Wolfgang Paul

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Wolfgang Paul

Vortrag von Prof. Dr. Eckart Grosse in der Kirche von Lorenzkirch am 23.09.2000

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,
ich habe Herrn Professor Paul zwar nicht gut so gekannt wie mein Vorredner und kann daher wohl nicht so viele persönliche Dinge berichten, ich habe aber durch meine eigene Arbeit Erfahrungen in einigen der vielen Forschungsbereiche, die er im Laufe seines sehr fruchtbaren wissenschaftlichen Lebens bearbeitet hat und ich hoffe, ich kann Ihnen einen kleinen Einblick geben in das, was seine Bedeutung für die Physik, die Naturwissenschaften allgemein und auch für deren Anwendungen in Bereichen außerhalb der Forschung ausmacht. Ich zitiere dabei vor Allem aus Schriften, die mir seine Universität Bonn zur Verfügung gestellt hat und mehrmals auch aus der Gedenkrede, die mein früherer Chef, Professor Peter Brix, 1994 im Bonner Physikinstitut gehalten hat.

Es ist eine große Ehre für mich, hier in Lorenzkirch über Herrn Professor Wolfgang Paul und über seine wissenschaftlichen Leistungen sprechen zu dürfen. Ich bin zwar nicht, wie irrtümlicherweise wohl von den Organisatoren des heutigen Treffens angenommen wurde, Doktorand von Herrn Paul gewesen, sondern ich habe nur in den ersten Jahren meines Studiums bei ihm die sehr interessanten und anregenden Physik-Vorlesungen gehört. Später habe ich ihn immer wieder treffen können, da sowohl mehrere meiner Heidelberger Professoren als auch der schon genannte Peter Brix wie Wolfgang Paul dem großen Schülerkreis von Hans Kopfermann angehörten. Hans Kopfermann hat als Erster systematisch die Spektrallinien aus der Flammenfärbung mit dem Aufbau der Atome in Beziehung gebracht. Bei ihm hat Wolfgang Paul seine Dissertation angefertigt mit einer Arbeit, die Spektrallinien an einem Atomstrahl untersucht hat; er hat also schon in jungen Jahren die Verbindung hergestellt zwischen der mehr technisch-chemischen Analyse-Methodik und der physikalischen Experimentierkunst mit Strahlen und Teilchen.

Auch bei seiner vorangegangenen Diplomarbeit bei Professor Hans Geiger, nach dem der bekannte Zähler für Radioaktivität benannt ist, hatte er sich mit Teilchenstrahlen, in diesem Fall Ionen aus Glühanoden, beschäftigt. Das war in Berlin, wo er nach einem Feinmechaniker-Praktikum, einigen Semestern an der TH München und einer `Afrikatour´ als Maschinist auf See auch wieder an der Technischen Hochschule gelandet war. Dieses mehr technische Vorspiel war offensichtlich sehr wichtig für ihn, denn er hat in seiner wissenschaftlichen Arbeit immer auch die technischen Aspekte der verwendeten Apparaturen sehr gut selbst beherrscht - und nicht etwa Alles den Labortechnikern überlassen. Und er war, wie immer wieder betont wird, sehr stolz darauf, den Doktor der Ingenieurwissenschaften, den Dr.-Ing., erworben zu haben; das war 1939 an der TH Berlin im Alter von 26.

Die für ihn offensichtlich sehr wichtige wissenschaftliche Arbeit in Göttingen, wo er 1942 nach einem Zwischenspiel in Kiel zusammen mit seinem Lehrer Kopfermann gelandet war, wurde kurz unterbrochen durch den Dienst bei der Luftwaffe. Die Zeit in Göttingen war für den damals ungefähr 30-jährigen wohl nicht nur im Wissenschaftlichen wichtig: Seine engen Kontakte zu dem theoretischen Physiker Richard Becker, der ähnlich wie sein Lehrer Kopfermann dem NS-Regime recht distanziert gegenüber stand, haben sicher mit dazu beigetragen, dass auch er nicht politisch neutral und unbeteiligt blieb - wie man es von manchen anderen Naturwissenschaftlern kennt. So hat er Jahre später 1957 die Erklärung der Göttinger 18 unterstützt, die sich gegen die von einigen Politikern gewünschte Aufrüstung der Bundeswehr mit taktischen Atomwaffen gewendet hat. Überhaupt wird von ihm berichtet, dass er sich immer wieder gegen nukleare Waffen ausgesprochen hat.

