Sep 132013
 

Presseschau Februar 2011 bis September 2013

Die Presseschau befasst sich schwerpunktmässig mit der Gewalt gegen Christen

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Alle vier Angeklagten für schuldig befunden

13.09.2013  Quelle

Alle vier Angeklagten im Prozess um die Gruppenvergewaltigung einer Studentin in einem Bus in Delhi sind schuldig gesprochen worden. Das Strafmass ist noch offen. Die Eltern des Opfers fordern den Tod durch Erhängen.

Von Andrea Spalinger, Delhi

Ein Sondergericht in Delhi hat am Dienstag alle vier Angeklagten der Gruppenvergewaltigung und des Mordes an einer 23-jährigen Studentin für schuldig befunden. Insgesamt wurden die zwischen 19 und 28 Jahre alten Straftäter in 13 Anklagepunkten schuldig gesprochen. Der unvergleichlich brutale Überfall in einem Bus in der Hauptstadt am Abend des 16. Dezembers hatte in Indien hohe Wellen geschlagen und landesweite Massenproteste ausgelöst. Die Regierung sah sich in der Folge zur Einrichtung eines Schnellverfahrens und zu einer Verschärfung der Gesetzeslage gezwungen.

Druck der Öffentlichkeit

Das Strafmass wird erst am Mittwoch verkündet. Den Verurteilten droht lebenslange Haft oder sogar die Todesstrafe. Die Eltern des Opfers haben gefordert, dass die Mörder ihrer Tochter gehängt werden. Auch eine Mehrheit im Volk scheint in dem ungewöhnlich grausamen Verbrechen die Kapitalstrafe zu befürworten.

In den einheimischen Medien wird argumentiert, dass nur so potenzielle Täter abgeschreckt werden könnten. Die Richter stehen entsprechend unter grossem Druck. Die insgesamt sechs Täter stammen allesamt aus armen Migrantenfamilien, die auf der Suche nach Arbeit nach Delhi gezogen waren und in Slums leben. Nur einer der Männer hatte die Schule abgeschlossen. Der jüngste von ihnen war zum Zeitpunkt der Tat erst 17 Jahre alt und wurde deshalb vor ein Jugendgericht gestellt. Dieses hat ihn Ende August zu drei Jahren in einer Besserungsanstalt verurteilt, was der Maximalstrafe für Minderjährige entspricht. Ein weiterer Täter, der 33-jährige Fahrer des Busses, war im März tot in seiner Zelle aufgefunden worden. Die Polizei sagt, er habe sich erhängt. Der Verteidiger glaubt jedoch, dass der Fahrer in der Haft von Mitgefangenen ermordet wurde.

Die sechs alkoholisierten Männer hatten die Studentin und deren männlichen Begleiter an besagtem Abend offenbar mit Vorsatz in den Bus gelockt. Sie schlugen den Mann brutal zusammen, bevor sie die Frau mehrfach vergewaltigten und ihr mit Eisenstangen derart schwere innere Verletzungen zufügten, dass sie zwei Wochen später im Spital starb. Der Tod der 23-Jährigen hat die städtische Mittelschicht aufgerüttelt. Über das bis dahin weitgehend totgeschwiegene Problem sexueller Gewalt wird in den indischen Medien heute so offen diskutiert wie nie zuvor. Dennoch hat sich die Situation der meisten Frauen in den letzten neun Monaten kaum verbessert.

Leere Versprechen der Polizei

Die Polizei in Delhi hat zwar eine Reihe von Massnahmen angekündigt, um den öffentlichen Raum sicherer zu machen. So sollten nachts in der Hauptstadt mehr Sicherheitskontrollen durchgeführt werden. Zudem sollten die Beamten sensibilisiert und bei Patrouillen vermehrt auch Polizistinnen eingesetzt werden. In der Praxis wurde keines dieser Vorhaben aber konsequent umgesetzt. Ein paar Wochen lang gab es mehr Kontrollen, danach war schnell wieder einmal alles beim Alten. Die meisten Polizeiautos sind nachts weiterhin in VIP-Gebieten unterwegs, um Politiker zu eskortieren, und werden nicht in den für Frauen besonders gefährlichen Stadtteilen eingesetzt.

