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Hamburg im Juli 1943

Inhalt

Operation Gomorrha - der tödliche Code

Hamburg im Juli 1943: Bei dem Großangriff der britischen Bomber starben mehr als 35000 Menschen

Von Jürgen Grünhagen (dpa) und Manfred Rolfsmeier (ap)

Operation Gomorrha - dieses militärische Codewort der britischen Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg besiegelte vor 60 Jahren die größte Katastrophe in der Geschichte Hamburgs. Innerhalb von zehn Tagen flogen britische Bomber vier schwere Angriffe. Mindestens 35000 Menschen wurden getötet, 250000 verwundet und eine Million obdachlos. Noch heute bewegt der Großangriff auf Hamburg die Hanseaten.

Der 24. Juli 1943 ist ungewöhnlich heiß. 30 Grad sorgen für überfüllte Lokale an Alster und Elbe. Gegen Mitternacht heulen die Sirenen, Leuchtbomben erhellen die Kirche St. Nikolai, den Orientierungspunkt für die Bomberpiloten. Die Flugabwehr hat keine Chance, denn die Briten lassen zentnerweise Metallfolien auf die Stadt regnen und legen damit die Ortungsgeräte lahm. Der Oberbefehlshaber der Britischen Luftflotte, Marschall Arthur Harris, hatte befohlen, Hamburg völlig zu zerstören.

Es folgt der bis dahin schwerste Angriff in der Geschichte des Luftkriegs. Mehr als 700 Bomber mit tausenden Spreng- und Brandbomben verwandeln zahlreiche Stadtteile in eine Trümmerwüste. Ziele waren nicht Industrieanlagen, sondern Wohnviertel wie Eppendorf oder Eimsbüttel. Dort sterben in dieser Nacht mehr als 10000 Menschen.

Kaum ist das erste Bombardement überstanden, folgt am 28. Juli die zweite Angriffwelle, die als "Feuersturm" bekannt wird. Wieder greifen rund 700 Bomber die Stadt an und verwandeln sie mit Tausenden von Brandbomben in ein flammendes Inferno. Über der aufgeheizten Stadt entsteht ein tödlicher Kamin-Sog. Dadurch werden die Brände zu einem rasenden Feuersturm, der mehr als 1000 Grad heiß ist.

Menschen, die sich nicht mehr in einen Bunker retten können, verbrennen auf den Straßen. Viele versinken im geschmolzenen Asphalt. Tausende ersticken, weil das Feuer allen Sauerstoff aufsaugt. Luftschutzkeller werden durch die Hitze zur tödlichen Falle. Der Feuersturm rast mit Tempo 250 durch die engen Straßen, reißt Bäume um und Müttern die Kinder aus den Armen. Menschen verglühen in Sekunden vor den Augen ihrer Angehörigen.

Am nächsten Tag steht eine kilometerhohe Rauchsäule über der Stadt. Die Sonne ist kaum zu sehen. Eine Chronistin schreibt: "Groß und unbeschreiblich war das Elend der Toten. Unbeschreiblicher und mit keinem Maß mehr zu messen das der Lebenden. Sie hätten gern getauscht und das Leben für den Tod gegeben."

Der letzte Nachangriff am 30.Juli trifft ein entvölkertes und völlig schutzloses Hamburg. Rund 10000 Tonnen Bomben gehen insgesamt auf die Stadt nieder. Der Polizeipräsident schildert in seinem Bericht das Szenario: "Das utopisch anmutende Bild einer schnell verödenden Großstadt ohne Gas, Wasser, Licht und Verkehrsanbindungen, mit den Steinwüsten einst blühender Wohngebiete war Wirklichkeit geworden. Die Straßen waren mit Hunderten von Leichen bedeckt. Die Schutzräume boten das gleiche Bild." Soldaten, Strafgefangene und KZ-Häftlinge beginnen, die Toten zu bergen. Gelegentlich werden Überlebende gefunden, unzählige Menschen suchen ihre Angehörigen.

Heute ist eine Debatte um den Angriff mit dem jüngst erschienenen Buch "Der Bombenkrieg" von Jörg Friedrich entfacht. Darin kritisiert der Historiker die Angriffe als unmenschlich und überflüssig. Das Buch erbost britische Medien und Wissenschaftler. Sie werfen Friedrich vor, die Geschichte verdrehen zu wollen und die Bombardements mit den Nazi-Verbrechen gleichzusetzen.