Göttingen hat nicht nur die Habilitation und in 1950 die Ernennung zum Professor gebracht, sondern vor allem die intensive Beschäftigung mit der Wissenschaft der kleinsten Teilchen. Und hier spielten nicht nur die Atome, eine Rolle sondern auch deren Bestandteile, die Atomkerne, die Nukleonen und die Elektronen. Sie sind alle für den Laien unvorstellbar klein und, da nicht direkt sichtbar, nicht eigentlich verständlich zu machen. Trotzdem ist ihre Welt voller Strukturen und zu erforschender Details; in ihrer Größe z.B. variieren sie über einen sehr sehr weiten Bereich.

Um sich die relativen Größen besser vorstellen zu können, kann man mal bei den Größenangaben das Komma um 17 Stellen nach rechts verrücken: Dann vergleicht sich ein Atom mit der Erdkugel und das Elektron mit einem Tennisball; und dazwischen muss man sich die Atomkerne in ihrer Größe so vorstellen wie den Ort Lorenzkirch - und deren Bestandteile, die Nukleonen, so wie den Kirchplatz draußen vor der Tür. Dies ist also quasi eine ganze neue Welt im Kleinen.

Wolfgang Paul hat sich mit eigentlich allen Aspekten dieser Teilchenwelt beschäftigt und in jedem dieser Felder entscheidende Erfindungen und Entdeckungen gemacht. Er war von Anfang an dabei so erfolgreich, dass er als noch nicht Vierzigjähriger zum ordentlichen Professor und Direktor des Physikalischen Instituts 1952 nach Bonn berufen wurde, wo er bis zu seiner Emeritierung und auch danach aktiv war. Unter seiner Ägide hat sich das Bonner Institut zu einer Hochburg der Experimentalphysik entwickelt und eine große Zahl seiner Mitarbeiter - es waren allein in Bonn über 100 - hat die unter seiner Anleitung gemachten Erfahrungen in viele Laboratorien und Hochschulen Deutschlands und in der Welt getragen.

Wolfgang Paul 1913 - 1993Hierbei sind insbesondere die in Bonn entwickelten und verfeinerten Methoden zu nennen, die es erlauben, die kleinsten Teilchen zu transportieren, zu separieren, zu speichern, zu beschleunigen und abzubremsen. Dies geschieht dadurch, dass man die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen der elektrischen Ladung (und dem Magnetismus) dieser Teilchen mit elektrischen und magnetischen Feldern und Hochfrequenzwellen ausnutzt. Hervorzuheben ist der Bau verschiedener Beschleunigerringe, von denen 1956 schon der Erste - damals erstmalig in Europa - den Trick der starken Fokussierung mit Quadrupolfeldern ausnutzte. Er wurde von einer kleinen Gruppe junger Studenten und Physiker gebaut, die eigentlich keine Vorkenntnisse im Beschleuniger-Bau mitbrachten, dafür aber voller Optimismus und Engagement waren. Die finanziellen Mittel waren eher spärlich; dazu Wolfgang Paul: ´Gerade der Mangel führt doch dazu, dass man sich neue Dinge einfallen lässt´. Die Bonner Synchrotrone dienten nicht nur als Vorbild für die größeren Anlagen in Hamburg und Genf, bei denen er später wichtige Beiträge geleistet hat. Sie erlaubten vor allem auch Wolfgang Paul und seinen Bonner Mitarbeitern, außerordentlich wichtige Grundlagenforschung zur Struktur der Atomkerne und der Nukleonen zu betreiben.

Während es hier dabei darum ging, herauszufinden, was ´die Welt im Innersten zusammenhält´, hat Wolfgang Paul auch immer den direkten praktischen Nutzen seiner Forschung und seiner Instrumente hervorgehoben. Bei den Elektronenstrahlen war dies zum Einen die Möglichkeit, durch Bestrahlen von Tumoren den Krebs zu bekämpfen. Zum Anderen erlauben sie intensives, eng gebündeltes Licht - die sogenannte Synchrotronstrahlung - nicht nur im sichtbaren Bereich, sondern auch im Ultravioletten und im Infraroten zu erzeugen. Dieses gebündelte Licht hat in Bonn und in einer Vielzahl von anderen mittlerweile entstandenen Synchrotron-Strahlungslabors vielfältige Anwendung gefunden in der Behandlung neuer Materialien, der Untersuchung biologischer Vorgänge und in der Lösung medizinischer Probleme.

