Georg Forster

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Georg Forster

Empfindsame Weltumsegelung

Quelle: Johannes Paul: ''Abenteuerliche Lebensreise - Sieben biographische Essays'' (Seite 67 - 112: Georg Forster: Empfindsame Weltumseglung) - Wilhelm Köhler Verlag Minden 1954

Georg Forster

Porträt nach einem Gemälde von Anton Graff

Ansicht von O-Taheiti

Stich nach W. Hodges

Kölner Dom um 1828

Nach einem Gemälde von J.H. Hintze

Die Bibliothek des Pfarrers Reinhold Forster in Nassenhuben bei Danzig enthielt mehr gelehrte Folianten, als man um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts in einem Pfarrhaus im polnischen Preußen erwarten konnte. Theologische Werke waren freilich darin nur spärlich vertreten, um so reichlicher Naturkunde, Historie und Sprachwissenschaften, vor allem die orientalischen Sprachen. Denn Reinhold Forster war ein gelehrter Mann, der in seinem Leben siebzehn Sprachen erlernte und sich in vielen Wissenschaften betätigte. Vor allem befasste er sich mit der Übersetzung von Reisebeschreibungen, für die er später geradezu eine literarische Großmanufaktur betrieb. Er entstammte väterlicherseits einer schottischen Adelsfamilie, die als Anhänger Karls I. und um ihres protestantischen Glaubens willen im siebzehnten Jahrhundert nach Deutschland geflohen war. Seine Bildung war vielseitig und auf manchen Gebieten gründlich, aber er war ein rechthaberischer und streitsüchtiger Mensch, der sich durch unstetes und launenhaftes Wesen immer wieder mit seinen Förderern und Freunden verzankte, über seinen wissenschaftlichen Studien und Träumereien von Seefahrten und Forschungsprojekten vernachlässigte er sein geistliches Amt und konnte sich bedenkenlos in Schulden stürzen, um kostbare wissenschaftliche Werke zu kaufen.

Zwischen diesen Büchern wuchs sein ältester Sohn Georg heran, der 1754 geboren wurde. Er war ein zartes und empfindsames Kind, sehr begabt und unglaublich frühreif. Der Vater unterrichtete ihn selbst und erweckte in dem Knaben schon in früher Jugend eine besondere Neigung für die Naturkunde, so dass er ihn bald als Gehilfen für seine wissenschaftlichen Streifzüge brauchen konnte.

Im Jahre 1765 erhielt er endlich einen Forschungsauftrag, wie er ihn schon lange ersehnt hatte. Die russische Regierung schickte ihn an die untere Wolga, um dort die Voraussetzungen für die Anlage von deutschen Siedlungen zu untersuchen. Forster, der den Sohn als Handlanger bei seinen Arbeiten nicht mehr entbehren konnte, nahm den elfjährigen Georg mit auf die Reise. Von Saratow aus durchstreiften sie ein halbes Jahr lang die Kirgisensteppe bis an den Elton-See, zogen Erkundigungen über die landwirtschaftlichen Möglichkeiten ein und legten botanische Sammlungen an, bei deren Ordnung sich. Georg das neue System des großen schwedischen Naturforschers Linne zu eigen machte.

In Petersburg arbeitete Reinhold Forster seine Berichte aus und entwarf ein Gesetzbuch für die Wolgakolonisten, während Georg einen Winter lang die berühmte Petrischule besuchte. Der Vater Forster bemühte sich um eine leitende Stellung in dem Kolonisationsunternehmen, aber der Gouverneur von Saratow, dessen Tätigkeit er in seinem Bericht kritisiert hatte, vereitelte das. Als die Regierung ihm auch für die geleistete Arbeit keinen hinreichenden Lohn zahlen wollte, musste er alle seine Hoffnung aufgeben, in Russland einen neuen Wirkungskreis zu finden.

Inzwischen war seine Pfarrstelle in Nassenhuben neu besetzt worden. Um seine Familie vor der schlimmsten Not zu bewahren, musste er seine wertvolle Bibliothek in Danzig verkaufen lassen. Nun war ihm die Rückkehr in die Heimat erst recht verleidet, und er beschloss, sein Glück in England zu versuchen. Auf der Seereise lernte Georg mit solchem Erfolg die englische Sprache, dass er schon bald nach der Ankunft ein russisches Werk ins Englische übersetzen konnte. Reinhold Forster fand eine Anstellung als Sprachlehrer an der Dissentersakademie in Warrington und ließ seine Familie nachkommen. Bald entzweite er sich mit der Leitung der Akademie und siedelte 1770 nach London über. Er versuchte vergeblich, von der Ostindischen Kompanie den Auftragt zu einer Reise nach Indien zu bekommen. Mit Georgs Hilfe leistete er allerlei literarische Lohnarbeit, deren Ertrag kaum ausreichte, um seine Familie zu ernähren, aber wenigstens seinen Namen in wissenschaftlichen Kreisen bekannt machte.


Weltumsegelung

Ein Glücksfall brachte schließlich beiden Forsters, dem Vater wie dem Sohne, die große Chance ihres Lebens. Im Frühjahr 1772 rüstete sich Kapitän Cook zu seiner zweiten Entdeckungsreise in die Südsee. Auf der ersten Fahrt hatten ihn Sir Joseph Banks und der schwedische Botaniker Solander als Naturforscher begleitet. Auch diesmal sollte Banks mitfahren, versagte aber aus Verärgerung über die schlechte Unterbringung an Bord kurz vor der Abreise die Teilnahme. An seiner Stelle wurde Reinhold Forster in Vorschlag gebracht, der natürlich mit Freuden zusagte, allerdings unter der Bedingung, dass ihn Georg als sein Gehilfe begleiten durfte. Innerhalb von zwei Wochen mussten beide ihre Ausrüstung für die auf etwa drei Jahre berechnete Reise beschaffen, wobei sowohl die Erfordernisse eines langen Aufenthaltes in den Tropen wie auch im Polarklima zu berücksichtigen waren. Die 4.000 Pfund, die hierfür zur Verfügung standen, waren mehr als hinreichend, um auch noch den Unterhalt seiner Familie in England sicherzustellen, aber in den Händen Reinhold Forsters zerrann auch diese bedeutende Summe allzu rasch.

Die großen Seefahrer des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts waren Portugiesen, Spanier oder Italiener gewesen. Der Engländer James Cook war ihr später, aber durchaus ebenbürtiger Nachfahre, ein Mann von großer nautischer Erfahrung, zäh und entschlossen. Er jagte nicht nebelhaften Gerüchten von Goldschätzen nach, sondern verfolgte nüchterne seemännische Ziele, die Kartierung der neuentdeckten Küsten und die Erforschung der Länder, die für die britische Seefahrt und Politik von Interesse zu werden versprachen. Die Umrisse der Kontinente in den tropischen und gemäßigten Breiten waren zu seiner Zeit in großen Zügen festgelegt. Fast unerforscht waren dagegen die südlichsten Teile der großen Ozeane. Gerade hier aber erwartete man noch wichtige Entdeckungen, denn aus theoretischen Erwägungen vermuteten viele Gelehrte als Gegengewicht gegen die großen Festlandmassen der Nordhalbkugel der Erde im Süden einen großen antarktischen Kontinent, die "Terra Australis", die auf vielen alten Karten erscheint. Cook wurde auf seine zweite Reise ausgesandt mit dem klaren Auftrag, die südliche Erdhalbkugel zum ersten Male vom Kap der Guten Hoffnung in östlicher Richtung zu umfahren und dabei so weit wie möglich nach Süden vorzudringen, um Ausdehnung und Charakter des vermuteten Südlandes festzustellen. Für die Reise standen ihm zwei Schiffe zur Verfügung, die .Resolution" mit 462 und die "Adventure" mit 336 Tonnen. Die Besatzung beider Schiffe bestand aus 193 Mann. Dazu kamen die beiden Forster als Naturforscher, zwei Astronomen und der Maler Hodges sowie deren Bedienung.

Reinhold Forster, damals schon 43 Jahre alt, hoffte durch die wissenschaftlichen Entdeckungen auf der Fahrt endlich die Aufmerksamkeit der Welt auf sich zu lenken, um die er so lange vergeblich gerungen hatte. Wie sein Sohn später in der Vorrede zu dem Weltreisewerk schrieb, meinte er, die britische Regierung habe ihn als Naturforscher auf die Reise geschickt "nicht etwa bloß dazu, dass er Unkraut trocknen und Schmetterlinge fangen, sondern dass er alle seine Talente in diesem Fache anwenden und keinen erheblichen Gegenstand unbemerkt lassen sollte. Mit einem Wort, man erwartete von ihm eine philosophische Geschichte der Reise, von Vorurteil und gemeinen Trugschlüssen frei, worin er seine Entdeckungen in der Geschichte des Menschen und in der Naturkunde überhaupt ohne Rücksicht auf willkürliche Systeme, bloß nach allgemeinen menschenfreundlichen Grundsätzen darstellen sollte; das heißt eine Reisebeschreibung, dergleichen der gelehrten Welt bisher noch keine war vorgelegt worden."

In dieser Hoffnung wurde er bitter enttäuscht. Schon während der Fahrt verdarb er durch sein schwieriges Wesen das Verhältnis zu Cook gründlich, und nach der Rückkehr wurde ihm die Herausgabe einer eigenen Reisebeschreibung verwehrt. Ein solches Werk sei allein Sache des Kapitäns, er als "Schiffsphilosoph" sollte lediglich das Material dazu liefern. Um wenigstens etwas für die Familie Forster zu retten, machte sich sein Sohn, der durch keinerlei vertragliche Vereinbarungen gebunden war, unter Benutzung der Tagebücher des Vaters und seiner eigenen Erinnerungen an die Abfassung des Reisewerkes. Zweifellos geht die Fülle der wissenschaftlichen Beobachtungen im wesentlichen auf den Vater zurück. Der Stimmungsgehalt des Ganzen aber, der Versuch, die Vielfalt der Erscheinungen in Natur und Menschenleben in ihrer Gesamtheit aufzufassen, ist das Verdienst des Sohnes.

Am 13. Juli 1772 lichteten beide Schiffe in Plymouth die Anker. Die Fahrt bis zum Kap dauerte dreieinhalb Monate und war bei schönem Wetter voll Abwechslungen und Kurzweil, ein heiteres Vorspiel des Kommenden. Madeira und die Kap Verdischen Inseln wurden angelaufen, fliegende Fische und Delphine, Wale und Haifische erregten das Interesse der Neulinge zur See. Unter dem Äquator erforschten sie die Temperatur des Meerwassers bis 450 Meter Tiefe, und später bemühten sie sich, dem Rätsel des Meeresleuchtens auf die Spur zu kommen, indem sie die in der See umher schwimmenden leuchtenden Körperchen unter dem Mikroskop untersuchten.

Kapstadt war auf Jahre der letzte Punkt europäischer Zivilisation, den sie berührten. Die saubere Kolonialstadt der Holländisch-Ostindischen Kompanie gefiel ihnen weit besser als die portugiesische Niederlassung auf den Kap Verdischen Inseln. Die Schiffsastronomen prüften hier noch einmal ihre Instrumente, und unter dem Eindruck der vielgestaltigen Pflanzenwelt des Kapgebietes kam Reinhold Forster die Besorgnis, er könnte trotz allen Fleißes mit seinem Sohne allein nicht imstande sein, die Menge der botanischen Schätze zu sammeln, zu zeichnen und zu beschreiben, die er in den neu zu entdeckenden Ländern anzutreffen hoffte. Er war daher glücklich, hier einen gelehrten Botaniker zu treffen, den Schweden Dr. Sparrmann, der unter Linne studiert hatte und aus Begeisterung für sein Fach bereit war, die Reise in die Südsee mitzumachen.


