Dez 232012
 

Stellungnahmen zum geplanten Fachmarktzentrum in Zittau

Inhalt

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Stellungnahme des Sächsischen Landesamtes für Denkmalpflege zum geplanten Fachmarktzentrum in Zittau

Auszug

Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Schloßplatz 1, 01067 Dresden 04.05.2012

9.1 Das geplante Fachmarktzentrum stellt den größten Eingriff in die Substanz und Struktur der historischen Zittauer Altstadt der letzten zwanzig Jahre dar. Trotz eines Flächenabrisses im Südwesten der Altstadt in den 1980er Jahren und trotz einiger Verluste nach1990 gehört die Altstadt von Zittau – zumal nach den Erfolgen der Stadtkernsanierung – zu den wertvollsten historischen Ensembles in Sachsen.

9.2 Herausragend sind vor allem der Bestand bürgerlicher barocker Baukultur (palaisartige Handelshäuser, Brunnen, Gruftbauten), die geschlossen erhaltene Ringbebauung des Historismus sowie die große Zahl prägender Einzelmonumente von teilweise überregionaler oder nationaler Bedeutung wie die spätgotische Kreuzkirche oder die klassizistische Johanniskirche.

9.3 Aus überregionaler Sicht reiht sich das Fachmarktzentrum ein in das bundesweit diskutierte Thema „Großflächiger Einzelhandel in historischen Innenstädten“. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf den „Göttinger Appell“ aus dem Jahr 2007, der gemeinsam von der Arbeitsgruppe „Städtebauliche Denkmalpflege“ der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland, der Arbeitsgruppe „Kommunale Denkmalpflege“ des Deutschen Städtetages und der Stadt Göttingen verabschiedet wurde. Darin wird zwar grundsätzlich die Orientierung weg von der „Grünen Wiese“ zurück in die Zentren der europäischen Städte begrüßt, zugleich aber auch auf erhebliche Gefahren aufmerksam gemacht, die historisch gewachsenen Innenstädten durch großflächige Einkaufscenter drohen.

Folgende negative Folgen konnten anhand bereits verwirklichter Projekte festgestellt werden:

  • Verlust oder Entwertung historischer Bausubstanz,
  • Vernichtung archäologischer Bodendenkmale,
  • Beeinträchtigung des Stadtbildes durch fehlende Kleinteiligkeit und häufig unmaßstäbliche, gestalterisch anspruchslose Baukörper,
  • Abschottung der Einkaufscenter von innerstädtischen Straßen und Plätzen, damit verbunden die Umlenkung von Kunden-und Menschenströmen aus dem Raum in autarke, wetterunabhängige „Erlebniswelten“,
  • Verlagerung von 1a-Lagen und Verödung vormals traditioneller Einkaufsstraßen sowie mangelnde Reversibilität (keine oder nur geringe Möglichkeit für spätere Umnutzung)

Großflächige Einkaufscenter sollen, so der Göttinger Appell, in Innenstädten nur dann genehmigt werden, wenn sie abgestimmten Konzepten zur Stadtentwicklung, des Einzelhandels und der Denkmalpflege nicht entgegenstehen und eine innenstadtverträgliche Größe und Dichte aufweisen.

Dem Göttinger Appel schlossen sich zahlreiche weitere Veranstaltungen, Initiativen und Publikationen an, genannt sei vor allem das „Positionspapier der Expertengruppe Städtebaulicher Denkmalschutz: Das Erbe der Städte – Mit Verantwortung in die Zukunft“, herausgegeben vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Jahr 2011. Hier wird ausdrücklich von der „Implementierung“ übergroßer Einkaufszentren in historische Innenstädte abgeraten. Bezogen auf Belange der Denkmalpflege heißt es weiter (S. 21): „Grundlage für die Entwicklung von Handelsbauten müssen vielmehr der historische Stadtgrundriss und die überkommene Parzellenstruktur sein. Auf Überbauungen oder Aufweitungen des Straßennetzes ist zu verzichten.“

Insbesondere wird betont, dass Abrisse und entstellende Veränderungen von Baudenkmalen zugunsten neuer Handelsbauten ein Tabu sein sollten.