Nahezu parallel zum Synchrotron-Bau hat es in Bonn die Entwicklungen des so genannten Paul-Filters und der Paul-Falle gegeben, die beide das Manipulieren der kleinsten Teilchen so entscheidend revolutioniert haben, dass vor allem die zweite Entwicklung als Nobelpreiswürdig betrachtet wurde. Quadrupol-Massenfilter à la Paul existieren mittlerweile in vielen Tausenden in Laboratorien der Chemiker, Biologen und Umweltanalytiker. Sie erlauben die Analysen von so komplexen Systemen wie Chromosomen und andererseits ganz seltenen Verunreinigungen der Luft, wie sie noch kilometerweit von ihrem Ursprung nachgewiesen werden können, z.B. bei Raketenschüssen in die Ozonschicht der oberen Atmosphäre. Aus Messungen mit Paulfiltern haben die Max-Planck-Institute in Heidelberg und Mainz wichtige Geheimnisse der Entstehung des `Ozon-Lochs´ geklärt. Wolfgang Paul soll gesagt haben: `Ich bin schuld daran, dass sich heute jeder Dreck in der Luft messen lässt, und die Leute sich darüber aufregen´. Er hat aber auch gesagt: ´Naturwissenschaftliche Erkenntnis, also Wissen, ist kein Risiko. Nichtwissen ist das Risiko beim Handeln´.

Ähnlich wichtig wie das Paul-Filter bzw. das Quadrupol-Massenspektrometer ist die sehr viel komplexere Paul-Falle. Diese hat etwas ermöglicht, was wirklich vor einigen Jahren noch total Undenkbar schien: Die Isolierung eines einzelnen Atoms in einem Volumen, das normalerweise von Milliarden Milliarden Atomen ausgefüllt wird. Und an einem solchermaßen isolierten Atom hat man die Fluoreszenz von Laser-Licht beobachten können und hat damit das eigentlich Unerreichbare erreicht, nämlich ein einzelnes Atom sichtbar zu machen.

Lassen Sie mich kurz den deutschen Forschungsdienst zitieren, der vor gut 10 Jahren schrieb:

Mit der so genannten Paul-Falle können geladene Atomkerne - Ionen - buchstäblich wie in einem Käfig eingefangen und auf vielfache Weise untersucht werden. Der Trick besteht dabei darin, dass die wegen ihrer Ladung auf elektrische Felder reagierenden Ionen im Vakuum so schnell wechselnden Feldern ausgesetzt werden, dass sie gleichsam nicht mehr `wissen´, wo sie hinfliegen sollen. Sie verharren deshalb im `Totpunkt´ dieser schnell wechselnden Kraftfelder buchstäblich `fest´ im Raum. Wolfgang Paul selbst hat für dieses Gerät übrigens den Begriff Ionenkäfig bevorzugt.

Forschern des Münchner Max-Planck-Instituts für Quantenoptik ist es erst vor kurzem mit einer solchen `Paul-Falle´ gelungen, Ionen zu einer Art Kristall frei im Raum zu vereinigen, nachdem sie diese mit einem Laserstrahlungstrick durch Energieentzug bis an die Nähe des absoluten Nullpunkts der Temperatur abgekühlt hatten. Da die feinstrukturellen Schwingungen derart gefangener und `tiefgekühlter´ Atome besonders scharf ausgeprägt und damit äußerst präzise sind, hoffen die Forscher des Max-Planck-Instituts unter anderem, auf dieser `Frequenzbasis´ auch eine Atomuhr verwirklichen zu können, die in 30 Milliarden Jahren nur eine Sekunde falsch gehen würde. Die Erde selbst ist dagegen nur etwa 4,6 Milliarden Jahre alt.

Der durch Wolfgang Paul mit vorgezeichnete Weg der Erkenntnissuche in die Welt des Mikrokosmos eröffnet so auch hier ganz erstaunliche Perspektiven. Der Nobelpreis hierfür ist zu Recht an die beiden Wissenschaftler gegangen, die sich getraut haben, über Jahre an dieser Entwicklung hartnäckig weiter zu arbeiten trotz aller Rückschläge und Enttäuschungen und die diese schließlich zum Erfolg geführt haben. Und das waren Wolfgang Paul und der um einige Jahre jüngere Hans Dehmelt. Letzterer - übrigens auch in Sachsen (in Görlitz) geboren und in Göttingen bei Kopfermann ausgebildet - hat in den USA parallel zu Wolfgang Paul ähnliche Entwicklungen vorangetrieben. Hier sollte man betonen, dass Wolfgang Paul die Beiträge jüngerer Kollegen und auch seiner Doktoranden immer explizit und ausführlich hervorgehoben hat, z. B. und besonders auch bei der Nobelpreisrede in Stockholm.