Antarktis

Schiffe auf der Ostindienfahrt pflegten die Südspitze Afrikas rasch zu umfahren und dann vor den gefürchteten Weststürmen sogleich nach Norden auszuweichen. Cook dagegen steuerte vom Kap unmittelbar auf den südlichen Polarkreis zu. Georg Forster fühlte sich feierlich gehoben in dem Bewusstsein, auf einem Kurs zu segeln, den vor ihm noch nie ein Mensch befahren hatte. Albatrosse umkreisten in Mengen das Schiff; an einem Tage wurden gleich neun mit der Angel gefangen, darunter einige von mehr als zehn Fuß Spannweite. Die Zeit der Entbehrungen begann. Da man nicht wusste, wann es wieder frisches Süßwasser geben würde, wurde das Trinkwasser streng rationiert. Sogar der Kapitän musste sich mit Meerwasser waschen. Diese Sorge erwies sich jedoch bald als unnötig, denn man machte die Entdeckung, dass das Meereis salzfrei war und darum zur Ergänzung der Süßwasservorräte benutzt werden konnte.

Noch einer anderen Gefahr galt es zu begegnen, dem Skorbut, der unter den Seefahrern damals große Verheerungen anrichtete. Auf den Truppentransportschiffen der Holländischen Kompanie, die bis zu achthundert Menschen beförderten, starben mitunter allein auf der Fahrt nach Kapstadt achtzig bis hundert Mann an dieser furchtbaren Krankheit. Cook hatte den Ehrgeiz, auf der Reise neue Mittel zur Skorbutbekämpfung ausfindig zu machen. Vor allem schwor er auf die heilsame Wirkung von Sauerkraut, von dem allein die "Resolution* sechzig riesige Fässer an Bord hatte. Er wachte eisern darüber, dass beim Fehlen von sonstigen frischen Lebensmitteln jeder Mann mindestens zweimal wöchentlich eine große Portion davon verzehrte. Tatsächlich erwies sich dies als das beste Vorbeugungsmittel. Beim Auftreten der Krankheit wurden Fleischbrühwürfel, syrupartig eingekochte Bierwürze und eingedickter Zitronen- und Orangensaft als Heilmittel gegeben. Die Erfolge waren hervorragend; Cooks Erfahrungen auf dieser Fahrt wurden epochemachend für die Schiffsverpflegung auf langen Seereisen.

Zwei Wochen nach dem Verlassen des Kaps stießen sie auf das erste Treibeis. Anfangs waren es nur einzelne kleine Schollen, bald aber ungeheuere Eistafeln von mehreren tausend Fuß Länge, die doppelt so hoch wie der größte Schiffsmast aus dem Wasser emporragten. Man sah darin die ersten Vorboten des ersehnten Landes. An die Mannschaften wurden Angelgeräte ausgeteilt, damit jeder sogleich auf Fischfang ausgehen könnte. Mehrmals glaubten die Matrosen, in der Ferne Land zu sehen, aber immer wieder erwies es sich, dass Eisberge, Nebelbänke oder Wolken die Täuschung verursachten. Das Eis wurde immer häufiger und die Navigation schwieriger. Schließlich verhinderte unter 67 Grad südlicher Breite ein unabsehbares Eisfeld jedes weitere Vordringen. Es erwies sich als unmöglich, hier bis zu dem vermuteten Südkontinent vorzustoßen. Der Kapitän entschloss sich daher zur Umkehr und segelte außerhalb der Eiszone in gerader Linie auf Neuseeland zu.

Cook entwickelte die Technik der ozeanischen Entdeckungsreisen zäh und methodisch zu einer Vollkommenheit, wie sie vor ihm noch kein Seefahrer erreicht hatte. Vorstöße ins Polarmeer versprachen nur im Südsommer Aussicht auf Erfolg. Den Winter verbrachte er jedoch nicht untätig in einem Erholungshafen, sondern benutzte ihn zu weiteren Fahrten durch die unendliche Inselflur der Südsee bis fast zum Äquator. Im zweiten Sommer brach er erneut zur Polarfahrt auf, diesmal zur Erforschung des anschließenden antarktischen Bogens von Neuseeland bis fast zum Kap Hoorn. Ein denkwürdiger Tag für die Schiffsbesatzung war der 6. Dezember. "Gedachten Tages befanden wir uns um sieben Uhr abends im 51. Grade 33 Minuten südlicher Breite und unterm 180. Grade der Länge; folglich gerade auf dem Punkt der Antipoden von London. Hier nötigte die Erinnerung dort zurückgelassener häuslicher Glückseligkeit und gesellschaftlicher Freuden jedem Herzen, das noch väterliche oder kindliche Liebe zu fühlen imstande war, eine Empfindung des Heimwehes ab! Wir waren die ersten Europäer, und ich darf wohl hinzusetzen die ersten menschlichen Kreaturen, die auf diesen Punkt gekommen, den auch nach uns vielleicht niemand wieder besuchen wird."

Stürme, wie man sie bisher noch nicht erlebt hatte, brachen mit berghohen Wellen über das Schiff herein und füllten Verdecke und Kajüten mit ungeheuren Wasserfluten. "Unsere Lage war nunmehr in der Tat höchst elend, selbst für diejenigen, die noch gesund waren, und für die Kranken, die an ihren gelähmten Gliedern beständige Schmerzen litten, war sie im eigentlichen Verstande unerträglich. Der Ozean um uns her war wütend und schien über die Keckheit einer Hand voll Menschen, die es mit ihm aufnahmen, ganz erbost zu sein. Finstre Melancholie zeigte sich auf der Stirn unsrer Reisegefährten, und im ganzen Schiff herrschte eine fürchterliche Stille. Die eingesalzenen Speisen, unsre tägliche Kost, waren uns allen, sogar denen zum Ekel geworden, die von Kindheit an zur See gefahren. Die Stunde des Essens war uns verhasst, denn der Geruch der Speisen kam uns nicht sobald unter die Nase, als wir schon unmöglich fanden, mit einigem Appetit davon zu genießen. Das alles beweist wohl genugsam, dass diese Reise mit keiner von den vorhergehenden zu vergleichen sei." Selbst Georg Forster, dessen jugendlicher Forscherdrang sonst durch keine Mühsal gedämpft werden konnte, hatte Augenblicke, in denen er der Verzweiflung nahe war. "Wir lebten nur ein Pflanzenleben, verwelkten und wurden gegen alles gleichgültig, was sonst den Geist zu ermuntern pflegt. Unsre Gesundheit, unser Gefühl, unsre Freuden opferten wir der leidigen Ehre auf, einen unbesegelten Strich durchkreuzt zu haben!" Doch Cook, der selbst erkrankt war, verfolgte eisern sein Ziel. Diesmal konnte man ungehindert bis über den Polarkreis vordringen, aber jenseits des 71. Breitengrades versperrte auch hier ein geschlossenes Eisfeld den weiteren Weg nach Süden.


O-Taheiti

Die Fahrten im Polarmeer boten den beiden Forster wenig Gelegenheit, ihrer eigentlichen Aufgabe als Naturforscher nachzugehen. Erst die Kreuzfahrten durch die Inselwelt der warmen Südsee, die von Neuseeland bis zur Osterinsel und wieder westwärts bis zu den Neuen Hebriden und Neukaledonien führten, brachten für sie den Höhepunkt der Reise. Es war eine märchenhafte Welt, die sich ihnen hier auftat, und eine der Inseln wurde für sie zum Inbegriff für alle: O-Taheiti (Tahiti).

Reinhold Forster hatte keine Neigung zu wissenschaftlichem Spezialistentum, eher bestimmte ihn seine vielseitige Begabung zum Polyhistor. Die Gesteine, der Aufbau der Korallen- und Vulkaninseln wurden eifrig untersucht, die Tierwelt beobachtet und zahlreiche unbekannte Pflanzen gesammelt und gezeichnet. Als Naturkundiger war er verpflichtet worden, aber neben diesem engeren Arbeitsgebiet reizte ihn nicht weniger die Erforschung der Eingeborenen. Sie waren anfangs meist scheu und furchtsam, doch bald entwickelte sich an den Landeplätzen ein lebhafter Tauschhandel, in dem gegen Perlen, Nägel und Äxte neben Lebensmitteln auch große Mengen von Hausrat, Waffen und Schmuck der Insulaner für die ethnographischen Sammlungen eingehandelt wurden. Erhebliche Schwierigkeiten bereitete anfangs die sprachliche Verständigung, doch erwies sich hierbei das Forst ersehe Sprachtalent als höchst nützlich, so dass man sich bald nicht nur über die Dinge des täglichen Lebens einigermaßen verständigte, sondern auch schon wertvolle Nachrichten über die gesellschaftliche und politische Verfassung und selbst über die religiösen Vorstellungen der Südseebewohner sammeln konnte.

"Ein Morgen war's, schöner hat ihn schwerlich je ein Dichter beschrieben, an welchem wir die Insel O-Taheiti (Tahiti) (Tahiti) zwei Meilen vor uns sahen." Es war nicht das schwärmerische Auge Rousseaus, mit dem sie diese neue Welt sahen, noch weniger die süßliche Romantik, mit der wenig später der französische Dichter Bernardin de St. Pierre in seinem Roman "Paul et Virginie" ein Bild von südlichem Inselglück malte, aber es War doch der Geist dieses empfindsamen Zeitalters, der die Sehweise des jungen Georg Forster bestimmte. Der Fluchtversuch eines Matrosen, der bei der Abfahrt des Schiffes auf O-Taheiti (Tahiti) bleiben wollte, reizt ihn zu vergleichenden Betrachtungen über das Los des Menschen in Europa und der Südsee. Was kann ein Matrose, ja was können sie alle, die auf der Reise tausend Mühsale und Entbehrungen auf sich genommen haben, nach der Rückkehr in der Heimat erwarten? Neue Arbeit und Mühe, um nur das Notwendigste zum Leben zu erhalten. .Wie ist hingegen beim Tahitier das alles so ganz anders! Wie glücklich, wie ruhig lebt nicht der! Zwei oder drei Brotfruchtbäume, die beinahe ohne alle Handanlegung fortkommen und fast ebenso lange tragen, als der, welcher sie gepflanzt hat, leben kann, drei solche Bäume sind hinreichend, ihm drei Vierteile des Jahres hindurch Brot und Unterhalt zu geben. - Die ganze Kunst und Mühe, einen Brotfruchtbaum anzuziehen, besteht darin, dass man einen gesunden Zweig abschneidet und in die Erde steckt. Der Pisang sprosst alle Jahre frisch aus der Wurzel auf. Die königliche Palme, diese Zierde der Ebene und das nützlichste Geschenk, womit die gütige Natur ihre Schoßkinder, die hiesigen Einwohner, bedacht hat, der goldene Apfel und eine Menge noch anderer Pflanzen, sie alle schießen von selbst auf und erfordern so wenig Wartung, dass ich sie fast als gänzlich wild wachsend ansehen möchte. Die Zubereitung des Kleidungszeuges, womit sich die Frauenspersonen allein abgeben, Ist mehr für einen Zeitvertreib als für eine wirkliche Arbeit anzusehen, und so mühsam der Haus- und Schiffbau, ingleichen die Verfertigung des Handwerkszeugs und der Waffen auch immer sein mögen, so verlieren alle diese Geschäfte doch dadurch viel von ihrer Beschwerlichkeit, dass sie ein jeder freiwillig und nur zu seinem eigenen unmittelbaren Nutzen übernimmt. Auf solche Art fließt das Leben der Tahitier in einem beständigen Zirkel von mancherlei reizendem Genusse hin."