9.4 Der vorliegende geänderte Vorentwurf des Fachmarktzentrums ist unter Berücksichtigung der genannten Prämissen und Ziele zu bewerten. Dabei ist aus denkmalfachlicher Sicht insbesondere zu prüfen, ob sich das Projekt hinsichtlich der Integration denkmalgeschützter Substanz sowie städtebaulich, gestalterisch und funktionell in die historische Bebauungsstruktur der Zittauer Altstadt einfügt. Wir gehen zunächst auf die Kulturdenkmale im Plangebiet ein, dann auf Aspekte des Städtebaulichen Denkmalschutzes.

9.5 1 Umgang mit historischen Gebäuden

Folgende Objekte sind im Geltungsbereich des Bebauungsplans als Kulturdenkmale gemäß § 2 Sächsisches Denkmalschutzgesetz (SächsDSchG) ausgewiesen:

Albertstraße 14 (Vorderhaus und Rückgebäude), Albertstraße 16, Albertstraße 22, Franz-Könitzer-Straße 2, Franz-Könitzer-Straße 6/8, Franz-Könitzer-Straße 10, Reichenberger Straße 13, Reichenberger Straße 19, Reichenberger Straße 21, ferner Neustadt 5/7 sowie der „Samariterinbrunnen“ auf der Neustadt. Der östliche Abschnitt der Ludwigstraße sowie der Karl-Liebknecht-Ring sind ferner Bestandteil der Sachgesamtheit und des Gartendenkmals „Ringanlagen“ („Grüner Ring“). Folgende Gebäude wurden im Vergleich zur letzten Aufstellung (2011) aus der Liste der Kulturdenkmale gestrichen: Reichenberger Str. 15 und Albertstraße 20. Die Kulturdenkmale, die sich im eigentlichen Baufeld des Fachmarktzentrums befinden, sind bezüglich Bedeutung und Bauzustand unterschiedlich zu bewerten. Die wertvollsten Bauten sind die beiden barocken Bürgerhäuser Albertstraße 14 und Albertstraße 16, die zu Anfang des 18. Jahrhunderts über spätgotischen Kellern errichtet und nach 1757 teilweise erneuert wurden. Im Gegensatz zu den eher schlichten Fassaden weisen beide Gebäude eindrucksvoll gewölbte Erdgeschosse mit Kreuzgratgewölben auf sowie noch teilweise erhaltenen barocken Innenausbau (Haushalle im 1. OG Albertstr. 14, Stuckdecken, Türgewände, Füllungstüren). Als Wohnhaus des Zittauer Bürgermeisters kommt dem Haus Albertstraße 14 neben seiner baugeschichtlichen auch eine herausgehobene stadtgeschichtliche Bedeutung zu. Hervorzuheben ist auch das kleine Barockhaus Reichenberger Straße 13 (um 1760). Die Gebäude Franz-Könitzer-Straße 2 und Albertstraße 18 sind einfache Wohnhäuser des frühen Historismus in spätklassizistischer Tradition (um 1850), während das städtebaulich wichtige Eckhaus Albertstraße 22 noch barocken Ursprungs ist (1733, Umbau und Aufstockung um 1860). Das Objekt Reichenberger Straße 19 (1899) repräsentiert das typische innerstädtische Mietshaus des späten Historismus und zeichnet sich unter anderem durch eine reich gegliederte, plastisch durchgestaltete Fassade aus. Das Gebäude Reichenberger Straße 21 besitzt einen älteren Kernbau, wurde aber nachträglich mehrfach verändert (u. a. Aufstockung).

Center-Projekt in Zittau

Grundsätzlich verweisen wir auf die erhaltenen wertvollen Kelleranlagen im Plangebiet, darunter spätgotische Gewölbekeller beispielsweise unter den Gebäuden Albertstraße 14 und Albertstraße 16.