Dieser Preis - der wichtigste, den ein Naturwissenschaftler erringen kann - ist nicht die einzige Ehrung, die Wolfgang Paul für seine wissenschaftliche Arbeit zugesprochen wurde. Mehrere Ehrendoktorwürden, Preisverleihungen und Ehrenmitgliedschaften in Akademien und wissenschaftlichen Vereinigungen sind zu nennen - nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern wurde er geehrt. Ich erwähne besonders gerne die Mitgliedschaft in der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle; sie weist hin auf eine besondere Anerkennung der breiten Bedeutung der Forschungsergebnisse über das eigene Fach hinaus - und über die innerdeutsche Grenze.

Zwei Ehrungen, der französische Orden 'Pour le mérite' und das deutsche 'Große Verdienstkreuz mit Stern' wurden sicher nicht nur dem Wissenschaftler Wolfgang Paul, sondern auch dem 'homo politicus' Paul zugesprochen. Ich habe schon die Warnung vor der militärischen Nutzung der Kernspaltung durch Atombomben erwähnt. Das heißt aber keineswegs, dass Wolfgang Paul die Anwendung der Ergebnisse der Grundlagenforschung in anderen Bereichen oder in der Alltags-Technik abgelehnt hat. Ganz im Gegenteil, er hat diese gewollt und gefördert. Ich erinnere mich sehr genau an eine Mechanik-Vorlesung, in der er ausführlich mit Stolz berichtete, wie er in einer großen Industriewerkstatt Vibrationsprobleme durch einfaches Verrücken einzelner Maschinen löste und damit auch noch ein Beraterhonorar verdiente. Aber dies ist mehr eine Episode, wichtiger ist sein langjähriger Einsatz für das Forschungszentrum Jülich, das sich besonders der angewandten Forschung widmet. Von 1960-1962 war er dessen Leiter und danach der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Rats, beides quasi neben seiner Arbeit als Wissenschaftler und Hochschullehrer im Physikalischen Institut in Bonn.

Eine ähnliche Rolle hat er bei den beiden wichtigsten Instituten der europäischen Grundlagenforschung in der Elementarteilchenphysik gespielt: Für drei Jahre war er Leiter des Physik-Departments des Centre Européen de la Recherche Nucléaire in Genf, kurz CERN genannt. Und er hat das Hamburger Pendant des CERN, das Deutsche Elektronensynchrotron DESY mit begründet und von 1970-1973 geleitet und hat es danach viele Jahre als Vorsitzender des Wissenschaftlichen Rats begleitet. Dass auch in Hamburg mit dem DESY-Hasylab Synchrotronstrahlung für zahllose Anwendungen auch außerhalb der Physik zur Verfügung steht, ist damit auch ganz stark ihm zu verdanken. Und im DESY-Journal ist zu lesen: 'ADESY verdankt... seinen guten Ruf, den es in der Welt... hat, nicht zuletzt... Wolfgang Paul'.

Die Internationalität der Wissenschaft hat für das Wirken von Wolfgang Paul immer eine wichtige Rolle gespielt, nicht zuletzt wegen der Isolation, unter der auch er im NS-Deutschland gelitten hat. Er hat deshalb seine Aufgabe als langjähriger Präsident und später Ehrenpräsident der Humboldt-Stiftung sehr ernst genommen. Die Unterstützung, die diese Stiftung jungen Wissenschaftlern aus aller Welt bei ihrem Forschungsaufenthalt in Deutschland gewährt, war ihm wichtig auch in Erinnerung an die Schwierigkeiten, die seine ersten Auslandsreisen direkt nach Kriegsende und vor der Einführung der konvertiblen DM begleiteten. Aus seinen eigenen Erzählungen erfährt man, dass diese Reisen nur möglich waren mit der auch materiellen Unterstützung durch Kollegen und deren Freunde, die damals z.B. ein Zimmer zur Verfügung stellten oder einen Vortrag mit Honorar vermittelten.