 

Durch die großen Entdeckungsreisenden des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts hatten die Menschen in Europa wohl mancherlei von den wundersamen neuen Ländern jenseits der Ozeane gehört, aber diese Kunde erschöpfte sich meistens in nüchternen geographischen Angaben und in umständlichen Berichten über Kriegszüge und die abscheulichen Sitten der Eingeborenen. Auch diese alten Seefahrer hatten mitunter ihre "Schiffsphilosophen" an Bord, doch die sahen meist diese neue Welt ebenfalls nicht mit wesentlich anderen Augen. Erst das Aufkommen eines neuen Naturgefühls im Laufe des achtzehnten Jahrhunderts, die wachsende Kritik an der europäischen Kultur und die Idee der Humanität als des Mitgefühls für alles Menschliche ließen plötzlich auch diese neuen Länder und ihre Bewohner in einem ganz anderen Licht erscheinen. Es ist die Geburtsstunde der modernen Reisebeschreibung, und der zwanzigjährige Georg Forster ist ihr erster und zugleich klassischer Vertreter. Dieses neue Daseinsgefühl ließ ihn Bilder von unvergleichlicher suggestiver Kraft schauen und gestalten.

"Wer es je selbst erfahren hat", schreibt er in einer Schilderung von der Insel Tanna auf den Neuen Hebriden, "welch einen ganz eigentümlichen Eindruck die Schönheiten der Natur in einem gefühlvollen Herzen hervorbringen, der, nur der allein kann sich eine Vorstellung machen, wie in dem Augenblick, wenn des Herzens Innerstes sich aufschließt, jeder sonst noch so unerhebliche Gegenstand interessant werden und durch unnennbare Empfindungen uns beglücken kann. Dergleichen Augenblicke sind es, wo die bloße Ansicht eines frisch umgepflügten Ackers uns entzückt, wo wir uns über das sanfte Grün der Wiesen, über die verschiedenen Schattierungen des Laubes, die unsägliche Menge der Blätter und über ihre Mannigfaltigkeit an Größe und Form so herzlich, so innig freuen können. Diese mannigfaltige Schönheit der Natur lag in ihrem ganzen Reichtum vor mir ausgebreitet. Die verschiedene Stellung der Bäume gegen das Licht gab der Landschaft das herrlichste Kolorit. Hier glänzte das Laub des Waldes im goldenen Strahl der Sonne, indes dort eine Masse von Schatten das geblendete Auge wohltätig erquickte. Der Rauch, der in bläulichen Kreisen zwischen den Bäumen aufstieg, erinnerte mich an die sanften Freuden des häuslichen Lebens. Der Anblick großer Pisangwälder, deren goldne, traubenförmige Früchte hier ein passendes Sinnbild des Friedens und Überflusses waren, erfüllte mich natürlicherweise mit dem herzerhebenden Gedanken an Freundschaft und Völkerglückseligkeit, und das Lied des arbeitenden Ackermanns, welches in diesem Augenblicke ertönte, vollendet« dies Gemälde gleichsam bis auf den letzten Pinselstrich."

 

Das hochmütige Urteil früherer Seefahrer über die Bewohner dieser Inselwelt kann Forster naturgemäß nicht teilen. Er findet sie gastfrei, gutherzig uneigennützig, ein liebenswürdiges Volk, das bei allen seinen Unvollkommenheiten unschuldigeren und reineren Herzens ist als viele, die es in der Verfeinerung der Sitten weiter gebracht haben. Gewiss ist ihre materielle Kultur bescheiden. Ihr Geschick in der Anfertigung von Gerätschaften und Waffen aber ist bedeutend, und vor allem verraten ihre bis zu 90 Fuß langen Boote und der Gebrauch, den sie auf weiten Seereisen davon zu machen wissen, ungewöhnliche Fähigkeiten. Ja er findet es bei aller Verehrung für die Antike nicht abwegig, einen ausführlichen Vergleich zwischen der Seefahrt bei den Griechen Homers und bei den Tahitiern anzustellen. Die vereinte Macht von ganz Griechenland, meint er, die gegen Troja in See ging, konnte nicht beträchtlicher sein als die Flotte von 159 Doppelschiffen, die vor seinen Augen der König O-Tuh zum Angriff gegen die Nachbarinsel Eimeo rüstete, und er kann sich deren Anblick nicht furchtbarer vorstellen als eine solche Zahl tahitischer Kriegsfahrzeuge, die mit je 50 bis 120 Ruderern bemannt sind.

Freilich werden die Südseebewohner wild und unberechenbar, wenn sie von unverständigen Europäern brutal oder ungerecht behandelt werden. Durch die Vorsicht und Erfahrung des Kapitäns Cook wurden trotz mancher schwierigen Lage ernstere Konflikte mit ihnen vermieden. Weniger glücklich war das Begleitschiff, die "Adventure", die schon unterwegs die Verbindung mit der "Resolution" verloren hatte und im Verlauf der ganzen Reise nicht wieder mit ihr zusammentraf. Auf Neuseeland wurde die zehnköpfige Besatzung eines ihrer Boote von den Eingeborenen bis auf den letzten Mann erschlagen. Die Suchmannschaft, die ausgesandt wurde, um nach dem Schicksal ihrer unglücklichen Kameraden zu forschen, fand kurz nach dem Überfall an der Stelle der Tat viele Körbe voll zerstückelter menschlicher Glieder, während noch am Strande die Hunde der Neuseeländer die herumliegenden Eingeweide fraßen. Aber auch solche Vorkommnisse und selbst die Abscheu vor der Menschenfresserei, die viele der Inselstämme betreiben, können ihn nicht an einer gerechten Würdigung dieser Eingeborenen, ihrer Sitten und Lebensweise hindern. Fast immer sind es nach Forsters Ansicht die Europäer, die an solchen Ereignissen die Schuld tragen. Das Schiffsvolk ist den Eingeborenen gegenüber roh und kennt hier keine Hemmungen der europäischen Zivilisation. Auf der Osterinsel, wo die Reisenden die rätselhaften steinernen Bildwerke bestaunten, spielten sich tolle Orgien mit den eingeborenen Weibern ab, die sich den Matrosen meist willig hingaben. "Die wenigen, welcher wir hier und da ansichtig wurden, waren die ausschweifendsten Creaturen, die wir je gesehen. Sie schienen über alle Scham und Schande völlig weg zu sein, und unsre Matrosen taten auch, als wenn sie nie von so etwas gehört hätten; denn der Schatten der colossalischen Monumente war ihnen in Hinsicht auf ihre Ausschweifungen schon Obdachs genug."

Gleich beim ersten Zusammentreffen mit den Eingeborenen von Tahiti wirft er die Frage auf, was wohl in Zukunft aus diesen Menschen unter dem Einfluss der europäischen Zivilisation werden wird. Fast glaubt er noch, dass dieser Kontakt nur vorübergehend sein könnte. "Es ist wirklich im Ernste zu wünschen, dass der Umgang der Europäer mit den Einwohnern der Südseeinseln in Zeiten abgebrochen werden möge, ehe die verderbten Sitten der zivilisierten Völker diese unschuldigen Leute anstecken können, die hier in ihrer Unwissenheit und Einfalt so glücklich leben. Aber es ist eine traurige Wahrheit, dass Menschenliebe und die politischen Systeme von Europa nicht miteinander harmonieren." Immer wieder beschäftigt ihn der Gedanke, dass der Einbruch der Europäer in die Welt der Südsee beiden Teilen kein Glück bringen wird. Beim Abschied von Tahiti schreibt er: "Wahrlich, wenn die Wissenschaft und Gelehrsamkeit einzelner Menschen auf Kosten der Glückseligkeit ganzer Nationen erkauft werden muss, so wäre es für die Entdecker und Entdeckten besser, dass die Südsee den unruhigen Europäern ewig unbekannt geblieben wäre."

 

Nach mehr als zweijährigem Aufenthalt in der Südsee entschloss sich Kapitän Cook endlich zur Heimkehr. In der Zone der braven Westwinde ging die weite Fahrt von Neuseeland bis zur Südspitze Südamerikas ungewöhnlich rasch vonstatten. Im Durchschnitt wurden täglich 40 Seemeilen zurückgelegt, was für ein Schiff von der Bauart der "Resolution", das speziell für Forschungszwecke im Eis und auf langer Fahrt ausgewählt war, schon eine hohe Geschwindigkeit bedeutete.

In der unwirtlichen "Tierra del Fuego" lernten sie noch einmal ein neues Volk kennen, das wegen des einzigen Wortes, «las die Eingeborenen unentwegt in klagendem Ton ausstießen, die "Pesserähs" genannt wurde. Nach Forsters Urteil sind die Feuerländer die elendesten und kläglichsten Menschen, die es wohl auf der ganzen Welt gibt, dem tierischen Zustand näher als jedes andere Volk. Es waren kleine, hässliche Kerle, die rohes, halbverfaultes Seehundfleisch und ekelhaftes tranartiges Fett aßen und davon einen unerträglichen fauligen Gestank ausdünsteten, so dass man sie mit geschlossen Augen schon aus weiter Entfernung wittern konnte. Dieser Gestank war so schlimm, dass hier zum ersten Male auf der ganzen Reise selbst die Matrosen sich nicht mit den Weibern der Eingeborenen abgeben wollten.

Im Atlantik steuerte Cook noch einmal nach Süden, entdeckte die Inselgruppe von Süd-Georgien und stieß wieder bis 60 Grad Breite gegen den Polarkreis vor. Als auch hier der Südkontinent nicht erreicht war, nahm er endgültig Kurs auf das Kap der Guten Hoffnung und kehrte nach einem kurzen Erholungsaufenthalt in Kapstadt über Sankt Helena nach England zurück. Am Mittag des 30. Juli 1775, drei Jahre und 18 Tage nach ihrer Abfahrt von Plymouth, ließ die "Resolution" auf der Reede von Spithead die Anker fallen. Die Weltumsegelung, die erste in östlicher Richtung, dazu die erste Südpolarfahrt überhaupt, war vollendet. Die Reisenden hatten auf der "Resolution" in diesem Zeitraum eine größere Anzahl von Meilen zurückgelegt als je ein anderes Schiff vorher. Die Gesamtlänge ihrer Kurslinie betrug mehr als das Dreifache des Erdumfangs.

Mit bescheidenem Stolz zieht Forster das Ergebnis dieser drei Jahre: "Der Hauptzweck unsrer Reise war erfüllt. Wir hatten nämlich entschieden, dass kein festes Land in der südlichen Halbkugel innerhalb des gemäßigten Erdgürtels liege. Wir hatten sogar das Eismeer jenseits des antarktischen Zirkels durchsucht, ohne so beträchtliche Länder anzutreffen, als man daselbst vermutet hatte. - In andern Jahreszeiten hatten wir das stille Weltmeer innerhalb der Wendezirkel befahren und daselbst den Erdbeschreibern neue Inseln, den Naturkundigen neue Pflanzen und Vögel und den Menschenfreunden insbesondere verschiedene, noch unbekannte Abänderungen der menschlichen Natur aufgesucht." So viel aber auch diese Reise zur Erweiterung der Kenntnisse von der Beschaffenheit der Erde beigetragen hat, unvergleichlich viel mehr bleibt noch zu tun. "Unzählig sind die unbekannten Gegenstände, welche wir, aller unsrer Einschränkungen ungeachtet, noch immer erreichen können. Jahrhunderte hindurch werden sie noch neue, unbeschränkte Aussichten eröffnen, wobei wir unsere Geisteskräfte in ihrer eigentümlichen Größe anzuwenden und in dem herrlichsten Glänze zu offenbaren Gelegenheit finden werden."

