bekannte englische Missionar Mackay schrieb darüber von seiner Reise durchs deutsche Gebiet:

"Wie oft muss ich wohl von diesen Stämmen in mein Tagebuch schreiben: 'Trunksucht ist der Fluch Afrikas!' Useguha, Usagara, Ugogo, Unyamwezi, Nsukuma, Ukerewe - wo man hinkommt, kann man jede Woche, und wenn genug Getreide vorhanden ist, jede Nacht alle Männer, Frauen und Kinder betrunken sehen. Hier wird aus dem Zuckerrohr ein scheußlicher Trank gebraut, der im Kleinen von jedem Hindu-, Banyanen- oder Goakaufmann in allen Küstenstädten verkauft wird zum Ruin des ganzen Suahelistammes. Im Innern wird das Getreide zu einem berauschenden Getränk verwandt."

Ähnliche Klagen kehren in den Berichten der Leipziger Missionare vom Kilimandscharo immer wieder. So oft sie bei ihren Predigtgängen merken, dass die Leute, denen sie das Wort Gottes sagen wollen, beim Trinken sind, gehen sie stumm und traurig hinweg, denn unter der Herrschaft des starken Getränks sind auch die sonst entgegenkommenden Dschagganeger unempfänglich. Die englischen Missionare in Usagara haben, um dem Übel zu begegnen, ihren Christen nahegelegt, sich zu vollkommener Enthaltsamkeit von berauschenden Getränken zu verpflichten. Dass das den Neubekehrten nicht leicht wird, ist erklärlich. Es ist unter diesen Umständen mit Freuden zu begrüßen, dass unsere Kolonialregierung die Einfuhr von Alkohol nach Deutsch-Ostafrika verboten hat. Dadurch werden die Bemühungen der Missionare, der Trunksucht zu steuern, wesentlich gefördert, und der deutsche Name bleibt von einem Schandfleck verschont, der ihm in Westafrika infolge der unermesslichen Spirituoseneinfuhr leider anhaftet.

Inhaltsverzeichnis


Die Missionsstrassen

Der Missionsbefehl, der den Anstoß zu den durch alle Erdteile und durch alle Jahrhunderte unsrer Zeitrechnung sich hinziehenden Reisen der christlichen Glaubensboten gegeben hat, beginnt mit den Worten: "Gehet hin!" In keinem andern Teile des Erdballs ist das so buchstäblich zu verstehen, wie in Afrika und in Deutsch-Ostafrika zumal. In Indien brauchten die Missionare von alters her nicht zu marschieren. Vor der Entstehung des jetzt vorhandenen Eisenbahnnetzes standen ihnen dort das Reitpferd und der Ochsenwagen zur Verfügung. China hat seine großen Ströme und Kanäle mit Schifffahrtsgelegenheiten nach allen Seiten. In der australischen Inselwelt ist fast jede Missionsstation mit dem Dampfer oder dem Segelschiff zu erreichen. Im Vergleich dazu ist das Reisen in Ostafrika entsetzlich schwerfällig und mühsam. Unser deutsches Gebiet hat keinen einzigen Fluss aufzuweisen, auf dem die Missionare einen Schiffsverkehr vorgefunden hätten. Die in den Indischen Ozean mündenden Ströme, unter denen der Rowuma, Rufidji und Pangani die wichtigsten sind, sind zwar wasserreich, aber infolge von Wasserfällen und ähnlichen Hindernissen nicht auf weite Strecken schiffbar. Ebenso vergeblich, wie nach Wasserstraßen, suchten die Reisenden nach Landstraßen. Wenn man sie als Kennzeichen der Kultur ansehen will, so muss man Ostafrika, wie es sich bei der deutschen Besitzergreifung darstellte, ganz besonders unkultiviert nennen. Es gab keine Fahrstraßen und also auch keine Wagen. Selbst Reit- und Lasttiere, die sonst in Ländern mit schwachem Verkehr dem Reisenden über die großen Entfernungen hinweghelfen, waren zu vermissen. Pferde und Esel sind auch heute noch selten und sterben bald, für die Rinder aber, die allenfalls noch in Frage kommen konnten, schränkt die giftige Tsetsefliege das Verbreitungsgebiet ein. Die nach Ostafrika kommenden Missionare mussten also auf fast alle Verkehrsmittel, die anderwärts zu Gebote stehen, verzichten.

Unser Gebiet hat seit undenklichen Zeiten nur eine einzige Art von Verkehrswegen gehabt, die Fußpfade. Diese sind allerdings in großer Zahl vorhanden. Sie reichen von der Küste des Indischen Ozeans bis ins Seengebiet von Innerafrika und von da wieder zum Atlantischen Ozean und nordwärts bis ans Mittelländische Meer. Jedes Dorf hat seinen Fußpfad zum Nachbardorf, jeder Stamm einen solchen Verbindungsweg mit dem Nachbarvolk. Das ganze Land ist wie mit einem Netz überzogen, dessen Maschen umso dichter werden, je volkreicher eine Gegend ist. Da ein Weg genau so aussieht, wie der andre, braucht der Fremde natürlich überall einen Führer, um nicht irrezugehen. Die Pfade sind so schmal, dass nicht zwei Menschen nebeneinander gehen können. Durch den Jahrhunderte langen Gebrauch sind sie tief ausgetreten, wie schmale Rinnen; alle spitzen Steine oder was sonst die nackten Negersüße verletzen könnte, wird sorgfältig entfernt. In dieser Hinsicht kann man sie gut gehalten nennen. Das ist aber auch die einzige Fürsorge, die man an ihnen bemerkt. Weiter geschieht nichts. Die überhängenden Zweige oder einen stacheligen Dornbusch zur Seite zu entfernen, fällt niemanden ein, Diesen Hindernissen weichen die geschmeidigen Neger aus. Für gewöhnlich gehen sie gerade auf ihr Ziel los, wie die alten Römer mit ihren Straßen. Man verschmäht es, wilden Felsenklüften oder schwammigen Morästen auszuweichen, es geht mitten hindurch. Wenn der Pfad einmal einen Bogen beschreibt, so hat gewiss früher ein Hindernis für die gerade Linie vorgelegen, das inzwischen verschwunden ist. Etwa ein umgefallener Baum, der den alten Pfad versperrte. Die Eingeborenen dachten nicht daran, ihn zu entfernen, sie gingen um ihn herum und gehen gedankenlos weiter in der einmal eingeschlagenen Richtung, auch wenn der Stamm längst vermodert ist. Kommt ein Bach oder Fluss in den Weg, so hört der Pfad am diesseitigen Ufer auf und führt drüben weiter. Nur größere Wasserläufe, in denen Krokodile leben, sucht man zu überbrücken, natürlich auf die einfachste Weise. Es wird ein am Ufer stehender hoher Baum gefällt oder ein von selbst umgefallener, der im Wasser liegt, so zurechtgerückt, dass er die Verbindung zwischen, beiden Ufern herstellt. Neben der so entstandenen Naturbrücke werden einige zähe Lianen als Geländer zum Anhalten befestigt. So ist die Schwierigkeit, den gefährlichen Fluss zu überschreiten, überraschend leicht gelöst. Auf diesen Pfaden, die sich, wie gesagt, endlos weit durch das ganze deutsche Gebiet hinziehen, wandern die Neger Mann hinter Mann, auf ihren Köpfen alle Lasten tragend. Was in Ostafrika landeinwärts befördert wird oder aus dem Innern an die Küste kommt, wird lediglich auf diese Weise transportiert. Alle Tauschartikel, die von den Händlern am Tanganjika oder Victoria Nyanza gebraucht werden, sind auf Negerköpfen dorthin gelangt, und jeder Elefantenzahn, der in Dar-es-Salaam oder Tanga ankommt, musste ebenso befördert werden. Wenn man bedenkt, dass eine Reise von mehreren Monaten dazu gehört, die Lasten ans Ziel zu bringen, bekommt man eine Vorstellung von der Schwierigkeit und Kostspieligkeit der ostafrikanischen Reisen. Der Trägerlohn für eine gewöhnliche Last kommt bis ins Seengebiet auf etwa 75 Mark, zu stehen. Besonders umständlich ist es für den Leiter einer Karawane, wenn Gegenstände von größerem Umfang oder Gewicht ins Innere geschafft werden sollen. Man muss sie auf jeden Fall teilen, denn ein Mann trägt nur bis zu 60 Pfund. Bei Zeugballen, Werkzeugen oder Büchern lässt sich eine größere Menge ja leicht verteilen, wie aber, wenn es sich um einzelne große Stücke handelt? Da kann es geschehen, dass sie zum Verdruss der Reisenden an der Küste zurückgelassen werden müssen. Als die erste Glocke für die Leipziger Mission an den Kilimandscharo befördert werden sollte, riet ein erfahrener Afrikareisender, sie nicht über 60 Pfund schwer zu machen, weil man im andern Falle darauf gefasst sein müsste, dass die Träger, denen eine schwerere Last aufgenötigt worden, sie beim Überschreiten eines Flusses fallen und für immer verloren gehen ließen.

Wenn die Transportkosten für das nach Innerafrika bestimmte Missionsgut durch die ausschließliche Verwendung von Menschenkräften schon sehr hoch werden, so werden sie durch den Hongo (Wegsteuer) der Häuptlinge doch noch vermehrt. Letztere sehen es gern, wenn ihr Gebiet von Karawanen benutzt wird. Ihre Leute verkaufen alle nötigen Nahrungsmittel an die Träger und haben bei größeren Reisegesellschaften, die 2 - 300 Köpfe zählen, eine beträchtliche Einnahme davon. Sie selbst aber lassen sich das Durchzugsrecht für schweres Geld abkaufen. Wer ihnen das Recht dazu gegeben oder den schlauen Gedanken zum ersten Male ausgeführt, wird schwerlich festzustellen sein. Die Einrichtung war da, als die ersten Weißen durch Afrika zogen; letztere mussten sich mit saurer Miene in die leidige Sache finden. Es gibt keine bestimmten Taxen, wie bei dem ehemaligen deutschen Chausseegeld, der Häuptling und der Führer der Karawane verhandeln von Fall zu Fall. Man findet bescheidene Landesherren, die wenig nehmen, aber auch habgierige, welche nie genug bekommen können. Einzelne Forschungsreisende oder Expeditionsführer, die mit bewaffneter Macht kamen, haben sich zuweilen den Durchzug erzwungen, ohne die erhobenen Forderungen zu erfüllen. Die Missionare konnten und wollten das nicht tun. Sie achten das Recht auch bei den Schwarzen und wollen lieber Opfer bringen, als einen Häuptling und sein Volk in Feindschaft hinter sich lassen. Aber sie haben unsäglich viel Verdruss bei den Hongo-(Wegsteuer)-Verhandlungen gehabt und viel kostbare Zeit damit verloren. Es sei schon hier bemerkt, dass die ganze Sache wesentlich erleichtert worden ist, seitdem sich die deutsche Verwaltung in Ostafrika geltend machte. In den letzten Jahren ist der Wegezoll an den wichtigsten Verkehrsstraßen fast ganz verschwunden.

Die ostafrkanischen Reisen kosten aber nicht nur viel Mühe, Zeit und Geld, sie sind auch mit großen Gefahren verbunden. Das Land ist voll wilder Tiere. Von den Krokodilen, welche die Flussübergänge erschweren, war schon die Rede. In den Dickichten am Wege hausen Löwen und Leoparden, die an einzelnen Stellen so zahlreich sind, dass das Karawanenlager stets durch eine mächtige Dornhecke gesichert wird und bei Nacht helle Feuer brennen müssen. Die Schwarzen sind wegen dieser Raubtiere nicht zu bewegen, nach Sonnenuntergang zu marschieren. Auch giftige Schlangen gibt es in Menge, Eine Missionskarawane machte einmal die schreckliche Entdeckung, dass sie sich gerade über einem Schlangennest niedergelassen hatte. Nebenbei mögen auch die lästigen Ameisen erwähnt sein, die alles zerstören, was ihnen in den Weg kommt, es sei denn von Metall oder anderem Stoffe, der ihren Fresswerkzeugen widersteht.

Eine weitere Gefahr liegt in der tropischen Hitze. Das deutsche Gebiet liegt zwischen dem 1° und 11° südlicher Breite, gehört also zu den heißesten Teilen Afrikas. Bei den verschiedenen Höhenlagen, die das Innere aufzuweisen hat, wird man die dauernden Ansiedelungen meist so legen, dass ihnen die Berg- oder Waldkühle zu statten kommt, aber auf der Reise kann der Missionar der Hitze nicht entgehen. Der niedere Küstenstreifen, der in den ersten Tagen zu durchschreiten ist, gleicht in der trockenen Zeit einem Glutofen; die Steppen im Innern, wo kein Baum Schatten gewährt, nicht minder. Und wenn die Wanderer noch wenigstens mit ungeschwächter Kraft den Anstrengungen der Reise entgegengehen könnten. Aber die allermeisten müssen gleich beim Eintritt nach Afrika ihren Tribut an den berüchtigten Türhüter, das Fieber, zahlen. Es ist geradezu furchtbar, wie viele Sterbefälle auf diese heimtückische Krankheit zurückzuführen, sind. Jeder, der den Boden Afrikas betritt, muss mit baldigen Fieberanfällen rechnen. Die Ankömmlinge nehmen daher Chinin, wie das tägliche Brot. Aber unfehlbar wirkt auch dieses Vorbeugemittel nicht. Glücklich noch der, welcher nach 8 - 14tägiger Reise auf den Höhen von Usambara oder am Kilimandscharo sein Arbeitsfeld erreicht, wo die Fieberneigung nach einigen Wochen wieder verschwindet. Wer aber in der ungesunden Niederung bleibt oder gar den vielwöchentlichen Marsch ins Seengebiet zu bestehen hat, geht unter Umständen lange auf der harten Grenzlinie zwischen Leben und Tod dahin. Ganz verfallene, erbarmungswürdige Gestalten, die in der Hängematte getragen werden müssen, nachdem sie sich vorher tagelang mühsam fortgeschleppt hatten, sind in solchen Missionskarawanen keine Seltenheit.

Diese außerordentlichen Schwierigkeiten der Reise drängten von selbst zur Verbesserung der Reisewege, als die Europäer in größerer Zahl nach Ostafrika kamen. Dabei begegneten sich die Interessen der Missionare mit denen der Forschungsreisenden, Beamten und Kaufleute. Ihren vereinigten Bemühungen und der Hilfe der Regierung ist es zu verdanken, dass die Verkehrsstrassen Ostafrikas sich fast mit jedem Jahre verbessern. Livingstone war zu seiner Zeit lediglich auf die oben beschriebenen schmalen Negerpfade und die Lastenbeförderung auf den Köpfen der Eingebornen angewiesen, jetzt steht den Reisenden schon eine ganze Reihe bequemer Wege zur Verfügung. Gerade die fernsten Stationen im Innern haben eine überraschend leichte Verbindung mit der Küste erlangt. Die ersten englischen Missionare, die an das Südufer des Victoria Nyanza (Victoriasee) zogen, konnten ihr Ziel nur unter unsäglichen Schwierigkeiten erreichen, binnen kurzem wird es fast keiner körperlichen Anstrengung mehr bedürfen, um dorthin zu kommen.

Zuerst wurde der Wasserweg Sambesi-Schire-Nyassa gefunden und nutzbar gemacht. Er ist eine Missionsstraße ersten Ranges geworden. Das Verdienst, ihn gefunden zu haben, gebührt dem großen Livingstone. Als er auf die Erforschung von Zentralafrika ausging, fiel sein Auge auf den größten der an der Ostküste mündenden Ströme, den Sambesi. Er fuhr einmal diesen Fluss hinauf und entdeckte etwa 150 Kilometer von der Mündung einen von Norden her kommenden Nebenfluss. Das kam dem Forscher gerade gelegen. Mit der ihm eigenen Ausdauer überwand er alle Schwierigkeiten der Reise, die ihm als dem ersten Europäer in diesen Gegenden entgegentraten, und siehe da! der Schirefluss führte ihn zu einem langgedehnten Wasserbecken, dem Nyassa-See, dessen Abfluss er bildete. Wenn es gelang, diese ganze Wasserstraße mit einem Dampfer zu befahren, so war die Reise ins Herz des dunkeln Erdteils in ungeahnter Weise erleichtert. Und es ist gelungen, wenigstens in der Hauptsache. Bei näherer Untersuchung stellte sich heraus, dass die ganze in Frage kommende Strecke des Sambesi für flachgebaute Flussdampfer schiffbar ist. Dasselbe gilt vom Schire, nur dass die Fahrt auf demselben einmal durch die Murchisonfälle bei der später hier entstandenen Missionsstation Blantyre unterbrochen wird. Die Reisenden müssen unterhalb der Stromschnellen das Schiff verlassen und einen für afrikanische Verhältnisse unbedeutenden Fußmarsch machen, gelangen aber oberhalb der Fälle wieder an eine schiffbare Stromstrecke und können dann per Schiff bis an das Nordufer des Nyassa-Sees (Malawisee) fahren. Die auf Livingstones Anregung entstandenen englischen und schottischen Missionsgesellschaften waren die ersten, die sich den bequemen Weg zu nutze machten. Nach kurzer Zeit schaukelte das erste Missionsschiff auf dem See. Bald kamen weitere Verkehrserleichterungen hinzu. In Schottland bildete sich eine Handelsgesellschaft, die African-Lakes-Company, die ihre Handelsfaktoreien im Seengebiet anlegte und für einen regelmäßigen Dampferverkehr zwischen Quilimane an der Sambesimündnng und Karonga am Nordwestufer des Nyassa-Sees sorgte. An der Überlandstrecke bei Blantyre wurde eine richtige Lastbeförderung eingerichtet. Als die Berliner und Herrnhuter Missionare im Jahre 1891 ihren ersten Zug ins Kondeland unternahmen, standen ihnen bereits diese Beförderungsmittel zur Verfügung, ein großer Fortschritt im Vergleich zu der ersten Expedition der Universitäten-Mission im Jahre 1861. Seitdem in Langenburg am Nordost-Ufer des Sees eine deutsche Militärstation besteht, sind noch weitere Erleichterungen der Reise hinzugekommen. Es schwimmen jetzt auch einige deutsche Dampfer auf dem Nyassa, darunter das Missionsschiff "Paulus". Um den Landweg bei Blantyre noch bequemer zu machen, plant man gar die Anlage einer elektrischen Bahn, bei der man die Wasserkraft der Murchisonfälle nutzbar zu machen gedenkt. Wenn das geschehen ist, wird die Reise ins Kondeland außer der Hitze fast keine Belästigung mehr aufzuweisen haben.

Damit aber noch nicht genug. Jeder Punkt an der Westgrenze des deutschen Gebiets soll demnächst in den Verkehr gezogen werden. Die Ufer des Tanganjika-Sees lagen vor einigen Jahrzehnten noch in endloser Ferne. Man erreichte sie auf dem Wege Sansibar-Tabora-Udschidschi, also quer durchs deutsche Gebiet. Die Karawanen brauchten einige Monate, um die Entfernung zurückzulegen und hatten dabei die oben geschilderten Schwierigkeiten zu überwinden. Jetzt kann man über den Nyassa-See viel leichter dahin gelangen. Man braucht nur einen Marsch von etwa über 300 Kilometer zurückzulegen. Livingstone war auch hier Pfadfinder und zeigte seinen Nachfolgern den Weg. Der Schotte Stevenson, der Gründer der erwähnten Handelsgesellschaft, schuf eine Erleichterung der Reise durch den Bau einer bequemen Straße, nach ihm Stevenson-Road genannt. Sie verbindet das Nordufer des Nyassa mit der Südspitze des Tanganjikas und wurde eine Zeit lang fleißig benutzt, auch von den Missionaren der Londoner Mission, die sich am Tanganjika niederließen. Weil sie bei der Grenzregulierung auf englisches Gebiet zu liegen kam, haben sich unsre deutschen Landsleute in jüngster Zeit einen eignen Weg diesseits der Grenze gesucht und sind eben dabei, einen zerlegbaren Dampfer an den Tanganjika zu schaffen. Damit wird die kleine Flotte, die bereits auf dem See schwimmt, einen willkommenen Zuwachs erfahren. Bis jetzt sahen seine Ufer nur die beiden Missionsschiffe "Morgenstern" und "Bwana Edward". Dieser Wasserstraße, die den Verkehr mit den innersten Teilen unsres Gebiets von Süden her erleichtert, steht im Norden die Ugandabahn gegenüber. Die Missionsinteressen sind bei ihrer Anlage in hervorragender Weise beteiligt. Was Uganda geworden ist, verdankt es der um die Mitte der siebziger Jahre dort begonnenen Missionstätigkeit. Die englischen Beamten und Kolonialtruppen kamen erst ins Land, als es schon viele eingeborne Christen gab. Wenn es die unternehmenden Engländer jetzt für lohnend erachten, einen Schienenstrang von Mombasa nach Uganda zu legen, so ist das ein gutes Zeichen für die Fortschritte, die die Länder am Nordufer des Victoria-Nyanza unter dem Zeichen des Kreuzes gemacht haben. Die Eisenbahn ist gegenwärtig noch im Bau, daher lässt sich die Tragweite des neuen Verkehrsmittels noch nicht ganz übersehen. Aber so viel ist gewiss, dass mit dem Beginn des neuen Jahrhunderts alle Missionare, deren Arbeitsfeld in der Nordwest-Ecke unsers Schutzgebiets liegt, nicht mehr den mühsamen Landweg benutzen werden. Die Eisenbahnfahrt Mombasa-Uganda und einer der auf dem Nyanza schwimmenden Dampfer bringt sie in ebensoviel Tagen ans Ziel, als sie beim direkten Marsch Wochen brauchen würden. Die neue Bahnlinie wird aber nicht nur die Reise ins Seengebiet erleichtern, schon die jetzt fertige Teilstrecke ist wertvoll für die unterwegs liegenden Stationen. Sie geht nahe bei Dschimba und Ikutha, zwei Niederlassungen der Leipziger Wakamba-Mission, vorbei und das von englischen Glaubensboten besetzte Kibwezi und Taweta liegen auch dicht daneben, auf deutschem Gebiet aber nehmen die Stationen der Leipziger Mission am Kilimandscharo an der Verkehrserleichterung Anteil.

Im Vergleich zu dieser großen Bahnlinie ist die im Bau unterbrochene deutsche Bahn von Tanga nach Korogwe von untergeordneter Bedeutung, und doch freuen sich die Missionare von Bondtei und Usambara jedes Mal sehr, wenn sie einen Zug benutzen können und dadurch den heißen Marsch durch die Küstenniederung um die Strecke Tanga-Magila verkürzt finden.

Die eben erwähnten Eisenbahnen und Schiffsgelegenheiten haben den Verkehr auf ganz neue Wege gelenkt und vorher unbekannte Missionsstraßen fürs deutsche Gebiet geschaffen. Durch die Fürsorge der deutschen Regierung und die fortschreitende Entwickelung der Kolonie sind aber auch die vorhandenen Wege verbessert und für größere Transporte brauchbarer geworden. Ein bekannter Forschungsreisender konnte vor kurzem bei seiner Rückkehr aus Ostafrika die Fortschritte der letzten Jahre damit kennzeichnen, dass er sagte:

"Man kann jetzt den Weg von Tanga nach dem Kilimandscharo mit dem Spazierstock in der Hand oder auf dem Fahrrad zurücklegen."

Er selbst hat vor zehn Jahren eine hundertköpfige Karawane zu seiner Begleitung dahin nötig gehabt. Der von Seiten der Regierung angestellte Wegebau hat in der Zwischenzeit überraschende Erfolge gehabt. Auf den wichtigsten Verkehrslinien ist an die Stelle des schmalen Negerpfades die Barrabarra, d.i. eine breite Straße zum Fahren und Reiten getreten. Es gibt jetzt sechs solcher Straßen, die von der Küste landeinwärts führen. Da schon ein ganzes Netz von Regierungsstationen über das Land gespannt ist, war es möglich, den Straßenbau gleichzeitig an vielen Stellen in Angriff zu nehmen. Die Häuptlinge, die dazu helfen mussten, haben gewiss den Wert solcher "Kunststraßen" nicht eingesehen und das daran arbeitende Volk noch weniger, aber sie haben sich schließlich zur Herstellung der Barrabarra bequemt, weil der Bwana kubwa d.i. der große Herr es befohlen hatte. Auch einzelne Ländchen, die nicht im Zusammenhang mit den Hauptstraßen stehen, wie die Umgebung der Missionsstationen in Usambara oder das Dschaggaland, haben ihre breiten Wege bekommen. An einigen der Hauptstraßen sind sogar Rasthäuser gebaut, deren Schlüssel der zunächst wohnende Häuptling in Verwahrung hat. Wo solche Herbergen vorhanden sind, kann sich der Reisende das Mitnehmen eines Zeltes, das früher zu den unentbehrlichen Ausrüstungsstücken gehörte, ersparen.

Wenn wir noch hinzufügen, dass die Anlage einer Telegraphenlinie durch die westlichsten Teile des deutschen Gebiets von Süden nach Norden in Aussicht genommen ist, und dass der Bau einer großen deutschen Bahnlinie von Dar-es-Salaam geradenwegs zum Tanganjika-See stark betrieben wird, so geht daraus hervor, dass für den Verkehr im deutschen Gebiet eine neue Zeit angebrochen ist.