Dass eine Essenseinladung in den Club einer Universität auch wissenschaftlich bedeutend werden kann, kann man in den Mitteilungen der Deutschen Physikalischen Gesellschaft nachlesen: Wolfgang Paul berichtet, wie der Doktorvater von Kopfermann, James Franck, ihn 1949 in den USA bei einem solchen Anlass als seinen wissenschaftlichen Enkel einer großen Runde mit bedeutenden Physikern vorstellte - viele davon jüdische Emigranten. Franck hatte ihn allerdings vorher einer 'intensiven politischen Inquisition' unterzogen, die aber offensichtlich keine NS-gefärbten Beanstandungsgründe zu Tage brachte. Und das Essen führte zu so vielen Einladungen zu Vorträgen und Aufenthalten an anderen Instituten, dass dadurch zwei Wochen Aufenthalt abgedeckt werden konnten.

Dies gibt mir Gelegenheit, noch einmal besonders hervorzuheben, wie sich Wolfgang Paul - vielleicht in Erinnerung an diese und ähnliche Episoden aus seiner eigenen Vergangenheit - intensiv um den wissenschaftlichen Nachwuchs bemüht hat. Die Verwendung des Nobelpreisgeldes für Einladungen von Gästen zu Vorlesungen hat sicher auch damit zu tun gehabt, dass für den Nachwuchs der direkte Kontakt mit Forschern aus aller Welt ein wichtiger Ansporn ist. Er hat - das habe ich selbst erlebt - die Hörer seiner eigenen Vorlesungen möglichst alle persönlich kennen lernen wollen, um sich mit ihnen über ihre Pläne und Interessen zu unterhalten. Es hat in seinem Bonner Institut immer Möglichkeiten für wissenschaftliche Hilfskräfte und Assistenten gegeben und auch immer junge Forscher aus anderen Ländern. Und er hat es gern gesehen, wenn das Physikalische Institut zu einem zentralen Ort im Leben dieser Nachwuchswissenschaftler geworden ist. Dazu sollte - so sagt man - der Tischtennisraum dienen, der ja auch die Möglichkeit offen ließ, nach einem entspannenden Spiel noch etwas zu forschen. Allerdings hat er in einem Brief auch bekannt, dass von seiner ganz nahe am Institut gelegenen Wohnung durchaus zu sehen war, 'ob auch am Abend gearbeitet oder nur Tischtennis gespielt wurde'.

Ich habe Ihnen zuerst den Naturforscher Wolfgang Paul vorgestellt und seine Fähigkeit, durch theoretische Überlegungen und praktisches Geschick die kleinsten Bestandteile der Materie fast beliebig zu manipulieren. Dies erlaubt dann, ihre Eigenschaften ganz genau mit hoher Präzision zu studieren; sie können aber auch so für viele nützliche Anwendungen eingesetzt werden. Ich habe als zweites zeigen wollen, dass Wolfgang Paul durch sein Engagement in der wissenschaftlichen und auch der außerwissenschaftlichen Welt Vieles bewegt hat, was nachfolgenden Generationen zu Gute kommt. Und ich habe drittens den ganz wichtigen Aspekt betont des Hochschullehrers Wolfgang Paul, dem - so schrieb die Universität Bonn zu seinem 70. Geburtstag - als begeisterten Hochschullehrer die Ausbildung der Anfänger ebenso am Herzen liegt wie die der Doktoranden und für den die Forschung nicht nur die Quelle neuer Erkenntnisse ist, sondern auch ein Weg, in jungen Menschen Begeisterung für die Wissenschaft zu wecken.

Lassen Sie mich schließen mit einem Zitat aus der Gedenkrede, die Prof. Peter Brix im Bonner Physikalischen Institut gehalten hat, einige Monate nach dem Tod von Wolfgang Paul. Die beiden kannten sich seit der Zeit als Doktoranden in Göttingen, d. h. über 50 Jahre, und Peter Brix sagte: 'Paul lebte mit seinen Schülern. Die wiederum werden ihren Schülern Geschichten vom Paul erzählen, die schön, aber nicht unbedingt ganz wahr sein müssen. Sie werden sagen: Er war ein begnadeter Experimentator. Er verschenkte Ideen. Er konnte empfindlich sein, war verantwortungsbewusst und beherzt. Obwohl vom Erfolg verwöhnt, blieb er bescheiden. Ein Mann der großen Worte und der geschliffenen Rede war er nicht. Aber wenn er vortrug, dann hörte jung und alt ihm gerne lange zu. Es faszinierte ihn, dass die komplexen Naturvorgänge durch quantitative Experimente auf wenige, einfache Gesetze zurückgeführt werden können und dass der Mensch die Naturerscheinungen verstehen kann und damit auch seine Lebensvorgänge. Das, was er sagte, kam tief aus dem Herzen und aus einer Ehrfurcht vor der Natur'.

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