 

Das gespannte Verhältnis, das zwischen Reinhold Forster und Kapitän Cook während der ganzen Reise geherrscht hatte, führte in England zum offenen Konflikt. Die Admiralität griff ein und versagte Forster nicht nur das vorher zugestandene Anrecht auf Mitbenutzung der herrlichen Kupferstiche, die nach den Bildern des Malers Hodges von Menschen und Landschaften der Südsee gefertigt worden waren, sondern sie untersagte ihm überhaupt jede selbständige Veröffentlichung über den Verlauf der Reise. Für Reinhold Forster, der wirkliche Forscherqualitäten mit einem erstaunlichen Maß an Geltungsbedürfnis verband, war dies der schwerste Schlag seines an Enttäuschungen reichen Lebens. Dass nun an seiner Stelle sein Sohn Georg die große Reisebeschreibung herausgab, übrigens unter voller Würdigung der Leistungen des Vaters, erfüllt ihn mit tiefer Verbitterung. Statt sich der Vollendung der eigenen Arbeit im Werke des Sohnes zu erfreuen, sah er in ihm von jetzt an den großen Rivalen. Georg Forster veröffentlichte sein Buch 1777 in London unter dem Titel "A Voyage round the World", im gleichen Jahre, in dem auch Cook sein Reisewerk herausgab. Die deutsche Ausgabe erschien mit einer Widmung an Friedrich den Großen in den Jahren 1778 und 1780 bei Haude und Spener in Berlin.

Georg Forsters Schilderungen haben das deutsche Bild von der Südsee auf fast ein Jahrhundert entscheidend geformt, nicht nur in wissenschaftlichen Fachkreisen, sondern darüber hinaus im allgemeinen Bildungsbewusstsein. Der Literarhistoriker Hermann Hettner nennt es ein Meisterwerk feinster Menschenbeobachtung und zugleich ein Meisterwerk unnachahmlicher Poesie. "O-Taheiti vor allem ist der Zaubername, der sich seitdem in jedes fühlenden Menschen Phantasie festsetzte. Will Jean Paul das Süßeste irdischer Glückseligkeit nennen, so ruft er uns O-Taheiti (Tahiti) ins Gedächtnis Ähnlich wie Italien durch Jahrhunderte das Land der Sehnsucht für viele Völker Europas war, wo sie unter südlicher Sonne auf klassischem Boden Ergänzung und Erfüllung des eigenen Wesens suchten, so wurde die Südsee zum Sehnsuchtsziel für viele europamüde Geister, die wie R. L. Stevenson oder der Maler Paul Gauguin neue Reize und exotische Stimmungen suchten.


Kassel und Wilna

Da nun auch die erhoffte materielle Belohnung für seine Teilnahme an der Erdumsegelung ausblieb, versank Reinhold Forster in Erbitterung und neue Schulden. Seine Familie hatte kaum die nötigsten Mittel zum Lebensunterhalt. Georg reiste nach Paris und versuchte, dort wertvolle ethnographische Sammlungsgegenstände aus der Südsee zu verkaufen. Dann ging er nach Deutschland in der Hoffnung, hier für den Vater und für sich selbst eine Anstellung zu finden. Der Ruhm des Weltreisenden öffnete ihm viele Türen. Landgraf Friedrich II. von Hessen, derselbe, der Tausende seiner Landeskinder an England zum Kampf gegen die amerikanische Unabhängigkeitsbewegung verkaufte, wollte ihn als Professor der Naturwissenschaften an seinem Collegium Carolinum in Kassel halten. Vergebens versuchte Georg, den Ruf auf seinen Vater abzulenken; man wollte ihn selbst, nicht den streitsüchtigen Reinhold Forster. Schließlich nahm er an, und es gelang ihm, später für den Vater eine Dozentur in Halle zu erwirken.

Im Alter von fünfundzwanzig Jahren wurde Georg Forster, der in Petersburg und in England insgesamt kaum mehr als zwei Jahre die Schule und nie eine Universität besucht hatte - beides mussten ihm der Umgang mit dem Vater und die Weltreise ersetzen -, Hochschullehrer. Fünf Jahre, von 1779 bis 1784, blieb er in Kassel. Neben seiner Lehrtätigkeit und der Verwaltung des Naturalienkabinetts musste er sich mit vielerlei literarischer Kleinarbeit befassen, um sein bescheidenes Gehalt zu erhöhen, denn wie der Vater verstand auch er nicht, mit Geld umzugehen, sondern befand sich dauernd in finanziellen Nöten. Aus religiösen Motiven geriet er mit seinem Freund, dem Chirurgen Sömmering, in die Kreise der Rosenkreuzer, eines damals weit verbreiteten Geheimbundes, von dem er sich später nur unter heftigen inneren Kämpfen und Schwierigkeiten lösen konnte. Zu größeren wissenschaftlichen Arbeiten kam er nicht, fand aber anregenden Verkehr an der Universität Göttingen, wo er sich besonders an den berühmten klassischen Philologen Heyne und den Physiker Lichtenberg anschloss.

Auf die Dauer konnte ihn jedoch die Tätigkeit in Kassel nicht recht befriedigen. Als man ihm daher im Jahre 1784 einen Ruf an die soeben erneuerte polnische Universität in Wilna anbot, sagte er zu, weil ihn die dort gestellten Aufgaben, Pflege der angewandten Naturwissenschaften, vor allem Erforschung der Bodenschätze und Förderung der Landwirtschaft durch Erprobung nützlicher Pflanzenkulturen, besonders reizten. Vor der Abreise verlobte er sich mit Therese Heyne, einem nicht gerade schönen, aber klugen und reizvollen Mädchen, das gleichzeitig mehr als einen Liebhaber in Atem zu halten verstand.

Zur Reise nach Wilna nahm er sich fast ein halbes Jahr Zeit. In Clausthal und Zellerfeld im Harz und in Freiberg studierte er den Bergbau, um sich auf seine künftige Arbeit vorzubereiten. In Wien blieb er nahezu zwei Monate. Joseph II. empfing ihn in Audienz. Der Kaiser ließ sich von der Südsee und von Cook erzählen und interessierte sich für den Nutzen des Sauerkrautes auf Seereisen. Schließlich fragte er nach Forsters Absichten in Polen. Als dieser tiefgründige Ausführungen über den allgemeinen Bildungswert der Naturwissenschaften machte, die er dort lehren wollte, sagte der Kaiser: "Wenn Sie Leute finden, die Sie verstehen, ist's schon gut, aber ich fürchte sehr das Gegenteil." Er meinte, man sollte dort statt der Wissenschaften lieber erst das Alphabet lehren.

Auch in der Wiener Gesellschaft wurde der junge ruhmreiche Gelehrte überall herzlich aufgenommen. Theaterbesuche, Ausflüge und Liebeleien wechselten mit Empfängen bei Staatsmännern und Gelehrten. Es war eine Zeit heiterer Geselligkeit und unbekümmerten Lebensgenusses, die einzige in Forsters kurzem Leben. Man machte ihm Angebote, in Wien zu bleiben, und langsam begann es ihm zu dämmern, dass sein Entschluss, nach Wilna ans Ende der zivilisierten Welt zu gehen, ihn auf einen Irrweg führen könnte. "Liebes Wien", schreibt er in sein Tagebuch, "welche Rosenketten windest Du um den armen Forster. O, wer frei wäre, bliebe hier, aber Liebe und Pflicht weisen mich nach Sarmatien. Liebe, englische Therese, ich opfere dies alles auf und ziehe um Deiner Liebe willen nach Polen."

Dort angekommen findet er alles noch weit schlimmer, als er es erwartet hatte. "So gefasst ich auf alles war", schreibt er in einem Brief an Jacobi, "erschrak ich doch heftig bei meinem Eintritt in dieses Land, es war der Verfall, die Unfläterei im moralischen und physischen Verstande, die Halbwildheit und Halbkultur des Volks, die Ansicht des sandigen, mit schwarzen Wäldern überall bedeckten Landes, die über alle Vorstellungen gingen, die ich mir hatte machen können." Selbst die polnische Sprache missfiel ihm, er fand sie schwer und barbarisch, weil darin alle die Konsonanten zuviel sind, die die Otaheitier zu wenig haben.

Seinen eigentlichen Arbeitskreis an der Universität fand er erträglicher. Die Kollegen waren durchweg annehmbare Leute, die Einheimischen meist Jesuiten, daneben mehrere Ausländer. Seine Vorlesung über Naturgeschichte, die er auf Lateinisch hielt, wurde von dreißig bis vierzig Hörern besucht, vorwiegend Mönchen, aber auch fünfzehnjährigen Knaben und einigen polnischen Damen, die etwas von Botanik hören wollten. Freilich fehlte es überall an Geld zum Ausbau der Universitätseinrichtungen. Der botanische Garten, den er betreuen sollte, war klein und gänzlich verkommen, die Naturaliensammlung nennt er "ein Kind in der Wiege und nicht einmal ein schönes Kind." Gleich zu Anfang wurde ihm klar, dass er es allein hier nicht lange aushalten könnte. Es fehlten ihm die Freunde, der Verkehr mit Gleichgesinnten und das ernsthafte geistige Leben, das ihm in seiner Kasseler Zeit wenigstens Göttingen geboten hatte. "Ich fand keinen Schädel, der dem meinigen hätte Nahrung geben können." Im Sommer des nächsten Jahres reiste er nach Deutschland, um Therese zu heiraten und nach Wilna zu holen.

In Göttingen fand er seine Braut in einer heftigen Liebschaft mit dem jungen Regierungsauditor Meyer, einem ehemaligen Lieblingsschüler ihres Vaters. Die Situation schien verfänglich, doch Forster war zur Nachsicht bereit und willigte in eine schwärmerische Freundschaft zu dritt. Im September fand die Hochzeit statt. Auf der Rückreise besuchte das junge Paar Goethe in Weimar. In Halle erwarb Forster rasch den medizinischen Doktorgrad, um durch Ausübung einer Praxis sein Einkommen erhöhen zu können. Noch vor Beginn des Winters kamen sie in Wilna an.

Die Briefe Forsters aus den ersten Monaten sprechen von jungem Eheglück, vergnügtem häuslichem Leben und abendlicher gemeinsamer Lektüre. Doch sehr bald stellte es sich heraus, dass Therese sich hier nicht wohlfühlen konnte. Mehr noch als Forster, der wenigstens seine berufliche Arbeit hatte, entbehrte sie die Geselligkeit, den Umgang mit interessanten Menschen, die sie beachteten und verstanden. Auch die Gekurt einer Tochter vermochte sie nicht mit dem Leben in Wilna auszusöhnen. Forster veröffentlichte mehrere kleine Arbeiten, darunter einen schönen Essay über Cook, der auf seiner letzten Reise in die Südsee von Eingeborenen auf Hawaii erschlagen worden war. Zu einem größeren wissenschaftlichen Werk fehlten ihm hier alle Voraussetzungen. Sein Vertrag band ihn auf acht Jahre an die Universität Wilna. Da er bedeutende Vorschüsse genommen hatte, war er aus eigener Kraft nicht imstande, ihn vorzeitig zu lösen.

Plötzlich trat ein Ereignis ein, das seinem Leben eine ganz neue Richtung geben sollte. Die Zarin Katharina plante, mit fünf Schiffen eine auf mehrere Jahre berechnete russische Expedition in die Südsee zu schicken, an der Forster als bewährter Naturforscher und bester Kenner der pazifischen Verhältnisse teilnehmen sollte. Die Bedingungen waren für ihn sehr günstig. Sie lösten alle seine Verbindlichkeiten in Wilna, sicherten den Unterhalt seiner Familie während der Reise und stellten ihm eine lebenslängliche Pension in Aussicht. Forster sagte begeistert zu, und mit dem Gefühl eines freigelassenen Gefangenen verließ er im August 1787 mit Frau und Kind Polen, um in Göttingen seine Reisevorbereitungen zu treffen. Aber dann blieben die Nachrichten aus Petersburg aus, und schließlich wurde ihm mitgeteilt, dass wegen des Kriegsausbruches zwischen Russland und der Türkei das Unternehmen auf unabsehbare Zeit verschoben werden müsste. Forster war schwer enttäuscht und stürzte sich sofort auf ein neues Reiseprojekt, den Plan der Spanischen Regierung, eine Expedition auf die Philippinen zu entsenden. Doch auch dies zerschlug sich. Als Gewinn blieb ihm die Lösung seiner Verpflichtungen in Wilna und die Aufmerksamkeit der gelehrten Welt, die durch diese Forschungspläne wieder auf seine Person gelenkt worden war.