Es wird zwar immer dabei bleiben, dass die Füße der Boten, die den Frieden verkündigen, sich fleißig regen müssen, um alle Bewohner Ostafrikas mit ihrer Botschaft zu erreichen. Aber sie werden in Zukunft nicht mehr so sehr auf den Zugangsstraßen zu ihrem Arbeitsfeld ermüdet werden. Jeder Straßen- und Bahnbau, jede neue Schiffsgelegenheit trägt dazu bei, dass das Wort Gottes schneller laufe. Auch Dampf und Elektrizität müssen beim Bau des Reiches Gottes dienen. Dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen, dafür sorgen schon die großen Entfernungen. Es gilt heute schon für außerordentlich schnell, wenn ein am 8. Juni in Moschi am Kilimandscharo geschriebener Brief am 11. Juli in Sachsen eintrifft, und von Urambo bis Herrnhut wird er mindestens die doppelte Zeit brauchen. Da vergeht immer noch viel kostbare Zeit, ehe etwa für einen unerwartet gestorbenen Missionar ein Ersatzmann zur Stelle ist. Aber im Vergleich zu den Zuständen, die bei der Ankunft der ersten Missionare herrschten, ist der Weg in dankenswerter Weise abgekürzt.

Die Europäer haben mit dem Bau der Straßen, welche die Missionstätigkeit erleichtern, begonnen, die Afrikaner aber folgen dem guten Beispiel. Als der Häuptling Mareale von Marangu mit der Missionsstation in Mamba in Verbindung trat, war es ihm lästig, dass er jedes Mal einen starken Umweg machen musste, wenn er zur Predigt kam. Da rief er eines Tages seine Leute zusammen und ließ einen geraden Weg von Marangu nach Mamba durch das Dickicht schlagen. Eine solche Missionsstraße durch die Wildnis ist ein schönes Zeugnis für die Anziehungskraft, die eine christliche Niederlassung auf die umwohnenden Heiden ausübt. Unbewusst halfen die letzteren dazu, die Forderung zu erfüllen: "Bereitet dem Herrn den Weg!"

Inhaltsverzeichnis


Die Sprachen

Der englische Sprachforscher R. N. Cust schreibt in seinem Buche über "Die modernen Sprachen Afrikas":

"Ich will noch einmal den Missionaren Lebewohl sagen, diesen guten und selbstlosen Leuten, welche in ihrer Heimat es wohl hätten zu hohen Ehren bringen können, und sind doch ausgegangen, in elenden Hütten zu wohnen, oft genug, um darin zu sterben; welche, während sie auf dem Ambos Afrika mit dem Hammer des göttlichen Wortes hart arbeiteten, auch helle Funken sprachwissenschaftlichen Lichtes hervorlockten, eine vorher in tiefstes Dunkel gehüllte Welt zu erhellen."

Der Sprachgelehrte, dem die Missionare oft genug die Quadersteine zur Errichtung seines wissenschaftlichen Gebäudes geliefert haben, zieht hier eins der stillen Verdienste ans Licht, die sich die Glaubensboten bei ihrer vorbereitenden Tätigkeit zu erwerben pflegen, und zwar vor allem die evangelischen Missionare, diese "Schriftgelehrten" unter den Afrikanern. Ein ähnliches Loblied könnte ihnen vielleicht auch der Herausgeber der deutschen "Zeitschrift für afrikanische und ozeanische Sprachen" singen, der unter seinen Mitarbeitern viele Missionare zählt. Tatsächlich ist kein anderer Stand so sehr dazu berufen, den Urwald der afrikanischen Sprachen zu lichten, wie gerade die Männer, deren ganze Tätigkeit. von dem Grundsatz geleitet wird: "Das Wort soll's tun!"

In dem Psalm, der die Himmel erzählen lässt die Ehre Gottes, steht der Spruch: "Es sei keine Sprache noch Rede, da man nicht ihre Stimme höre." Damit ist den Verkündigern des göttlichen Wortes die Aufgabe gestellt, die Sprachen der Heiden zu lernen und ihren heiligen Zwecken dienstbar zu machen. In Ostafrika ist das besonders schwer. Die ersten Missionare, die vor 50 Jahren an die dortige Küste kamen, mögen anfangs eine ähnliche Empfindung gehabt haben, wie ein Mensch, der auf der Reise an ein fischreiches Gewässer kommt und vom Strande aus dem Gewimmel der nie vorher gesehenen Wassertiere zuschaut. Da schwimmen so viele Arten und Gestalten durcheinander, dass er sie nicht zu zählen vermag. So mag es den Missionaren Krapf und Rebmann zu Mute gewesen sein, als sie in ihrem Standquartier bei Mombasa zum ersten Male mit dem Vertreter der einzelnen Völkerstämme Ostafrikas zusammentrafen. Die äußeren Merkmale der Wasuaheli, Wanika, Wakamba, Waschambaa u.s.w. waren schließlich aber noch leichter zu erkennen, als der Pfad, der durch den Irrgarten ihrer Sprachen führt. Wir haben oben festgestellt, dass das Völkergemisch im deutschen Gebiet aus zahllosen verschiedenen Bestandteilen zusammengesetzt ist. Aber so viele Völker, so viele Sprachen; oder richtiger, noch mehr Sprachen, als Völker, denn bei einzelnen Stämmen sind noch mehrere von einander abweichende Mundarten zu unterscheiden, von denen jede ein gesondertes Studium erfordert. Die Sprachenzerrissenheit ist eins der größten Hindernisse für den schnellen Sieg des Evangeliums in Deutsch-Ostafrika. Wir sind noch nicht imstande, festzustellen, wie viele Sprachen es im Lande gibt. Aber was man bisher gefunden, ist ganz geeignet, die Verkündiger des christlichen Glaubens zu den angestrengtesten wissenschaftlichen Arbeiten anzuspornen. Einige Beispiele mögen das illustrieren. Die Universitäten-Mission hat ein mäßig ausgedehntes Arbeitsfeld am Rowumafluss, dessen einzelne Stationen nur etliche Tagereisen von einander entfernt sind. Aber da wohnen Yao, Makua, Makonde und Matambwi teils durch einander, teils dicht neben einander, und jeder Stamm hat seine besondere Sprache. Die Missionare sehen sich also geradezu in ein babylonisches Sprachengewirr hineingestellt. Ähnliche Erfahrungen machten die Sendboten der englischen Kirchenmissionsgesellschaft, als sie die Straße nach Uganda durchs deutsche Gebiet besetzten. In Mamboia fanden sie das Kimegi, in Mpapua das Kigogo, in Ujui das Kinyamwezi und am Südufer des Viktoria Nyanza eine vierte Sprache. Die Versetzung eines Missionars von einer Station zur andern wird dadurch ungeheuer erschwert. Auf seinem ersten Posten hat er die Landessprache eben erlernt und es bis zum freien Predigen gebracht. Wenn er nun nach einem andern Orte gerufen wird, steht er dort wieder ein oder zwei Jahre lang mit geschlossenem Munde da. Ein interessantes Beispiel für die Verschiedenheit der Dialekte bietet die Leipziger Mission am Kilimandscharo. Dort gibt es nur eine Sprache, das Kidschagga. Die Mundarten sind aber, wahrscheinlich infolge der politischen Zerrissenheit im Westen und Osten des Dschaggalandes so verschieden, dass der Missionar, der in Madschame zu predigen gelernt hat, in dem eine Tagereise entfernten Moschi oder Mamba nicht verstanden wird. Selbstverständlich wird man nur einen der Dialekte zur Schriftsprache erheben können, man ist aber noch nicht im Klaren, welcher den Vorzug verdient.

© LMW

Das Rebmann-Denkmal bei Madschame.
© LMW

Glücklicherweise gibt es in Ostafrika eine Sprache, die als Bindeglied zwischen den andern bezeichnet werden kann, das Kisuaheli. Sie wird an der ganzen Küste gesprochen bis hinunter zur Sambesimündung. Zugleich ist sie die Handels- und Verkehrssprache nach dem Innern geworden. Längs der Karawanenstrassen wird man sich immer mit ihr behelfen können. Die meisten Häuptlinge, die auf Verkehr mit den arabischen Händlern halten, sind ihrer mächtig oder haben doch Leute, die sie verstehen. Man kann die Rolle des Kisuaheli im ostafrikanischen Sprachengewirr in mancher Hinsicht mit der Bedeutung der griechischen Sprache im römischen Reiche zur Zeit Christi vergleichen. Es fehlt denn auch nicht an Leuten, die in ihm die Sprache der Zukunft für ganz Ostafrika sehen, und die katholische Mission, die ja eine ganz andere Stellung zu der Eigenart der Völker einnimmt, wie die evangelische, ist geneigt, sie neben dem Lateinischen zur Kirchensprache zu machen. Für die evangelischen Glaubensboten aber kann das Kisuaheli nur die Brücke zur Muttersprache der einzelnen Völker sein. Mögen die Beamten, Soldaten und Kaufleute sich damit begnügen, das Kisuaheli zu lernen; sie haben mit den Eingebornen nur geschäftlich zu verkehren. Der Missionar aber, der mit dem Neger reden will, wie eine Mutter mit ihrem Kinde, muss die Muttersprache des Volkes gebrauchen, so mühsam auch ihre Aneignung ist. Es wäre ja eine bedeutende Ersparnis an Zeit und Kraft, wenn er sich mit der einen Sprache begnügen könnte. Das Kisuaheli lernt man jetzt im orientalischen Seminar zu Berlin, das Kisaramo, Kigogo oder Kidschagga aber muss man in mühsamer Geduldsarbeit dem Volke an Ort und Stelle vom Munde ablauschen und in Schriftzeichen fassen.

Wie man eine solche ungeschriebene Sprache lernt, mag uns Missionar Döring von der Berliner ostafrikanischen Missionsgesellschaft erzählen. "Man sucht sich", schreibt er, "einen etwas begabten Mann, nimmt das Notizbuch zur Hand, zeigt auf einen Baum und fragt in Kischamba: nimbwai? was ist das? Er antwortet: ni muti, das ist ein Baum. Man schreibt: muti - Baum. Was ist das? ni nyumba, das ist ein Haus. So geht man auf der Station umher und fragt und schreibt, und was man im Laufe des Tages gesammelt hat, das lernt man am Abend, Zugleich fängt man an, sich zu unterhalten, so gut oder so schlecht es geht. Die Waschambaa haben einen sehr langen Wechselgruß, bei welchem man sich nach vielen Dingen erkundigen muss. Ihn hatte ich bald gelernt und freute mich nun, mit jedem eine längere Unterredung führen zu können. Die Unterhaltung ist natürlich zunächst sehr beschwert und rätselhaft und möglichst nichtssagend, aber man unterhält sich doch und gewöhnt sein Ohr und seine Zunge und lernt die gewöhnlichsten Redensarten. Ist man schon etwas weiter, so setzt man sich mit Papier und Feder hin und sagt zu dem sogenannten Sprachlehrer: "Nun erzähle mir eine Geschichte." Er erzählt irgendetwas. Man schreibt auf, was man hört, so gut man kann. "Erzähle nochmals!" Nun korrigiert und liest man seinerseits vor und wird verbessert. Dann sinnt man nach, was er wohl erzählt haben mag, und ist glücklich, wenn es gefunden ist. Jetzt hat man eine Geschichte, an der man Satzbau und Grammatik studieren kann. Eine zweite Erzählung ergänzt es und führt weiter, eine dritte folgt und so fort. Man kann nun schon nach Begriffen fragen. Der "Sprachlehrer" hat inzwischen erfasst, was man eigentlich will und hat Geschick bekommen, die Worte zu erklären; er hat gemerkt, was uns wichtig ist, und bringt alles herbei, was er weiß. Jetzt kommt die freudenreiche Zeit, wo man täglich neue Entdeckungen macht und immer neue Einblicke bekommt. Man fragt nach allem Möglichen, nach ihrer Verfassung, nach ihren Rechtsanschauungen und nach ihrer Geschichte, nach ihren Familienfesten, nach Sitten und Gewohnheiten, nach allem, was im Volke lebt und webt, nach ihren sozialen Verhältnissen und nach ihren religiösen Vorstellungen. Alles lichtet sich mit der Zeit, immer heller wird das Auge und immer froher das Herz, Man fängt an, sein Volk zu verstehen und sich heimisch in ihm zu fühlen. Man ist nicht mehr erdrückt von all dem Fremden, sondern beginnt die Situation zu beherrschen; man ist im Begriff, ein Mschambaa zu werden."

Gerade beim Sprachstudium tut der Missionar oft überraschende Blicke in das geistige Leben des Volkes. Es ist eine landläufige Rede, dass die afrikanischen Sprachen arm an Ausdrücken wären. Natürlich fehlen ihnen meist die Bezeichnungen für übersinnliche Dinge und für alle christlichen Begriffe, aber schon hinsichtlich der ersteren findet der unverdrossene Forscher schließlich mehr, als es nach oberflächlicher Kenntnisnahme scheint. Überraschend reich sind jedoch die ostafrikanischen Sprachen für die Dinge in der Natur. Als die Leipziger Missionare das Kidschagga näher kennen lernten, staunten sie oft über den Wortreichtum. Für die Bananen z. B., die in Madschame das Hauptnahrungsmittel ausmachen, gibt es zahllose Namen, und ebenso zungenfertig sind die Eingebornen, wenn es gilt, die Farbe eines ihrer Tiere zu beschreiben. Um noch einmal auf das Kischamba zurückzukommen, so schreibt Missionar Becker darüber:

"Die sprachlichen Arbeiten machen mir immer mehr Freude. Der Grundbedeutung der Wörter nachzuspüren, die grammatischen Regeln und den inneren Bau der Sprache zu verfolgen, ist schon an und für sich ein Genuss. Je mehr ich hineinkomme, umso mehr erkenne ich, wie wenig ich davon verstehe, und umso mehr bewundere ich auch die Feinheit der Sprache. Zuerst kam sie mir so arm vor. Ich fand nicht gleich Ausdrücke für die Gedanken, die ich hatte und glaubte, die Sprache habe sie nicht. Aber je länger je mehr finde ich, dass das Herz des Volkes dieselben Bedürfnisse und Vorstellungen hat, wie unser eigenes und deshalb auch die entsprechenden Ausdrücke haben muss und tatsächlich hat. Man muss nur von dem eigenen hohen Thron herab, als ob nur wir selbst ein Herz und eine ausgebildete Sprache hätten."

Der Formenreichtum des Kischamba wird dadurch hell beleuchtet, dass ein Satz, wie der: "Als ich gestern kam, ging er weg" sich nach dem Urteil desselben Missionars auf mindestens vierzehnfache Art ausdrücken lässt, und dass jede Gegend auch ihre besonderen Ausdrücke hat.

Neben solchen erfreulichen Entdeckungen fehlen freilich auch die traurigen nicht. Als Missionar Cleve den Katechismus übersetzen wollte und ans sechste Gebot kam, konnte er nicht weiter, denn er fand trotz aller Bemühungen keine Worte für "keusch und züchtig leben". Hier fehlt dem heidnischen Volke der Begriff und darum auch der Ausdruck. Da ward ein böser Schaden Afrikas offenbar.

Von einer Bemeisterung des ostafrikanischen Sprachenreichtums kann noch nicht die Rede sein. Der Urwald liegt zum größten Teile noch unzugänglich und finster da. Höchstens vom Rande her sind einige Nicht- und Lichtwege geschlagen. Immerhin sind die geleisteten Arbeiten nicht zu unterschätzen. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die bisherige Spracharbeit der Missionare gegeben werden.

Am besten ist das Kisuaheli bearbeitet, das, wie gesagt. schon in Europa gelehrt wird, und an dem fast alle ostafrikanischen Missionare ein Interesse haben. Es ist seit Jahrzehnten zur Schriftsprache erhoben. Die ersten Europäer, die sich mit ihm beschäftigten, waren Dr. Krapf und Rebmann, hernach haben die englischen Missionare Steere und Hodgson eingehende Studien darüber getrieben. Während der erstere später Bischof der Universitäten-Mission wurde, ist der letztere hauptsächlich bei der Spracharbeit geblieben und hat als Bibelübersetzer einen geachteten Namen erlangt. Unter den deutschen Missionaren der neueren Zeit ist hier Krämer in Tanga zu nennen, der eine Reihe biblischer Geschichten und Lieder übersetzt hat. Jetzt liegt bereits eine ganze Kisuaheli-Litteratur vor. Die Bibel in einem Bande ward zum ersten Male im Jahre 1891 mit Hilfe der britischen und ausländischen Bibelgesellschaft herausgegeben, bald darauf folgte ein Wörterbuch in Englisch und Kisuaheli, ferner ein Gesangbuch, das Common Praybook und anderes. Für den Druck steht die Missionsdruckerei der Universitäten-Mission in Kiungani auf Sansibar zur Verfügung.

Unter den Sprachen im Küstengebiet sind die von Usaramo und Bondei zu erwähnen. Vom Kisaramo haben wir ein Wörterverzeichnis mit deutscher Übersetzung, das Missionar Worms von Berlin III gesammelt hat, die Bondeisprache hat durch die Bemühung englischer Missionare ebenfalls ein Wörterverzeichnis, eine Grammatik und einige Evangelien aufzuweisen. Ungefähr ebenso weit ist man mit der Bemeisterung des Kischamba gekommen.

Weiter landeinwärts gibt es Lichtpunkte im Dschaggalande und Ugogo. Die ersten Versuche mit Kidschagga-Übersetzungen gehen auf Missionar Taylor von der englischen Kirchenmission zurück. Es waren aber nur sehr unvollkommene Anfänge, die in die Hände der Leipziger Missionare gelegt wurden, als sie die Arbeit am Kilimandscharo übernahmen. Inzwischen hat das Sprachstudium hier gute Fortschritte gemacht. Es gibt ein Lesebuch, biblische Geschichten und auch Lieder in Kidschagga. Ganz ähnlich ist es um den bescheidenen Bücherschatz in Kigogo bestellt: eine Grammatik mit Wörterverzeichnis, ein Gesangbuch, dazu als Krönung der bisherigen Arbeiten eine Übersetzung der Evangelien und der Apostelgeschichte.

Am Rowuma ist es trotz langjähriger Tätigkeit der Universitäten-Mission noch nicht gelungen, der obenerwähnten Sprachschwierigkeiten Herr zu werden.

Je weiter ins Innere, umso dichter ist das über dem Sprachengewirr liegende Dunkel. Wohl haben eine Anzahl englischer Missionare versucht, die Sprache von Unyanyembe in Schriftzeichen zu fassen, aber sie sind nicht über die allerersten Anfänge hinausgekommen. Missionar Shaw in Urambo hatte ein Wörterbuch zusammengestellt, als eine Feuersbrunst die Station einäscherte und das Manuskript mit vernichtete. Die Vorarbeiten seiner Vorgänger sind aber noch vorhanden und werden gegenwärtig von den Herrnhuter Brüdern verbessert. In Udschidschi am Tanganjika-See haben die Sendboten derselben Gesellschaft einiges gesammelt und am Südufer des Victoria-Nyanza die der englischen Kirchenmission. Aber an beiden Orten sind es nur schwache Versuche. Etwas weiter sind die Sprachstudien am Nyassa-See gediehen. Für das südliche und westliche Ufer haben die Schotten schon manches Kirchen- und Schulbuch geschaffen. In unserm Gebiet kommen die sprachlichen Arbeiten der Universitäten-Mission in Betracht, die auf der mitten im See gelegenen Insel Likoma eine Druckerei hat und von da aus ihre Stationen auf dem östlichen Ufer mit Drucksachen versorgt. Es sind Übersetzungen in der Konde- und Nyassasprache vorhanden, auch geht aus der Druckerei aller zwei Monate eine für die Eingebornen bestimmte Zeitung mit dem Titel: "Mtenga Watu" hervor. Die Herrnhuter und Berliner Missionare am Nordufer, die seit einigen Jahren die ersten Schwierigkeiten hinter sich haben, bereiten die ersten literarischen Hilfsmittel für die Erbauung ihrer Gemeinden vor, nachdem Grammatik und Wörterbuch beschafft sind.

Diese flüchtige Übersicht zeigt, dass die Mission von allen Seiten her in den Urwald der ostafrikanischen Sprachen eindringt, aber dass das bisher Geleistete tatsächlich nur als ein schwacher Anfang anzusehen ist. Es wäre jedoch irreleitend, wollte man die obenverzeichneten Übersetzungen als die einzigen Erfolge in der Bemeisterung der Idiome unsers Gebiets ansehen. Sie stellen nur den sichtbaren Ertrag einer viel ausgedehnteren Arbeit dar. Ehe die Sprachen in Schriftzeichen gefasst werden konnten, wurden sie schon viele Jahre lang im täglichen Gebrauch für die Predigt und den Unterricht benutzt. An wie vielen Stellen das bereits geschieht, wie viele Männer und Frauen mit den Eingebornen in ihrer Muttersprache reden, lässt sich mit Zahlen nicht belegen. Aber im Allgemeinen darf man sagen, dass es auf jeder evangelischen Station geschieht, die über ein Jahr besteht. Der Dolmetscher wird hier nur so lange gebraucht, als es unumgänglich nötig ist.

Es war oben wiederholt von Übersetzungen der Bibel oder doch einzelner Bibelteile die Rede. Es erreicht natürlich keine derselben auch nur annähernd eine solche Vollkommenheit, wie unsere deutsche Bibel von Dr. M. Luther. Man bedenke aber, dass unser Volk diese herrliche Gabe auch nicht während seiner Bekehrung zum Christentum erhalten hat, sondern erst, als etwa 300 Jahre seit dem Abschluss derselben vergangen war. An den jetzt in Ostafrika vorhandenen Übersetzungen wird noch viel zu bessern sein, ehe sie auch nur annähernd diese Stufe erreichen. Gerade für die Bibelübersetzung wird schließlich ein Mann gebraucht, der aus dem Volke selbst hervorgegangen ist und ein sicheres Gefühl für alle Feinheiten der Sprache hat. Zugleich aber muss es ein Mann fein, der das evangelische Christentum in seiner Tiefe erfasst hat. Solche Leute gibt es in der ostafrikanischen Mission noch nicht. Es bedarf erst einer Reihe von christlichen Generationen, ehe auf sie gerechnet werden kann.

Von den Schwierigkeiten, mit denen die Bibelübersetzer zu kämpfen haben, gewinnt man eine Vorstellung, wenn man ihnen gelegentlich über die Schulter sehen und sie bei ihren Verlegenheiten beobachten kann. Wie oft halten sie zögernd inne, wenn sich für die poetischen Ausdrücke der Bibel kein passender Ausdruck finden will. In der Geschichte der Salbung in Bethanien kommt z. B. die köstliche Narbe vor. Im Kischamba lässt sich das nicht anders ausdrücken, als mit "schönem Rindertalg". Wie geht da aller Duft der Sprache verloren, wenigstens für unser Gefühl! In diesem Falle bot sich doch ein entsprechender Ausdruck dar. Noch schwieriger wird die Wahl eines Wortes, wenn Dinge, die in der Bibel vorkommen, dem Volle ganz fremd sind. Die Berliner Missionare in Usambara fanden kein Wort für Küssen, weil sich die Leute dort tatsächlich nicht küssen. Nun brauchten sie aber den Ausdruck bei der Wiedergabe der Leidensgeschichte. Es musste also ein Wort dafür gesucht werden. Sie fragten darum die Eingebornen, was denn die Europäer täten, wenn sie sich begrüßten. Die Antwort lautete: "mzafyosana", d. i. "ihr saugt einander". Das war kein schöner Ausdruck, aber er traf doch die Sache, und so ward er zur Übersetzung von Matth. 26, 49 benutzt.

Das sind indes noch kleinliche Verlegenheiten im Vergleich zu den wirklich groben Fehlern, die bei den ersten Übertragungen in die fremde Sprache vorkommen. Dafür noch ein Beispiel aus dem Kischamba. Die Missionare fanden lange kein passendes Wort für "vergeben". Sie verwandten anfangs im der Regel dafür das Wort kuleka, das nach ihrer Meinung soviel bedeutete wie "lassen" oder "loslassen". Daher übersetzten sie die fünfte Bitte im Vaterunser mit "uleke mabadu yebu" - "erlass uns unsre Schulden". Als diese Form zwei Jahre lang im Gebrauch gewesen war, fanden sie durch genaueres Nachforschen, dass sie den Sinn hat: "lass uns unsre Schulden", also gerade das Umgekehrte von dem, was in der Bitte liegt. Leider hatten es die eingebornen Christen zwei Jahre so gebetet, Solche Dinge sind recht geeignet, uns einen Blick in die Schwierigkeiten und Nöte eines Übersetzers tun zu lassen. Welche Hemmnisse liegen doch für die Glaubensboten in den zahllosen Sprachgrenzen, die das große deutsche Gebiet in eine Menge einzelner Missionsfelder zerlegen und umso schlimmer wirken müssen, weil es bisher noch so wenige Missionare gibt, die als Veteranen bezeichnet werden können. Je älter sie werden, umso tiefer dringen sie in das Verständnis der Sprache ein. Hier liegt auch einer der Gründe, die die baldige Heranbildung eines eingebornen Lehrstandes wünschenswert machen. Es hat jemand gesagt: "Afrika muss durch die Afrikaner bekehrt werden!" Darin liegt viel Wahres, und die Sprachschwierigkeiten haben auch ihren Anteil daran.