Untätige Justiz

Entsprechend ist auch die Zahl der sexuellen Übergriffe nicht zurückgegangen, im Gegenteil. Zwischen Januar und Mitte August dieses Jahres wurden in Delhi 1036 Vergewaltigungsfälle registriert und damit über doppelt so viele wie im Jahr davor. 60 Prozent der Opfer waren unter 18 Jahre alt. Die Zahl der Fälle sexueller Belästigung stieg von 381 auf 2267. Die Zunahme ist unter anderem auch damit zu erklären, dass sich heute mehr Frauen getrauen, Anzeige zu erstatten. Allerdings kommen die meisten Straftäter weiterhin ungeschoren davon.

Abschreckender als die Todesstrafe wäre laut Rechtsexperten eine konsequentere Verfolgung der Delinquenten. Vor allem in ländlichen Regionen bleiben die meisten Vergewaltiger noch immer straffrei.

Gewalt gegen Christen: Rekordzahlen im Staat Karnataka

07.09.2013  Quelle

Im indischen Unionsstaat Karnataka kommt es erneut zu Gewalt gegen christliche Gemeinden. Nachdem bereits in den vergangenen Tagen neue Fälle von Verstößen gegen die Religionsfreiheit gemeldet wurden kam es nun nach Angaben des „Global Council of Indien Christians“ erneut zu Gewalt. Bei den Opfern handelt es sich um zwei christliche Pastoren, die sich vom Hinduismus zum Christentum bekehrt hatten: Konvertiten scheinen eine besonders beliebte Zielscheibe extremistischer Hindus zu sein. Der 33jährige Pastor Samson, leitet seit 10 Jahren das „Jahve Shalom Prayer House“ in Basavanagar im Norden von Karnataka. Samson wurde in den vergangenen Tagen in der Kirche von rund 30 hinduistischen Fundamentalisten verprügelt, die ihm schwere Verletzungen an einem Auge und an einem Ohr zufügten und ihn der „Zwangsbekehrung“ beschuldigten. Die Polizei wollte eine Anzeige des Pastors nicht entgegennehmen.

Pastor Devu Kanu Pale Gowli von der „Blessing Minstry Church“ im Distrikt Karvar wurde von einer Gruppe radikaler Hindus zusammen mit seiner Frau aufgehalten, die sie zur Rückkehr zum Hinduismus aufforderten. Da sie sich weigerten wurden sie aus dem Dorf vertreiben und eine Anzeige gegen sie wegen „Zwangsbekehrung“ erstattet.

Wie Beobachter dem Fidesdienst berichten, fordern die christlichen Kirchen in Karnataka von der neuen Regierung des Staates künftig mehr Achtung der Rechte, Dialog und Gerechtigkeit für Christen. Bei der Wahl im Mai dieses Jahres wurde die bisher regierende „Bharatiya Janata Party“ (BJP) von der Kongresspartei abgelöst.

Wie aus einem jüngsten Bericht der Nichtregierungsorganisation „Catholic Secular Forum“ hervorgeht, steht Karnataka an erster Stelle, was interreligiöse Gewalt angeht, mit über 1.000 Übergriffen auf Christen allein im Jahr 2011, d.h. durchschnittlich 3-5 Übergriffe am Tag.

Antichristliche Gewalt im Hinterland von Mumbai – Neues Phänomen

15. 06.2013  Quelle

In Maharashtra, einem der reichsten und infrastrukturell am meisten entwickelten indischen Bundesstaaten, galten antichristliche Gewalttaten bisher als selten. In den vergangenen Monaten hat der interreligiöse Haß jedoch zugenommen. Hinduextremisten verhindern den Bau von Kirchen, Christen werden sogar aus ihren Häusern verjagt. Das Global Council of Indian Christians (GCIC) spricht von einem “zunehmenden und besorgniserregenden Trend”.

Aus einigen Gebieten von Maharashtra werden von Christen sogar Angriffe auf Gottesdienste und Gebetsversammlungen gemeldet. Hilferufe von Christen gehen beim GCIC vor allem aus dem Bezirk Yavatmal ein, wo hinduextremistische Gruppen aktiv sind.