Zu dem Schmerz über das Scheitern der Reiseprojekte kamen für Forster häusliche Kümmernisse. Therese hatte in Göttingen die Beziehungen zu ihrem alten Liebhaber Meyer wieder aufgenommen. Es kam zu ehelichen Auseinandersetzungen, in deren Verlauf Forster zeitweilig an Scheidung dachte. Aber schließlich fehlte ihm dazu die Kraft; trotz allem konnte er sich das Leben ohne die geistvolle, lebendige Frau nicht mehr vorstellen. Durch die Abreise Meyers nach England wurde der Konflikt äußerlich beigelegt.


Ansichten vom Niederrhein

In Kassel und Wilna hatte Forster erfahren, dass er zum Universitätsdozenten weder die rechte Neigung noch besonderes Talent besaß. Als sich ihm daher die Möglichkeit bot, in Mainz, wo schon sein alter Freund Sömmering tätig war, die Stelle des Universitätsbibliothekars zu bekommen, nahm er das Angebot gern an in der Erwartung, dadurch die Muße und Unabhängigkeit zu ungestörten eigenen Arbeiten zu finden.

Im Herbst 1788 trat er das neue Amt an. Seine Stellung als Protestant an der katholischen Kurmainzer Universität war anfangs nicht einfach, doch gewann er durch sein verbindliches und ausgleichendes Wesen bald an Boden. Noch immer umgab ihn der Ruhm des Weltreisenden. Viele durchreisende Fremde besuchten sein Haus, in dem Therese eine betriebsame Geselligkeit entfaltete. Um die Mittel dafür aufzubringen, musste er sich wieder mit mancherlei literarischen Nebenarbeiten befassen, die seinen eigentlichen Interessen fern lagen. Bald klagte er seinem Freund Jacobi: "Den ganzen Winter muss ich kompilieren und übersetzen! Mein Kopf ist leer, ich weiß der Welt nichts Eigenes mehr zu sagen. Wer doch auch nach Italien oder nach England oder nach Spanien oder noch weiter hin, wo nur irgend Neues zu sehen ist, reisen könnte! Denn am Ende, mehr hat man doch nicht, als was einem durch diese zwei kleinen Öffnungen der Pupille fällt und die Schwingungen des Gehirns erregt! Anders als so nehmen wir die Welt und ihr Wesen nicht in uns auf. Die armseligen vierundzwanzig Zeichen reichen nicht aus; etwas ganz anderes ist die Gegenwart der Dinge und ihr unmittelbares Einwirken. Ich werde in diesen Tagen fünfunddreißig Jahr alt, die beste, weit die beste Hälfte des Lebens ist dahin und mir wie unnütz verflossen!"

Da ihm das Schicksal einen neuen Aufbruch in ferne überseeische Welten versagt hatte, entschloss er sich zu einer Reise rheinabwärts nach England, auf der er neue Anregungen sammeln wollte und zugleich in London eine nachträgliche Belohnung für sein Südseewerk zu erlangen hoffte. Die Beschreibung dieser Reise, die "Ansichten vom Niederrhein", ist das zweite große Werk, das seinen Namen berühmt machte. Sein Begleiter wurde der zwanzigjährige Alexander von Humboldt. Der Weg führte in drei Monaten über die Städte des Niederrheins, Brüssel, Antwerpen und Holland nach England.

 

Der Kulturhistoriker W. H. Riehl hat in einem Aufsatz "Das landschaftliche Auge" darauf hingewiesen, dass jede neue Epoche in der Geistesgeschichte zugleich auch einen neuen "Blick" für eine andere Art landschaftlicher Schönheit zur Folge hat. "Dies greift so tief", sagt Riehl, "dass man sich wohl gar der Täuschung hingeben könnte, verschiedene Zeiten hätten nicht nur mit unterschiedlichem Geistesauge, sondern auch mit anderer Sehkraft die Naturschönheit angeschaut." Auch Forster sieht die Landschaft anders als die Menschen vor ihm und nach ihm. Nicht das Engtal des Rheins zwischen Bingen und Rhens, das mit seinen felsigen Schluchten und Burgen später für das romantische Naturgefühl zum Inbegriff landschaftlicher Schönheit wurde, verdient nach seinem Urteil den höchsten Preis. "Für die Nacktheit des verengten Rheinufers unterhalb Bingen erhält der Landschaftskenner keine Entschädigung. Die Hügel zu beiden Seiten haben nicht jene stolze, imposante Höhe, die den Beobachter mit einem mächtigen Eindruck verstummen heißt, ihre Einförmigkeit ermüdet endlich... Einige Stellen sind wild genug, um eine finstere Phantasie mit Orkusbildern zu nähren, und selbst die Lage der Städtchen, die eingeengt sind zwischen den senkrechten Wänden des Schiefergebirges und dem Bette des furchtbaren Flusses, - furchtbar wird er, wenn er von geschmolzenem Alpenschnee oder von anhaltenden Regengüssen anschwillt, - ist melancholisch und schauderhaft." Dagegen geht ihm das Herz auf in den fruchtbaren Flächen des Rheingaues und vor allem in der Gegend von Koblenz: "Hier öffnet sich ein Reichtum der Natur und der Verzierung, den das Ufer des Rheins seit der Gegend, wo der Fluss die Schweiz verlässt, nirgends zeigt."

Dass der Rhein unterhalb von Bingen in engem Felstal das Schiefergebirge durchbricht, statt sich in die flachere Gegend zu ergießen, ist auf den ersten Blick kaum begreiflich. Das Problem verdient nähere Betrachtung. Gleich im Anschauen des Gegenstandes entwickelte Forster eine Hypothese zur Erklärung. "Wenn es überhaupt dem Naturforscher ziemt, aus dem vorhandenen Wirklichen auf das vergangene Mögliche zu schließen, so scheint es denkbar, dass einst die Gewisser des Rheins vor Bingen, durch die Gebirgswände gestaut und aufgehalten, erst hoch anschwellen, die ganze flache Gegend überschwemmen, bis über das Niveau des Bingerlochs anwachsen und dann unaufhaltsam in der Richtung, die der Fluss noch jetzt nimmt, sich nordwärts darüber hinstürzen mussten. Allmählich wühlte sich das Wasser tiefer in das Felsenbett, und die flachere Gegend trat wieder aus demselben hervor." Wenn auch dieser Erklärungsversuch mit unserer heutigen Auffassung von der Entstehung derartiger Talbildungen nicht mehr ganz übereinstimmt, so war er doch ein notwendiger Schritt auf dem Wege zur Gewinnung der späteren morphologischen Erkenntnisse.

Das Vorkommen von Basalt und Bimsstein im Siebengebirge führt zu eingehenden Erörterungen über die neptunistische und plutonistische Theorie zur Erklärung der Erdgeschiente, die damals die Gemüter bewegten. Der junge Alexander von Humboldt, der auf dieser Reise die entscheidenden Anregungen für seine künftige Forschungsrichtung empfing, ist der rechte Gefährte für solche Betrachtungen, wobei niemals vorgefasste Theorie, sondern kritische Beobachtung der Natur den Ausgangspunkt bildet. Zu gesicherten Erkenntnissen über die Geschichte der Erdoberfläche, meint Forster, wird man nicht kommen, ehe man nicht wenigstens ein paar Meilen tief in die Erde hinabgestiegen ist. "Bedenkt man aber, mit welchen Schwierigkeiten wir bisher nur wenige Klafter tief in das Innere der Gebirge gedrungen sind, so müssen wir über die Arbeit staunen, die nicht uns, sondern den späten Nachkommen des Menschengeschlechtes aufgehoben bleibt, wenn sie vor lauter ewigem Frieden nicht wissen werden, was sie mit ihrer Zeit und ihren Kräften anfangen sollen."

Auch der Weinbau, durch den weite Strecken des Rheinufers ihr Gepräge erhalten, gibt Anlass zu mancherlei Betrachtungen. In ästhetischer Hinsicht, findet Forster, ist er kein Gewinn für die Landschaft. "Der Weinbau gibt wegen der krüppelhaften Figur der Reben einer jeden Landschaft etwas Kleinliches; die dürren Stöcke, die jetzt von Laub entblößt und immer steif in Reih und Glied geordnet sind, bilden eine stachlige Oberfläche, deren nüchterne Regelmäßigkeit dem Auge nicht wohl tut." Auch für die Menschen, die im Weinbau tätig sind, ist seine Wirkung nach Forsters Meinung nicht günstig. Er fordert nur kurze Zeit im Jahr angestrengte Arbeit, nur auf sechs bis sieben mäßige oder schlechte Jahre kommt ein gutes. Als Folge davon glaubt Forster Leichtsinn und Indolenz, ja sogar eine daraus entspringende Verderbtheit des moralischen Charakters feststellen zu müssen. Der Grundeigentümer freilich kommt, rein wirtschaftlich gesehen, immer auf seine Kosten, denn der Ertrag des guten Jahres entschädigt ihn vollauf für die Verluste der schlechten. "Man rechnet, dass die guten Weinländer sich, ein Jahr ins andere gerechnet, zu sieben bis acht Prozent verinteressieren, des Misswachses unbeschadet. Es wäre nun noch die Frage übrig, ob dieser Gewinn der Gutsbesitzer den Staat für die hingeopferte Moralität seiner Glieder hinlänglich entschädigen kann."

Auf dem Ehrenbreitstein gab es mancherlei zu sehen, ein Zeughaus mit seltsamen alten Waffen, den Vogel "Greif", eine ungeheure Kanone, die eine Kugel von 160 Pfund bis nach Andernach schießen soll, "aber doch wohl nie geschossen hat", und vor allem die wunderbare Aussicht auf Koblenz, den Rhein und die Mosel, die wie eine Landkarte dem Beschauer zu Füßen liegen. Aber nichts von all dem macht ihm einen so tiefen Eindruck wie der Anblick einer Schar von Gefangenen, die in einem Verließ mit ihren Ketten rasseln und durch dunkle Gitterfenster die Vorübergehenden um Mitleid und ein Almosen anflehen. Das Bild von Menschen, die auf solche Weise der Freiheit beraubt sind, erschüttert ihn tief. "Wäre es nicht billig, fiel mir dabei aufs Herz, dass ein jeder, der Menschen zum Gefängnis verurteilt, wenigsten einen Tag im Jahre mit eigenen Ohren ihr Gewinsel, ihre himmelstürmende Klage vernehmen müsste, damit ihn nicht der tote Buchstabe des Gesetzes, sondern eigenes Gefühl und lebendiges Gewissen von der Rechtmäßigkeit seiner Urteile überzeugte?" Die Abschaffung der Todesstrafe, findet er, hat die Menschen nur noch grausamer gemacht, als sie vorher waren. Wenn schon der "bürgerliche Vertrag" dem Richter erlaubt, um der Sicherheit aller übrigen willen einem Menschen auf Lebenszeit die Freiheit zu nehmen, so ist es doch mehr als fraglich, ob das nicht zwecklose Grausamkeit und im Grunde schlimmer als ein Todesurteil ist. "Allein die Furcht vor dem Tode, die nur durch eine der Würde des Menschen angemessene Erziehung gemildert und in Schranken gehalten wird, lehrt den Richter, das Leben in immerwährender Gefangenschaft als eine Begnadigung schenken, und den Verbrecher, es unter dieser Bedingung dankbar hinnehmen. Auch hier wirkt also die Furcht, wie sie sonst immer zu wirken pflegt: sie macht grausam und niederträchtig."