Inhaltsverzeichnis


Heidentum und Islam

Wohin die christliche Mission auch kommen mag, überall tritt sie mit dem Siegesbewusstsein auf: "Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat." Dieses Wort stammt aus der apostolischen Zeit, als die Zahl der christlichen Gemeinden in der ganzen Welt noch nicht viel größer war, wie die der Missionsstationen im heutigen Deutsch-Ostafrika, und hinsichtlich der Hindernisse, die sich der Ausbreitung des neuen Glaubens entgegenstellten, stand es damals eher noch schlechter, als in dem Missionsgebiet, mit dem wir uns hier beschäftigen. Dennoch hatte einer der damaligen Glaubensboten den Wut, einen solchen' Siegesruf auszustoßen.

Seitdem ist in allen fünf Erdteilen der große Glaubenskampf entbrannt, und die Streiter mit der Kreuzesfahne haben einen Sieg nach dem andern erfochten, sodass es in der Gegenwart niemand, der die Geschichte des Christentums kennt, für Vermessenheit oder Übermut halten kann, wenn auch die ost-afrikanischen Missionare mit dem Bewusstsein an die Arbeit gehen, dass ihr Oberfeldherr doch zuletzt das Feld behalten wird.

Zunächst ist freilich solcher Siegesjubel in den Berichten der in Deutsch-Ostafrika tätigen Missionsgesellschaften nur selten zu hören. Mit wenigen vereinzelten Ausnahmen liegt das ganze große Gebiet noch im Banne des finstern Heidentums, Selbst in den von der Mission berührten Landschaften ist das Christentum noch nicht weiter, als es zu den Zeiten des Bonifatius oder Ansgar im ehemals heidnischen Deutschland war. Wo aber der Islam an die Stelle des Heidentums getreten ist, kann auch nicht davon die Rede sein, als ob das Dunkel gelichtet wäre. Der Halbmond mit seinem bleichen, kalten Lichte hat nichts gemein mit der strahlenden und wärmenden Sonne, die mit der Verkündigung des Evangeliums über dem dunkeln Erdteil aufgeht. Kein Wunder, dass die Glaubensboten unter dem Druck der Finsternis, die sie umgibt, den Ton der Siegeslieder nicht leicht finden, sondern viel öfter klagen und fragen: "Hüter, ist die Nacht schier hin?"

Wer nur flüchtig durch Deutsch-Ostafrika reift, bekommt vom dortigen Heidentum möglicherweise gar nichts zu sehen. Da gibt es keine Götzentempel, wie in Ostindien oder China; nicht einmal die leicht gebauten Fetischhütten Westafrikas find hier zu finden. Dass man bei den Mohammedanern an der Küste kein Bild der Gottheit findet, ist bei der bekannten Bilderschau des Islam nicht zu verwundern, aber auch bei den rein heidnischen Negerstämmen im Innern sind keine Götzenbilder und kein Götzendienst zu sehen. Trotzdem wäre es ein großer Irrtum, diese Neger für religionslos zu halten. Sobald man etwas länger im Lande verweilt, wie es der Missionar tut, lernt man nach und nach in der Volksseele zu lesen und erkennt die den Ostafrikanern eigentümlichen Formen des Heidentums.

Der Missionar begegnet allenthalben den Zauberern und hat manchen unliebsamen Strauß mit ihnen auszufechten, weil er gar nicht anders kann, als ihr finsteres Treiben zu stören. Als sich die Berliner Missionare unter den Kondenegern am Nyassa-See niederließen, trat ihnen bald die geheimnisvolle Gestalt des Mbasi entgegen, der zuerst die Freundschaft der christlichen Sendboten suchte, ihnen aber dann allerlei Hindernisse in den Weg warf. Die Eingebornen standen ganz unter seinem Bann und wagten nichts zu tun, was der Mbasi untersagte. Erst als es den Missionaren gelang, den Betrüger zu entlarven und seine Machtlosigkeit vor dem ganzen Volke zu beweisen, war die finstere Macht, die sich zwischen sie stellte, gebrochen.

Ähnliche Gestalten, wie diesen Mbasi, gibt es in ganz Ostafrika. Sie verstehen ihr unsauberes Gewerbe ebenso gut, wie die berüchtigten Fetischpriester und Medizinmänner an der Westküste. Am Kilimandscharo wohnt ein großer Zauberer, namens Makimende, in Marangu. Die Leipziger Missionare von Madschame berichten, dass er einmal durch alle Teile des Dschaggalandes zog und die ganze Bevölkerung, Männer, Weiber und Kinder das "Uri" trinken ließ. Er tat es überall im Verein mit dem Häuptling, dessen Autorität er geschickt benutzte, sodass sich niemand ausschließen durfte. Nur den unter der Obhut der Missionare stehenden Eingebornen blieb die Zeremonie erspart. Aber, wer weiß, ob sich der schlaue Heide bei ihnen nicht mit einem ähnlichen Schlich geholfen hat, wie bei den schwarzen Soldaten von Moschi, denen der Zaubertrank heimlich in das Bier und die Milch gemischt wurde, die man ihnen zum Verkauf brachte. Missionar Müller erfuhr, dass alle andern Zaubermittel vor dem Genuss des "Uri" aus Haus und Feld entfernt werden mussten. Nach seiner Schilderung verlief die abergläubische Feier folgendermaßen: Ein Teil der Leute von Madschame lagerte in Gruppen umher, die andern drängten sich um den Uritrog; ein wüstes Geschrei erfüllte die Luft. Bei dem Trog stand der Häuptling, zwei seiner Vornehmen gossen den Leuten den ekelhaften Trank ein, während zwei andre mit Stöcken bewaffnet mühsam die Ordnung aufrecht erhielten. Der Inhalt des Trogs bestand aus einer Mischung von Wasser mit Bier, der geschabtes Kupfer beigemengt war. Darin schwammen ein Menschenknochen, ein Eselsschädel und ein totes Huhn, dem der Hals abgeschnitten war. Bevor die Einzelnen tranken, sprachen sie einige Worte, die Wohl den Sinn eines Gelübdes hatten. Der eine sagte: "Wenn mein Vater Zauberei hat, mir hat er sie nicht gezeigt." Die andern verschworen sich meistens, dieser Trank sollte sie töten, wenn sie irgend ein Zaubermittel gegen Menschen oder Vieh bereiteten. Die Worte wurden in einer gewissen Raserei gesprochen, sodass sie einen unheimlichen Eindruck auf den Zuhörer machten. Dass der Zauberer ein gutes Geschäft mit der Feier machte, geht daraus hervor, dass er aus dem kleinen Madschame mehrere Rinder und über 39 Ziegen als Lohn mit hinwegnahm.

In diesem Falle handelte es sich um einen abergläubischen Brauch, der anscheinend nur in langen Zwischenräumen wiederkehrt. Wenn man aber genauer zusieht, entdeckt man, dass auch das tägliche Leben ganz vom Zauberwesen beherrscht wird. Bei Karawanenreisen sieht man oft früh morgens an mehreren Stellen neben dem Pfade Maismehl oder Mutama ausgestreut, bald kreisförmig, bald im Dreieck oder in anderer Form. Ein andres Mal findet man zu beiden Seiten des Weges kleine Häufchen von Steinen, Sand, Kies oder Holzstücken oder auch einen größeren Stein, der zwischen einen gabelförmigen Zweig gesteckt ist. Das ist ebenfalls ein Zaubermittel, Die Träger stoßen mit dem Fuße gegen den Sand- oder Steinhaufen und halten das für eine Art Opfer oder Huldigung, womit sie sich eine gute Reise verschaffen wollen.

Die Zauberer sind in den Augen des Afrikaners die geeignetsten Vermittler für seine Gaben oder Gebete an die bösen Geister. Nur um deren Gunst mühen sich diese verblendeten Heiden. Zwar fehlt ihnen nicht ganz die Vorstellung von dem guten Gott, der alles erschaffen hat und erhält. Was sie gelegentlich einmal von ihm aussagen, nimmt sich wie ein halbvergessenes Erbstück aus der Urgeschichte der Menschheit aus. So, wenn die Waschambaa von dem großen Mulungu reden, der im Himmel thront und aller Kreatur das Leben gegeben hat. Aber dieser große Gott ist nach ihrer Anschauung viel zu gut, als dass er ihnen schaden könnte, die Geister der Verstorbenen dagegen sind sehr zu fürchten; sie quälen die Leute, die ihr Wohlgefallen nicht erkaufen. Um ihre Besänftigung handelt es sich in der Regel bei den Opfern und andern feierlichen Veranstaltungen, die man etwa mit dem Namen eines ostafrikanischen Götzendienstes bezeichnen könnte.

Ein recht bezeichnendes Beispiel für die Torheit des Aberglaubens erzählt Missionar Döring aus Usambara. Vor Zeiten wurde in der Nyika (Steppe) ein Mschamba von Feinden verfolgt. Er drückte sich an den Stamm eines Affenbrotbaumes und sagte: "Du Affenbrotbaum, wenn du mich von meinen Feinden errettest, so will ich kommen, dich zu feiern und anzubeten." Er wird errettet, kehrt heim und sagt: "Kinder, bereitet Bier, ich will ein Schaf suchen und Hühner, wir wollen den Affenbrotbaum anbeten, er hat mich von meinen Feinden errettet." Bald macht sich die ganze Sippe auf mit Bier, Speise und einem Schaf. Nach ihrer Ankunft in der Steppe wird der Platz um den Baum herum geackert und alles Gras entfernt. Nun beginnt die Feier. Der Mann nimmt den Mund voll Bier, speit es gegen den Baum und spricht: "Du Affenbrotbaum, neulich hast du mich errettet, ich verachte dich nicht; dich zu versöhnen bin ich hergekommen, du bist mein Fika. Auch später, wenn ich gestorben bin, werden diese meine Kinder kommen, dich anzubeten," Darauf schlachtet er das Schaf und streicht das Blut an den Baum. Nun essen und trinken sie und kehren am Nachmittag heim. Seitdem gilt der Affenbrotbaum als ein Fika. Das Familienoberhaupt sagt jedes Mal bei der Feier: "Wir sind gekommen, dich anzubeten. Behüte uns vor Krankheit, lass uns gesund bleiben. Wir wollen dich nicht verbrennen, du sollst in Ewigkeit stehen bleiben."

Noch törichter als dieser Baumdienst, dem doch wenigstens ein edler Gedanke zu Grunde liegt, ist das Katzenopfer, das man ebenfalls bei den Waschambaa findet. Diese fürchten, wenn jemand eine Katze getötet hat, der Geist derselben würde sich dadurch rächen, dass er den Täter oder eins seiner Familienglieder in Krankheit stürzt. Sie suchen sich dann damit zu helfen, dass sie die Katze durch ein Opferfest verführen. Es wird eine beliebige Katze gefangen und ihr ein Schaf geschlachtet. Ein Zauberer füttert sie mit der Lunge des geopferten Tieres und bespricht sie etwa mit den Worten: "Du Katze, dieser Mann hat dir ein Schaf geschlachtet, nun. lass' ihn los!" Wie traurig ist dieser elende Wahn und Aberglaube! Man sieht hier so recht in die Armseligkeit der heidnischen Gedankenwelt hinein.

Die Neger fühlen das auch. Es ist eine ergreifende Klage, die Missionar Döring unter ihnen hörte: "Alles zeigt nach oben, die Vögel, die Bäume, die Berge, die Pflanzen, nur der Mensch geht seinen Weg gebückt nach unten. Er gleicht dem Speichel, der zur Erde fällt." Wie lieblich muss diesen vom Elend der Erde bedrückten Seelen ein Bibelspruch klingen, wie dieser: "Unser Wandel ist im Himmel," oder: "Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir." In Usambara sagte denn auch ein altes Mütterchen einmal zu einem Missionar, dem sie lange zugehört hatte: "Ich will auch nach oben. Gott ist barmherzig; die da unten (sie meinte, die bösen Geister) haben keine Barmherzigkeit,"

Sehr oft tritt den Glaubensboten die Hoffnungslosigkeit der Heiden entgegen. Der Gedanke ans Sterben und an die Zeit nach dem Tode ist ihnen furchtbar. Als ein Missionar die Rede darauf brachte, fiel ihm ein Mann in die Rede: "Ach sage uns doch dieses böse Wort nicht mehr. Wenn du so zu uns redest, fo beißt uns das hier drinnen. Rede uns ein freundliches Wort."

Wenn nun schon ihre Gedankenwelt in religiöser Hinsicht so arm und ihre Zukunft so düster ist, so darf man sich nicht wundern, dass das Heidentum einem Baum mit faulen Früchten gleicht. Wie geringschätzig sie das Leben ihrer Mitmenschen behandeln, geht aus der Sklaverei hervor; wie sie die Frau erniedrigen, aus der Vielweiberei. Neben diesen allenthalben in die Augen fallenden Übeln finden sich auch noch einzelne entsetzliche Gräuel und Schandtaten. Als Missionar Greiner zum ersten Male durch Usaramo reiste, sah er hier und da Aschenhäufchen am Wege. Auf seine Frage, was sie zu bedeuten hatten, sagten ihm die Leute mit lächelnder Miene, da wären Hexen verbrannt worden. Wenn ein Häuptling stirbt, wird immer angenommen, dass ihn jemand behext hat. Eine von ihm ausgesprochene Vermutung genügt, irgendeine Frau als die Anstifterin seiner Krankheit zu verdächtigen, worauf ihr sogleich der Prozess gemacht wird. In anderen Fällen forscht der Zauberer nach der schuldigen Person. Sein Ausspruch kostet dann unfehlbar einer Unglücklichen das Leben.

In diesen Fällen handelt es sich jedes Mal nur um einen vereinzelten Mord; es kommen aber auch Massenmorde vor. Ein solcher Fall wird aus dem Lande der Wawende am Tanganjika-See berichtet. Eines Tages starb Mlera, der Häuptling von Jkola, an einem Brustleiden, das er durch übermäßiges Trinken arg verschlimmert hatte. Als er den Tod kommen sah, sagte er röchelnd: "Ich sterbe an einer Vergiftung, ich bin verhext und verzaubert, aber ich zähle fest darauf, dass mein Bruder mich rächen wird." Letzterer beeilte sich, den Auftrag des Sterbenden auszuführen. Er hieß den Scharfrichter nach Ikola gehen, um an den Einwohnern die Giftprobe vorzunehmen. Trotz des von den deutschen Beamten in Udschidschi erlassenen Verbots ging die scheußliche Prozedur vor sich. Ein Augenzeuge berichtet darüber: "Beim Eintritt in das Dorf war ich überrascht, eine so dichte Menschenmenge vor mir zu sehen. Es war wie an einem Hauptmarkttage. Unzählige Wawende waren zusammengeströmt, um sich an dem Schauspiel der unter dem Gift sich krümmenden und röchelnden "Verzauberer" zu ergötzen. Welch ein Lärm, welch ein Gejohle von allen Seiten! Man sollte glauben, in die Hölle geraten zu sein. Es waren etwa zwanzig Furchen in den Boden gezogen, um die ein leichter Schilfzaun gestellt war. In jeder Furche befand sich ein zur Giftprobe Verurteilter. Abseits von diesem schaurigen Platz befanden sich in Schilfhütten die Bedauernswerten, die den Gifttrank schon hinabgeschluckt hatten, sich unter grässlichen Schmerzen hin und her wandten und am Boden walzten, rechts die Männer, links die Frauen. Einigen wenigen gelang es, sich zu erbrechen und so dem Tode zu entrinnen; bei den meisten aber verrieten die zur Wachsfarbe erbleichenden Gesichter, dass das Gift seine schreckliche Wirkung tat. Die dem Tode verfallenden wurden von entmenschten Schwarzen ein Stück weg an den Platz geschleift, wo schon zahlreiche halb oder ganz tote Opfer lagen. Man erschlug sie dort noch mit Keulen. Beim einbrechenden Abenddunkel wurden die Leichname vors Dorf auf den Schindanger geschleppt, um den Hyänen und Raubvögeln als Fraß zu dienen.

Das ist die Leichenfeier eines afrikanischen Herrschers! Wir haben die entsetzlichen Einzelheiten hier noch übergangen, weil die Feder sich sträubt, all diese Ruchlosigkeiten, deren die gefühllosen Heiden fähig sind, wiederzugeben. Wie gut, dass endlich die Zeit gekommen ist, wo die Axt an die Wurzeln dieser Übel gelegt wird.

Neben dem Heidentum hat es die Mission auch mit dem Islam zu tun. Die ganze ostafrikanische Küste steht unter seinem Einfluss. In den Hafenstädten des deutschen Gebiets stößt man allenthalben auf die Moscheen der Araber. Nach dem Innern zu findet man sie seltener, dafür sind aber in einem zwei bis drei Tagereisen breiten Streifen auch die Neger schon vielfach zum Mohammedanismus übergetreten. Im Inlande sind die Eingebornen vom Islam unberührt geblieben, da gibt es nur vereinzelte arabische Kolonien, wie Tabora und Udschidschi. Es waren die an den Hauptwegen der Karawanen errichteten Stützpunkte der Sklavenjäger und Händler.

Von einer planmäßigen Ausbreitung der mohammedanischen Lehre, wie in den Sudanländern, kann in Ostafrika kaum die Rede sein, oder wenn eine solche wirklich stattgefunden haben sollte, so müsste man den Erfolg als einen überaus kläglichen bezeichnen. Allem Anschein nach versuchten die Wasuaheli an der Küste in der Zeit vor der deutschen Besitzergreifung, als das Ansehen der tonangebenden Mohammedaner am höchsten stand, sich durch Annahme ihrer Religion den Herren des Landes zu nähern. So ist vielleicht die wiederholt berichtete Erscheinung zu erklären, dass in den Dörfern an der Küste arabische Schulen bestanden oder auch neu gegründet wurden, wie in Mwenzange bei Tanga, wo schleunigst eine mohammedanische Gegenschule entstand, als die Berliner Mission dort Einfluss zu gewinnen suchte. Von irgendwelchem Fanatismus kann jedoch bei den Eingebornen, soweit sie dem Islam zugefallen sind, nicht die Rede sein. Wie oberflächlich sie die Lehre Mohammeds angenommen haben, geht unter anderem daraus hervor, dass sie als Gottesnamen nicht das mohammedanische Allah gebrauchten, sondern das allen Bantuvölkern eigentümliche Wort Mulungu. Die Eröffnung christlicher Schulen und Kirchen sahen sie gleich-gültig mit an. Als die Universitäten-Mission sich am Pangani einmal festgesetzt hatte, schlossen sie 1882 bereitwillig ihre Moschee in Magila. Die neugebaute Kirche der Missionare trat in ihren Augen vollständig an die Stelle derselben.

Die Mohammedaner Ostafrikas stehen äußerlich auf einer höheren Stufe, als die Heiden, aber in der Gesinnung sind sie um nichts besser. Der große Livingstone, der sie gründlich kannte, hat sie sogar viel schlechter beurteilt. Sie sind es, die die schrecklichen Sklavenjagden und alle mit dem Sklavenhandel zusammenhängenden Übel auf dem Gewissen haben. Wie herzlos sie sogar gegen die eigenen Glaubensgenossen sind, erfuhr einmal ein deutscher Missionar, zu dem während der Hungersnot auch ein Mohammedaner kam, um etwas Reis zu kaufen. Auf die Frage, warum er denn nicht zu seinen gutgestellten Glaubensgenossen an der Küste ginge, erhielt er die Antwort: "Die haben kein Mitleid."

Der Islam hat die traurige Lage, in der sich Deutsch-Ostafrika und seine Völker zur Zeit befinden, zum guten Teil verschuldet. Es ist die alte Erfahrung: wo der Halbmond herrscht, veröden die Länder, verkümmern die Völker. Als dieses Zeichen an der ostafrikanischen Küste erschien, war ein Todeswehen zu spüren vom Gestade des Indischen Ozeans bis an die lieblichen Ufer des Tanganjika- und Nyassa-Sees. Nun ist das Kreuz an seine Stelle getreten. Mit ihm ist Gerechtigkeit, Heil und Frieden eingezogen. Du armes Ostafrika, hörst du die Botschaft der neuen Zeit? Im Zeichen des Kreuzes sollst du leben! 

Was die Zugänglichkeit für die Mission betrifft, so ist bei den Heiden offenbar ein größeres Entgegenkommen vorhanden, als bei den Mohammedanern. Die Stimmführer der letzteren können es offenbar noch nicht verwinden, dass das christliche Regiment ihnen die Zügel aus der Hand genommen und ihrem schändlichen Treiben einen Riegel vorgeschoben hat. Die Bekehrung eines Muhammedaners aus arabischem Stamme wird für lange Zeit eine große Seltenheit sein. Anders bei den nur mohammedanisch angehauchten Wasuahelis. Sie sind jedenfalls geneigt, den erst kürzlich angenommenen Glauben zu wechseln, wie ein verbrauchtes Kleid. Wer ihnen die größeren Vorteile bietet, bekommt sie. Eine Mission, die ihnen den Übertritt zum Christentum leicht macht oder wohl gar Lockmittel anwendet, wird sie scharenweise zu ihrer Taufe kommen sehen. Die evangelische Mission verschmäht aber solche Erfolge. Sie fordert aufrichtige Herzenserneuerung. Weil gerade darauf bei den verschlagenen Küstennegern am wenigsten zu rechnen ist, findet man bei den evangelischen Missionaren vielfach eine Abneigung, in den Küstenstädten zu wirken. Sie fühlen sich zu den reinen Heiden im Innern gezogen. Auch bei diesen bleibt ja die natürliche Herzenshärtigkeit und viel fleischlicher Sinn zu überwinden. Aber weil das Heidentum hier keine anderen festen Bollwerke hat, und nur ein geringer Zusammenhang zwischen den einzelnen Völkerschaften besteht, ist zu hoffen, dass diese Heiden sich gern der christlichen Kirche anschließen, wenn sie einmal begriffen haben, was die Missionare wollen, und dass diese es gut mit ihnen meinen. Ermutigende Anfänge sind schon in allen Teilen unseres Gebietes zu verzeichnen.

Inhaltsverzeichnis


Mission und Politik

Es gab eine Zeit, wo die im heutigen Deutsch-Ostafrika wirkenden Missionare die einzigen weißen Leute waren, die sich im Lande sesshaft gemacht hatten. So in den Ansiedelungen der Universitäten-Mission am Pangani, deren Anfänge bis in die sechziger Jahre zurückreichen, oder bei den etwas später stattgefundenen Stationsgründungen derselben Mission am Rowuma. Auch die berühmte Etappenstrasse der kirchlichen Missionsgesellschaft ist schon fast ein Jahrzehnt vor der deutschen Besitzergreifung entstanden. Damals hatten Mission und Politik noch nichts mit einander zu tun. Die Missionare brauchten sich mit keinen andern politischen Gewalten auseinanderzusetzen, als mit den Häuptlingen der Eingebornen. Jetzt ist das anders. Sie begegnen auf Schritt und Tritt den deutschen Beamten und Offizieren, die Militärstationen stehen oft dicht neben den Missionshäusern, die Plantagen deutscher Unternehmer liegen nicht fern von dem Stationsland, das die Kostschüler des Missionshauses bebauen. Wenn gegenwärtig neue Missionsunternehmungen ins Leben treten sollen, wird die betreffende Gesellschaft gut tun, vor der Aussendung ihrer Boten mit der Kolonialverwaltung im Auswärtigen Amte zu Berlin in Verbindung zu treten; wenn es sich um Landerwerbungen in Ostafrika handelt, haben die deutschen Behörden ein Wort mit zu reden und das erworbene Grundstück in das Grundbuch der Kolonie einzutragen; wenn eine Missionarsbraut ihrem Bräutigam nach Ostafrika folgt, genügt die kirchliche Einsegnung der Ehe in einer der Missionskapellen noch nicht, die Brautleute müssen einen der politischen Beamten, der als Standesbeamter verpflichtet ist, aufsuchen, um dort die Eheschließung beurkunden zu lassen, mag der Ort auch viele Tagereisen weit entfernt sein. So haben sich die Zeiten geändert. In demselben Maße, als die deutsche Besitzergreifung tatsächlich zum Vollzug kommt, mehren sich die Berührungspunkte zwischen den Missionaren und den Regierungsleuten.

Als unsere Kolonialpolitik vor fünfzehn Jahren ihre Sturm- und Drangperiode durchzumachen hatte, gingen die Politiker darauf aus, die Mission ihren Zwecken dienstbar zu machen. Sie hätten am liebsten die Missionsunternehmungen unter die Oberleitung der Kolonialverwaltung gestellt. In den durch die Mission gewonnenen Eingebornen hofften sie dann gefügige Werkzeuge für ihre selbstsüchtigen Pläne zu gewinnen. Als Gegenleistung versprachen sie goldene Berge, von denen freilich sehr zweifelhaft ist, ob sie ihnen wirklich zu Gebote standen. Nur ein einziges Mal, als die sogenannte Antisklavereilotterie ein glänzendes Ergebnis lieferte, wurden den Missionsgesellschaften tatsächlich Geldmittel von dieser Seite angeboten. Diese wiesen aber das gleißende Gold sehr entschieden zurück, weil sie sich für ihre Arbeit keine Fesseln, auch keine goldenen anlegen lassen wollten. Die Römischen zeigten sich bei jener Gelegenheit allerdings weniger bedenklich. Sie waren gleich bereit, das ihnen ebenfalls angebotene Geld zu nehmen, mussten aber schließlich mit leeren Händen abziehen, weil man um der Parität willen den einen nicht geben wollte, was die andern nicht nehmen mochten. Die evangelische Mission hat bei dieser, wie bei anderen Gelegenheiten klar und bestimmt zu erkennen gegeben, dass sie von einer Vermengung der politischen und der Missionsinteressen nichts wissen will. Ihre Stimmführer haben stets geltend gemacht, dass Mission und Politik wohl beide darauf bedacht sein müssen, einander zu stärken und zu fördern, dass dies aber am besten so geschieht, dass sie sich gegenseitig nicht die Hände binden. Nur eine deutsche Missionsgesellschaft, deren Entstehung mit dem Beginn unsrer Kolonialära zusammenfällt, hat sich im Anfang auf eine engere Verbindung mit den politischen Kreisen eingelassen, dabei aber so ungünstige Erfahrungen gemacht, dass sie jetzt in Theorie und Praxis ganz auf die Seite ihrer Schwestern getreten ist.