Die Nachrichten sorgen unter Christen für Unruhe, da dieser Bundesstaat bisher als einer der ruhigsten und sichersten galt. In dem Bundesstaat liegt Mumbai, das Wirtschaftszentrum Indiens.

Der Ort Pandahrewani ist einer der am härtesten betroffenen. Seit zwei Monaten haben Hindus ihren christlichen Mitbürgern untersagt, im Ort ihren Glauben zu praktizieren. Sie verhindern den Bau einer kleinen Kirche und fordern die Christen auf, die Gegend zu verlassen. Laut dem GCIC vorliegenden Berichten schüren hinduextremistische Organisationen im Hintergrund den antichristlichen Haß.

Hindunationalisten verhindern nicht nur den Bau von Kirchen, sondern behindern Christen auch beim Bau ihrer Häuser, um sie zu verdrängen. So geschehen in Suresh Athram. Die Polizei bemühte sich um eine Schlichtung, die von den Hindus jedoch nicht eingehalten wurde. Am Hindu-Fest Hanuman Jayanthi am 25. April zerstörten Hunderte Hindus eine örtliche Kirche, stellten Hinduidole auf und praktizierten in den Resten der Kirche ein kultische Handlung.

Am 6. Juni besetzten 20 Hindus in Bapurai Dhadange Grundstücke von Christen. Die Christen erstatteten Anzeige bei der Polizei, worauf der Anführer der Hindus die Christen der Zwangskonversionen beschuldigte und zur Anzeige brachte. Die örtliche Polizei erpreßte daraufhin von den Christen Geld, damit diese einer Verhaftung entgehen.

Neuer Bericht zu Schadensersatz für Christen in Orissa

10.06.2013  Quelle

Die bereit gestellten Schadenersatzzahlungen für die Opfer von Orissa sind nicht angemessen. Dies geht aus einem neuen Bericht hervor, den das „Centre for Sustainabel Use of Social und Natural Resources“ (CSNR) und das „Housing and Land Rights Network (HLRN) im Auftrag der katholischen Kirche in Orissa und des Roten Kreuzes erstellten. Viele Christen waren von der Gewalt im Jahr 2008 betroffen. Der Bericht dokumentiert Schätzungen zu den tatsächlich von den antichristlichen Übergriffen in Kandhamal verursachten Schäden. Bei den gewaltsamen Übergriffen des Jahres 2008 wurden über 400 christliche Dörfer angegriffen; über 5.600 Wohnungen und 296 Kirchen wurden in Brand gesteckt, über 100 Menschen starben, von denen jedoch die Regierung nur 56 anerkennt.

Die Christen im Bundesstaat Karnataka haben Grund zur Hoffnung

25.05.13  Quelle

So schätzt der Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke in Indien, Pater Faustine Lobo, die Lage nach der Parlamentswahl in Karnataka ein. „Heute ist die Bevölkerung zuversichtlich. Es kann eine neue Atmosphäre im sozialen und religiösen Bereich entstehen“, so Lobo gegenüber dem Fidesdienst. Weil die hinduistisch geprägte, extremistische Partei „Bharatiya Janata Party“ (BJP), unter deren Regierung es immer wieder zu antichristlicher Gewalt kam, nur noch mit 40 Sitzen im Parlament vertreten ist, hofft Lobo nun „auf eine Zukunft des Friedens und der Entwicklung für die Christen in Karnataka.“ Siddaramaiah, Chef der Kongresspartei, die mit 121 Parlamentssitzen die Wahl gewonnen hatte, gratulierte auch der Erzbischof von Bangalore, Bernard Moras. Dabei äußerte er seinen Wunsch, Christen mögen in Zukunft auch in Regierungspositionen und in öffentlichen Einrichtungen stärker vertreten sein.