In Neuwied besucht er eine Kirche der Herrnhuter, ein einfaches helles Gebäude, das ihm gut gefällt. An der Stelle des Liebesmahles der alten Christen ist hier die Sitte des gemeinschaftlichen Teetrinkens in der Kirche eingeführt, wozu sich die Gemeinde regelmäßig versammelt. Nicht nur weil er selbst ein begeisterter Freund des Tees ist, begrüßt Forster diese Gewohnheit; man sollte alles fördern, was zu Geselligkeit und frohem Genuss des Daseins führt. Davon findet er freilich bei den Herrnhutern nicht gerade viel. Dass sie zum Beispiel die ledigen Männer und Frauen mit klösterlicher Strenge von einander trennen, ist ihm ein Zeichen von Weltflucht, die zu nichts Gutem führen kann. "Ich glaube in meiner Erfahrung hinlänglichen Grund zu der Überzeugung zu finden, dass man in der Welt nie stärker gegen das Böse und seine Anfechtungen ist, als wenn man ihm mit offener Stirne und edlem Trotz entgegengeht: wer vor ihm flieht, ist überwunden."

 

Von allen Städten am Ufer des Rheins bot keine aus der Ferne einen so reizvollen Anblick wie Köln mit seinen unzähligen Türmen. Trotzdem nennt er es finster und traurig. Das Innere der weitläufigen, damals halb entvölkerten Stadt stimmte wenig überein mit dem vielversprechenden Anblick von der Flussseite her, und krasse Unduldsamkeit, für Forster eine der schlimmsten Verirrungen des menschlichen Geistes, war hier zu Hause. Vor kurzem hatte der Magistrat endlich auch den Protestanten freie Religionsausübung gestattet, zog aber dann die Erlaubnis wieder zurück, weil der Pöbel mit Aufruhr, Mord und Brand drohte.

Und doch barg diese Stadt eines der großartigsten Werke, die Menschenhand je geschaffen, den Dom, zu Forsters Zeit noch ein unvollendeter Torso, der ihn zu einer unvergleichlichen Schilderung hinreißt: "So oft ich Köln besuche, geh ich immer wieder in diesen herrlichen Tempel, um die Schauer des Erhabenen zu fühlen. Vor der Kühnheit der Meisterwerke stürzt der Geist voll Erstaunen und Bewunderung zur Erde; dann hebt er sich wieder mit stolzem Fluge über das Vollbringen hinweg, das nur eine Idee des verwandten Geistes war. Je riesenmässiger die Wirkungen menschlicher Kräfte uns erscheinen, desto höher schwingt sich das Bewusstsein des wirkenden Wesens in uns über sie hinaus. Wer ist der hohe Fremdling in dieser Hülle, dass er so in mannigfaltigen Formen sich offenbaren, diese redenden Denkmäler von seiner Art, die äußeren Gegenstände zu ergreifen und sich anzueignen, hinterlassen kann? Wir fühlen Jahrhunderte später dem Künstler nach und ahnen die Bilder seiner Phantasie, indem wir diesen Bau durchwandern.

Die Pracht des himmelan sich wölbenden Chors hat eine majestätische Einfalt, die alle Vorstellung übertrifft. In ungeheurer Länge stehen die Gruppen schlanker Säulen da wie die Bäume eines uralten Forstes; nur am höchsten Gipfel sind sie in eine Krone von Ästen gespalten, die sich mit ihren Nachbarn in spitzen Bogen wölbt und dem Auge, das ihnen folgen will, fast unerreichbar ist. Lässt sich auch schon das Unermessliche des Weltalls nicht im beschränkten Räume versinnlichen, so liegt gleichwohl in diesem kühnen Emporstreben der Pfeiler und Mauern das Unaufhaltsame, welches die Einbildungskraft so leicht in das Grenzenlose verlängert."

Nach dem Eindruck des erhabenen Bauwerkes vermag Forster seine Aufmerksamkeit nicht mehr auf Einzelheiten zu lenken, weder auf die Glasmalereien der Chorfenster noch auf die kostbaren Reliquien. Doch ganz etwas anderes fesselt ihn, der Anblick seines Begleiters Alexander von Humboldt. "Meine Aufmerksamkeit hatte einen wichtigeren Gegenstand, einen Mann von der beweglichsten Phantasie und vom zartesten Sinne, der zum ersten Male in diesen Kreuzgängen den Eindruck des Großen in der gotischen Bauart empfand und bei dem Anblick des mehr als hundert Fuß hohen Chors vor Entzücken wie versteinert war. O, es war köstlich, in diesem klaren Anschauen die Größe des Tempels noch einmal, gleichsam im Widerschein, zu erblicken!"

In der Stadt gab es viele reiche Leute, daneben aber auch unendliche Armut. In allen Straßen sah er Scharen von zerlumpten Bettlern, die ihr Gewerbe in Köln geradezu systematisch betreiben, indem sie zum Beispiel ihre Plätze an den Kirchentüren erblich hinterlassen oder zum Heiratsgut ihrer Töchter schlagen. Nirgendwo auf der ganzen Reise meint er mehr Aberglauben und mechanische Religionsübung gefunden zu haben als hier. Das bringt ihn auf die Frage, welche Ursachen wohl eine Religion in den verschiedenen Ländern so umbilden können, dass sie auf den Charakter der Bewohner ganz verschiedene Wirkungen ausübt. Warum, fragt er, herrscht in Köln ein schwarzgalliger Fanatismus, in Rom dagegen Leichtsinn und heitere Freude? Sind es die niederländischen Nebel und die milden, gestirnten Nächte Italiens, die diesen Unterschied bewirken? Oder steckt es schon seit undenklichen Zeiten den Italienern und den Deutschen im Blute, dass sich dort der Zauber einer erhöhten Sinnlichkeit über alle Gegenstände breitet, während hier selbst eine Religion, die doch so lebhaft auf die Sinne zu wirken versteht, finster und menschenfeindlich macht? Den Unterschied zwischen dem niedrigen Bettler in Köln und dem edleren Lazzarone in Neapel möchte er größtenteils auf klimatische Gründe zurückführen. In Italien, meint er, entwickelt allein schon das Klima den gesunden Menschenverstand. Wer dort faulenzt, ist nur eben gerade nicht hungrig. Sobald und solange ihn hungert, greift er zur Arbeit. Wer dagegen den Bettlern in Köln von Arbeit sprechen wollte, hätte vergebliche Mühe.

Einen himmelweiten Unterschied fand Forster zwischen Köln und dem reinlichen, wohlhabenden Düsseldorf, einer schön gebauten Stadt mit prächtigen, massiven Häusern und stets geschäftigen und gut gekleideten Einwohnern. Vor zwei Jahren hatte der Kurfürst einen Teil der Festungswerke niederreißen lassen und seinen Untertanen erlaubt, auf diesem Platz zu bauen. Jetzt stand schon eine ganz neue Stadt da mit mehreren langen, nach der Schnur gezogenen Straßen, und in wenigen Jahren wird Düsseldorf noch einmal so groß und um vieles prächtiger sein. Das Geheimnis einer guten Staatsverwaltung, stellt Forster fest, ist gar nicht so schwer zu lösen, es ist eigentlich das Ei des Kolumbus: Der Regent muss nur zur rechten Zeit aufhören, in allem und jedem selbst zu regieren. "Es gehört ein entschiedenes Maß von gutem Willen und ein etwas seltener, selbst bei guten Menschen, wenn sie Macht in Händen haben, ungewöhnlicher Grad von Selbstverleugnung dazu, um nicht zur Unzeit wirken zu wollen und sich lediglich darauf einzuschränken, die Hindernisse aus dem Wege zu räumen, welche der freien, willkürlichen, unbedingten Tätigkeit eines jeden Bürgers im Staate entgegen stehen."

Viele Tage lang besuchte Forster in Düsseldorf die Gemäldegalerie, in der sich damals noch bedeutende Schätze an Rubensbildern befanden. Er hält nicht viel von der Beschreibung von Kunstwerken; wichtiger ist es ihm, die Gedanken und Empfindungen wiederzugeben, die im Beschauer beim Betrachten wach werden, und dadurch die Stimmung zu wecken, aus der heraus es entstanden ist. Forsters ästhetische Anschauungen gehen aus von einer schwärmerischen Verehrung der Antike. An der modernen Kunst tadelt er die Vermengung von künstlerischen und moralischen Gesichtspunkten und die Wahl der Stoffe aus religiösen Motiven. So lässt er die Niederländer und vor allem Rubens nur mit vielen Vorbehalten gelten. Vom .Jüngsten Gericht" meint er: "Nein, es war keine der Musen, die den Künstler zu solchen Ausgeburten begeisterte. An der dithyrambischen Wut, die durch das Ganze strömt, an diesen traubenähnlichen Gruppen von Menschen, die als ekelhaftes Gewürm ineinander verschlungen, eine verworrene Masse von Gliedern und - schaudernd schreib' ich, was ich sehe - einen kannibalischen Fleischmarkt vorstellen, erkennt man die wilde, bacchantische Mänas, die alle Bescheidenheit der Natur verleugnet und voll ihres Gottes den Harmonieschöpfer Orpheus zerreißt." Die Kunstbetrachtungen Forsters in den "Ansichten vom Niederrhein" gaben den Brüdern Boisserée die Hauptanregung für ihre bedeutsame Sammlung von Werken deutscher Kunst, die später in den Besitz der Münchener Pinakothek überging. Sie sind zugleich der Ausdruck einer beginnenden Wandlung, die sich in Forster vollzog, die Abkehr von den Einzelproblemen der Naturwissenschaft und die Hinwendung zu Fragen der Ästhetik und der Kulturphilosophie.

 

In Düsseldorf verlassen die Reisenden den Rhein und wenden sich westwärts. Bei Aachen werden mehrere Tuchfabriken besichtigt, die spanische Wolle verarbeiten und ihre Erzeugnisse wieder in ferne Länder senden. Dieser blühende Handel über die Grenzen von Staaten und Völkern hinweg begeistert den Sohn des Humanitätszeitalters. "Mir wenigstens ist es immer ein fruchtbarer Gedanke, dass hier Tausende von Menschen arbeiten, damit man sich am Euphrat, am Tigris, in Polen und Russland, in Spanien und Amerika prächtiger und bequemer kleiden könne; und umgekehrt, dass man in allen jenen Ländern Tücher trägt, um den Tausenden hier Nahrung und Lebensbedürfnisse aller Art zu verschaffen. Das Phänomen des fortwährenden Austausches verschiedener Produkte der Natur und der Kunst gegen einander ist aber unstreitig desto wichtiger, weil die Ausbildung des Geistes so innig damit verbunden ist."

Bei solcher Bewertung des Handels muss auch der Beruf des großen Kaufmannes besonders bedeutungsvoll erscheinen. Sein Unternehmungsgeist wird einer unabsehbaren Zahl von Menschen zur Quelle des Wohlstandes und des häuslichen Glücks. Seine Spekulationen umfassen das ganze Rund der Erde und knüpfen die Kontinente aneinander. Durch seinen unmittelbaren Einfluss auf die Entwicklung und Bildung der Menschheit wird er nicht nur einer der aufgeklärtesten, sondern zugleich einer der glücklichsten Menschen.

Die Reise geht weiter nach Brabant, Flandern und Holland. Fruchtbare, dicht bevölkerte Landschaften wechseln mit alten Städten, die vom Ruhm der Vergangenheit leben, und anderen, in denen Handel und moderne Manufakturen neues Leben schaffen. Alle sind sie durchzittert von der politischen Bewegung, die von den ersten Ereignissen der französischen Revolution ausging und ihre Wellen auch in die Gebiete jenseits der Grenzen Frankreichs schlug. Forster entwickelt hier eine ganz neue Form der Städteschilderung. Die Reisebeschreibungen seiner Zeit erschöpften sich bei der Betrachtung der Städte meist in langatmigen statistischen Erörterungen, die dann noch durch die Aufzählung von allerlei Kuriositäten belebt wurden. Forster dagegen sieht die Städte als historisch gewordene Organismen, als die großartigen Schauplätze konzentrierter menschlicher Tätigkeit.