Es wäre ein Unglück, wenn sich die Missionare und die Kolonisatoren in unserem Gebiet feindlich zu einander stellen wollten, aber ebenso nachteilig würde es für die Mission sein, wenn die Glaubensboten sich mit den Machthabern oder den andern Europäern im Lande so verbünden wollten, dass die Eingebornen keinen Unterschied zwischen ihnen machen könnten. Jede Ungerechtigkeit seitens der Weißen würde auch den Missionaren zur Last gelegt werden, und jede Strafexpedition der Schutztruppe würde auf lange Zeit hinaus die Predigt des Evangeliums unter dem betroffenen Stamme vereiteln, vor allem aber würde jede sittliche Verirrung auf jener Seite der guten Sache schaden, welche die Missionare vertreten. Darum ist es am besten: schiedlich, friedlich.

Ohne Zweifel sind die politischen Vorgänge der letzten Jahrzehnte von weittragender Bedeutung für die Mission gewesen. Rebmann, einer der Pfadfinder der ostafrikanischen Mission, schrieb lange vor der deutschen Besitzergreifung:

"Eine christliche Regierung würde eine unsägliche Wohltat für die Ostafrikaner sein im Vergleich zu den steten Räubereien und der Misswirtschaft seiner jetzigen mohammedanischen oder heidnischen Herrscher. Sobald einmal der Osten Afrikas, wie der Süden und Westen, sich einer christlichen Regierung zu erfreuen haben wird, wird er auch ein herrliches Missionsfeld werden. Dass dieselbe zustande komme, dafür hat kein Missionar zu sorgen; das überlässt er ruhig dem allmächtigen Gott, der die ganze Welt regiert, und dessen Zwecken alles dienen muss. Dessen bin ich gewiss, dass die ostafrikanische Mission nicht aufgegeben, sondern nur für einige Zeit unterbrochen ist, bis der Herr die Türen wieder öffnet und zwar nicht durch mohammedanische Vermittlung, sondern durch die Hand einer christlichen Macht."

Es ist dem trefflichen Manne, der diese prophetischen Worte geschrieben hat, leider nicht vergönnt gewesen, ihre Erfüllung zu erleben. Er kehrte 1875 von seinem schwierigen Missionsposten an der Küste bei Mombasa in die deutsche Heimat zurück und starb im nächsten Jahre, Hätte er zehn Jahre länger gelebt, so wäre ihm die Freude geworden, dass die Flagge der deutsch-ost-afrikanischen Gesellschaft mit dem symbolischen Zeichen des Kreuzes gerade durch diejenigen Teile Ostafrikas getragen wurde, in denen sich die mohammedanischen und heidnischen Gedanken am rücksichtslosesten breit machten. Das deutsche Regiment hat inzwischen im Verein mit dem englischen seine Hoffnungen erfüllt.

Es liegt in der Natur der Sache und hat sein Gegenstück in Kamerun und Südwest-Afrika, dass die Kämpfe bei der Besitzergreifung von Deutsch-Ostafrika den damals schon bestehenden Missionsunternehmungen empfindlichen Schaden brachten. Besonders gilt das von der Zeit des Buschiri-Aufstands. Da ward Greiners Missionshaus auf dem Immanuelskap bei Dar-es-Salaam zerstört. Ebenso erging es der Station der kirchlichen Mission in Mpapua. Der zur Londoner Mission am Tanganjika gehörige Mr. Brooks wurde sogar auf dem Marsche zur Küste erschlagen, ganz zu schweigen von den Beunruhigungen der Mission in Bondei. Die Störung machte sich auch noch weit über die deutschen Grenzen hinaus fühlbar. Dass die reichgesegnete Mission in Uganda zu jener Zeit eine schwere Krisis durchmachen musste, die sie ihrer Auflösung nahe brachte, hatte noch andere Ursachen; es ist aber nachgewiesen, dass sie zum Teil aus dem Misstrauen des damaligen Herrschers von Uganda gegen die von der Küste her energisch vorgehenden Deutschen hervorging.

Diese Schädigung der Missionsstationen mag unvermeidlich gewesen sein, wenn nun einmal eine europäische Macht die Zügel mit kräftiger Hand ergreifen wollte. Der Schaden ist, abgesehen vom Verlust eines kostbaren Menschenlebens, auch nicht so groß gewesen, dass er nicht hätte in einigen Jahren ausgebessert werden können. Viel empfindlicher aber wurde die evangelische Mission durch das feindselige Verhalten unserer Kolonialpolitiker gegen die Missionare englischer Nationalität getroffen. Es ist bekannt, wie viel Eifersüchteleien und Ränke bei der Teilung Ostafrikas zwischen Deutschland, England und Portugal zur Anwendung gekommen sind. Namentlich die englischen und die deutschen Agenten suchten sich überall den Rang abzulaufen. Aber was ging das die friedliebenden Männer auf den Missionsstationen an? Man hat von deutscher Seite die Missionare der englischen Gesellschaften beschuldigt, an den politischen Machenschaften teilgenommen zu haben; der Beweis für diesen harten Vorwurf konnte aber nirgends erbracht werden. Spätere Enthüllungen legen vielmehr die Vermutung nahe, dass der Hass gewisser Männer gegen die Missionare aus der Besorgnis hervorgegangen ist, diese möchten ihr ungerechtes und sittenloses Treiben ans Licht ziehen. Man braucht nur an die Vergehen des Dr. Peters am Kilimandscharo zu denken, der gerade einer der heftigsten Gegner der englischen Missionare war. Sie haben den letzteren, wie gesagt, nicht das geringste Unrecht nachweisen können. In Anbetracht der wichtigen Dienste, die sie schon Jahrzehnte lang bei der Erschließung Ostafrikas geleistet, hätte ihnen sogar Dank und Anerkennung gebührt. Statt dessen wurde ihnen das Leben sauer gemacht, ja man gab ihnen deutlich zu verstehen, dass man ihr Gehen lieber sähe, als ihr Bleiben, Wir freuen uns, dass sie geblieben sind, wenigstens in Bondei und Usagara, sowie am Rowuma. Im andern Falle wäre ein Schimpf auf den deutschen Namen gekommen. Nur an einem Punkte hat bedauerlicherweise wirklich eine Verdrängung englischer Missionare stattgefunden, in Moschi am Kilimandscharo. Wir werden bei der dortigen Missionsgeschichte noch davon zu reden haben. Eine deutsche Gesellschaft ist später an dieser Stelle in den Riss getreten

und hat die geschlagenen Wunden so viel als möglich zu heilen gesucht. Auch von politischer Seite hat man das begangene Unrecht mit der Zeit gut gemacht. Die Spannung zwischen den Kolonialmännern und den englischen Glaubensboten ist ganz verschwunden. Sie leben im besten Einvernehmen mit einander. Das Verhältnis zwischen der Mission und der Kolonialregierung hat sich überhaupt so freundlich gestaltet, als man nur wünschen kann. Die Missionare ohne Unterschied der Nationalität oder der Konfession genießen viele Vergünstigungen, und ihre Reiseberichte sind des Lobes voll über die gastliche Aufnahme auf den Regierungsstationen und dergleichen.

Die Männer der Kolonialverwaltung handeln ja in ihrem eigenen Interesse, wenn sie die Missionsbestrebungen fördern. Der englische Admiral Fremantle sprach bei einer Versammlung der Universitäten-Mission im Oktober 1898 seine Meinung dahin aus: "Jeder Missionar, der nach Innerafrika geht, tut mehr zur Abschaffung des Sklavenhandels, als ein halbes Dutzend englischer Kreuzer." Man kann das ohne weiteres auch auf die Erschließung und Sicherung unsers Kolonialgebiets übertragen. Jede Missionsstation wird ganz von selbst zu einem Ausgangspunkt von Kultur und Zivilisation für ihre Umgebung und jede kleine Gemeinde eingeborner Christen bedeutet einen Stamm zuverlässiger Leute, die den Herren des Landes, deren Glaubensgenossen sie nun geworden sind, sehr viel näher stehen, als ihre Söldnertruppen. Es ist also unverkennbar, dass die Politik Vorteile von der Missionstätigkeit hat.

Andrerseits ist aber auch anzuerkennen, dass durch die Neugestaltung der politischen Verhältnisse die Bestrebungen zur Christianisierung des Landes sehr gefördert worden sind. Während früher bei der Willkürherrschaft der Araber und heidnischen Häuptlinge eigentlich ein fortdauernder Kriegszustand herrschte, ist das ganze Land jetzt ruhig und sicher, wenigstens nach afrikanischen Begriffen. Aus Kisokwe am Pangani schreiben die Missionare: "Es ist Frieden im Lande. Statt der Flinten und Speere sehen wir die Eingebornen jetzt oft Spazierstöcke tragen." In Bethel (Usambara) erzählen die Leute, früher wären überall in ihrem Lande Wachposten aufgestellt gewesen, die nach anziehenden Feinden ausschauen sollten; in den Häusern hätte sich der Tür gegenüber eine oberflächlich zugemauerte Stelle befunden, die man leicht hätte einstoßen können, um vorkommenden Falls schnell zu fliehen; jetzt aber kämen diese Dinge in Vergessenheit. Am Rowuma lebten die Eingebornen Jahre lang in unwegsamen Felsklüften, wo sie eine Zuflucht vor den räuberischen Magwangwara fanden. In neuerer Zeit ziehen sie sich wieder mehr in die fruchtbare Flussniederung hinab, weil die Räuber durch die Schutztruppe verjagt sind. Wenn die Eingebornen in solcher Weise aufatmen und in Sicherheit ihr Land bebauen können, so kommt das auch der Missionsarbeit zugute. Nehmen wir ferner das veränderte Verhältnis zu den Häuptlingen an. Früher war ein Missionar ganz in die Hände des Häuptlings gegeben, in dessen Bereich er sich niedergelassen hatte. Er wurde oft geradezu schändlich von ihm behandelt. Die Quälereien, denen die ersten Glaubensboten in Moschi seitens des dortigen Herrschers Mandara ausgesetzt waren, sind ein Beispiel dafür. Jetzt wird ein solcher Gernegroß das nicht mehr wagen, weil er die Hand des strengen Herrn von der Militärstation fürchtet.

Das sind die guten Früchte der deutschen Besetzung und Verwaltung, die trotz vieler Schwierigkeiten in allen Teilen des Gebiets durchgeführt wird, selbst in dem bis vor kurzem unzugänglichen Süden zwischen Rowumamündung und Nyassa-See. Auch die Anlage und die Sicherung der wichtigsten Verkehrsstraßen nach dem Innern, die bequemen Rasthäuser an einem Teile derselben und die an der Küste sowie auf den Seen schwimmenden Regierungsdampfer sind hier zu erwähnen. Zu diesen Errungenschaften äußerlicher Art kommen noch eine Reihe von Maßregeln, in denen der christlich-humane Gedanke zur Geltung kommt. Die deutsche Behörde hat ein Gesetz erlassen, welches den Kindermord unter Strafe stellt; ebenso duldet die Regierung es nicht mehr, dass beim Tode eines Häuptlings Sklaven umgebracht werden. Die kräftigste Maßregel dieser Art aber war das Vorgehen unsrer Kolonialregierung gegen den Sklavenhandel. Jahrelang haben die Kriegsschiffe an der Küste Jagd auf jedes verdächtige Fahrzeug gemacht und den nichtswürdigen Händlern ganze Schiffsladungen von Sklaven jedes Alters und Geschlechts entrissen. Dieselbe Wachsamkeit entwickelte die Landespolizei und die Schutztruppe auf den Landwegen, wo Sklaven transportiert werden. Es mag ihnen da auch heute noch mancher Sklavenzug entgehen, weil die verschlagenen Araber alle möglichen Kunstgriffe anwenden, um ihre kostbare Ware durchzuschmuggeln. Wenn man aber die heutigen Zustände mit denen vor zwanzig Jahren vergleicht, wo die armen Schwarzen ganz ungescheut zu Tausenden an die Küste geschleppt wurden, so lässt sich ein großer Fortschritt zum Bessern feststellen. Es ist eins der rühmlichsten Blätter in unsrer kurzen Kolonialgeschichte, dass die deutsche Regierung so energische Maßregeln gegen das demoralisierende Treiben der Sklavenhändler ergriffen hat.

Ein wunder Punkt im Kolonialleben ist die Stellung der Europäer zu Mission und Christentum. Es ist schon erwähnt, dass das persönliche Verhältnis zwischen den Missionsleuten und den Regierungsbeamten und Offizieren nichts zu wünschen übrig lässt; damit ist aber noch nicht gesagt, dass die letzteren auch ihrerseits dem Christennamen Ehre machen und, wenn auch nicht durch das gesprochene Wort, so doch durch ihren Wandel die Bestrebungen zur Ausbreitung des Christentums unterstützen. Wie viel könnten sie in dieser Hinsicht wirken!

Gerade das Ansehen, das sie weit und breit genießen, macht, ihre Stellung so verantwortlich. Wenn in ihren Häusern und Stationen ebenso auf ein sittlich reines Leben gehalten wird wie in äußerlicher Hinsicht auf Sauberkeit und Ordnung, wenn ihre Rechtsprechung nie von der geraden Linie der Gerechtigkeit und Unbestechlichkeit abweicht, wenn sie sich bei den nötig werdenden Strafen jeder Überschreitung enthalten, wie werden sie dann das christliche Regiment zu Ehren bringen! Und wenn sie für ihre eigne Person sich als lebendige Glieder ihrer Kirche beweisen und die sich darbietenden Gelegenheiten zur Teilnahme am Gottesdienst benutzen, ja sich auf Expeditionen oder auf abseits gelegenen Stationen nicht scheuen, die wenigen Christen ihrer Umgebung zu einer gemeinsamen Andachtsstunde zu sammeln, wie viel willkommene Helfer können dann der Mission aus ihren Reihen erwachsen! Es gibt glücklicher Weise deutsche Männer in Ostafrika, die diesem Ideal nahe kommen. Wir könnten hier eine ganze Reihe von Offizieren und Beamten nennen, deren gerechtes und menschenfreundliches Auftreten von Weißen und Schwarzen gerühmt wird. Es fehlt glücklicher Weise auch nicht ganz an solchen, welche den herrschenden Mangel an Gottesdiensten für die Europäer schmerzlich empfinden und auf seine Abstellung bedacht sind. Das Tagebuch eines Missionars erzählt von einem Bezirkshauptmann in Kilwa, der sich um eine Missionsstation für seinen Platz bemühte. Es war ihm vor allem darum zu tun, eine Kirche und einen Pastor dort zu haben. Er versprach sich davon eine Hebung der Sittlichkeit. Als ihm keine Aussicht für die Anstellung eines Missionars gemacht werden konnte, regte er an, es möchte von oben her den Vorstehern der Stationen befohlen werden, sonntäglich einen Gottesdienst zu halten, wie es z. B. auf den Kriegsschiffen geschieht. Er sprach die Hoffnung aus, wenn es auch zunächst manchem ein Zwang wäre, so würde es doch für jeden heilsam sein, durch Gottes Wort an den richtigen Weg erinnert zu werden, und mit der Zeit würden wenigstens die Besseren sich über den guten Einfluss freuen, der dadurch auf alle ausginge. Unseres Wissens ist dieser treffliche Vorschlag leider noch nicht zur Ausführung gekommen, er verdient aber ernstlich berücksichtigt zu werden. Der gegenwärtige Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Generalmajor Liebert, ist ganz der Mann dazu, derartigen Bestrebungen Nachdruck zu verleihen. Wie sehr ihm selbst daran liegt, das religiöse und sittliche Leben in der Kolonie zu heben, ersieht man an seinem unermüdlichen Eintreten für den Bau einer evangelischen Kirche und den Zusammenschluss einer deutschen Kirchgemeinde in Dar-es-Salaam. Die Gemeinde ist da, der Pastor auch und die Kirche nähert sich ihrer Vollendung. Möchten bald andere wichtige Plätze dem Vorgange der Hauptstadt folgen. Die kirchliche Versorgung der Deutschen fällt von Rechtswegen nicht unter die Aufgaben der Missionare, sie ist aber eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein erfolgreiches Wirken derselben unter der eingebornen Bevölkerung.

Wir haben diejenigen unter den Kolonialmännern erwähnt, deren christlicher und kirchlicher Sinn Anerkennung verdient. Leider können wir aber nicht verschweigen, dass es eine Menge anderer Europäer gibt, die nach Kirche und Gottesdienst nicht fragen, und deren Lebenswandel sogar bei den Heiden Anstoß erregt. Die Berliner Missionare in Usambara mussten sich einmal von den Eingebornen, die sie zum Besuch ihrer Predigt aufforderten, die Antwort gefallen lassen, dass ja die Deutschen in Tanga auch nicht zum Gottesdienst kämen. Bei einer andern Gelegenheit sagte ein Heide in der Schambalai dem Missionar Döring: "Ich nehme niemandes Frau, also folge ich Gott nach, aber ihr Wazungu nehmt die Frauen der Leute." Er spielte damit auf die schlechten Gewohnheiten an, die aus einer der benachbarten Militärstationen bekannt wurden. Aus solchen Reden ist  zu ersehen, dass die Afrikaner ihre weißen Herren scharf beobachten und auch ein Unterscheidungsvermögen haben für das, was gut und böse ist. Ach, wenn doch alle Regierungsbeamte, Offiziere, Pflanzer und Kaufleute bedenken wollten, wie viel ihr vorbildlicher Lebenswandel nützen, ihr schlechtes Beispiel aber schaden kann! Man möchte einem jeden das Wort aus der Bergpredigt als Denkspruch mit auf den Weg geben: "Ihr seid das Salz der Erde. Wo nun das Salz dumm wird, womit soll man salzen?"

Wenn wir Alles überblicken, so möchten wir keineswegs die alten Zustände zurückwünschen. In den letzten beiden Jahrzehnten ist vieles besser geworden. Die Tore von Ostafrika sind seit der deutschen Besitzergreifung viel weiter aufgetan. Die großen Fortschritte, welche die Mission seitdem gemacht hat, sind ein Beweis, dass sie jetzt bessere Lebensbedingungen findet, als zuvor. Wohl sind mit dem Einfluten der europäischen Kultur und Afterkultur auch wieder Schädigungen für das fromme Werk verbunden, aber diese werden sich zurückdämmen lassen, wenn die Missionsleute draußen und in der Heimat ein wachsames Auge dafür haben und sich unausgesetzt um die Heilung dieser Schäden bemühen.

In dem Vordringen der deutschen Macht von der Küste des Indischen Ozeans zu den innerafrikanischen Seen ist ein unverkennbarer Fingerzeig Gottes für die deutschen Missionskreise enthalten. In der Geschichte des Reiches Gottes wiederholen sich oft überraschend ähnliche Vorgänge in ganz entfernt liegenden Teilen der Erde. Vor tausend Jahren sind weite Gebiete unseres deutschen Vaterlandes auf ganz ähnliche Weise in den Schallbereich der christlichen Predigt gekommen, wie jetzt die Negerstämme Ostafrikas. Als die fränkischen und sächsischen Kaiser ihre Marken nach Osten vorschoben, zog mit den Rittern der Priester. Die erste Kirche im heutigen Sachsen hat in der Burg zu Meißen gestanden. Wenn wir die Schilderungen des Lebens in den ostafrikanischen Militärstationen lesen, wacht oft unwillkürlich die Erinnerung an die alten deutschen Ritterburgen unter den heidnischen Wenden auf. Wie viel von der Christianisierung unserer Heimat den deutschen Kaisern zu verdanken ist, weiß jedermann. Sollten, wir von dem Vorgehen der deutschen Macht im dunkeln Erdteil nicht eine ähnliche Förderung erwarten dürfen? Die evangelische Mission will freilich von ungeistlichen Hilfsmitteln bei ihrer Tätigkeit nichts wissen; sie verschmäht es, zur Erreichung ihrer Zwecke den weltlichen Arm anzurufen. Darin unterscheidet sie sich wesentlich von der römischen Propaganda. Aber in die Tore einzutreten, die der starke deutsche Arm geöffnet hat, das kann auch die evangelische Mission tun. Ja, sie muss es tun, und zwar eilends und mit voller Kraft, um die gute, ihr gebotene Gelegenheit nicht zu versäumen. Die Kolonialmänner mögen Ostafrika dem Deutschen Reiche angliedern, die Missionare werden es zugleich zu einer Provinz des Reiches machen, das nicht von dieser Welt ist. Jene mögen deutschen Fleiß, deutsche Ordnung und deutsche Zucht hinübertragen, diese sollen unbekümmert um weltliche Geschäfte den guten Samen des Evangeliums ausstreuen, ihre Ernte aber wird dem Herrn aller Herren zufallen, dessen Acker die Welt ist.

Inhaltsverzeichnis


Livingstone und die Universitäten-Mission

1. Der Missionsherold in Innerafrika

Gehe hin, denn ich will dich ferne unter die Heiden senden!
Apgesch. 22, 21.

Am Ufer des Tanganjika-Sees steht auf einer Anhöhe bei Mpala eine alte Palme, die von den Eingebornen besonders in Ehren gehalten wird. Man schont sie, weil vor langen Jahren der Mann unter ihr zu rasten pflegte, der den Schlüssel zum Herzen des dunkeln Erdteils gefunden hat, David Livingstone. Dieses pietätvolle Gedenken wirft ein gutes Licht auf das Verhältnis des großen Missionars und Afrikaforschers zu den Bewohnern des Landes. Als Gegenstück dazu erzählte Missionar Swann, ein Pionier der Londoner Mission in Innerafrika ein Gespräch, das er auf seinen Reisen im Seengebiet gehabt hat. Er suchte zehn Jahre nach Livingstones Tode die Spuren seines Landsmannes und fragte bei dieser Gelegenheit einmal einen grauhaarigen Afrikaner, der als Sklavenjäger jährlich den Tod von Hunderten der armen Schwarzen auf sein Gewissen genommen hatte, ob er David Livingstone gekannt hätte und sich seiner erinnerte. Der verneinte es. Als der Missionar aber weiter forschte: "Kannten Sie nicht den Mann mit der Mütze, der einen Arzneikasten mit sich führte und nach Flüssen und Bergen suchte?" "Ach, Sie meinen Vater David," lautete jetzt die freudige Antwort. Ein Mann, der so im Gedächtnis der Afrikaner fortlebt, muss ohne Zweifel ein Freund der Schwarzen und ein Wohltäter Afrikas gewesen sein.

Bild aus Wikimedia Commens
David Livingstone, by Frederick Havill

Er war aber noch mehr. In den katholischen Missionsblättern wird in der Regel der erste beste Missionspriester mit dem Apostelnamen bedacht; nach ihrem Sprachgebrauch laufen die apostolischen Männer zu Hunderten in Afrika herum. Die evangelischen Missionskreise sind sparsamer mit der Verleihung dieses Ehrentitels. Wenn wir aber irgend einem einzelnen Manne das Beiwort: "Apostel Afrikas" geben sollten, so könnte nur der große Schotte so heißen, dessen Name wie unter den Missionaren, so unter den Afrikaforschern stets mit an erster Stelle stehen wird und der mit all seinem Tun, auch wenn es sich lediglich auf äußerliche Dinge bezog, nur die Ehre Gottes suchte. Weil er in Süd- und Ost- und Zentralafrika als Bahnbrecher vorangegangen ist, müssten wir seiner hier Erwähnung tun, selbst wenn er den Boden des heutigen Deutsch-Ostafrika nie betreten hätte. Nun aber hat ihn seine dritte Reise zur Erforschung des dunkeln Erdteils tatsächlich durchs deutsche Gebiet geführt; er hat sich in seinen letzten Lebensjahren Monate lang an der Ostseite des Tanganjika-Sees aufgehalten. Wir haben daher allen Grund, ihn als einen der Pfadfinder für die Mission in Deutsch - Ostafrika zu bezeichnen.

Inhaltsverzeichnis


Werdegang

David Livingstone ist am 19. März 1813 in Blantyre, einem Fabrikorte im Westen Schottlands geboren. Da seine Eltern in ziemlich bescheidenen Verhältnissen lebten, ward er schon als Knabe in eine Spinnerei geschickt, um als Hilfsarbeiter etwas zu verdienen. Er lernte also zeitig den Ernst des Lebens kennen. Als ihm sein erster Arbeitslohn ausgezahlt wurde, kaufte er sich dafür eine lateinische Grammatik. Fortan verwandte er jede freie Stunde zur Ausbildung seines Geistes und zur Befriedigung seines großen Wissensdurstes. Wie sehr er darauf bedacht war, die Zeit auszukaufen, ersieht man daraus, dass er in der Fabrik immer ein Buch bei sich hatte. Er legte es geöffnet neben die Spinnmaschine, um keine Minute unbenutzt zu lassen. Auf diese Weise ward er ein sehr belesener junger Mann, ohne sich jedoch damit dem praktischen Leben zu entfremden. Im Gegenteil. Er eignete sich auch eine ziemliche Fertigkeit in mehreren Handwerken an, was ihm später sehr nützlich war, da ein Missionar, wie er selbst sagte, womöglich ein Jack of aII trades, d. h. in allen praktischen Dingen bewandert sein möchte, zumal wenn er als Pfadfinder nach Afrika geht.