9.6 Im Baufeld des Fachmarktzentrums sind nur die Häuser Albertstraße 20 und 22 saniert, die übrigen Gebäude stehen seit über 20 Jahren leer oder sind nur noch in den Erdgeschossen genutzt. Als teilweise ruinös, zum Teil sogar einsturzgefährdet können insbesondere die Gebäude Albertstraße 16, Albertstraße 18 u. Reichenberger Straße 21 gelten, die anderen Häuser weisen erheblichen Instandsetzungsbedarf auf. Nicht als Kulturdenkmale ausgewiesen, aber aus städtebaulichen und stadtentwicklungsgeschichtlichen Gründen erhaltenswert sind das Eckhaus Albertstraße 6 (1866, mehrere Umbauten) und das Gebäude Reichenberger Straße 17 (1907, moderner Umbau 1970).

9.7 Durch das Landesamt für Denkmalpflege wurden bereits im Jahr 2011 vier Kulturdenkmale im Baufeld des Fachmarktzentrums als zu erhaltende Gebäude eingestuft: Albertstraße 14, Albertstraße 16, Albertstraße 22 und Reichenberger Straße 13.

9.8. Die gemäß Vorentwurf geplante Integration der Kulturdenkmale Albertstraße 22 und Reichenberger Straße 13 sowie der Fassade Reichenberger Straße 19 ist insofern positiv zu bewerten. Der damit verbundene denkmalpflegerische Mehraufwand hält sich allerdings – bezogen auf die Gesamtinvestition – in Grenzen, zumal das Eckgebäude Albertstraße 22 bereits saniert ist.

9.9 Geplant ist dagegen der vollständige Abbruch von acht Gebäuden, darunter fünf Kulturdenkmale (Reichenberger Str. 21, Rückgebäude Albertstr. 14, Albertstr. 16 und 18, Franz-Könitzer-Str. 2) sowie der Teilabbruch des Barockhauses Albertstraße 14. Im Hinblick auf den desolaten Bauzustand und die unzumutbar erscheinende Erhaltung wird dem Abbruch der Kulturdenkmale Albertstraße 16 (außer Keller) und Albertstraße 18 sowie Reichenberger Straße 21 und Franz-Könitzer-Straße 2 zugestimmt, sofern denkmalrelevante Bauteile geborgen und in den Neubau einbezogen werden und zuvor eine umfassende Bestandsdokumentation erfolgt.

9.10 Nicht zugestimmt wird dem (nicht begründeten) Teilabriss des Barockhauses Albertstraße 14 sowie der (nicht begründeten) Versetzung des Samariterinbrunnens. Für die Sanierung, den Abbruch oder Teilabbruch von Kulturdenkmalen ist gemäß    § 12 SächsDSchG eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung der zuständigen unteren Denkmalschutzbehörde im Einvernehmen mit dem Landesamt für Denkmalpflege erforderlich.

9.11 2. Einfügung des Fachmarktzentrums aus Sicht des Städtebaulichen Denkmalschutzes Die geplante Schließung der vorhandenen großen Baulücke Albertstraße/Neustadt durch Wiederherstellung der Blockrandbebauung wird ausdrücklich begrüßt, sofern sich der Neubau kleinteilig und materialgerecht in seine Umgebung einfügt (siehe unten). Auch der Verzicht auf eine innere „Mall“ und die Schaffung zahlreicher Eingänge sind positive Aspekte des Vorhabens.

9.12 Erhebliche Bedenken bestehen jedoch gegen einige grundsätzliche Merkmale der Planung, die die Integration des geplanten Fachmarktzentrums in sein historisches Umfeld wesentlich erschweren. Rechtsgrundlage der nachfolgenden Ausführungen ist der im Sächsischen Denkmalschutzgesetz definierte „Umgebungsschutz“.

Nach § 2 Abs. 3 S. 1 SächsDSchG ist auch die Umgebung des Kulturdenkmals Gegenstand des Denkmalschutzes, sofern sie für dessen Bestand oder Erscheinungsbild von erheblicher Bedeutung ist. Ferner dürfen gemäß § 12 Abs. 2 SächsDSchG bauliche Anlagen in der Umgebung eines Kulturdenkmals, sofern sie für dessen Erscheinungsbild von erheblicher Bedeutung sind, nur mit Genehmigung der Denkmalbehörde errichtet, verändert oder beseitigt werden.