In den ebenen Gefilden von Artois und im Hennegau umsäumen Reihen von schlanken Ulmen, Espen und Pappeln jedes Feld, jeden Weg und die Kanäle. Sie laufen meilenweit fort in majestätischen Alleen und bilden anmutige Gehölze um verstreute Hütten und stille Dörfer. "Dies ist das Land der lieblichen, der kühlen Schatten." Der Teppich der Wiesen ist in den feuchten Frühlingstagen herrlich grün geworden, und auch die Weizenäcker schimmern in zarten Smaragdtönen. Schon spürt man in der Atmosphäre den Einfluss der nahen See. "Jener unermessliche blaue Horizont, der sich an die Wölbung des azurnen Himmels anschließt, muss der hiesigen Aussicht eine erhabene Vollkommenheit geben, die nur in wenigen Punkten unserer Erde erreicht werden kann."

 

In Dünkirchen sieht Forster nach zwölf Jahren zum ersten Male wieder das Meer. Der Eindruck bewegt ihn tief. Das Bild jener drei Jahre, die er an Bord der "Resolution" auf dem Ozean zugebracht hatte und die sein ganzes weiteres Leben bestimmten, trat mit zwingender Gewalt vor seine Seele. "Die Unermesslichkeit des Meeres ergreift den Schauenden finstrer und tiefer als die des gestirnten Himmels. Dort an der stillen, unbeweglichen Bühne funkeln ewig unauslöschliche Lichter. Hier hingegen ist nichts wesentlich getrennt; ein großes Ganzes und die Wellen nur vergängliche Phänomene. Ihr Spiel lässt nicht den Eindruck der Selbständigkeit des Mannigfaltigen zurück; sie entstehen und türmen sich, sie schäumen und verschwinden; das Unermessliche verschlingt sie wieder. Nirgends ist die Natur furchtbarer als hier in der unerbittlichen Strenge ihrer Gesetze; nirgends fühlt man anschaulicher, dass gegen die gesamte Gattung gehalten das Einzelne nur die Welle ist, die aus dem Nichtsen durch einen Punkt des abgesonderten Daseins wieder in das Nichtsein übergeht, indes das Ganze in unwandelbarer Einheit sich fortwälzt."

Doch nicht nur zu ästhetischen Betrachtungen reizt ihn der Anblick. Für Forster wird das Weltenmeer zur Quelle von Völkergröße und Völkerschicksal. "Wir ahnten in Gedanken das gegenüberliegende Ufer und die entfernten Küsten, die der Ozean dem kühnen Fleiße des Menschen zugänglich macht. Wie heilig ist das Element, das Westteile verbindet!"

Amsterdam war die letzte Station Forsters auf dem Kontinent. Seine Beschreibung der großen Metropole Hollands ist eine der eindrucksvollsten Städteschilderungen in deutscher Sprache. Er besucht das Arsenal der Admiralität, ein mächtiges Gebäude von mehr als zweihundert Fuß im Quadrat, das auf 18 000 Pfählen erbaut ist. In drei Stockwerken sind hier die Ausrüstungsgegenstände für ganze Flotten aufgestapelt, Ankertaue und Segel in jeder Größe, Waffen aller Art, Laternen, Kompasse und Flaggen. Vom Werftplatz überschaut er die unermessliche Wasserfläche des Hafens, erst in dämmernder Ferne blinkt der flache Sandstrand des jenseitigen Ufers auf. Wie ein Wald erheben sich die vielen tausend Mastbäume der Indienfahrer, die hier versammelt sind; ankommende und auslaufende Fahrzeuge mit ihren Begleitbooten beleben die Szene. Zum Stapellauf einer großen Fregatte hat sich eine tausendköpfige Menge eingefunden. Auch Forster ist unter den Zuschauern. Die letzten Blöcke werden weggeschlagen, das Haltetau gekappt, und unter dem Jubel der Massen gleitet das Schiff in die Fluten. "So hebt sich himmelan das Herz in stolzer Freude über das Wollen und Vollbringen des menschlichen Geistes." Von Holland aus trat Forster die überfahrt nach England an. Sein Aufenthalt hier brachte ihm nicht den gewünschten Erfolg. Man nahm ihn kalt und zurückhaltend auf. Es gelang ihm nicht, die erwartete nachträgliche Belohnung für das Weltreisebuch zu erlangen, und auch seine andere Hoffnung, die Mittel und den Verleger für ein großes systematisches Werk über die Pflanzenwelt der Südsee zu finden, ging nicht in Erfüllung. Anfang Juli 1790 reiste er über Frankreich zurück nach Mainz.

 

Das Ergebnis der Reise sind die "Ansichten vom Niederrhein", die in den Jahren 1791-94 bei Voß in Berlin erschienen. In den ersten beiden Bänden, die den Verlauf der Fahrt bis Holland enthalten, verarbeitete er den Inhalt seiner Tagebücher mit den Briefen, die er an seine Frau geschrieben hatte. Der dritte Band mit den Aufzeichnungen aus England erschien erst nach Forsters Tode.

Die Jahre seit dem Abschluss seines Südsee-Reisewerkes waren für Forster angefüllt mit nüchterner Pflichtarbeit, die ihm keinen neuen Aufschwung geben konnte. Erst die Fahrt am Niederrhein brachte ihm die neue Befreiung und Entfaltung seiner Kräfte. Freilich war es keine Vergnügungsreise gewesen: "Es gibt vielleicht keine Arbeit, welche so die Kräfte erschöpft als dieses unaufhörliche, mit aufmerksamer Spannung verbundene Sehen und Hören f allein wenn es wahr ist, dass die Dauer unseres Daseins nur nach der Zahl der erhaltenen Sensationen berechnet werden muss, so haben wir in diesen wenigen Tagen mehrere Jahre an Leben gewonnen." - Nach der Weite des durchmessenen Raumes war die Reise nicht entfernt mit der Erdumsegelung zu vergleichen. Aber auch diese Fahrt war in gewissem Sinne eine Weltreise, ein "Blick in das Ganze der Natur" und ein Weg durch den Kosmos aller menschlichen Dinge. Erdgeschichte und Landschaft, Wirtschaftsleben, Handel, kirchliche, soziale und politische Fragen, die Kunst und das wissenschaftliche Leben sind seine Themen. Der ganze Umkreis menschlicher Interessen wird von einem reichen Geist durchleuchtet und geklärt. Leichtigkeit und Tiefe machen das Buch zu einem klassischen Werk deutscher Prosa. Lichtenberg nannte es eines der ersten Werke der Nation.

Noch einen anderen Ertrag brachte die Reise, die erste Verdeutschung von Kalidasas "Sakontala", einer altindischen dramatischen Dichtung, die Forster nach der Übertragung des Engländers Jones übersetzte. Heute ist Forsters Fassung überholt, da mehrere Übersetzungen unmittelbar aus der Ursprache vorliegen, aber zu seiner Zeit gab sie den entscheidenden Anstoße zu einer vertieften Beschäftigung des deutschen Geistes mit der Dichtung des alten Indien. Herder war begeistert über das Werk, und Goethe entnahm ihm die Anregung zu dem "Vorspiel auf dem Theater" im Faust. Kurz nachdem er Forsters Übersetzung erhalten hatte, schrieb er die Verse:

Will ich die Blumen des frühen, die Früchte des späteren Jahres,
will ich, was reizt und entzückt, will ich, was sättigt und nährt,
will ich den Himmel, die Erde mit einem Namen begreifen,
nenn' ich, Sakontala, dich, und so ist alles gesagt.


Revolution in Mainz

Gleich nach der Übernahme des Amtes in Mainz hatte Forster in sein Haus den kursächsischen Legationssekretär Ferdinand Huber gezogen, einen Schöngeist, der sich in dramatischen Dichtungen versuchte und von Forster Förderung seiner poetischen Bemühungen erhoffte. Therese, die sich von Forster schon seit Wilna unverstanden fühlte und sich in Göttingen ganz von ihm entfremdet hatte, versuchte, den jungen Huber zu erziehen. Daraus wurde bald eine schwärmerische Freundschaft und während der Abwesenheit Forsters auf der Rheinreise leidenschaftliche Liebe. "Denn eh Forster nach England ging", schreibt Therese, "hatten wir nie in irgendeinem Verhältnis gestanden, der Zufall entdeckte unsern Herzen, wie nahe sie waren, und Forsters häusliche Ruhe war dahin. Was ich fühlte, diesen Mann immer zu betrügen!" Forster fand wieder nicht die Kraft, seine Ehe zu lösen, und willigte abermals in ein Verhältnis zu dritt. Die kommenden revolutionären Ereignisse trafen einen Mann, der in seinem eigenen Hause ein Fremdling geworden war.

Forster hatte auf der Rückreise von England in Paris die Vorbereitungen zum großen Nationalfest auf dem Marsfeld erlebt. Er fand den Anblick der Begeisterung im Volk herzerhebend, "weil er so ganz allgemein durch alle Klassen des Volkes geht und so rein und einfach auf das gemeine Beste mit Hintansetzung des Privatvorteils wirkt." Auch die weitere Entwicklung der Revolution im nächsten Jahr fand seinen Beifall. Als Goethe im August 1792 durch Mainz kam, verbrachte er mit dem Ehepaar Forster, Huber und einigen anderen Freunden "zwei muntere Abende", aber die Gegensätze in der Beurteilung der Ereignisse waren unverkennbar. "Von politischen Dingen war die Rede nicht", schreibt er in der "Kampagne in Frankreich" von diesem Besuch, "man fühlte, dass man sich wechselseitig zu schonen habe; denn wenn sie republikanische Gesinnungen nicht ganz verleugneten, so eilte ich offenbar, mit einer Armee zu ziehen, die eben diesen Gesinnungen und ihrer Wirkung ein entschiedenes Ende machen sollte."

Im Oktober rückte eine Revolutionsarmee unter General Custine in Mainz ein. Der Kurfürst, viele Beamte und Bürger flohen über den Rhein. Auch Huber zog sich auf Anweisung seiner Regierung nach Frankfurt zurück. Forster entschloss sich, in Mainz zu bleiben. Er mochte sich nicht von seinem Haus und Besitztum trennen und fürchtete als überzeugter Anhänger der Revolution für sich und die Seinen keine Gefahr. Auch hoffte er, durch sein Bleiben die Interessen der Universität bei den Franzosen vertreten zu können. Sein Schwiegervater Heyne billigte diesen Entschluss, gab ihm aber den dringenden Rat, sich nicht in eine zu enge Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht einzulassen. Forster befolgte diesen Rat nicht. Am 10. November trat er in den Mainzer Jakobinerklub ein. Auch Therese scheint ihn zu diesem Entschluss gedrängt zu haben, durch den sie von Forster frei zu kommen hoffte, um sich mit Huber vereinigen zu können. Fünf Tage später hielt er im Klub eine große Rede "über das Verhältnis der Mainzer gegen die Franken", worin er die These vertrat, Mainz müsse für alle Zeiten bei der französischen Republik bleiben und der Rhein sollte in Zukunft die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich werden. Forster hatte sich entschieden, und er war sich klar darüber, was das für ihn zur Folge haben musste. "Ich habe mich für eine Sache entschieden, der ich meine Privatruhe, meine Studien, mein häusliches Glück, vielleicht meine Gesundheit, mein ganzes Vermögen, vielleicht mein Leben aufopfern muss. Ich lasse aber ruhig über mich ergehen, was kommt, weil es als Folge einmal angenommener und noch bewährter Grundsätze unvermeidlich ist."