Für die Heidenmission entschied sich der junge Livingstone zunächst noch nicht. Aber sein Leben empfing von Haus aus eine ernste Richtung. In seiner Familie ward eine ungeschminkte Frömmigkeit gepflegt. Auch sein gesellschaftlicher Verkehr führte ihn mit gottesfürchtigen Menschen zusammen. Er schloss sich besonders an einige Männer an, die neben ihrer Berufsarbeit als Stundenhalter in der Gemeinde tätig waren. Einer von ihnen fragte auf dem Sterbebette zu seinem jungen Freunde: "Jüngling, mache die Religion zum täglichen Geschäft deines Lebens und lass sie nicht von Stimmung und Laune abhängig sein, sonst werden Versuchung und andere Dinge Herr über dich werden!" Wir werden später sehen, wie Livingstone unter den schwierigsten Verhältnissen in Afrika diesen Grundsatz festgehalten hat.

Der Gedanke, als Missionar unter die Heiden zu gehen, trat dem jungen Manne nahe, als ein Aufruf des bekannten Chinesenmissionars Gützlaff veröffentlicht wurde, der um Glaubensboten für China warb. Livingstone gedachte ihm Folge zu leisten. Weil dort ärztliche Kenntnisse erwünscht waren, studierte er noch Medizin. Auch hierbei bewies er eine staunenswerte Zähigkeit im Überwinden von Schwierigkeiten. Den Sommer hindurch arbeitete er in der Spinnerei, im Winterhalbjahr studierte er mit Hilfe des ersparten Geldes, Dabei ergriff er begierig jede Gelegenheit, sein allgemeines Wissen zu vermehren oder sich in irgendeiner Fertigkeit auszubilden. So ausgerüstet bot er im Alter von 25 Jahren der Londoner Mission seine Dienste an. Er ward, wie es bei dieser Gesellschaft Sitte war, versuchsweise angenommen und zu einem Landpfarrer geschickt, um eine dreimonatliche Probezeit durchzumachen. Hier sollte er sich in der pastoralen Arbeit üben, auch im Predigen. Dabei hatte er das Unglück, eines Tages so gründlich in der Predigt stecken zu bleiben, dass er gleich nach der Textverlesung erklären musste: "Freunde, ich habe alles vergessen, was ich zu sagen hatte". Das war ein arges Missgeschick, konnte ihn aber von dem einmal gefassten Plane nicht abbringen. Die Leiter der Missionsgesellschaft erkannten zwar, dass er keine besondere Predigtgabe hatte, glücklicherweise sahen sie aber über diesen Mangel hinweg. Nach verlängerter Probezeit ward er doch als Missionar ausgesandt, allerdings nicht nach China, wie er erst gewünscht, sondern nach Südafrika. Die misslungene Predigt mag nicht ganz ohne Einfluss auf die Wahl des Arbeitsfeldes gewesen sein. Es war inzwischen aber auch in Livingstones Neigungen eine Änderung eingetreten.

Kurz vor der zur Abordnung bestimmten Zeit hielt sich ein hervorragender südafrikanischer Missionar auf Urlaub in der englischen Heimat auf, Dr. Moffat. Livingstone hörte seine Vorträge und war bald ganz begeistert für ihn und das Land, in dem er als Pfadfinder wirkte. Als er ihn fragte, ob er ihm nach Afrika zu gehen riete, erhielt er die Antwort: "Ja, aber nicht auf eine alte Station, sondern in eines der noch unbesuchten Gebiete." Dabei wies er auf das nördlich vom Orangefluss gelegene Betschuanenland hin, wo er zuweilen in der Morgensonne den Rauch von tausenden von Dörfern erblickt habe, in denen noch nie ein Missionar gewesen sei. Das zündete. Livingstone gelobte bei der Aussendung am 20. Novon 1840 sein Leben in den Dienst der afrikanischen Mission zu stellen.

Als er nach Südafrika kam, fand er, dass die Pfadfinder der Mission gerade über den Orangefluss nach Norden vorgedrungen waren und die ersten Stützpunkte für weitere christliche Niederlassungen unter den Betschuanen geschaffen hatten. Auf der von Dr. Moffat gegründeten Station Kuruman ward ihm sein erstes Arbeitsfeld angewiesen. Er machte sich hier unter der Anleitung seines väterlichen Freundes mit den afrikanischen Verhältnissen vertraut. Das zwischen beiden geknüpfte Band ist auch in der Folgezeit, als er immer weiter in den unbekannten Norden vorwärts drang, fest geblieben. Livingstone heiratete nach einiger Zeit die in Afrika geborene Tochter Moffats. Dies geschah von Mabotsa aus, einer im Jahre 1843 von ihm angelegten Station. Hier und in dem 1848 gegründeten Kolobeng hat sich Livingstone fast zehn Jahre lang in aller Stille der Pflanzung kleiner Christengemeinden gewidmet, wobei er durch sein leutseliges Wesen und seine praktische Art die Herzen der Häuptlinge und ihrer Untertanen im Fluge gewann. Wir können jedoch nicht näher auf diese wichtige Periode seines Lebens eingehen, weil sein damaliges Arbeitsfeld völlig außerhalb der uns hier gezogenen Grenzen liegt.

Nach Ablauf der ersten Jahrzehnte begann sein Forscher- und Wanderleben, für das er ebensoviel Neigung wie Begabung besaß. Nicht als ob ihn Abenteuerlust getrieben hätte. Er hatte vielmehr bei seiner bisherigen Tätigkeit die Überzeugung gewonnen, dass gerade jetzt die Zeit gekommen sei, in das Herz des dunkeln Erdteils vorzudringen und der Mission dort Pfadfinderdienste zu leisten. Nur im Lande der Makololo verweilte er noch einmal etwas länger, dann begannen jene Forschungsreisen, die seinen Namen so berühmt gemacht und zugleich ganz neue Wege für die afrikanische Mission geöffnet haben.

Inhaltsverzeichnis


Reisen

Er hat drei große Reisen unternommen. Die erste nahm im November 1853 bei den Makololo ihren Anfang und endete im März 1856 an der Mündung des Sambesistroms. Er durchquerte bei dieser Gelegenheit die Südspitze Afrikas von Luanda im Westen bis nach Quilimane im Osten. Der wichtigste Ertrag dieser Reise war die Entdeckung des schiffbaren Sambesi, dessen Unterlauf in den folgenden Jahrzehnten zu einem Missionsweg ersten Ranges geworden ist.

Der zweite Zug, vor dessen Beginn er 1½ Jahre in England war, dauerte von 1858 - 64. Von jetzt ab stand Livingstone nicht mehr im unmittelbaren Missionsdienst. Er hatte das Verhältnis mit der Londoner Mission, deren Mittel zur Ausführung seiner großen Reisepläne nicht ausreichten, in freundschaftlicher Weise gelöst und ging nun als Beauftragter der geographischen Gesellschaft von London und als englischer Konsul. Dass ihn dieser mehr politische und wissenschaftliche Auftrag nicht hindern konnte, immer noch die Missionsgedanken auf seinen Wegen zu verfolgen, werden wir später sehen. Die Reise erstreckte sich wieder auf den Sambesifluss. Er machte aber von hier diesmal einen Vorstoß nach Norden, wobei er den Nyassa-See entdeckte und dessen Abfluss durch das Schiretal nach dem Sambesi näher untersuchte. Hier war es ihm vergönnt, die wichtige Verkehrsstraße (Sambesi-Schire-Nyassa) aufzuschließen, die heutigen Tages in ihrer ganzen Ausdehnung mit Handels- und Missionsstationen besetzt ist. Auf dieser Reise erfuhr er, abgesehen von vielen anderen Widerwärtigkeiten und Gefahren, den Schmerz, sein liebes Weib in Afrikas Erde begraben zu müssen. Sie war beim Beginn seiner Wanderung zu ihren Eltern nach Kuruman und später mit diesen nach Schottland gegangen, aber die Sehnsucht nach ihrem Gatten hatte sie bald nach Afrika zurückgetrieben. Nicht lange nach ihrem Zusammentreffen starb sie und musste in der Wildnis begraben werden.

Hatte er auf der zweiten Reise den Nyassa-See erreicht und damit die erste Berührung mit dem jetzigen deutschen Gebiet gewonnen, so führte ihn der dritte Wanderzug tiefer in dasselbe hinein. Er begann im Jahre 1866. Als Ausgangspunkt ward diesmal Sansibar gewählt, wo um diese Zeit die Fäden der auf Innerafrika gerichteten Bestrebungen zusammenliefen. Livingstone hatte bereits das 50. Lebensjahr überschritten und doch ging er noch einmal mit jugendlichem Eifer ans Werk. Es war ihm um die Erforschung der Gegenden am Tanganjika-See zu tun. In den gelehrten Kreisen Europas war man damals gerade mit der Frage nach den Nilquellen beschäftigt. Er stellte sich die Aufgabe, das Rätsel zu lösen. Dass für ihn aber größere Gedanken hinter der geographischen Forschung lagen, hat er in seinen Reisebriefen und Tagebüchern wiederholt ausgesprochen. So schreibt er das eine Mal: "Wenn meine Enthüllungen zur Unterdrückung des Sklavenhandels an der Ostküste führten, würde ich dies für eine weit größere Leistung halten, als die Entdeckung aller Quellen zusammen." Und an einer andern Stelle: "Die Nilquellen sind mir nur schätzbar als ein Mittel, das mich in den Stand setzt, meinen Mund mit Recht unter den Menschen aufzutun."

Er ging zu Schiff an die Mündung des Rowuma, marschierte sodann auf dem linken Ufer des Flusses, also durchs jetzige deutsche Gebiet und gelangte so auf dem Landwege zum Nyassa-See. Wegen der Kriegsunruhen, die das Land im Norden des Sees unsicher machten, umging er ihn auf der Südseite und wandte sich nun dem Tanganjika-See zu, dessen Ufer er teils zu Lande teils vom Schiff aus untersuchte. In diesem Wasserbecken vermutete man damals den Ursprung des Nil, weil man die Wasserverhältnisse des dritten großen Sees, des Victoria-Nyanza noch nicht genügend kannte. Jahre lang hat er sich in der ungesunden, wasserreichen Gegend zwischen dem Tanganjika-, Moeru- und Bangweolo-See aufgehalten und durch seine brieflichen Nachrichten die geographischen Kreise Europas in Spannung erhalten. Er ward jetzt, freilich ohne es selbst klar zu erkennen, der Entdecker des Kongo-Quellgebiets. Aber von noch viel größerer Tragweite für das arme Afrika waren die Beobachtungen, die er während dieser Zeit über die Sklavenjagden und den Sklavenhandel machte. Diese größte Wunde Afrikas, die Jahre lang immer vor seinen Augen lag, hat ihm so sehr das Herz bewegt, dass alle andern Gedanken dahinter zurücktraten. Er schrieb bei jeder Gelegenheit davon. Es waren aber auch furchtbare Bilder, die hier unaufhörlich an ihm vorüberzogen.

Inhaltsverzeichnis


Sklaverei

Eines Tages begegnete er einer Sklavenkarawane. Da hörte er die gefesselten Männer singen, als ob sie das Gewicht und die Schmach der Sklavengabeln nicht fühlten. Er fragte sie nach der Ursache ihrer Freude und erhielt die Antwort, sie freuten sich darauf, nach dem Tode zurückzukommen und dann durch Geistermacht die zu verfolgen und zu töten, von denen sie verkauft worden waren. Es war ein schauerlicher Chor, als sie nun singend die Namen derer aufzählten, durch deren Schuld sie in die Sklaverei gekommen waren.

Bild aus Wikimedia Commens

Woher die vielen Sklavenzüge kamen, die in der Richtung nach dem Indischen Ozean an ihm vorbeizogen, sollte er bald sehen. Es war zu der Zeit, als er im Quellgebiet des Kongo weilte. Da sah er an einem herrlichen Sommermorgen in einem Dorfe am Flussufer gegen 1.500 Eingeborne, hauptsächlich Frauen, friedlich auf dem Markte versammelt. Plötzlich wurde ein mörderisches Gewehrfeuer auf die armen Leute eröffnet. Es kam von den arabischen Händlern, die zu gleicher Zeit mit dem Reisenden eingetroffen waren. Der unerwartete Überfall rief eine unbeschreibliche Verwirrung hervor. Die unbewaffnete Menge stürzte vom Marktplatze hinweg, warf ihre Waren fort und lief in furchtbarer Angst davon. Die meisten wandten sich dem Ufer des Flusses zu, wo ihre Fahrzeuge lagen. Hier aber empfing sie wieder eine Abteilung der Sklavenjäger und gab neue Gewehrsalven ab. Mehr als 50 Boote waren in einer Bucht dicht zusammengedrängt, so dass sie schwer loszumachen waren; die Männer vergaßen obendrein vor Schrecken ihre Ruder. Es entstand ein wirrer Menschenknäuel, in den die entmenschten Peiniger fortwährend hineinschossen. Dadurch wurden die Unglücklichen bewogen, ins Wasser zu springen und ihre Rettung durch Schwimmen über den breiten Strom zu versuchen. Das gelang aber nur wenigen. Die meisten sah man nach und nach lautlos in der Tiefe versinken. Es war ein Massenmord. Selbst die Araber schätzten den Verlust an Menschenleben auf 350 - 400 Seelen. Nach dem fürchterlichen Trauerspiel im Wasser fuhren die Händler fort, auf das Volk zu schießen und ihre Dörfer in Brand zu stecken. Dann stürzten sie sich auf die Flüchtlinge und schleppten sie weg. Die Erinnerung an diese entsetzliche Szene war unauslöschlich in Livingstones Seele eingegraben. Er sagte, sie hätte auf ihn den Eindruck gemacht, als sei er in der Hölle. Wie furchtbar muss es für den Mann mit dem liebe-warmen Herzen gewesen sein, diese Qualen seiner Mitmenschen mit anzusehen und doch keine Möglichkeit zu haben, ihnen zu helfen. Der geringste Versuch, den Sklavenjägern mit Gewalt entgegenzutreten, hätte ihm selbst das Leben gekostet.

An einer andern Stelle lesen wir die Beschreibung der Vorgänge auf den Transportzügen, wenn die Gefangenen durch das jetzige deutsche Gebiet zur Küste geschafft wurden. Es war, als er im Jahre 1868 zum ersten Male nach Udschidschi zog. Da reiste er mit einem Händler namens Mohamad. Dieser hatte eine Anzahl seiner Spießgesellen bei sich, dazu einen Haufen von Unyamwezi, die sich ihm angehängt hatten und eine lange Reihe von elenden Sklaven, die mit schweren Sklavenstöcken zusammengejocht waren. Einige von ihnen mussten Elfenbeinzähne schleppen, andere Kupfer oder Nahrungsmittel für die Reise; auf den verschiedenen Gesichtern aber konnte man Hoffnung und Furcht, Elend und Schurkerei lesen. In langem Zuge verließen sie das Land, einer Schlange gleich, welche ihre fluchwürdigen Ringe von dem Opfer zurückzieht, das sie überfallen. Was für jammervolle Einzelbilder in einer solchen Karawane zu sehen waren, ehe sie die ferne Küste erreichte, dafür soll hier nur ein Beispiel stehen. Da werden Mütter mitgeschleppt, die ihren Säugling und zugleich einen Elefantenzahn oder eine andere Last tragen. Sie müssen ausruhen, weil sie nicht mehr vorwärts können. Die doppelte Bürde ist ihnen zu schwer. Da kommt ihr Peiniger herbei und sagt: "Du bist zu schwer belastet, aber bei mir geht das Elfenbein vor und dann kommen die Kinder." Damit reißt er das Kind vom Rücken der Mutter und schleudert es in die Brombeersträucher am Wege, die Unglückliche aber, deren Herz zusammenkrampft, zwingt er, die Last weiter zu schleppen.

Unter solchen Eindrücken wurden jene ergreifenden Briefe Livingstones geschrieben, in denen er die christlichen Völker zur Unterdrückung der Sklavengräuel aufrief. Es hat Jahre lang gedauert, bis auf den Notschrei aus dem Herzen Afrikas ein tatsächliches Vorgehen der europäischen Mächte folgte. Aber umsonst war er nicht. Zuerst griff England ein. Nachdem die Angelegenheit im Parlament zur Sprache gekommen war, ließ die Regierung durch einen Spezialgesandten, Sir Bartle Frere, später auch durch ihren Konsul Dr. Kirks in Sansibar einen diplomatischen Druck auf den Sultan ausüben. Dieser unterzeichnete im Jahre 1873 auch wirklich einen Vertrag, nach welchem die Verschiffung von Sklaven aus dem unter seiner Botmäßigkeit stehenden Küstengebiet verboten wurde. Das war aber nur ein Glied in der Kette der nachfolgenden Unternehmungen zur Beseitigung des Sklavenhandels. Wir haben schon in einem frühern Kapitel gesehen, dass noch beim Beginn unserer Kolonialperiode zahlreiche Sklaventransporte die Küste erreichten und verschifft wurden. Erst als die deutsche Regierung der englischen die Hand reichte, und beide im Einverständnis mit den andern beteiligten Nationen eine strenge Blockade durchführten, gelang es, dem grausamen Handel den Todesstoß zu versetzen. Den Anstoß zu diesem verdienstvollen Werke der christlichen Völker aber hat Livingstone gegeben. Das soll ihm unvergessen sein.

Eine Zeit lang war der edle Mann übrigens für seine Freunde in der Heimat verschollen. In Sansibar wurde schon das Gerücht von seinem Tode ausgesprengt. Gewissenlose Schwarze, die ihm Ersatz der aufgezehrten Reisevorräte bringen, sollten, aber unverrichteter Dinge umgekehrt waren, suchten damit ihre Pflichtvergessenheit zuzudecken. Tatsächlich litt der von aller Verbindung mit der zivilisierten Welt abgeschnittene Reisende auf seinem fernen Vorposten den empfindlichsten Mangel. Zu den Entbehrungen, die ihm kaum je ein Wort der Klage auspressten, kamen heftige Fieberanfälle und andre Krankheiten. In solcher Verfassung konnte er nicht daran denken, seine Forschungsreisen an der Westseite des Tanganjika-Sees fortzusetzen. Er schleppte sich im Jahre 1871 wieder nach Udschidschi, dem wichtigsten Mittelpunkte des Verkehrs am Ostufer des Sees. Hier mussten nach seiner Rechnung reiche Vorräte für ihn liegen. Sie waren auch angekommen, aber von dem erbärmlichen Schereef, an den sie gesandt waren, verkauft worden. Er hatte sich im Koran Aufschluss geholt, wie er sagte, und gefunden, dass Livingstone tot sei und der Güter nicht mehr bedürfe. Dem Reisenden ist wiederholt von den Arabern so mitgespielt worden. Unzählige Briefe von ihm und für ihn gingen verloren, weil die misstrauischen Händler ahnten, dass er Berichte über ihr schändliches Treiben nach Sansibar und Europa schickte. Was der Verlust der für ihn gesandten Vorräte und Postsachen zu bedeuten hatte, kann man erst dann recht verstehen, wenn man bedenkt, wie schwierig und zeitraubend damals der Verkehr mit der Küste war. Es vergingen auch im günstigsten Falle drei bis vier Monate, bevor eine Karawane von Bagamoyo aus das Seengebiet erreichte. Einmal ist es sogar geschehen, dass eine Sendung, die von Sansibar abgegangen war, um dem Forscher Hilfe zu bringen, nach einem Vierteljahr noch in Bagamoyo lag, wo die Beauftragten herumfaulenzten unter dem Vorwande, auf Träger warten zu müssen. So hat Livingstone seine Briefe mehr als einmal erst 12 Monate nach ihrem Abgang erhalten.

Wie wohl mag es unter diesen Umständen dem einsamen Reisenden getan haben, als er die Freudenbotschaft empfing, es sei ein weißer Mann mit einer großen Karawane in der Nähe. Es war Stanley, der ausgesandt war, den Verschollenen zu suchen. Am 10. November 1871 begegneten sich die beiden Männer nahe bei Udschidschi. Welche Freude dieses Zusammentreffen in der ganzen zivilisierten Welt hervorrief, ist bekannt. Es war der sehnlichste Wunsch von Livingstones Freunden, der verdienstvolle Forscher möchte mit Stanley heimkehren, für seinen Lieblingsgedanken, die Unterdrückung des Sklavenhandels in England wirken und die Früchte seiner aufopferungsvollen Arbeit genießen. Doch davon wollte der unermüdliche Mann nichts wissen. Er war durch das Zusammensein mit Stanley so erquickt und durch den ihm zur Verfügung gestellten Reisebedarf so ermutigt, dass er erst noch einmal in das nicht genügend erforschte Quellgebiet des Kongo zurückkehren wollte. So ließ er den Freund an die Ostküste zurückkehren, er selbst begab sich wieder in den geheimnisvollen Westen. Er hat noch über ein Jahr im Herzen des dunkeln Erdteils zugebracht. Dann aber gingen seine Kräfte sichtlich zu Ende. Er ward so schwach, dass er sich von seinen treuergebenen schwarzen Begleitern tragen lassen musste. An einem Maimorgen des Jahres 1873 fanden sie ihn tot in der leichtgebauten Hütte, in der er die Nacht zubrachte. Er lag auf seinen Knien und hatte die Hände gefaltet. Betend war er entschlafen.

Inhaltsverzeichnis


Charakterzüge

Um sein Lebensbild zu vervollständigen, mögen hier noch einige Charakterzüge des großen Mannes erwähnt sein.

Er war, wie wir gesehen, in der letzten Zeit nicht mehr ein Missionar im gewöhnlichen Sinne des Wortes, aber er hat doch nie aufgehört, sein ganzes Tun in den Dienst des Reiches Gottes zu stellen. So schrieb er z. B. beim Antritt der dritten Reise: "Der Schweiß der Stirn ist kein Fluch mehr, wenn man für Gott arbeitet. Er ist wirklich ein Segen." Und wie schön sind die Vorsätze und Gebete, die dieser Afrikaforscher an wichtigen Tagen, wie Neujahr oder Geburtstag, in sein Tagebuch schrieb. So am Neujahrstag 1867, als er am Tanganjika-See weilte:

"Ich will versuchen, im neuen Jahre Besseres zu tun und besser zu sein, sanfter und liebevoller. Möge der Allmächtige, dem ich meine Wege befehle, meine Wünsche in Erfüllung gehen lassen und mich segnen. - Lass alle Sünden von 1866 ausgewischt sein um Jesu willen! - Möge er, der voller Gnade und Wahrheit war, sein Bild meinem Geiste einprägen: Liebe, Eifer, Gutes zu erzeigen; Wahrheit, Wahrheitsliebe, Aufrichtigkeit, Ehre um seiner Barmherzigkeit willen!"

Es sind seit Livingstones Tagen viele tüchtige Männer durch jene nun erschlossenen Gegenden Innerafrikas gezogen, Forschungsreisende, Offiziere und Händler. Man lese einmal ihre Berichte, wenn es sich der Mühe verlohnt, ihnen nachzuspüren. Da wird man finden, wie einzigartig das Tagebuch dieses Pfadfinders ist. Er überragt auch die Besten um eines Hauptes Länge.

Sein Verkehr mit den Menschen war von herzgewinnender Milde und Freundlichkeit, ohne dass er es dabei an Gerechtigkeit und Entschiedenheit fehlen ließ. Hatte er es nicht so meisterhaft verstanden, mit den Negern und selbst mit den Arabern umzugehen, er hatte nicht die Hälfte seiner Reisewege in Afrika zurücklegen können und wäre sicher keines natürlichen Todes gestorben. Von seinen schwarzen Begleitern und Trägern ward ihm vielleicht ebensoviel Verdruss bereitet, wie jedem andern Afrikareisenden, und doch hat er nie zu den harten oder gar grausamen Mitteln gegriffen, mit denen sich andre zu helfen suchten. Das Zaubermittel, mit dem er die Widerstrebenden überwältigte, war die Liebe. Er besaß eine unvergleichliche Geduld. Wenn die Schwarzen ihn betrogen oder verließen, hatte er in der Regel doch noch ein Wort der Entschuldigung für sie. Er sagte dann: "Das Bewusstsein meiner eigenen Mängel macht mich gelinde. Ich habe auch meine Schwächen." Am schwersten war es für ihn, den mohammedanischen Händlern gegenüber den rechten Ton zu treffen. Er durchschaute sie und ihren nichtswürdigen Handel vollständig. Sein abschließendes Urteil über sie lautet: "Heidnische Afrikaner stehen weit über den Mohammedanern, welche die nichtsnutzigsten Kerle sind, die man finden kann." Er ist ja schließlich auch derjenige gewesen, der ihrem schändlichen Treiben in Ost- und Zentralafrika ein Ende bereitet hat. Aber so lange er mitten unter ihnen weilte, fern von jeder christlichen Unterstützung, wäre es frevelnde Vermessenheit gewesen, gegen sie zu poltern oder gar Gewalttätigkeiten zu versuchen. War er doch zeitweilig sogar auf die Hilfe dieser einflussreichen Händler angewiesen. Infolge dessen reizte er sie nicht mutwillig. Aber ebenso wenig verleugnete er ihnen gegenüber seinen christlichen Standpunkt, wie in ähnlicher Lage andere Afrikareisende getan haben. Es kam vor, dass intelligente Araber ihn fragten, ob er an Muhammed glaube. Da antwortete er mit allem Freimut: "Nein, ich glaube nicht an ihn; ich bin ein Kind Jesu bin Miriam". Aber er vermied dabei im Ton seiner Rede alles Beleidigende, ja er hob bei einer solchen Gelegenheit wohl auch einmal hervor, dass die mohammedanische Verehrung des einen Gottes eine höhere Stufe darstelle, als das Heidentum mit seinem Götzendienst vor Steinen und Bäumen. Glaubte er Aussicht zu haben, durch gütliches Zureden etwas auszurichten, so folgte er der Stimme seines Gewissens und trat vor die Räuber und Sklavenjäger, um ihnen Vorstellungen zu machen. Er wies sie ernstlich darauf hin, dass wir doch alle einen Vater im Himmel hätten; dass es Unrecht sei, irgendwelche seiner Kinder zu verkaufen und dass doch nur Krieg und Entvölkerung aus ihren Raubzügen hervorgingen. Diese verständnisvolle Milde gegen alle, mit denen er in Berührung kam, hat ihm die Liebe und Verehrung eingetragen, von der wir im Eingang dieses Kapitels zwei sprechende Beweise kennen lernten.