Menschenrechtler beklagt Straffreiheit für radikale Hindus

07.05.2013. Quelle

Rund fünf Jahre nach den schweren Ausschreitungen gegen Christen im indischen Bundesstaat Orissa kritisieren Menschenrechtler eine mangelhafte Strafverfolgung der Behörden. Nur zwei Inspektoren und ein kleines Ermittlerteam befassten sich noch mit den unzähligen Fällen der Gewalt, sagte der katholische Menschenrechtsaktivist John Dayal dem vatikanischen Pressedienst Fides am Dienstag.

Im August 2008 hatten radikale Hindus in dem nordostindischen Bundesstaat Orissa mehrere hundert christliche Dörfer angegriffen. Dabei gingen fast 300 Kirchen in Flammen auf. Etwa 100 Menschen wurden nach offiziellen Zahlen getötet, Tausende verletzt und in die Flucht getrieben. Auslöser war das Attentat auf einen nationalistischen Hindu-Führer, das den Christen angelastet wurde.

Oft würden die Ermittlungen absichtlich verzögert oder nur oberflächlich geführt, beklagte Dayal. Von insgesamt 3.232 Strafanzeigen habe die Polizei nur 1.541 weiterverfolgt. Bisher seien knapp 1.600 Angeklagte freigesprochen worden. Die Zahl der Verurteilungen liegt demgegenüber nach Zahlen von Ende 2012 im zweistelligen Bereich. Das Strafmass blieb dabei meist gering. Laut Dayal wird noch in lediglich 90 Fällen ermittelt.

Der Menschenrechtler beklagte gegenüber Fides, die christlichen Hauptzeugen in den Verfahren würden von Hindus häufig eingeschüchtert und bedroht, um Aussagen zu verhindern. Zudem werde es mit fortschreitender Zeit immer schwieriger, Beweise zu sammeln. In der Ermittlungsarbeit der Behörden herrsche „tiefe Finsternis“, so der Menschenrechtler.

Unter hindunationalistischer Regierung nimmt antichristliche Gewalt zu

03.05.2013  Quelle

Unter hindunationalister Regierung nimmt antichristliche Gewalt zu(Mumbai) „Seit die Bharatiya Janata Party [hindunationalistische Volkspartei] in Karnataka an die Macht gekommen ist, haben Angriffe gegen Christen zugenommen und auch andere religiöse Minderheiten im Staat fühlen sich bedroht.“ Mit diesen Worten schildert Sajan George, der Vorsitzende des Global Council of Indian Christians (GCIC) die Lage der Christen zwei Tage vor den Wahlen im indischen Bundesstaat Karanataka. Am 5. Mai sind die Bürger aufgerufen, den neuen Ministerpräsidenten, den Chief Minister zu wählen.

Die Hindunationalisten der BJP regieren den indischen Teilstaat seit 2008 und unterstützen seither offen ultranationalistische Hindugruppen wie Sangh Parivar, die für zahlreiche Gewalttaten gegen Christen verantwortlich sind. „2012 hat der Global Council 41 antichristliche Angriffe registriert, 2013 waren es bisher bereits sieben“, so Sajan George. „Dabei handelt es sich natürlich nur um statistische Angaben: zerstörte Kirchen, zerstörte Häuser, eingesperrte Christen. Wenn wir alle Beleidigungen, vorübergehende Festnahmen und Einschüchterungen registrieren würden, wäre die Zahl viel höher.“

George spricht von einem „geheimen politischen Ziel“ der Hindunationalisten. Die BJP sucht die Unterstützung der militanten Anhänger der Hindutva, jener hindunationalistischen Ideologie, die den Hinduismus als einzige ethnische, kulturelle und politische Identität Indiens propagiert. Für diese Ideologie stellt das Christentum, ebenso wie der Buddhismus oder der Islam eine indienfremde Religion und Kultur und damit einen Fremdkörper dar, der zu entfernen ist. Das erklärt die hindunationalistischen Angriffe gegen Christen und andere religiöse Minderheiten. „Diese extremistischen Gruppen fühlen sich stark, weil sie über politische Protektion verfügen und greifen die verwundbaren Minderheiten Karnatakas an und verfolgen sie. Die Hauptverantwortlichen dieser Gewalt sind meist in den Polizeikräften zu suchen, die den Angreifern Straffreiheit garantieren“, so Sajan George.