Weser Kurier vom 24.07.03

Erinnerung an Hamburgs "Feuersturm"

Die alliierte "Operation Gomorrha" vor 60 Jahren

Als in der Nacht des 25. Juli 1943 britische Bomber die Hansestadt Hamburg anflogen, war dies der Auftakt zu einer verheerenden Zerstörungswelle, die als "Feuersturm" in die Geschichte der Stadt eingehen sollte. Bis zum 3. August bombardierten britische und amerikanische Flugzeuge mehrfach die zweitgrösste deutsche Stadt - tagsüber attackierten die Amerikaner Industrieanlagen, nachts griffen die Briten dicht besiedelte Wohngebiete an. Zwischen 34 000 und 35 000 Menschen verloren ihr Leben, dazu kamen etwa 125 000 Verletzte, wobei diese Zahl nur ein Richtwert sein kann. Über die Hälfte des Hamburger Wohnraums wurde zerstört, 900 000 Menschen verloren ihr Dach über dem Kopf, ihr Hab und Gut.

Debatten über die deutschen Opfer

In diesen Tagen jährt sich diese Tragödie zum 60. Mal. Neben zahlreichen Gedenkveranstaltungen und Ausstellungen zieht in Hamburg ebenso wie in anderen deutschen Städten eine Diskussion Aufmerksamkeit auf sich, die eine "andere" Rolle der Deutschen im Zweiten Weltkrieg beleuchtet, die der Opfer. Es wird die Frage gestellt, inwieweit neben der Aufarbeitung der deutschen Verbrechen im Nationalsozialismus auch das Kriegsleid der deutschen Zivilbevölkerung betont werden soll und betont werden darf. Neben der wissenschaftlichen Debatte erlangen in diesen Tagen die persönlichen Erlebnisse der Betroffenen viel Aufmerksamkeit. In einer mehrtägigen Serie lässt zum Beispiel das "Hamburger Abendblatt" Bürgerinnen und Bürger zu Wort kommen, die die Schreckensnächte überlebten. Ihre Erinnerungen, Fotos und Tagebücher sind erschütternd.

Auch gemessen am Schicksal anderer Städte, die im Zweiten Weltkrieg ruiniert wurden, war die Zerstörung Hamburgs eine Zäsur. Was mit der Einäscherung Warschaus, Rotterdams und Coventrys durch die deutsche Luftwaffe begonnen hatte und mit den Bombardements deutscher Städte bis hin zum militärisch unsinnigen Luftangriff auf Dresden noch kurz vor Kriegsende beantwortet wurde, fand schliesslich seinen Abschluss in den amerikanischen Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki. Auf Seiten der Briten verfolgte der Chef des Bomberkommandos, Arthur Harris, die von Churchill angeregte Strategie der sogenannten "moral bombings" rücksichtslos: Das Rückgrat der Zivilbevölkerung und besonders der Industriearbeiter sollte gebrochen werden.

Inferno mit Spreng- und Brandbomben

Eigentlich hatten die Briten den Angriff auf Hamburg bereits für 1942 geplant, doch rettete das typische "Schmuddelwetter" die Hansestadt damals. Die Bomber drehten ab und zerstörten stattdessen Köln. Doch im Jahr darauf traf es auch Hamburg. "Operation Gomorrha" nannte der britische Planungsstab die Angriffswelle. Der Name wurde zum Menetekel. Die heftigste Attacke erfolgte in der Nacht des 28. Juli 1943. Dabei wandten die britischen Bomber erstmals eine neue Taktik an: Sie warfen 90 Millionen reflektierende Stanniolstreifen ab, die das deutsche Radar täuschten und so die Fliegerabwehr ausschalteten. Nahezu ungestört konnten die rund 700 Flugzeuge daraufhin etwa 8500 Tonnen Spreng- und Brandbomben abwerfen. Zahlreiche damals nicht detonierte Blindgänger lauern noch heute im Erdreich und werden vielleicht durch Zufall bei Bauarbeiten entdeckt.

Das Ziel der Bomber waren in der Nacht auf den 28. Juli vor allem die überwiegend von Arbeitern bewohnten östlichen Stadtteile Hamburgs. In einem fünfstündigen Inferno wurden sie fast komplett ausgelöscht. Diesmal wurde den Hamburgern das ungewöhnlich warme Wetter zum Verhängnis. Als sich verschiedene Brandherde vereinigten, wirbelte die heisse Luft durch ihren Auftrieb kilometerhoch in die Atmosphäre. Am Boden verursachte die Strömung dieses Schlotes einen enormen Unterdruck, der die Luft in der Umgebung mit Orkanstärke in den Brandherd saugte und anfachte. Viele der Opfer kamen nicht in den Flammen ums Leben, sondern erstickten, weil ihnen das Feuer die Luft raubte. Andere versanken im geschmolzenen Asphalt der Strassen oder wurden unter einstürzenden Gebäuden begraben. Das war der "Feuersturm". Seine Folgen zeichnen bis heute das Stadtbild Hamburgs. In den Vierteln Rothenburgsort, Hamm, Hammerbrook und Borgfelde ist praktisch keine alte Bausubstanz mehr vorhanden. Betonklötze, Glasfassaden und Autohäuser dominieren die Szenerie. Auch das ist eine Mahnung.

Neue Zürcher Zeitung vom 24.07.03

Plakat Operation Gomorrha

Gotenstrasse Juli 1943

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