Forsters Annahme, dass sich die verbündeten Mächte dem Ansturm der revolutionären Kräfte am Rhein militärisch nicht gewachsen zeigen würden, erwies sich als falsch. Anfang Dezember rückten preußische Truppen in Frankfurt ein, und Mainz war bedroht. Therese, die sich mit ihren Kindern nicht den Gefahren eines erneuten Kampfes aussetzen wollte, reiste am 7. Dezember ab, um zunächst in Straßburg die weitere Entwicklung abzuwarten.


Finale in Paris

Forster empfand den Umbruch dieser Jahre als eine der ganz großen Wendezeiten der Geschichte. "Es ist eine der entscheidenden Weltepochen, in welcher wir leben. Seit der Erscheinung des Christentums hat die Geschichte nichts Ähnliches aufzuweisen." Kurz nach der Hinrichtung des Königs ging er als Deputierter der Mainzer nach Paris und verlas dort am 30. März 1793 im Konvent eine von ihm selbst verfasste Adresse, worin er namens des "rheinisch-deutschen Volkes" den Anschluss der von den Franzosen besetzten Rheingebiete an Frankreich forderte. Unter dem Eindruck dieser Kundgebung beschloss der Konvent daraufhin "par acclamation" ein Dekret, das diesem Wunsche entsprach. "Ich bin immer noch mit der Revolution zufrieden", schrieb er am folgenden Tage, "ob sie gleich etwas ganz anderes ist, als die meisten Menschen darunter denken."

Aus innerster Überzeugung hatte sich Forster in Mainz zu den Gedanken der Revolution bekannt. Hier in Paris, wo er die Dinge und die handelnden Personen aus nächster Nähe kennenlernte, brachen alle seine Hoffnung und Ideale in wenigen Wochen zusammen. Am 8. April schreibt er: "Aus der Ferne sieht alles anders aus, als man's in der nähern Besichtigung findet. Ich hänge noch fest an meinen Grundsätzen, allein ich finde die wenigsten Menschen ihnen getreu. Alles ist blinde, leidenschaftliche Wut, rasender Parteigeist und schnelles Aufbrausen, das nie zu vernünftigen, ruhigen Resultaten gelangt." Acht Tage später kommt er zu der Überzeugung: "Je mehr man in die Geheimnisse der hiesigen Intrigue eingeweiht oder besser: je näher man mit dem ekelhaften Labyrinth bekannt wird, worin sich hier alles windet und dreht, desto mehr kalte Philosophie bedarf man, um nicht an allem, was Tugend heißt, zu verzweifeln und nun ruhig von der Gerechtigkeit des Himmels einen guten Ausgang zu erwarten. Es fehlte noch nach allem, was ich die letzte Zeit gelitten habe, dass mir die Überzeugung käme, einem Unding meine letzten Kräfte geopfert und mit redlichem Eifer für eine Sache gearbeitet zu haben, mit der es sonst niemand redlich meint und die ein Deckmantel der rasendsten Leidenschaften ist."

Hat die Revolution den Franzosen das Glück gebracht, das sich die meisten davon erträumt haben? Ob sie glücklicher im gewöhnlichen Sinn des Wortes dadurch geworden sind, meint Forster, können nur diejenigen fragen, die über menschliche Angelegenheiten nie nachgedacht und keine Erfahrungen gesammelt haben. "Die Natur oder das Schicksal fragt nicht nach dieser besonderen Art von Glück. Ihre Sache ist es, dass die Menschen wirken und leiden und in beidem bald Freude genießen, bald Schmerz empfinden."

Im Sommer erhielt er den Auftrag, mit den Engländern über den Austausch von Gefangenen zu verhandeln. Er begab sich zu diesem Zweck vorübergehend nach Arras, aber die Angelegenheit kam nicht vorwärts. Sein Leben in Paris, wo er gar keinen Anschluss an gleichgesinnte Freunde fand, wurde immer einsamer. "Ich bin jetzt da, wo Menschen in meiner Lage sich immer glücklich schätzen können hinzugelangen: im Hafen der Resignation. Aber der Name selbst lehrt schon, dass es die letzte, öde Zuflucht des von Stürmen umhergetriebenen Herzens ist. Ich bin ruhig, aber ich bin ausgebrannt." Alle diese Bekenntnisse sind an Therese gerichtet, denn sie ist jetzt der einzige Mensch, dem er sich noch offenbaren mag. Am 16. April schreibt er an sie: "Du wünschest, dass ich die Geschichte dieser greuelvollen Zeit schreiben möchte? Ich kann es nicht. Oh, seit ich weiß, dass keine Tugend in der Revolution ist, ekelt es mich an. Ich konnte, fern von allen idealischen Träumereien, mit unvollkommenen Menschen zum Ziel gehen, unterwegs fallen und wieder aufstehen und weitergehen, aber mit Teufeln und herzlosen Teufeln, wie sie hier sind, ist es mir eine Sünde an der Menschheit, an der heiligen Mutter Erde und an dem Licht der Sonne."

 

Für einen Forster, der zu solchen Erkenntnissen gekommen war, hatte die Revolution keine Verwendung. Mehr und mehr wurde ihm bewusst, dass seine Rolle ausgespielt war. "Es ist schlechterdings unmöglich, dass ein Mann von meiner Denkungsart, von meinen Grundsätzen, von meinem Charakter sich in einem öffentlichen Posten erhalten und folglich dem Staat nützen könne." Noch glaubt er, dass sich ihm der Rückweg zu einer stillen Gelehrtenexistenz oder zu einem Forschungsauftrag ins Ausland öffnen könnte. Er bewirbt sich um eine Sendung nach St. Domingo, dann wieder denkt er an eine Reise nach Italien, wo er mit einer Reisebibliothek, seinem Malkasten und schönem Zeichenpapier ein stilles Forscherglück zu finden hofft. Wenn er nur vierhundert bis fünfhundert Pfund Sterling auftreiben könnte, möchte er auch noch Persisch und Arabisch lernen und über Land eine Forschungsreise nach Indien machen. In einem Brief an Therese malt er sich dieses Zukunftsbild aus. "Ich könnte vier bis sechs Jahre ausbleiben oder noch länger, ohne zu alt zum Genuss des Überrestes meines Lebens in die Arme meiner Kinder zurückzukehren, und indem ich sie glücklich wiederfände, für die Erfüllung Deiner mütterlichen Pflicht auch Dir einen dankbaren Freund wieder zuzuführen."

Noch lange hatte Forster auf eine Wiedervereinigung mit seiner Frau gehofft. Aber Therese war von Straßburg nach Neuenburg in der Schweiz übergesiedelt, wohin Forster nicht reisen konnte, und Huber war ihr dahin gefolgt, nachdem er den diplomatischen Dienst aufgegeben hatte. Zu einer Rückkehr zu Forster war sie nicht zu bewegen. Nur einmal noch, im November 1793, sah Forster seine Frau und die Kinder bei einer kurzen Begegnung an der Schweizer Grenze.

Auf der Rückkehr von dieser Reise zog er sich eine rheumatische Erkrankung zu, und in Paris musste er sich mit einer Brustfellentzündung zu Bett legen. An den langen Abenden, die er einsam und traurig verbrachte, kamen ihm Todesgedanken. "Wenn es nicht die so dunkle und nun so oft getäuschte Hoffnung wäre", schreibt er kurz vor Weihnachten an Therese, "Euch noch etwas nützen zu können, so hätt' ich doch nun nichts mehr hier zu suchen und wäre wohl berechtigt, meinen Abschied zu fordern. Hundertmal hab ich nun schon erfahren, dass es größer ist zu leben als zu sterben. Jeder elende Hund kann sterben. Aber wenn hernach der Teufel, oder wer ist der schadenfrohe, zähnefletschende Geist in uns, der so einzusprechen pflegt, wenn der mit einem höllischen Spötteln fragt: Was ist dir nun die Größe? Bist du nicht ein eitler Narr, dich für besser als alle anderen zu halten, damit du dich über wirkliches Übel, über unverbesserliche Ungerechtigkeit der Natur täuschen kannst? - Was hat man diesem Adrammelech zu antworten? O mein Gott! da versink ich in meinen Staub, nehme meine Bürde auf midi und gehe weiter und denke nichts mehr als: du musst, bis du nicht mehr kannst, dann hat's von selbst ein Ende."

Krankheitserscheinungen, wie er sie auf der Südseereise bei Skorbutanfällen erlebt hatte, schwächten seinen Körper immer mehr. Die Einsamkeit um ihn war jetzt vollkommen. Ein anderer Mainzer Flüchtling, der Schriftsteller Haupt, war der einzige Mensch, der sich in seiner letzten Krankheitszeit noch um ihn kümmerte. Ein Schlaganfall brachte schließlich das Ende. In Deutschland als Vaterlandsverräter geächtet, von Frau und Freunden verlassen, arm und einsam starb Georg Forster am 10. Januar 1794 noch nicht vierzigjährig in der Fremde.

 

Georg Forsters Bild hat im Wandel der Zeiten eine sehr verschiedenartige Beurteilung erfahren. Der Ruhm, den er sich in jungen Jahren durch die Teilnahme an einer der großen Entdeckungstaten seines Jahrhunderts und durch das Weltreisewerk erwarb, blieb auch über die für Forster unfruchtbare Zeit in Kassel und Wilna lebendig. Er erneuerte und vertiefte ihn durch die "Ansichten vom Niederrhein", brachte sich aber gleich nach deren Erscheinen durch seine politische Laufbahn um jede Wirkung. Sein Tod gab Anlass zu vielen gehässigen Angriffen. Schiller, dem Forster in seinen ästhetischen und kulturphilosophischen Anschauungen besonders nahestand, widmete ihm drei höhnische Xenien. Goethe urteilte weniger hart: "So hat der arme Forster denn auch seinen Irrtum mit dem Leben büßen müssen, wenn er schon einem gewaltsamen Tode entging. Ich habe ihn herzlich bedauert."

Im Bewusstsein der Öffentlichkeit blieb sein Bild lange Zeit getrübt; der politische Irrweg der letzten Jahre überschattete seine Leistungen als Schriftsteller und Künstler. Einer hielt ihm die Treue, sein Schüler und Reisegefährte Alexander von Humboldt. Er hat ihm nicht nur fünfzig Jahre später in seinem Alterswerk, dem "Kosmos", voll tiefen Verständnisses ein literarisches Denkmal gesetzt, sondern er hat in seiner ganzen Lebensarbeit Forsters Anschauungen entwickelt und auf weiten Gebieten der Forschung und der Darstellung fruchtbar gemacht. Humboldt sieht in Forsters Werk "den Keim zu vielem Großen, das die spätere Zeit zur Reife gebracht hat", den Beginn einer neuen Epoche naturwissenschaftlicher Erdbetrachtung, deren Ziel die vergleichende Völker- und Länderkunde ist.

Die moderne Erdkunde hat diese Anschauungen in wissenschaftlicher Spezialisierung unendlich bereichert und vertieft, an Klarheit und Wärme der Darstellungskunst aber selten erreicht und nicht übertroffen. Die geistigen und seelischen Kräfte, in denen diese Kunst wurzelt, hat Forster in einem Aufsatz "Die Kunst und das Zeitalter" angedeutet: "Schön ist der Lenz des Lebens, wenn die Empfindung uns beglückt und die freie Phantasie in ewigen Träumen schwärmt. Uns selbst vergessend im Anschauen des gefühlerweckenden Gegenstandes fassen wir seine ganze Fülle und werden eins mit ihm. Nicht bloß die Liebe spricht: gebt alles hin, um alles zu empfangen. Bei jeder Art des Genusses ist diese unbefangene Hingebung der Kaufpreis des vollkommenen Besitzes. Aber auch nur was so innig empfangen, uns selbst so innig angeeignet ward, kann wieder ebenso vollkommen von uns ausströmen und als neue Schöpfung hervorgehen." 

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