9.13 Die geplante Dimension des Projekts mit fast 9.000 qm Verkaufs- und 11.100 qm Mietfläche geht deutlich über die in der Zittauer Altstadt vorherrschenden Bau- und Nutzungsstrukturen hinaus und übertrifft auch die Fläche vorhandener Großbauten wie die des Salzhauses oder des Rathauses um ein Vielfaches. Hervorzuheben ist das Salzhaus das sich direkt gegenüber dem Baufeld befindet. Es handelt sich um einen monumentalen spätgotischen Speicherbau aus dem frühen 16. Jahrhundert, dessen Satteldach um 1730 durch ein fünfgeschossiges Mansarddach ersetzt wurde. Durch die Platzierung dieses Zweckbaus mitten auf der Neustadt, umgeben von kleinteiliger Wohnhausbebauung, entstand eines der eindrucksvollsten Städte- und Platzbilder in Sachsen. Das mit viel Aufwand sanierte Gebäude hat sich in den vergangenen Jahren als kleines Geschäftszentrum etabliert. NegativeAuswirkungen auf seinen Bestand durch das neue Einkaufscenter sind nicht auszuschließen.

9.14 Als gravierender Nachteil ist die bislang geplante Erschließung des Fachmarktzentrums einzustufen. Auf der städtebaulich wichtigsten Seite, zur Neustadt hin, besteht 50% (!) der Fassade im Erdgeschossbereich aus technischen Öffnungen für Anlieferung sowie für Ein- und Ausfahrten. Abgesehen von vielen gestalterischen Problemen, die diese „notwendigen“ Öffnungen aufwerfen, führt dies zu abgewandten, „hinterhofähnlichen“ Zonen genau in den Bereichen der Neustadt, wo eine Belebung und städtebauliche Aufwertung dringend wünschenswert wäre.

9.15 Die Konzentration aller Erschließungsbereiche auf der Ostseite des Neubaus verursacht eine verkehrstechnische Überlastung des Platzes „Neustadt“, dessen Aufenthaltsqualität damit deutlich sinkt. Teilbereiche der Neustadt wandeln sich von einem gestalteten Platzraum zu einer mehr oder weniger stark frequentierten Verkehrsfläche.

9.16 Die Albertstraße wird durch Aufweitung, Begradigung, Teilüberbauung und Teilüberdachung grundlegend und altstadtuntypisch verändert. Zwar wird die raumbildende Bebauung auf der Nordseite der Albertstraße durch das Projekt wiederhergestellt, aber gleichzeitig ein seit Jahrhunderten bestehender offener, unregelmäßiger Straßenraum in eine Erschließungsachse für ein modernes Einkaufszentrum umgewandelt.

9.17 Das großflächige, beiderseits der Albertstraße angeordnete und teilweise zweigeschossige Parkdeck führt zu einem im Kontext der vorhandenen Bebauung unmaßstäblichen Flachdachbereich, der nach außen hin mühsam durch Dachanmutungen kaschiert wird bzw. kaschiert werden muss und sich in der Draufsicht in die historische Dachlandschaft nicht einfügt.

9.18 Der Neubau negiert die historische Parzellenstruktur und die historischen Baufluchten insbesondere im Bereich der Albertstraße. Hier wird auch der charakteristische Versatz in der Bauflucht (zwischen Flurstück 568 und 569) nicht wieder aufgenommen.

9.19 3. Im Ganzen fügt sich das vorliegende Projekt in die kleinteilige altstädtische Struktur nicht so ein, wie es aus denkmalfachlicher Sicht und im Sinne einer „integrierten Lösung“ erforderlich wäre. Deshalb bedarf das Vorhaben dringend einer weiteren Überarbeitung und Qualifizierung. Wir nennen zusammenfassend folgende Punkte:

9.20 Deshalb bedarf das Vorhaben dringend einer weiteren Überarbeitung und Qualifizierung. Wir nennen zusammenfassend folgende Punkte:

  1. Erhaltung und Einbeziehung des barocken „Bürgermeisterhauses“ Albertstraße 14.
  2. Erhaltung des Samariterinbrunnens auf dem vorhandenen (originalen) Standort.
  3. Änderung/Überarbeitung der Erschließung und Anlieferung für das Fachmarktzentrum. Ziel: „Öffnung“ des Neubaus auf seiner städtebaulich wichtigsten Seite (Reduzierung der Toreinfahrten, dafür z. B. Anordnung von Geschäften usw.) und Vernetzung mit der übrigen Altstadt sowie Erhaltung der Neustadt als Platz- und Verweilraum.
  4. Beibehaltung des teilweise noch erhaltenen bzw. ablesbaren unregelmäßigen Straßenprofils der Albertstraße durch Wiederaufnahme der historischen Baufluchten auf der Nord- und Südseite.
  5. Beibehaltung der historischen Baufluchten im Bereich Neustadt, Franz-Könitzer-Straße und Reichenberger Straße.
  6. Unauffälligere Anordnung und Reduzierung der neuen Erschließungsanlagen in der Albertstraße (z. B. seitliche Anordnung der Rolltreppen und/oder Integration der Rolltreppen in die Gebäude zumindest ab 1. OG).
  7. Reduzierung der Anzahl und Breite der Übergänge/Überfahrten zwischen Bauteil 1 und Bauteil 2.
  8. Überarbeitung der Überdachung der Albertstraße (Reduzierung der Bauhöhe, Verzicht auf Versatz).
  9. Prüfung der möglichen Reduzierung der Stellflächen (Konzentration auf Bauteil 1).
  10. Prüfung der Einbeziehung weiterer Altbauten (Albertstraße 6, Albertstraße 20, Reichenberger Straße 17).
  11. Bergung erhaltenswerter Bauteile aus Abbruchobjekten und Einfügung oder Präsentation im Neubau (genauer Umfang nach Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege).

9.21 Wir weisen abschließend noch darauf hin, dass im Zusammenhang mit der Erschließung des Fachmarktzentrums über die Ludwigstraße und den Karl-Liebknecht-Ring gartendenkmalpflegerische Belange berührt sind. Wir empfehlen diesbezüglich eine rechtzeitige Abstimmung mit dem Bereich „Gartendenkmalpflege“ des Landesamtes.

10. Landesamt für Archäologie, Zur Wetterwarte 7, 01109 Dresden, 24.04.2012

10.1 Die mit Schreiben vom 30.07.2007 mitgeteilten Festlegungen – Grabungen vor Baubeginn auf sämtlichen von Bodeneingriffen betroffenen Flächen, Abschluss einer den Zeit- und Kostenrahmen festschreibenden Grabungsvereinbarung zwischen Bauherrn und Landesamt für Archäologie – haben auch vor dem Hintergrund der Erweiterung des Geltungsbereiches des Bebauungsplanes Bestand.

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Brief von Peter Dorn an das Landesamt für Denkmalpflege

Sehr geehrte Frau Dr. Pohlack, sehr geehrte Herren Dres. Rosner, Frenschkowski und Ritschel,
gestern fand von 16 bis nach 19 Uhr in Zittau eine weitere Sitzung des Center-”Gestaltungsbeirates” statt. Ein Herr Matthey ließ die Katze aus dem Sack, er sagte, es “wird die Fassade festgezurrt.” Ich bekam die Gelegenheit, drei Minuten Fragen zu stellen, bekam aber keine brauchbaren Antworten. So wurde den Anwesenden nicht erklärt, warum den Mitgliedern des Gestaltungsbeirates bei der Sitzung am 30. Mai 2012 nicht die 2282 Wörter der Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege gezeigt wurden, welche am 4. Mai fertig waren, auch nicht die zwei A1 großen Entwürfe der Fassaden-Varianten. Trotzdem stimmte man über 15 §§ der Gestaltungsordnung ab…! Als Blinde!!! Auch auf meine Frage, warum die Albertstraße 14, das stadtgeschichtlich und architektonisch wichtige Bürgermeister-Haus mit Stuckdecken aus Barock und Rokoko, prächtigen Gewölben im Erdgeschoss sowie großen hohen Kellern aus der Gotik, nicht gerettet wird, gab es keine brauchbare Antwort.