Bei dem beständigen Hin- und Herwandern hätte von einer gründlichen Missionstätigkeit in den letzten Jahrzehnten nicht mehr die Rede sein können, auch wenn Livingstone noch im Dienst einer Missionsgesellschaft gestanden hätte. Wir wissen, dass er in dieser Hinsicht keine amtlichen Verpflichtungen mehr hatte. Aber er hat doch auch nie aufgehört, das Banner des Christentums hochzuhalten. Für seine eigene Person ging er täglich an die Quelle des lebendigen Wassers, um die müde Seele zu erquicken. Es wird schwerlich ein zweiter Afrikaforscher gefunden werden, der neben seinem wissenschaftlichen Apparat seine Bibel so gut zu brauchen gewusst hat. Wie fleißig er Tag für Tag darin gelesen, geht daraus hervor, dass er während seines zweijährigen Aufenthalts in der Gegend westlich vom Tanganjika-See die ganze Bibel viermal durchgelesen hat.

Bild aus Wikipedia
Zeitgenössische Illustration des Treffens von Stanley und Livingstone

Mit seinen schwarzen Begleitern hielt er in gesunden wie in kranken Tagen den regelmäßigen Sonntagsgottesdienst und war auch immer darauf bedacht, dass diejenigen Zuhörer, denen das Christentum noch ganz fremd war, etwas davon mit hinwegnehmen möchten. Bis unmittelbar vor seinem Tode hat er in solcher Weise den Tag des Herrn in der afrikanischen Wildnis gefeiert. Wir verdanken der Feder Stanleys ein Stimmungsbild am Udschidschi, welches die eben erwähnten Charakterzüge Livingstones in trefflicher Weise zusammenfasst. Er schreibt:

"Livingstones Religion ist nicht Theorie, sondern fortwährende, ernste und aufrichtige Praxis. Sie ist weder aufdringlich noch laut. In ihm trägt die Religion ihre lieblichsten Züge zur Schau. Sie regelt sein Benehmen nicht nur gegen seine Diener, sondern auch gegen die Eingebornen, die bigotten Muselmänner und alle, die mit ihm in Berührung kommen. Durch seine stets gleiche Güte und sein mildes, freundliches Wesen hat er, nachdem er bei seiner ersten Ankunft in Udschidschi von den Arabern und Mischlingen auf alle mögliche Weise gehemmt und gehasst worden war, alle Herzen gewonnen. Ich nahm wahr, dass man ihm allgemeine Hochachtung zollte. Selbst die Mohammedaner gingen nie an seinem Hause vorbei, ohne einzutreten, um ihn zu grüßen und zu sagen: "Gottes Segen ruhe auf dir!" Jeden Sonntagmorgen sammelt er seine kleine Herde um sich und liest in einem natürlichen, ungezwungenen und aufrichtigen Tone die Gebete und ein Kapitel aus der Bibel; hernach hält er über den ihnen vorgelesenen Abschnitt in der Kisuahelisprache ein kurze Anrede, die mit sichtlicher Teilnahme und Aufmerksamkeit angehört wird."

So ist Livingstone also doch ein Missionar geblieben bis an sein Lebensende. Welch ein Segen war es für jene innersten Teile unseres ostafrikanischen Gebiets, dass ein solcher Vertreter der weißen Rasse dort zuerst umhergereist ist! In vielen anderen Teilen unsrer Kolonien haben die ersten Weißen, die dahin kamen, nicht nur ihren Christennamen verleugnet, sondern sich mit ihrem Lebenswandel auf die niedrige Stufe der Heiden hinabgestellt, ja in einzelnen Fällen sind sie noch tiefer gesunken. Dadurch wurden die eingebornen Völker von vornherein mit Geringschätzung für unsern Glauben erfüllt, was den nachfolgenden Missionaren die Arbeit erschwert hat. In Livingstone dagegen wandelte vor den Heiden und Mohammedanern Innerafrikas ein edler Mann, der bei jeder Gelegenheit erkennen ließ, dass er das Beste, was er besaß, dem Evangelium verdankte. Damit hat er eine Missionssaat ausgestreut, die schon jetzt ihre guten Früchte trägt, deren letzte Wirkungen aber noch lange Zeit zu spüren sein werden.

Der Ort, an dem Livingstone seinen Pilgerlauf beschloss, liegt am Südufer des Bangweolo-Sees beim Dorfe des Häuptlings Tschitambo. Es war kein Europäer bei ihm, darum dürfte man sich nicht wundern, wenn sein Leichnam an Ort und Stelle nach afrikanischer Weise bestattet worden wäre. Das geschah aber nicht. Seine schwarzen Begleiter haben ihrem toten Herrn noch zu einer Ehre verholfen, wie sie keinem weiter zu teil geworden ist, der seinen Tod in Innerafrika gefunden hat. Ihr aufopferndes und pietätvolles Verhalten ist ein schönes Beispiel dafür, dass die schwarze Rasse nicht roh und stumpfsinnig bleiben muss, sondern der edelsten Regungen fähig ist. Man bringe sie nur unter die Hände der rechten Männer und stelle sie unter den Einfluss der christlichen Lehre! An guten Früchten wird es dann nicht fehlen. Bei Livingstones Tode war ein Beispiel dafür zu sehen.

Als die Begleiter sahen, dass ihr guter Herr tot war, fassten sie den Entschluss, seine Leiche und die ganze Hinterlassenschaft nach Sansibar zu schaffen. Unter der Anleitung des Jacob Wainright, des einzigen schwarzen Christen in der Gesellschaft, hielten sie eine christliche Totenfeier. Dann bereiteten sie den Leichnam für die große Reise. Sie nahmen das Herz samt den andern Eingeweiden heraus, den Körper aber dörrten und balsamierten sie, so gut sie konnten. Das Herz sollte in Afrika bleiben. Es ward neben dem Mvula-Baum, unter dem er gestorben, begraben. Mit Kreuz und Inschrift bezeichneten sie den Ort. Nachdem die Leiche sorgfältig umhüllt und eingenäht war, machten sich die Träger, unter denen namentlich Livingstones beide alte Diener, Susi und Chuma zu erwähnen sind, auf den Weg. Sie schlugen die Richtung über Unyanyembe nach Bagamoyo ein, eine Strecke von 1.200 Kilometern in der Luftlinie, das ist so weit, wie von Berlin nach Rom. Trotz unsäglicher Schwierigkeiten erreichten sie ihr Ziel. Die Reise dauerte allerdings neun Monate. Neben den Gefahren der Wildnis, Krankheit und Hunger waren auch die Schwierigkeiten bei abergläubischen Völkerschaften zu überwinden, die den Leichenzug nicht durch ihr Gebiet lassen wollten. Aber die dankbare Liebe besiegte alle Hindernisse. Die treuen Diener lieferten ihre kostbare Last in Bagamoyo an ein englisches Kriegsschiff ab. Von hier ward sie nach London gebracht. Das englische Volk aber ehrte den großen Afrikaner mit der höchsten Auszeichnung, die es einem Toten geben kann. Livingstone erhielt eine Grabstätte in der Ruhmeshalle, die die sterblichen Reste aller großen Engländer birgt, in der Westminsterabtei. Hier bezeichnet ein Stein unmittelbar vor der Kanzel des herrlichen Domes die Stelle, wo die Gebeine des Toten endlich ihre letzte Ruhestätte fanden. Die Grabinschrift lautet:

Von treuen Händen über Land und Meer gebracht ruht hier:
David Livngstone, Missionar, Reisender, Philantrop.
Geboren am 19. März 1813 in Blantyre; Lankashire.
Gestorben am 4. Mai 1873 in Chitambos Dorf, Ilala.

Dreissig Jahre seines Lebens wurden dem unermüdlichen Streben gewidmet, die eingebornen Völker zu evangelisieren, die unentdeckten Geheimnisse zu erforschen und dem verwüstenden Sklavenhandel in Zentralafrika ein Ende zu machen, wo er mit seinen letzten Worten schrieb:

"Alles, was ich in meiner Einsamkeit sagen kann, ist: Möge des Himmels reicher Segen auf jeden - Amerikaner, Engländer, Türken - herabkommen, der die offene Wunde der Welt heilen hilft."

Dieses Denkmal in der Ruhmeshalle der Stadt, in der der Weltverkehr am deutlichsten zu spüren ist, erzählt der Menschheit in Lapidarstyl die wichtigsten Daten seiner Lebensgeschichte und das Ziel seiner letzten Wünsche.

Es gibt aber noch ein andres Denkmal für ihn - in Afrika. Das sind die Missionsstationen, die aus seinen Fussstapfen erblühten oder auf seine Anregung hin entstanden. Livingstonia, Blantyre, Jlala, diese Namen aus der Geschichte des großen Schotten werden wir in der ostafrikanischen Mission wiederfinden. Man hat sie Missionsstationen und -schiffen gegeben, um den großen Pfadfinder zu ehren, und darin finden wir ein noch schöneres Gedächtnis seines Namens, als in dem vielbesuchten Grab der Westminsterabtei.

Inhaltsverzeichnis


2. Die Universitäten-Mission und die Schotten

Wer an mich glaubt, von des Leibe werden Ströme des lebendigen Wassers fließen.
Joh. 7, 38.
 

"Es ist etwas, ein Missionar zu sein. Die Morgensterne lobten mit einander und alle Kinder Gottes jauchzten, als sie zuerst das Feld erschauten, das der erste Missionar bestellen sollte. Der große und schreckliche Gott, vor dem die Engel ihr Antlitz verhüllen, hatte einen einigen Sohn; den hat er als einen Missionsarzt zu den bewohnbaren Teilen der Erde gesandt. Es ist etwas, in den Spuren des großen Lehrers und einzigen Mustermissionars, der je unter den Menschen erschienen, ein armer auch noch so schwacher Nachfolger zu sein. Jetzt, da er das Oberhaupt über alle Dinge, König der Könige und Herr der Herren ist, kann irgendein Auftrag dem gleichen, den der Missionar von ihm empfängt? Dürfen wir es wagen, junge gebildete Männer einzuladen, wenn sie ihre Lebenspläne entwerfen, einen Blick auf das Leben eines Missionars zu heften? Wir wollen das Amt preisen."

Mit diesen Worten hat sich Livingstone einst an die Blüte der englischen Jugend gewandt, um sie für den Missionsdienst zu begeistern. Als er zwischen seiner ersten und zweiten Reise in der Heimat weilte und von allen Seiten um Vorträge angegangen wurde, benutzte er die gute Gelegenheit, in den Universitätsstätten Oxford, Cambridge und Dublin der studierenden Jugend das Missionsgewissen zu schärfen. Er hielt den jungen Männern die beschämende Tatsache vor, dass eine der größten englischen Missionsgesellschaften gezwungen sei, Deutschland um Missionare zu bitten; sie sollten doch diesen Flecken vom Ehrenschild Englands austilgen. Gerade solche Leute, wie er sie hier vor sich sehe, gebildete Männer, die eine gediegene Bildung, Unternehmungsgeist, Eifer und Frömmigkeit besäßen, würden als Missionare gebraucht. Er schloss eine dieser Reden in Cambridge mit den Worten: "Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf Afrika hinlenken. Ich weiß, dass ich in jenem Lande, das jetzt offen ist, in einigen Jahren hinweggenommen werde. Sorgen Sie dafür, dass es sich nicht wieder schließt. Ich gehe nach Afrika zurück, um zu versuchen, eine offene Straße für den Handel und das Christentum anzubahnen; führen Sie das Werk, das ich begonnen, zu Ende! Ich überlasse es Ihnen."

Infolge seiner zündenden Vorträge kam es im Jahre 1857 zur Gründung der Universitäten-Mission (U.M.) Sie sollte nach dem Willen ihrer Gründer nicht ein selbständiges Unternehmen sein, sondern nur eine besondere Gruppe der schon bestehenden hochkirchlichen Ausbreitungsgesellschaft. Die Unterordnung erwies sich aber nach kurzer Zeit als untunlich, sodass die U.M. doch als selbständige Gesellschaft hervortrat. Ihren ursprünglichen Charakter aber hat sie insofern behalten, als sie ihren Nährboden auf den englischen Hochschulen findet und der ausgesprochen hochkirchlichen Richtung der englischen Kirche zugetan ist. Das tritt schon äußerlich in ihrer bischöflichen Verfassung hervor, zeigt sich aber auch vielfach in der Missionspraxis. Sie nähert sich da in mancher Hinsicht der römischen Art. Ihre Missionare, soweit sie geistlichen Standes sind, lassen sich mit Vorliebe "Priester" nennen. Sie tragen auch im gewöhnlichen Leben meist den anschließenden Tatar, der einer Mönchskutte nicht unähnlich ist. Dass sie in der Regel unverheiratet sind, wird man im Hinblick auf die ungesunden Gebiete, in denen sie sich niedergelassen haben, noch begreiflich finden. Wir können es verstehen, dass einer ihrer bewährtesten Arbeiter es geradezu als Grundsatz aussprach, dass das Leben in Ehelosigkeit für die Streiter der Kirche bei ihren Pionierkriegen geeigneter sei, als das Familienleben; aber ohne Zweifel geht es zu weit, wenn die Männer, die sich etwa in Afrika verheiraten, für die Zeit ihrer Ehe vom weiteren Missionsdienst ausgeschlossen sind. Weiß man denn in ihren Reihen gar nichts von dem segensreichen Vorbild einer christlichen Ehe auf den Missionsstationen? Gerade in Afrika braucht das tief gesunkene weibliche Geschlecht einen solchen Anschauungsunterricht. Frauenkräfte hat ja auch die Universitäten-Mission in ihrem Dienst. Aber es sind ledige Schwestern, die am liebsten nur mit ihrem Vornamen genannt werden und sich in Kutte, Kreuz und Rosenkranz von römischen Nonnen kaum unterscheiden. Man sieht aus diesen Andeutungen, wie der ritualistische Zug der englischen Hochkirche in dieser Mission hervortritt. Andrerseits sind unleugbar auch evangelische Züge in ihrem Wesen zu erkennen; vor allem in der Wertschätzung der Bibel, der fleißig geübten Heidenpredigt und der Schultätigkeit. Darin unterscheidet sie sich offenbar zu ihren Gunsten von den Sendboten der römischen Kirche, sodass wir kein Bedenken tragen, sie der evangelischen Mission zuzuzählen.

Inhaltsverzeichnis


Magomero

Kaum war Livingstone nach Afrika zurückgekehrt, als auch schon die erste Aussendung der Universitäten-Mission erfolgte. Man hatte sich entschlossen, die von ihm entdeckte Missionsstrasse den Sambesi aufwärts zu benutzen. Während der mutige Pfadfinder zum zweiten Male dort vordrang und dem Laufe des Schire folgend den Nyassa-See entdeckte, versammelte der zum Leiter des Missionsunternehmens erwählte Bischof Mackenzie mit dem Beginn des Jahres 1861 seine Genossen in Kapstadt und erreichte im Juli dieses Jahres das in Aussicht genommene Gebiet am Schire. Hier stieß Livingstone zu ihnen, um sie mit Rat und Tat zu unterstützen. Es ward aber nur gar zu bald offenbar, dass die Zeit zum Beginn der Missionstätigkeit ungünstig gewählt war. Das Land befand sich gerade im Kriegszustande. Die von portugiesischen Sklavenhändlern unterstützten Adjawa lagen gegen die Mangandja, die rechtmäßigen Besitzer des Landes, zu Felde und verwüsteten alles. Der unerschrockene und aufopferungsvolle Mackenzie legte trotzdem eine Station in Magomero (Schirehochland) an, die sich bald mit vielen befreiten Sklaven bevölkerte. Das eigentliche Missionswerk wollte aber unter den Kriegsunruhen nicht recht gedeihen. Der Bischof beging überdies die Unvorsichtigkeit, sich bei den fortdauernden Kämpfen offenkundig auf die Seite der angegriffenen Mangandja zu stellen, wodurch sich die Lage der Mission noch mehr verschlimmerte. Anderes Missgeschick kam dazu: die Beraubung einer ausgesandten Expedition und eine das ganze Land am Schire heimsuchende Hungersnot. Es zeigte sich jetzt, dass man doch einen zu weit vorgeschobenen Vorposten besetzt hatte. Vielleicht war es überhaupt noch zu früh, in die sich eben erst öffnenden Tore einzutreten. Als vollends gar die Trauerkunde kam, dass der edle Mackenzie am Fieber gestorben war, hatte man in England kaum den Mut, den Missionsversuch fortzusetzen. Die noch übrig gebliebenen Missionare verlegten zunächst ihre Niederlassung von Magomero, das nahe beim Schirwasee liegt, dicht an den Schirefluss. Als aber im Jahre 1863 der zu Mackenzies Nachfolger ernannte Bischof Tozer eintraf, entschied sich dieser für ein wenigstens zeitweiliges Verlassen des Missionsfeldes. Er führte die Übriggebliebenen nach Kapstadt zurück und ging von da nach Sansibar, das von nun an zum Hauptquartier der Universitäten-Mission wurde. Von hier sind nach einiger Zeit neue Missionsunternehmungen auf dem Festlande ausgegangen, auf die wir später zurückkommen werden.

Mehr als ein Jahrzehnt ließ sich kein Missionar auf dem von Livingstone gewiesenen Wege sehen. Erst als der große Schotte heimgegangen war, wachte der Gedanke wieder auf, die Sambesi-Schire-Nyassa-Straße zu besetzen. Diesmal waren es seine engeren Landsleute, die schottischen Missionsfreunde. In der Zeit nach Livingftones Tode hielt der schon erwähnte Sir Bartle Frere wie an vielen Orten, so auch in den Städten Schottlands Vorträge, um das Vermächtnis des Forschers an das englische Volk allen ans Herz zu legen. Sein Ruf fand zuerst in den Kreisen der schottischen Freikirche einen Widerhall, die bereits eine blühende Mission in Südafrika besaß; hier keimte schon länger der Plan, auch in Ostafrika etwas zu tun. Jetzt wurde beschlossen, eine Anstalt ähnlich der südafrikanischen Industrieschule von Lovedale an einem geeigneten Orte Zentralafrikas zu gründen. Als Leiter der ersten Expedition ward ein im Dienst des englischen Marineministeriums stehender erprobter Mann namens Young gewonnen, der Livingstones Gefährte auf seiner zweiten Reise gewesen war. Im Mai 1875 gingen sie von London ab: ein ordinierter Arzt und mehrere andere Gehilfen, Zimmerleute, Schmiede, Maschinisten und Gärtner. Sie nahmen ein zerlegbares Dampfschiff, Jlala genannt, mit, um nicht immer auf die gefährlichen Landwege angewiesen zu sein. Die Reise ging über Erwarten glücklich von statten. Als die wackeren Schotten vom Sambesi in den Schire einfuhren und die Gegenden berührten, in denen die Sendlinge der Universitäten-Mission so viel Feindseligkeiten gefunden hatten, kamen ihnen die Eingebornen aufs freundlichste entgegen und halfen ihnen die Lasten an den Murchisonfällen über Land tragen.

Inhaltsverzeichnis


Livingstonia

Am Morgen des 12. Oktober 1875 fuhr die Jlala zum ersten Male in den blauen Nyassa-See hinaus. Die Missionsleute stimmten als Morgenlied auf dem Schiffe den herrlichen 100. Psalm an: Jauchzet dem Herrn, alle Welt! Dienet dem Herrn mit Freuden, kommt vor sein Angesicht mit Frohlocken. Erkennet, dass der Herr Gott ist!.... Denn der Herr ist freundlich und seine Gnade währet ewig und seine Wahrheit für und für! Jetzt war alle Aussicht vorhanden, die von Livingstone vorgezeichneten Pläne zu verwirklichen. Seine Landsleute befuhren den See und besetzten nach und nach seine westlichen Ufer mit einer Reihe von Missionsstationen. Die erste Niederlassung gründeten sie am Südende des Sees auf der Halbinsel Maclear und nannten sie dem Pfadfinder zu Ehren Livingstonia. Sie lag wunderschön an einem geschützten Hafen, hinter ihr anmutige Berge. Dank den vielen fleißigen Händen war sie auch bald ausgebaut und inmitten einer friedlichen Bevölkerung ganz dazu angetan, ein Mittelpunkt für weitere Missionsbestrebungen zu werden. Aber nun stellte sich heraus, dass ein unsichtbarer Feind in dieser schönen Landschaft lauerte, das Fieber. Ergreifend ist die Schilderung, die der bekannte Naturforscher Drummond, der den Ort später auf einer Reise besuchte, in seinem Buche "Innerafrika" davon gibt.

"Wir lagen in dem kleinen Hafen zu Livingstonia vor Anker. Nie werde ich den Eindruck vergessen, den diese berühmte Missionsstation auf mich machte. Herrliche, bis zum Gipfel bewaldete Granitberge bilden den Hintergrund; auf dem silbernen Ufersand einer kleinen Bucht stand eine Reihe niedlicher weißer Häuschen. Ein durch den Garten sich windender Fußpfad führte hinan; ich betrat das ansehnlichste der Gebäude, die Wohnung des leitenden Missionars. Alles war aufs schönste erhalten; da stand englischer Hausrat, ein Arzneikästchen, Teller und Tassen in den Schränken, Bücher lagen umher. Den Missionar aber fand ich nicht. Ich betrat das nächste Haus, es war die Schule; die Bänke waren da und die Wandtafel, aber keine Kinder und kein Lehrer. Ich ging weiter ins nächste - es war die Schmiede; Ambos und Handwerkszeug fand sich vor, aber kein Schmied. Und so weiter, alles in schönster Ordnung, alles leer. Da erblickte ich einen Eingebornen, er führte mich etwas abseits in den Wald. Hier unter den Mimosen am Fuße eines mächtigen Granitfelsens waren vier oder fünf Grabhügel. Da waren die Missionare! Ich verbrachte eine ernst stimmende Rüstzeit im Schatten der verlassenen Station. Es ist ein wunderlieblicher Ort und unter den Tamarinden am friedlichen Ufer kann man's kaum fassen, dass die Seuche, die im Mittag verderbet, an diesem schönen Fleckchen Erde ihr Wesen habe."

Inhaltsverzeichnis


Bandawe

Unter diesen Umständen musste der Mittelpunkt der Mission von Kap Maclear weg verlegt werden. Das auf dem Westufer etwa in der halben Länge des Sees gelegene Bandawe wurde als Ersatz gewählt und hat sich besser bewährt. Hier findet man jetzt Kirche und Schulen, auch Werkstätten und landwirtschaftliche Anlagen, in denen die eingebornen Christen beschäftigt werden. Längs des ganzen Westufers sind zahlreiche Außenstationen, deren nördlichste Ngerenge bei Karonga nahe an der deutschen Grenze liegt. Ende 1898 wurden in dieser Mission 1.252 Taufbewerber, 13 - 15.000 Kirchenbesucher und 4.021 Schüler gezählt. Diese großen Zahlen sind umso erfreulicher, als der Übertritt den Heiden nicht leicht gemacht wird. Schon beim Eintritt in den Taufunterricht müssen sie die Vielweiberei und alle starken Getränke aufgeben. Die Missionare haben bereits die am westlichen Seeufer gesprochene Sprache zur Schriftsprache erhoben und ein Evangelium übersetzt. Einen sehr empfänglichen Boden fand die Missionspredigt neuerdings auch in dem südwestlich vom See gelegenen Ngoniland. Hier gab es geradezu eine Erweckung; 284 Heiden wurden an einem Tage getauft.