SIE wissen sicher, dass ein Herr Sebastian Lehnert 2008 zu diesem Haus seine Diplomarbeit (Text und Bildband zusammen 4 cm dick) schrieb, welche u.a. Prof. Dr.-Ing. Slansky betreute. Seinerzeit wurde der Bauzustand mit 2,7 bewertet und für die Instandsetzung des Hauses 426.000 Euro veranschlagt. Ein Herr Neuwald sagte, man “habe Teiluntersuchungen durchgeführt mit dem Ergebnis, dass die Albertstraße 14 und 16 nicht integriert” werden. Die “Teiluntersuchungen” können nicht so gründlich gewesen sein. Denn Prof. Worbs aus Großschönau, mit dem ich sprach, sagte mir, dass er nur zu der Nr. 16 gearbeitet, mit der Nr. 14 weiter nichts zu tun gehabt habe. Die Argumentation dieses Herrn Neuwald war schwächer als die eines Schülers aus der 9. Klasse. Er erzählte ernsthaft, man habe die Nr. 14 nicht erhalten können, weil man für den 700 m² groß geplanten Lebensmittelmarkt keinen Platz im Erdgeschoss an der Südseite der Albertstraße gefunden habe… Vormals war in der Gegend eine Dogerie von 752,60 m² Brutto-Grundfläche geplant…! Da war nichts im Wege?!

Bitte teilen Sie mir freundlicherweise baldmöglichst mit, was ggf. das Landesamt für Denkmalpflege veranlasste, dem Ruin dieses schützenswerten Hauses zuzustimmen. Denn Herr Neuwald sagte, dass es eine “Konsenslösung” mit dem LfD” gegeben habe. Am morgigen Mittwoch haben wir 18 Uhr erneut einen Treff unserer Bürgerinitiative. Gestern, am 10.12.12, war der “Tag der Menschenrechte”. Leider wurde uns nicht gestattet, vom Verlauf der Veranstaltung eine Tonaufnahme anzufertigen. Aber wir haben die Mitschrift von mir und sogar eine in Steno.

Freundlichen Gruß von Peter Dorn, 08.12.2012

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Ein kleineres Center würde sich harmonischer einfügen

Ulrich Rosner vom Landesamt für Denkmalpflege über Dachlandschaften, Abrisshäuser und einen wenigstens hier und da einsichtigen Investor.

Von Thomas Mielke

Passt ein neues Einkaufscenter in die unter Denkmalschutz stehende Zittauer Innenstadt? Müssen die Einwohner in Kauf nehmen, dass dafür historische Bauten abgerissen werden? Diese Fragen gehören zu den schwierigsten überhaupt bei der Vorbereitung auf den Beschluss, ob das Center gebaut werden soll oder nicht. Dabei redet der Freistaat ein gewichtiges Wörtchen mit. Das Landesamt für Denkmalpflege könnte das Projekt sogar stoppen. Ulrich Rosner, promovierter Referent des Amtes für das Dreiländereck, begleitet die Planungen seit Monaten. Er ist nicht dafür bekannt, dass er sich leicht umstimmen lässt. Wie Rosner sagt, sieht er Probleme, sucht aber auch nach Kompromissen, damit sich Zittau trotz des so beeindruckenden historischen Erbes entwickeln kann.

Herr Rosner, passt sich das geplante Einkaufscenter in die historische Innenstadt ein?

Die Zittauer Altstadt zählt zu den wertvollsten innerstädtischen Ensembles in Sachsen. Ein Bauvorhaben dieser Dimension sprengt eigentlich den vorgegebenen Rahmen. Die von vielen Bürgern und Institutionen geäußerten Bedenken sind sehr ernst zu nehmen. Es gibt berechtigte Einwände nicht nur gegen die Größe des Centers, sondern auch gegen die Umwandlung der Albertstraße in eine Einkaufspassage oder die Ausbildung der Zufahrten und Anlieferung. Auch in die vielfältige Dachlandschaft der Altstadt ordnet sich das Vorhaben nur bedingt ein. Problematisch ist vor allem die Ansicht „von oben“, weil bislang keine Überdachung oder wenigstens Teilüberdachung der obersten Parkebenen vorgesehen ist. Auf der anderen Seite bietet das Center die Chance, eine seit Jahrzehnten bestehende Brachfläche zu bebauen, also einen städtebaulichen Missstand zu beheben. Die bisherigen Entwürfe bemühen sich um Maßstäblichkeit und Kleinteiligkeit, die Frage ist aber, ob im Zuge der weiteren Fassadenplanung die erforderliche Qualität auch erreicht wird.

Was müsste geändert werden, damit sich das Center einpasst?

Ein kleineres Center ohne Teilüberbauung der Albertstraße würde sich städtebaulich harmonischer einfügen. Besser wäre auch, wenn die Anlieferung allein im Bauteil läge, also weiter entfernt vom Bereich des Salzhauses. Auch die Roll- und Gehtreppen müssen nicht zwangsläufig mitten im Straßenraum stehen. Diese Punkte sind jedoch aus Sicht des Investments entscheidend für das Funktionieren und die Wirtschaftlichkeit des Centers. Einzelne Verbesserungen konnten trotzdem erreicht werden: So wird im nördlichen Bauteil – also gegenüber dem Samariterinbrunnen – der Anlieferungsbereich auf ein Tor reduziert. Damit entsteht Platz für eine weitere Ladeneinheit. Auch der Brunnen bleibt an alter Stelle.

Wie viele denkmalgeschützte Häuser sollen denn für den Neubau endgültig abgerissen werden?

Es sind die Häuser Albertstraße 14, 16, 18, Franz-Könitzer-Str. 2 sowie Reichenberger Str. 21.

Mit welchen Auflagen? Haben Sie keine Bauchschmerzen damit?

Natürlich hätten wir gern alle Altbauten in das Vorhaben einbezogen, aber man kann die Ausgangssituation nicht ignorieren: Die meisten der vorhandenen Häuser stehen seit über 20 Jahren leer und sind teilweise sogar einsturzgefährdet. Einige Gebäude, das muss man in Kenntnis der Zittauer Situation sagen, haben – unabhängig vom geplanten Center – keine Erhaltungsperspektive. Wir haben lange mit dem Investor AVW um die Erhaltung jedes einzelnen Hauses gerungen. Zwei Barockhäuser und zusätzlich vier historische Fassaden sollen, nun in das Center integriert werden. Wenn dies auch in der baulichen Umsetzung gelingt, dann wäre damit – immer gemessen an der Ausgangslage – einiges erreicht. In Abstimmung mit der Stadt und unserer Behörde hat sich AVW auch zur Einhaltung bestimmter Gestaltungsgrundsätze bei den Neubauten bekannt, etwa bei Ausbildung der Fassaden und Fassadenmaterialien. Der Investor hat sich also durchaus bewegt, ganz im Gegensatz zu dem ähnlichen Vorhaben in Bautzen.

Wird Ihre Behörde dem Vorhaben in der nun geplanten Form ihren Segen geben?

Wir bewerten als Denkmalfachbehörde den denkmalpflegerischen Aspekt des Vorhabens. Ein wesentliches Kriterium ist die Einbindung historischer Substanz in den Neubau. Auf die städtebaulichen Probleme, die das Center durch seine Größe aufwirft, haben wir im bisherigen Bebauungsplan-Verfahren in aller Deutlichkeit hingewiesen. Ob das Vorhaben im Ganzen verträglich für die Stadt Zittau ist, etwa für den innerstädtischen Einzelhandel, muss letztlich durch die Stadtverwaltung sehr verantwortungsvoll geprüft und entschieden werden.

Sächsische Zeitung vom 14.12.2012

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Stadt Zittau wechselt das Planungsbüro

Thiele kontra Desch

Quelle: Oberlausitzer Kurier vom 08.12.2012

Link

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Planungsbüro Desch spricht von Planungskonflikt

Desch gegen Stadt

 Quelle: Oberlausitzer Kurier vom 22.12.2012