Inhaltsverzeichnis


Blantyre

Außer von der schottischen Freikirche ist die Missionsstraße zum Nyassa-See auch von den Sendboten der schottischen Staatskirche besetzt worden. Sie kamen ein Jahr nach der von Young gefühlten Expedition an, blieben aber etwas weiter zurück und erwählten das Schirehochland zu ihrer Ansiedelung, dort, wo die Flussfahrt durch die Schirefälle unterbrochen wird. Es lag nur ein elendes Dorf an der für den Verkehr so wichtigen Stelle. Nun entstand eine wohlausgestattete Station, der man zum Gedächtnis für Livingstone den Namen seines Geburtsortes Blantyre gab. Nicht weit davon steht eine Zweigniederlassung in Domasi, fast an derselben Stelle, wo die Universitäten-Mission zuerst eingesetzt hatte. Auch Blantyre hat eine kritische Zeit durchzumachen gehabt, an der die Missionare nicht unschuldig waren. Sie hatten sich mehr, als gut war, mit Politik befasst und dadurch zeitweilig ihre ganze Niederlassung gefährdet. Nachdem der Fehlgriff erkannt und wieder gut gemacht war, hat die Mission jedoch einen erfreulichen Aufschwung genommen. Blantyre ist jetzt ein Kulturzentrum ersten Ranges. Hier steht eine vorderhand allerdings noch viel zu große, imposante Steinkirche, der schönste Dom, den Innerafrika zurzeit aufzuweisen hat. Sein besonderer Vorzug ist, dass er fast ausschließlich von den Eingebornen erbaut wurde. Er ist von Schulen, Werkstätten und Gartenanlagen umgeben, die das Lob aller vorüberkommenden Reisenden finden. Auf der Station befindet sich auch eine Druckerpresse, die lediglich von Negern bedient wird und neben den für die beiden schottischen Missionen nötigen Büchern eine Zeitschrift druckt, die vom Sambesi bis zum Nordende des Nyassa-Sees viel gelesen wird.

Im losen Zusammenhang mit den beiden genannten Missionen steht die schon oben erwähnte African Lakes Company, eine nach christlichen Grundsätzen geleitete Handelsgesellschaft. Sie hat auf der langen Wasserstraße Sambesi-Schire-Nyassa vier Dampfer eingestellt, an den Murchisonfällen einen Landtransport eingerichtet und durch Anlage einer ganzen Reihe von Handelsstationen nicht nur den Missionen wertvolle Dienste geleistet, sondern auch einen soliden Handel ins Leben gerufen und dadurch den arabischen Händlern ihr Handwerk gelegt.

Wir mussten dieser schottischen Unternehmungen, die ja alle jenseits der deutschen Grenze liegen, hier Erwähnung tun, weil sie die wichtigste Zugangsstraße zu unserm Gebiet am Nyassa-See besetzt und gesichert haben. Die deutschen Missionsniederlassungen am Nordende des Sees, von denen später die Rede sein wird, bilden geschichtlich und geographisch angesehen, die Fortsetzung dieser Pionier-Missionen. Sie haben von den schottischen Freunden viele gute Ratschläge und andre Hilfe beim Beginn ihrer Arbeit empfangen und stehen auch sonst in mehrfacher Hinsicht auf ihren Schultern.

Inhaltsverzeichnis


Sansibar

Wir verließen oben die Universitäten-Mission, als Bischof Tozer nach dem Misslingen des ersten Missionsversuchs im Schirehochland nach Sansibar ging, um von hier aus Mittel und Wege zu neuen Vorstößen auf dem Festlande zu suchen. Er und seine Amtsnachfolger Steere und Smythies haben tatsächlich die Insel zu einem wichtigen Missionszentrum und zum Ausgangspunkt für verschiedene Unternehmungen in Deutsch-Ostafrika gemacht.

Den geringsten Erfolg erzielten sie mit ihren Bemühungen um die Bekehrung der Mohammedaner auf der Insel. Die Anhänger des falschen Propheten traten ihnen hier doch noch zu sehr als eine geschlossene Macht entgegen, zumal im Anfang. Es hat selbst an Ausbrüchen des Fanatismus von ihrer Seite nicht gefehlt. Als einer der Ihrigen, der sich von der Wahrheit der christlichen Lehre hatte überzeugen lassen, es wagte, mit den Christen in der Kirche niederzuknien, wurde er von den erregten Moslem in den Kerker geworfen, wo er bis zu seinem Tode schmachten musste. Bei solcher Aussicht für die Übertretenden war auf große Erfolge nicht zu rechnen. Tatsächlich sind auch nur wenige Mohammedaner in Sansibar getauft worden. Aber trotzdem legte die Mission eine empfindliche Bresche in die Gedankenwelt des Islam, die nicht nur auf der Insel, sondern an der ganzen ostafrikanischen Küste empfunden wurde. Im Jahre 1873 wurde infolge der Einwirkungen von England her der Sklavenmarkt in der Stadt aufgehoben. Der Platz, auf dem der traurige Handel vor sich gegangen war, kam durch Schenkung in den Besitz der Universitäten-Mission, und diese beschloss, eine schöne Kirche an der Stelle zu bauen. Zu Weihnachten 1873 ward der Grundstein gelegt, nach sechs Jahren war der Bau vollendet. Es ist ein großartig angelegtes Kirchengebäude, die reiche innere Ausstattung ganz den Ansprüchen der englischen Hochkirche entsprechend. Die Grundstücke in der Nachbarschaft der Christuskirche sind auch in den Besitz der Mission übergegangen und später mit etwa 20 Christenhäuschen bebaut worden. Ihre Insassen, die infolge des starken Verkehrs auf Sansibar von den verschiedensten Missionsstationen Ostafrikas gekommen sind, bilden die ständige Gemeinde in der Stadt und eine geschlossene christliche Kolonie inmitten des Islam. Man möchte ihr nur ein stärkeres Wachstum wünschen, damit sich die weiten Hallen des schönen Gotteshauses bald ganz mit andächtigen Scharen füllen.

Während dieser Kirchensprengel aber nur von untergeordneter Bedeutung für die Mission auf dem Festlande ist, sind zwei Erziehungsanstalten auf der Insel in der bestimmten Absicht angelegt worden, Hilfskräfte für die weitere Ausbreitung des Christentums zu erlangen: die Kiungani-Schule für Knaben und Jünglinge, das Mbweni-Institut für Mädchen. In der ersten Zeit wurden ihnen lediglich befreite Sklavenkinder als Zöglinge zugeführt. Jahre lang haben sich die Missionsleute der sauren Arbeit unterzogen, die durch den Sklavendienst vielfach verkommenen Kinder zu erziehen und zu unterrichten. Die meisten derselben sind mit der Zeit getauft und in guten Häusern untergebracht worden. Es taugten aber nur die wenigsten von ihnen zu Gehilfen der Missionare, worauf es bei der Errichtung der Schulen doch in erster Linie abgesehen war. Darum ging man in neuerer Zeit mehr darauf aus, die begabtesten Knaben und Jünglinge von den inzwischen entstandenen Missionsstationen auf dem Festlande für eine Reihe von Jahren in die Kiungani-Schule zu nehmen und ihnen eine tüchtige Bildung zu geben. Wenn sie den ersten Lehrkursus durchgemacht haben, gehen sie wieder in ihre Heimat und werden dort einige Jahre praktisch als Lehrer beschäftigt, dann kommen sie noch einmal in das Institut zurück, um bei weiterer guter Entwickelung sogar auf einige Jahre nach England geschickt zu werden und dort ihre Ausbildung auf einer Universität zu vollenden. Es mag dahin gestellt bleiben, ob man mit letzterem nicht zu weit geht. Tatsächlich sind schon eine Anzahl tüchtiger eingeborner Geistlicher auf diese Weise aus der Anstalt hervorgegangen. Der im Oktober 1897 nach siebzehnjähriger Dienstzeit in Ostafrika verstorbene Leiter der Knabenschule, P. L. Jones-Bateman, hat sich unvergessliche Verdienste um sie erworben.

Bei dem Mbweni-Institut für Mädchen konnte man sich das Ziel natürlich nicht so hoch stecken. Man gedachte auch hier weibliche Lehrkräfte für die Mission heranzubilden. Aber die so erzogenen Mädchen können doch nur als Frauen der eingebornen Lehrer oder sonst als Christenfrauen ausgesandt werden. Naturgemäß ist die Zahl der christlichen Neger, die ein so vorgebildetes Mädchen heiraten können, bis jetzt noch klein. Auch zeigte sich's, dass der Charakter und die Anlagen der Töchter Afrikas nicht immer mit den Anforderungen der christlichen Erziehung gleichen Schritt halten. So blieben die Erfolge dieser Anstalt wesentlich hinter denen der Kiungani-Schule zurück. Man kann aber schon damit zufrieden sein, wenn die jetzt vorhandenen christlichen jungen Männer in Mbweni Frauen finden, die sie nicht wieder auf das tiefe Niveau des Heidentums hinabziehen, sondern imstande sind, einem christlichen Hauswesen rechtschaffen vorzustehen.

Inhaltsverzeichnis


Magila

Als die Anstalten auf Sansibar ins Leben gerufen waren, ging Bischof Tozer daran, ein in der Nähe liegendes Missionsfeld auf dem Festlande zu suchen. Seine Blicke fielen auf das einladende Bergland von Usambara. Im Jahre 1867 machte sich Missionar Alington dorthin auf. Er wurde nach Wuga, der Hauptstadt des Landes gewiesen, wo lange vorher schon einmal ein andrer Missionar, Dr. Krapf vergebens angeklopft hatte. Auf dem Throne des Landes saß damals Kimueri, Der sah den Weißen misstrauisch an und versagte zuerst die Erlaubnis zu einer Ansiedelung. Als Alington aber nach einiger Zeit seinem Ansuchen durch ein Empfehlungsschreiben des Sultans von Sansibar Nachdruck verlieh, wagte der Häuptling nicht, ihn ein zweites Mal abzuweisen. Er genehmigte jetzt die Anlegung einer Station, aber nur an der äußersten Südostgrenze seines Landes, in Magila, wo sich die Waschambaa bereits mit den benachbarten Wabondei mischen. Infolgedessen ist die Mission später mehr eine Bondei-, als eine Usambara-Mission geworden. Auch hier gab es noch einmal allerlei Schwierigkeiten zu überwinden. Der Jumbe, d. i. Häuptling von Magila trat dem Fremdling ebenfalls übelwollend entgegen und gab nur nach langem Zögern die Erlaubnis zum Bauen. Als endlich damit begonnen wurde, brachen Kriegsunruhen im Lande aus, sodass das Werk abermals eine Verzögerung erfuhr.

So kümmerlich ging es bei der Anlegung der ersten evangelischen Missionsstation im heutigen Deutsch-Ostafrika zu. Sie fand im ganzen ersten Jahrzehnt kein rechtes Gedeihen. Als die von außen kommenden Schwierigkeiten überwunden waren, stellten sich solche unter den Missionsarbeitern ein. In den ersten acht Jahren ist Magila unter den Händen von vier verschiedenen Missionaren gewesen. Einige starben schnell hinweg, andere verließen ihr Arbeitsfeld nach kurzem Dortsein. Erst als Missionar Farler die Station übernahm, kam eine gewisse Stetigkeit in die Arbeit. Er hat in der Zeit von 1875 - 1888 den eigentlichen Grund zu der Blüte der Mission im Magila-Distrikt gelegt. An die Stelle der bald verfallenden, leichtgebauten Lehmhäuser mit Glasdächern wurden stattliche Gebäude gesetzt. Die Station ist dadurch eine der ansehnlichsten Europäer-Niederlassungen in diesem Teile Afrikas geworden. Sie ist in Form eines großen Vierecks angelegt. Die eine Seite wird von der schönen Steinkirche gebildet. Ihr gegenüber liegen die Schulgebäude mit den zugehörigen Wohn- und Schlafräumen der Kostschüler. Auf den andern Seiten die Wohnungen der Missionsleute, ferner ein Krankenhaus mit Apotheke und Arztwohnung, dazu ein Vorratshaus, Werkstätten und Wirtschaftsgebäude. In der neuesten Zeit haben besonders die Werkstätten noch eine beträchtliche Erweiterung erfahren. Wie viele Mühe und Kosten auf die Anlage der Station verwandt wurden ist, lässt sich gar nicht mehr nachrechnen. Wenn man aber bedenkt, dass Magila etwa 40 Kilometer landeinwärts von der Küste liegt und dass während der ersten Zeit keine anderen Europäer in dieses Gebiet kamen, und keine der jetzt vorhandenen Verkehrserleichterungm zur Verfügung standen, dass vielmehr die an der Küste wohnenden Mohammedaner den Transportzügen oft Schwierigkeiten bereiteten, wird man dem Erbauer seine Anerkennung nicht versagen. Hatte er nicht die in den Schulen von Sansibar erzogenen fremden Neger und die durch die Missionstätigkeit des ersten Jahrzehnts gewonnenen Waschambaa und Wabondsi zu Gehilfen gehabt, er hätte die Baulichkeiten gar nicht in diesem Umfange ausführen können.

Neben der Bautätigkeit ging die geistliche Arbeit her, teils auf der Station selbst, wo die Gottesdienste in der schönen Kirche so anziehend wie möglich gestaltet wurden, teils in der näheren und weiteren Umgebung. Die Missionare unternahmen ausgedehnte Predigtreisen. Bald wanderten sie durch das hügeliche Bondei bis hinüber an den Panganifluss, bald stiegen sie in die Berge von Handei und die ferneren Teile von Usambara hinauf, überall den guten Samen ausstreuend und zum Besuch der Station einladend. Wenn der Bischof zu Visitationen oder Konfirmationen den Distrikt bereist, verschmäht man auch nicht, durch äußerlichen Prunk auf die dafür empfänglichen Neger zu wirken. Das ist einer der Punkte, wo wieder einmal die Verwandtschaft dieser Mission mit der der Römischen hervortritt.

Mit der Zeit wurden in der Nachbarschaft mehrere feste Punkte gewonnen, die sich als Nebenstationen an Magila angliederten. Misosue am Fuße des abergläubisch verehrten Götterberges, das an der Grenze des Mohammedanereinflusses gelegene Umba, Msalaka und Mkusi bildeten bald einen Kranz, der die Hauptstation umgab. Einige von ihnen, wie Umba und Msalaka sind später wieder aufgegeben worden, dafür entstanden neue, namentlich das tiefer landeinwärts gelegene Korogwe am Pangani. An allen diesen Orten sind im Laufe der Jahre massive Gebäude für Kirchen- und Schulzwecke errichtet worden, nicht so groß, wie in Magila, das seine Auszeichnung als Mittelpunkt der Mission behält, aber für afrikanische Verhältnisse doch recht stattlich.

Die Bevölkerung, unter der die Missionare wirken, ist zahlreicher, als in vielen anderen Gegenden Ostafrikas. Bei Mkusi liegen gegen 100 Dörfer im Umkreis von sechs Kilometern. Die Ortschaften sind zum Teil recht ansehnlich, man zählt 70 - 80 Häuser darin. Daneben gibt es noch einzelne sehr große Dörfer wie Korogwe, das sogar 280 Wohnstätten aufzuweisen hat.

Als Farler im Jahre 1888 wegen schwerer Krankheit ohne Hoffnung auf Wiederkehr sein Arbeitsfeld verließ, trat Missionar Woodward an seinen Platz. Da er vorher schon lange Jahre in Afrika tätig war, brachte er ein seltenes Maß von afrikanischer Erfahrung in die leitende Stelle mit. Das war umso wertvoller, als die meisten Missionare der Universitäten-Mission nicht lange auf dem Missionsfelde auszuhalten pflegen. Viele bekleideten schon vor ihrem Eintritt in den Missionsdienst ein geistliches Amt in der Heimat, kehren aber leider oft schon nach wenigen Jahren dahin zurück. Das ist nicht vorteilhaft für die Arbeit. umso mehr ist ein solcher Mann wie Woodward zu schätzen, der heute noch dem Distrikt vorsteht. Er bekam im Anfang seiner Amtszeit wieder reichlich viel Bauarbeit, weil die Station kurz vorher von einer großen Feuersbrunst verheert war. Bald nachher brach der Buschiriaufstand aus, der die Arbeit für einige Zeit, wenn auch nicht lahmlegte, so doch sehr beunruhigte. Dann aber begann eine Periode ungestörter Entwicklung und Vertiefung für diesen Zweig der Universitäten-Mission, deren gute Früchte man von Jahr zu Jahr immer mehr reifen sieht.

In Magila selbst ist das Christentum zur herrschenden Macht geworden. Das Leben auf der Station und in ihrer nächsten Umgebung bewegt sich ganz in christlichen Formen. Der Tageslauf wird mit dem Glockenruf und dem Angelus begonnen, eine kurze Andacht, bei der ein verhältnismäßig reiches Maß von Liturgie angewandt wird, schließt sich an, dann geht jeder an seine Arbeit, die Missionare und Lehrer, der Arzt und die Pflegerinnen, die Handwerker und Feldarbeiter, Große und Kleine. Da Magila über 200 vollberechtigte Gemeindeglieder zählt, zu denen ein noch größerer Kreis von Anhängern oder solchen, die im Taufunterricht stehen, kommt, geht es in allen Teilen der Niederlassung recht lebhaft zu. Ähnlich mag im frühen Mittelalter das Leben in einem deutschen Kloster gewesen sein. Dass die hier angesiedelte Christenschar in lebhafter Zunahme begriffen ist, beweist die Tatsache, dass am Erscheinungsfest 1897 nicht weniger als 31 Personen auf einmal die Taufe empfingen.

Besondere Aufmerksamkeit wurde im letzten Jahrzehnt der Schultätigkeit zugewandt. Man hat sie auch hier als den sichersten Weg erkannt, das Christentum zu gründlicher Einwurzelung zu bringen. Der Unterricht wird fast ausschließlich von eingebornen Lehrern erteilt; die Kiungani-Schule liefert fort und fort tüchtige Leute für dieses Amt. Andrerseits geben die Schulen des Magila-Distrikts ihre besten Schüler als Zöglinge nach Sansibar ab, besonders die gehobene Knabenschule des Hauptortes. Hier und auf den wichtigsten Nebenstationen gibt es eine Menge Kostschüler, die beständig unter christlichem Einfluss bleiben. Die mit Frauen aus dem Mbweni-Institut verheirateten Lehrer nehmen zum Teil freiwillig eine Anzahl begabter Kinder in ihr Haus und setzen ihren Stolz darein, die in der eigenen Lehrzeit empfangenen Eindrücke weiter fortzupflanzen.

Bei der Beschreibung der Kiungani-Schule wurde erwähnt, dass die tüchtigsten Lehrer später noch weitere Ausbildung empfangen, um den Missionaren als eingeborne Geistliche zur Seite zu treten. Im Magila-Distrikt sind zwei solche Männer tätig:

Petro Limo und Samwil Sehoza. Sie sind ordiniert und nehmen bereits eine den weißen Missionaren ziemlich ebenbürtige Stellung ein. Ein Teil des Distrikts mit Kirche und Schule wird ihnen zu selbständiger Verwaltung überlassen. Beide haben die auf sie gesetzten Hoffnungen bisher nicht getäuscht und genießen ein gutes Ansehen bei Europäern und Schwarzen. Sie sind auch die gegebenen Wortführer ihrer Landsleute bei den von Zeit zu Zeit stattfindenden Konferenzen, zu denen die eingebornen Missionsgehilfen zusammentreten, um sich in gemeinsamen Erbauungsstunden zu stärken und über praktische Fragen des christlichen Lebens zu beraten. In einer der letzten dieser Konferenzen stand die Frage zur Besprechung, ob die Christen sich noch an den heidnischen Gebräuchen Kiwanga und Galo beteiligen dürften. Man war einstimmig in der Verwerfung der« selben, weil sie von heidnischen Gedanken beherrscht würden. Eine strengere Handhabung der Disciplin in den Gemeinden war die Frucht dieser Aussprache.

Nachdem schon viele Hunderte von Eingebornen durch die Missionsschulen gegangen sind, hat man in Magila auch das gedruckte Wort zu Hilfe genommen, um das angefangene gute Werk bei den ehemaligen Schülern fortzusetzen. Es ist seit Jahren hier eine Druckerpresse in Tätigkeit, die neben Schulbüchern und Erbauungsschriften in der Bondeisprache auch eine Zeitung "Habari zu Mwezi" herstellt. Sie wird ganz von christlichen Eingebornen bedient und ist ein wertvolles Mittel, den Gemeinschaftssinn der Christen zu stärken und auch die bekehrten Wabondei zu erreichen, die etwa in andere Gegenden verzogen sind.

Mit dem infolge der deutschen Besiedelung zunehmenden Verkehr wächst auch die Zerstreuung der im Magila - Distrikt Getauften. Damit sie in heidnischer Umgebung nicht wieder in das alte Wesen zurückfallen, ist die Mission darauf bedacht, ihnen nachzugehen. Eine besonders starke Anziehungskraft übt das nahe Tanga aus, seitdem es unter der deutschen Verwaltung eine aufstrebende Hafen- und Bezirksstadt geworden ist. Missionar Woodward drang schon seit Jahren darauf, dort ein Haus zu bauen, in dem die ausgewanderten Glieder seiner Gemeinden einen Sammelpunkt hätten. Der Plan ist in jüngster Zeit zur Reife gekommen, ja es ist sogar vom Bau einer kleinen Kirche in der Stadt die Rede. Gedanken der Diasporapflege sind wohl auch bei der Anlage einer Station in der Nähe von Dar-es-Salaam maßgebend gewesen. In dem dortigen Kichelwe und dem nahen Mtoni ist ein eingeborner Diakon angestellt, um die kleine Zahl der auf dem Missionsgrundstück angesiedelten Christen geistlich zu versorgen und ihre Kinder zu unterrichten.

Ein hochwillkommenes Verkehrsmittel winkte der Mission im Magila-Distrikt beim Bau der Usambara-Eisenbahn. Die abgesteckte Linie Tanga-Korogwe führte dicht an der Hauptstation vorbei. Als der Bau an der Küste begann, ward dem in Aussicht genommenen Endpunkt der Strecke, Korogwe, von Seiten der Mission sogleich besondere Sorgfalt zu teil. Weil ein schnelles Aufblühen des Ortes mit Bestimmtheit zu erwarten war, musste eine energisch betriebene Missionsarbeit für die Gestaltung der neuen Verhältnisse von großem Werte sein. Aber die auf den Schienenweg gesetzten Hoffnungen sind bisher nur zum kleinen Teil in Erfüllung gegangen. Der Bau wurde auf halbem Wege unterbrochen und auch das fertiggestellte Stück, das bis nahe an Magila reicht, hat schon manches unerwartete Missgeschick erfahren. Immerhin ist es für die Missionsleute eine große Erleichterung, dass sie den Weg von Tanga bis in ihren Distrikt gelegentlich im bequemen Eisenbahnwagen zurücklegen können.

Auch in anderer Weise hat die deutsche Verwaltung durch ihre Kulturmittel dazu geholfen, der Mission den Weg zu bereiten. Sie hat gute Straßen angelegt und Brücken über die am Fuße der Usambara-Berge zahlreichen Flüsse gebaut. Das kommt natürlich auch der Mission zu gute; es erleichtert die Wanderungen der Missionare zur Heidenpredigt und den Besuch der Gottesdienste auf den Stationen seitens der ferner wohnenden Heiden. Wenn berichtet wird, dass die Leute von Kwamgumi sich früher beim Übergang über den an Krokodilen reichen Luengerafluss ein Geschäft daraus machten, Zaubermittel ins Wasser zu werfen, welche die gefräßigen Bestien abhalten sollten, die Passanten anzufallen, oder dass man es wenigstens für nötig hielt, jedes Mal Männer aufzustellen, die ins Wasser schlagen mussten, um sie zu verscheuchen, so ersieht man daraus, wie wertvoll die jetzt dort gebaute Brücke ist.

Inhaltsverzeichnis


Masasi

Viel schwieriger, als die Einrichtung der Magila-Mission war der Beginn auf dem andern im deutschen Gebiet liegenden Arbeitsfelde der Universitäten-Mission, am Rowuma im fernen Süden. Als man dort einsetzte, war das Land weder gründlich erforscht, noch waren die politischen Verhältnisse geklärt. Das machte den Eingang schwer und hat viele Schmerzen gekostet. Dafür aber ist die Anfangsgeschichte dieser Mission so reich an ergreifenden Momenten, wie keine andre in Deutsch-Ostafrika. Es ist begreiflich, dass man von Sansibar aus beständig den Nyassa-See im Auge behielt. Dorthin hatte Livingstone in erster Linie gerufen, dahin war der Reiseplan der ersten Expedition unter Bischof Mackenzie gerichtet gewesen. Da es in jener ersten Zeit nicht gelungen war, sich an der Wasserstraße des Sambesi und Schire zu behaupten, kam Tozers Nachfolger Dr. Steere auf den Gedanken, den Landweg zu benutzen. Im Jahre 1875, um dieselbe Zeit, als die Schotten den See erreichten, machte er sich auf die Reise und suchte von der Hafenstadt Lindi aus landeinwärts zu dringen. Er fand das Land dünn bevölkert. Erst nach achttägiger Wanderung stieß er auf eine aus Yao- und Makualeuten gemischte dichtere Bewohnerschaft, die eine von wildzerklüfteten Felsenkuppen überragte Landschaft innehatten. Auch in der Flussniederung des Rowuma fand er eine größere Anzahl von Dörfern, doch waren deren Bewohner sehr aufgeregt und furchtsam, weil sie von räuberischen Stämmen im Innern beunruhigt wurden. So wählte er das Bergland der Yao und Makua zur künftigen Ansiedelung und kehrte nach Sansibar zurück.

Im nächsten Jahre führte er den Plan aus, aber merkwürdigerweise in Verbindung mit einem Nebengedanken, der als ein sehr gewagtes Experiment bezeichnet werden muss. Es war die Zeit, wo die englischen Kriegsschiffe viele Sklaventransporte aufhoben. Die Missionare waren nicht imstande, sie alle auf Sansibar und den Stationen an der gegenüberliegenden Küste unterzubringen. Da gedachte Dr. Steere einen Teil derselben an den Rowuma zu führen und mit ihrer Hilfe die erste Ansiedelung zu gründen, zumal da er gerade ziemlich viele Yao- und Mangandscha unter den Befreiten fand. Die Reise ging wieder über Lindi. Als die Karawane in das Makualand kam, erklärten die Begleiter des Bischofs: "Hier sind wir unter unserm Volke; hier ist kein Krieg zu fürchten; hier ist Speise im Überfluss; hier wollen wir bleiben." Steere willigte ein und da ihm auch die beiden benachbarten Yaohäuptlinge Matschinga und Akumbemba freundlich entgegenkamen, wurde Masasi als erste Station angelegt, etwa 150 Kilometer westlich von Lindi und 50 Kilometer nördlich vom Rowuma.

Die Ankömmlinge gingen alsbald an den Aufbau der Station. Da 55 befreite Sklaven unter ihnen waren, und Bauholz, Bambus und Gras in der Nähe reichlich da war, erhob sich bald ein Missionshaus, eine Kirche und eine Reihe leichtgebauter Häuschen für die Afrikaner, auch wurden Fruchtbäume angepflanzt und Felder bestellt. Der Bischof leitete alles. Als die Station in Ordnung gebracht war, legte er die Aufsicht in die Hände der Missionare Johnson und Beardall und kehrte an seinen Sitz zurück.

Weil sich die Anlage von Masasi so leicht gemacht hatte, ging Dr. Steere sehr bald mit der Gründung einer zweiten Station vor. Im Jahre 1878 schickte er den Missionar Clarke mit 40 Sklaven von Mbweni, um sich in Newala zwischen Masasi und dem Rowumafluss niederzulassen. Auch er kam glücklich an und konnte seinen Pflegebefohlenen ein neues Heim schaffen. Doch wollte diese Niederlassung nicht so gut gedeihen, wie die erste. Viele der mit der zweiten Reisegesellschaft gekommenen Sklaven zogen es aus Bequemlichkeit vor, sich der Gemeinde in Masasi anzuschließen, wo sich im Laufe der nächsten Jahre immer mehr Zuzügler von Sansibar einstellten, sodass die dortige Bewohnerschaft sich im Jahre 1882 auf etwa 250 belief. Die Missionare waren mit ihren Pfleglingen ganz zufrieden. Sie schienen die aufopferungsvolle Liebe der weißen Männer dankbar zu empfinden, besuchten fleißig die Gottesdienste und Unterrichtsstunden und viele ließen sich taufen. Auch die nahe wohnenden Eingebornen des Landes fingen an, sich dem neuen Glauben zu nähern.

Da ward ihr Stillleben plötzlich auf furchtbare Weise gestört. Im September 1882 traf im Missionshaus von Masasi die Kunde ein, die räuberischen Magwangwara wären im Anzuge. Das war eins der übermütigen, gewalttätigen Völker, wie sie im Innern Afrikas wiederholt aufgetaucht sind und eine Zeit lang Furcht und Schrecken unter den schwachen Negerstämmen verbreitet haben. Die Führer dieser Räuberhorden waren aus Südafrika verschlagene Zulus, die sich kraft ihrer militärischen Tüchtigkeit zu Herren großer Gebiete zwischen dem Nyassa-See und dem Indischen Ozean gemacht hatten. Sie folgten dem bösen Gerücht unmittelbar nach. Eines Nachts überfielen sie die im Schlafe liegenden Stationsbewohner. In kürzester Zeit waren mehrere Häuser der Kolonisten in Brand gesteckt und viele derselben gefangen genommen. Die Wohnungen wurden ausgeplündert, selbst die Kirche aller ihre Wertgegenstände beraubt. Vorsichtigerweise vergriffen sich die Räuber nicht an den Weißen und ihrem Besitztum. Die Führer hatten den Befehl ausgehen lassen, die Europäer zu schonen. Selbstverständlich sahen die letzteren der Vergewaltigung ihrer Pfleglinge nicht untätig zu. Als die Feinde abziehen wollten, versuchten sie, die Gefangenen loszukaufen. Bei der Mehrzahl der Erwachsenen, die fast alle Christen waren, gelang ihnen das, wenn auch unter großen Opfern, sechs Kinder aber waren von den schändlichen Menschen schon ermordet worden.

Inhaltsverzeichnis


Newala

Der Überfall war ein empfindlicher Schlag für die junge christliche Kolonie. Das schlimmste war, dass man jeder Zeit auf einen neuen Raubzug gefasst sein musste. Ein Teil der Bewohner von Masasi entschloss sich bei diesen trüben Aussichten zur Rückkehr nach Sansibar und widerstand allen Beschwichtigungsversuchen. Die andern blieben zwar im Lande, baten aber dringend um die Einrichtung einer abgelegenen Zufluchtsstätte, die den feindlichen Angriffen weniger ausgesetzt wäre. Die Missionare entschlossen sich schließlich nach reiflicher Überlegung zur Übersiedelung nach Newala, das beim Überfall verschont geblieben war. Es handelte sich freilich nicht mehr um das alte Newala, das bald nach der Gründung wegen seiner ungünstigen Lage verlegt worden war. Der neue Platz lag etwas näher am Rowumatal auf einem Hügel am Abhang des Makondehochlands. Hierher kam das Hauptquartier der Mission für die nächste Zeit.

Masasi ward übrigens nicht ganz aufgegeben. Auch aus der Yao-Bevölkerung waren schon einige Christen gewonnen, andere standen der Taufe ganz nahe. Diese konnte man doch nicht im Stich lassen. Aber es wäre zwecklos gewesen, ihretwegen die alte Station zu erhalten, denn das Volk war aus Furcht vor den Magwangwara in die unwegsamen Klüfte des Gebirges geflohen. Einer der Missionare folgte ihnen dahin und baute die neue Station Masasi am Fuße des mittelsten der drei Masasiberge an.

Inhaltsverzeichnis


Tschitangali

Durch eine merkwürdige Fügung kam es nach einigen Jahren zur Anlage einer dritten Station Tschitangali. Der Bischof hatte von seiner ersten Reise einige Knaben mit nach Sansibar genommen und in der Kiungani-Schule untergebracht, unter ihnen einen gewissen Matuka, der Christ geworden und in der Taufe den Namen Barnaba erhalten hatte. Dieser kehrte in seine Heimat zurück und gelangte durch Erbschaft zur Würde eines Makondehäuptlings. Sein Dorf Tschitangali lag in der Mitte vieler Yao- und Makondedörfer und empfahl sich dadurch als Ausgangspunkt einer neuen Missionsarbeit. Barnaba Matuka ebnete den Glaubensboten die Wege und sah um die Mitte des Jahres 1886 den eingebornen Geistlichen Cecil Madjaliwa in seinem Orte einziehen. Der war selbst ein Sohn des Landes, aber schon als Knabe in die Sklaverei verkauft, später befreit und gleich dem Häuptling in der Kiungani-Schule erzogen worden. Weil er ein ausgesprochen tüchtiger und dabei doch bescheidener Mensch war, hatte man dort kein Bedenken getragen, ihn alle Stufen bis zur Erlangung der Ordination emporsteigen zu lassen.

Inhaltsverzeichnis


Weiterentwicklung der Missionsstationen

Nach dieser Neuordnung der Dinge verlegte sich das Schwergewicht der Arbeit naturgemäß von der Erziehung der befreiten Sklaven mehr auf die eigentliche Missionstätigkeit unter dem Yao-und Makondevolke. Von einer friedlichen Entwickelung konnte freilich in dem ganzen Jahrzehnt 1880 - 90 noch nicht die Rede sein. Die Angst vor den Magwangwara dämpfte alle Hoffnungen. Wenn die Regenzeit des Jahres vorüber war, konnte man überall die Frage hören: "Wohin ziehen sie dies Jahr?" Die Feinde zeigten sich um die Mitte des Jahrzehnts noch einmal nahe bei Masasi. Das genügte, die Bewohner der beiden Hauptstationen in furchtbare Unruhe zu versetzen. Sie flohen in die wilden Bergtäler, auf unzugängliche Felsen und verschanzten sich mit undurchdringlichen Dornhecken, Tage lang ertrugen sie Hunger und Durst, um sich nur nicht von den gefürchteten Räubern sehen zu lassen. Zwei Jahre später kamen diese wieder, als die Missionare eben ihre alten baufälligen Häuser durch neue ersetzt und eine ziemlich große Kirche eröffnet hatten. Zu ihrem großen Leidwesen ließ sich das Volk nicht bei der eben ausgebauten Station halten, sondern zog noch weiter in das Makonde-Hochland hinaus in den undurchdringlichen Buschwald. Was blieb den Missionaren anderes übrig, als ihnen zu folgen? Sie mussten die Station Newala noch einmal eine Strecke weiter hinauf legen und dort von neuem aufbauen. Wie gut, dass sie aus Vorsicht bisher ihre Häuser nur nach Art der Eingebornen aus Bambus mit Grasdächern hergestellt und lediglich den Kirchen eine etwas bessere Ausstattung gegeben hatten. So war der Verlust doch nicht allzu groß und bald eine neue Station errichtet.

Zwischen damals und heute liegt der große Umschwung am Rowuma infolge der deutschen Besitzergreifung. Das Gebiet zwischen Lindi und dem Nyassa-See hat freilich am längsten auf die ordnende Hand der deutschen Verwaltung warten müssen, aber gekommen ist sie in den letzten Jahren doch. Auch die Magwangwara und die nicht weniger gefürchteten Wahehe haben ihren Meister gefunden und sich vor der Schärfe des deutschen Schwertes zurückgezogen. Die friedlich gesinnten Eingebornen brauchen keine räuberischen Überfälle mehr zu fürchten, oder wenn sich ein solcher doch noch einmal wiederholen sollte, so sind Militärstationen in der Nähe, deren Besatzung zu ihrem Schutze herbeieilen würde. Infolgedessen hat die Missionsarbeit in der jüngsten Zeit endlich den lang ersehnten Aufschwung genommen. Mag auch dadurch, dass die erst aus Furcht zusammengedrängten Eingebornen sich jetzt wieder über das ganze Land zerstreuen und statt der geschlossenen Dörfer vereinzelte Weiler oder Gehöfte bewohnen, die Sammlung von Gemeinden erschwert sein, ein besseres Gedeihen des ganzen Missionswerks ist doch unverkennbar.

Beteiligen wir uns jetzt einmal im Geist an einer Inspektionsreise des Bischofs im Rowumadistrikt, um den gegenwärtigen Stand dieser Mission kennen zu lernen.

Da der Rowumafluss trotz seines Wasserreichtums immer noch keine Schifffahrt aufzuweisen hat, geht der Weg auch jetzt noch regelmäßig über Lindi. Von hier braucht man gewöhnlich vier bis fünf Tage, um zu Fuß die Entfernung bis Newala zu überwinden. Das Land ist in den letzten Jahrzehnten noch öder geworden, als vordem. Man trifft auf viele in Ruinen liegende Dörfer; die dazu gehörigen Pflanzungen haben sich wieder in Busch, d. h. in Wildnis verwandelt. Fragt man: "Woher das?", so lautet regelmäßig die Antwort: "Das sind die Magwangwara gewesen". Sie waren bis in die neueste Zeit so gefürchtet, dass ihnen noch 1896 aus dieser Gegend willig Tribut entrichtet wurde. Im Missionsdistrikt sieht es etwas besser aus. In Newala stehen zwar auch jetzt nur leicht gebaute Häuser und eine Bambuskirche, weil man immer noch nicht weiß, ob die Niederlassung dauernd sein wird, aber es ist doch alles in Ordnung und verrät die Arbeit fleißiger Hände. Mit der Station ist eine Kostschule verbunden, in der 50 Knaben lernen, darunter ein Sohn des Häuptlings Makanjira. Sehr zu bedauern ist, dass die Eingebornen immer noch nicht recht sesshaft geworden sind. Der alte Häuptling Matola zog mit seinem Volke nach Mkoo in die Ebene hinunter, weil es auf der Höhe nicht möglich war, die nötigen Nahrungsmittel zu erbauen. Die Entfernung beträgt vier Stunden. Erfreulicherweise gab er trotzdem die Verbindung mit den Missionaren nicht auf; er ließ sich noch auf dem Sterbebette taufen. Sein Nachfolger stellte sich anfangs unfreundlich zu den christlichen Lehrern, sah sich aber unter dem Druck seiner einflussreichsten Männer, welche Christen sind, bald genötigt, einen andern Ton anzuschlagen. Gegenwärtig wirkt ein eingeborner Geistlicher Daudi Machina in Mkoo, der mit dem Häuptling verwandt ist. In ihm haben die Missionare ein trefflichen Mitarbeiter, der seiner Bildungsanstalt Kiungani alle Ehre macht. Von Newala aus wird auch noch die reichlich sechs Stunden entfernte Nebenstation Miwa versorgt, wo die nicht allzu zahlreiche Christengemeinde vor kurzem ganz auf eigene Kosten eine hübsche Bambuskirche errichtet hat. Eine Zeit lang war ein eingeborner Geistlicher hier angestellt, der aber nach Sansibar abgerufen werden musste, weil es dort an Arbeitskräften fehlt. Bei der beträchtlichen Entfernung von der ! Hauptstation kann der dortige Missionar bedauerlicherweise nur jeden Monat einmal für einige Tage herüber kommen, um Gottesdienst zu halten und in der Schule nach dem Rechten zu sehen. Es lernen 15 Knaben und 10 Mädchen in ihr. Die ganze Gegend um Newala hat eine Reihe von Elementarschulen aufzuweisen. Man zählt jetzt deren sechs mit 173 Knaben und 82 Mädchen. Etwa 100 von diesen Kindern sind getauft.

Von Newala bis Masasi, das als Hauptort des Rowuma-Distrikts gilt, sind es zwei bis drei Tagereisen. Die jetzige Station liegt am Fuße des Berges Kitandi, einer der drei großen Felspyramiden, die die ganze Gegend beherrschen. Hier wird tüchtig gearbeitet. Die Missionare gehen jeden Tag in die umliegenden Dörfer, um zu predigen und das Volk zum Besuch der Station aufzufordern. Es sind in der Regel mehrere Europäer hier stationiert. Die Zahl der Eingebornen, die sich zur Mission halten, beläuft sich nach dem letzten Jahresbericht auf 1.400 Erwachsene, die Zahl der Schüler geht in die Hunderte. Die hiesige Schule gibt fast jedes Jahr eine Anzahl ihrer Zöglinge zur weiteren Ausbildung nach Sansibar ab. Wenn am Sonntag das Glockengeläut ertönt, sieht man einen langen Menschenstrom, ungefähr gleichviel Männer wie Weiber, zur Kirche eilen. Es geht in den Gottesdiensten, zu denen nur die Getauften kommen dürfen, durchaus feierlich und andächtig zu. Für die Taufbewerber und die Heiden wird später ein andrer Gottesdienst im Schulzimmer gehalten. Es stehen jetzt immer einige Hunderte im Taufunterricht.

Inhaltsverzeichnis


Mwiti

Das alte Tschitangali ist auch der Unsicherheit des Landes zum Opfer gefallen. Der gut christliche Häuptling Barnaba Nakaam und sein ganzes Volk sind nach Mwiti ausgewandert. Der Ort liegt fünf Stunden von Masasi entfernt und hat einen eingebornen Geistlichen bekommen. Vor kurzem baute die Gemeinde eine neue Bambuskirche ganz aus eigenen Mitteln. Wenn wir hören, dass an einem Weihnachtsfeste 320 Christen hier kommuniziert haben, so ergibt sich daraus der gute Fortschritt, den die Mission unter diesen Leuten gemacht hat. Barnaba Nakaam ist immer noch ein eifriger Förderer des Christentums; jüngst sind zwei seiner Söhne in die Kiungani-Schule eingetreten. In einem derselben hofft man einen tüchtigen Geistlichen zu gewinnen.

Einen traurigen Eindruck macht das alte Masasi, die erste christliche Ansiedelung im Lande, die aber nach dem ersten Einfall der Magwangwara aufgegeben werden musste. Ein Teil der befreiten Sklaven hat sich später doch wieder hierher gezogen. Sie machen ihren Wohltätern jedoch keine Ehre. In einem neueren Bericht heißt es:

"Viele von ihnen wurden dreimal befreit. Zuerst aus der Hand des Sklavenhändlers, dann durch die Taufe aus der Macht des Satans, zum dritten Male aus der Gefangenschaft bei den Magwangwara nach dem Überfall. Sie haben sich aber sehr undankbar gezeigt. Die meisten haben ihr Christentum weggeworfen, sie leben in Vielweiberei und anderen heidnischen Sitten. Die Mission hat deswegen die offizielle Verbindung mit ihnen aufgeben müssen, ohne sie doch vergessen zu können. Nur einige wenige sind dem christlichen Glauben treu geblieben. Möchten sie sich als Sauerteig für die Masse beweisen."

Die Ansiedelung der ehemaligen Sklaven in dem politisch noch gar nicht gesicherten Lande ist also ein Fehlgriff gewesen, dafür hat sich aber die Missionstätigkeit unter den Yao und Makua, die anfangs fast ganz beiseite blieb, umso fruchtbringender erwiesen. Besonders der Yao-Stamm hat sich zugänglich gezeigt. Es mögen hier noch einige Zahlen aus dem ganzen Rowuma-Distrikt ihren Platz finden. Nach dem Jahresbericht von 1898 gab es in ihm 827 Getaufte, die Zahl der Anhänger, wobei die Taufbewerber und die regelmäßigen "Hörer" mitgezählt sind, belief sich auf 2.125. In 17 Schulen wurden 488 Knaben und 256 Mädchen unterrichtet, darunter 213 Christenkinder.

Inhaltsverzeichnis


Likoma

Außer den beiden Missionsgebieten an der Küste hat die Universitäten-Mission noch ein drittes Arbeitsfeld am Nyassa-See gefunden. Wir können darüber aber kurz hinweggehen, weil es nicht in unserem Kolonialgebiet liegt.

Der Anfang fällt ins Jahr 1882. Da kamen die beiden Missionare Johnson und Janson, von denen der erstere aus Matakas Hauptstadt Mwembe am Rowuma vertrieben worden war, an den Nyassa-See und erforschten seine Ufer. Janson erlag den Strapazen der Reise, Johnson aber kehrte glücklich zurück und ging an die Ausführung des unterwegs gefassten Planes, ein Missionsschiff für den See zu bauen. Im Februar 1886 fuhr der Dampfer, dem Johnson zur Erinnerung an seinen gestorbenen Gefährten den Namen "Charles Janson" gab, zum ersten Male auf dem See. Der Besatzung des Missionsschiffes war die Aufgabe gestellt, die Dörfer längs des Ufers zu besuchen, überall Versammlungen abzuhalten und von Orten, in denen sich die Einrichtung von Schulen nicht verlohnt, begabte Knaben für einige Zeit an Bord zu nehmen, um sie unterwegs zu unterweisen. Der Dampfer hat der Mission treffliche Dienste geleistet und soll beim Beginn des neuen Jahrhunderts durch ein größeres Schiff ersetzt werden. Die Missionsbestrebungen haben ihren Mittelpunkt auf der Insel Likoma, die fast genau in der Mitte des Sees liegt, gefunden. Hier sind eine Reihe von Schulen gegründet und viele Hunderte von Anhängern gewonnen worden. Man hat eine große, schöne Kirche gebaut und eine Druckerpresse aufgestellt, auf der alle nötigen Bücher gedruckt werden. An der der Insel gegenüberliegenden Ostküste, die bekanntlich unter portugiesischer Herrschaft steht, ist eine ganze Reihe weiterer Stationen entstanden. Das Land ist hier dicht bevölkert und hat die eingesetzten schwarzen Lehrer willig aufgenommen. Am gegenüberliegenden Ostufer ist Kota-Kota besetzt worden. Nicht unerwähnt darf schließlich das auf den Bergen im Quellgebiet des Rowuma liegende Unangu bleiben, wo die Mission seit einigen Jahren ebenfalls festen Fuß gefasst hat. Von hier hofft man mit der Zeit eine Verbindung mit dem Rowuma-Distrikt zu gewinnen und so eine Kette christlicher Niederlassungen vom See bis an die Meeresküste zu legen. Vorderhand ist das freilich nur ein schöner Traum.

Wenn wir noch erwähnen, dass die Universitäten-Mission in allerneuester Zeit auch die nördlich von Sansibar vor der deutschen Küste liegende Insel Pemba in den Bereich ihrer Tätigkeit gezogen hat, so sind wir am Ende des Überblicks über ihre Arbeit.

Weil die weit auseinander liegenden Gebiete die Übersicht erschwerten und allzu große Anforderungen an eine Manneskraft stellten, ist das ursprünglich einheitliche Bischofsamt jetzt in zwei Sprengel geteilt. Der Bischof von Sansibar hat die dortigen Anstalten und die beiden Distrikte im deutschen Küstengebiet unter seinen Händen; der zweite Bischofssitz befindet sich auf der Insel Likoma. Die erstere Stelle nimmt gegenwärtig D. William Moore Richardson ein, am Nyassa-See wirkt D. John Edward Hine. An europäischen Arbeitskräften stehen ihnen 94 zur Verfügung, darunter 38 Schwestern. Als eingeborne Gehilfen sind 13 ordinierte Geistliche und etwa 100 Lehrer zu nennen. Die Gesamtzahl der Eingebornen, die sich zur Universitäten-Mission halten, beträgt 7.218. Aufs deutsche Gebiet entfallen davon 3.419, worunter 1.727 Getaufte sind.

Inhaltsverzeichnis


Anmerkung

In der ostafrikanischen Sprachfamilie unterscheidet man das Land, Volk, die Sprache durch bestimmte Vorsatzsilben vor dem Namen. Man muss das beachten, um durch die Namensveränderung nicht verwirrt zu werden, U-gogo - das Land, Wa-gogo - die Leute von Ugugo, M-gogo - ein einzelner Mann des Stammes, Ki-gogo - die Sprache des Landes.

Inhaltsverzeichnis


Copyright des Bildarchivs des LMW:

- in Büchern, Monographien, Dissertationen u. ä.
 

Alle Rechte der Vervielfältigung und Verbreitung der Bilder liegen allein beim Evangelisch-Lutherischen Missionswerk Leipzig e.V. Ohne dessen schriftliche Genehmigung dürfen diese weder reproduziert noch unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet oder vervielfältigt werden.

Bild

info@lmw-mission.de

Inhaltsverzeichnis


Ouellenschriften über die Mission in Deutsch Ostafrika

(Nach der Reihenfolge der Kapitel in diesem Buche geordnet)

  • Das Leben David Livingstones.
    Von W. G. Blaikie.
    Uebersetzt und mit Erläuterungen versehen von O. Denk, 2 Bände.
    Gütersloh 1881, C. Bertelsmann.
     
  • "Central-Africa"
    Monatsblatt der Universitäten-Mission.
    London, 9 Dartmouth Street, Westminster.
     
  • Alexander M. Mackay, Pionier-Missionar von Uganda.
    Von seiner Schwester. Uebersetzt von Nebinger.
    Mit einer Skizze seiner Persönlichkeit aus persönlichem Verkehr von D. Wilh. Baur.
    Leipzig 1891, Hinrichs.
     
  • Church Missionary Intelligencer.
    Organ der englischen Kirchenmission.
    London, Salisbury Square.
     
  • Bilder aus Ostafrika.
    Von Dan. von Cölln. Berlin 1891, Zillessen.
     
  • Morgendämmerung in Deutsch-Ostafrika.
    Ein Rundgang durch die ostafrikanische Mission (Berlin III).
    Von P. Paul Döring, Missionar.
    3. Aufl. Berlin 1899, M. Warneck.
     
  • Nachrichten aus der ostafrikanischen Mission.
    Monatsblatt der evangelischen Missionsgesellschaft für Deutsch-Ostafrika. Berlin.
     
  • Evangelische Mission im Nyassa-Lande.
    Von P. J. Richter. 2, Aufl, Berlin 1898,
    Buchhandlung der evangelischen Missionsgesellschaft, Friedenstr. 9.
     
  • Deutsche Arbeit am Nyassa,
    Von Missionssup. Merensky.
    Berlin 1894. Ebenda.
     
  • Die Mission der Brüdergemeine in Missionsstunden.
    Von Missionsdir. a. D. G. Burkhardt.
    8. Heft. Deutsch-Ostafrika, Nyassa-Gebiet.
    Leipzig 1898, Fr. Jansa. Berliner Missionsberichte.
    Monatsblatt der Berliner Missionsgesellschaft (Berlin I),
    Berlin NO, 43. Georgenkirchstr. 70.
     
  • Missionsblatt der Brüdergemeine.
    Monatsblatt, herausgegeben von Th, Bechler, Herrnhut.
     
  • Evangelisch-Lutherisches Missionsblatt.
    Organ der Leipziger Mission,
    Herausg. von Missionar R. Handmann. Leipzig, Hohestr.7.
     
  • Karl Segebrock und Ewald Ovir,
    Zwei früh vollendete Missionare.
    Von Missionsdir. C. von Schwartz.
    Leipzig 1897, Hohestr. 7.

Inhaltsverzeichnis 


Landkarten

Karte von 1896

 onmousedown="ET_Event.link('Link%20auf%20www.gaebler.info',