Bezeichnend ist die Gerechtigkeitskommission, die vom pensionierten Richter Somashekhar geleitet wird. Die Kommission wurde von der BJP eingerichtet, um die antichristlichen Progrome von 2008 zu untersuchen. „In ihrem Abschlußbericht spricht die Kommission Polizei, Regierung und Hindufundamentalisten von jeder Schuld frei. Dutzende von eindeutigen Zeugenaussagen blieben unbeachtet. Die Progrome haben für die Kommission keine Täter. Statt dessen fordert die Kommission den gesamten Kirchenbesitz zu erfassen und Pfarreien, Pastoren, Schenkungen und Spendenflüsse genau zu überwachen“, so der GCIC-Vorsitzende.

Angriffe auf Christen auch zu Ostern

28.03.2013  Quelle

Hindu-Extremisten entfesselten selbst in der Fastenzeit immer mehr Gewalt, ein Ostern in Frieden sei in einigen Teilen des Landes für Christen momentan nicht möglich. Dies berichtet Asianews an diesem Mittwoch. Sajan K. George, der Vorsitzende von Global of Indian Christians (GCIC) fordert den Schutz von Christen während der Karwoche. Er bezieht sich auf Angriffe im März in den Regionen Chhattisgarh und Kerala. „Die Karwoche ist die wichtigste Woche des Jahres: die christlichen Minderheiten sollten mehr Schutz und Sicherheit haben“, sagt George.

Wie Asianews weiter berichtet, habe am 13. März eine Gruppe von fundamentalistischen Hindus in Begleitung von der Polizei eine Kirche in Gadia niedergerissen. Sie behaupteten, das Gebäude sei illegal erbaut worden. Zuvor sei am 10. März eine Kirche in einem anderen Dorf von Extremisten angegriffen worden. Sajam George warnt: „Diese anti-christliche Gesinnung verheißt nichts Gutes für eine ruhige, feierliche und religiöse Feier.“

Christen in Indien weiterhin unter massivem Druck

16. März 2013 Quelle

Im August 2008 kam es im indischen Bundesstaat Odisha (bis 2011: Orissa) zu den schlimmsten Ausschreitungen gegen Christen seit der Unabhängigkeit Indiens im Jahr 1947. Amtliche Schätzungen sprachen damals u.a. von 54.000 Binnenflüchtlingen, 120 Toten und 315 vollständig zerstörten Dörfern. Die pogromartigen Ausschreitungen erregten bei der internationalen Gemeinschaft einigen kritischen Widerhall. Doch viereinhalb Jahre später hat sich die Lage der Christen in dem ländlichen Bundesstaat nicht wesentlich verändert.

Die Stimmung im Epizentrum der Gewaltausbrüche von 2008 im indischen Odisha ist unverändert explosiv. Schon ein Funke würde ausreichen, um eine neue Welle der Gewalt zu entzünden. Bereits im Oktober 2008 wurden zahlreiche Flüchtlingslager von den Behörden zwangsgeräumt. Die Menschen wurden in ihre Dörfer und Häuser zurückgeschickt, ohne dass sich dort etwas zum Besseren gewendet hatte. Vielerorts knüpften nationalistische Hindu-Gruppen die Rückkehr vertriebener Christen in ihr Dorf an die Bedingung, dass diese zum Hinduismus konvertieren. Über 4.000 Christen sind deshalb bis heute aus Angst nicht in ihr Zuhause zurückgekehrt.

Eine kurze Analyse der gegenwärtigen Lage ergibt folgendes Bild

Politik

Zurzeit wird Odisha von der Biju Janata Dal (BJD) Partei regiert, die äußerlich um Neutralität bemüht ist. Gleichzeitig werden ihr jedoch enge Verbindungen zu rechtsgerichteten Hindugruppen nachgesagt. Die Regierung ignoriert die fortgesetzte Verfolgung der Christen nicht nur, sondern spielt mutmaßlich bei ihrer Diskriminierung durch die Behörden ein aktive Rolle im Hintergrund.

Wirtschaft und Beruf

Die Bezirke Kandhmal, Koraput und Malkangiri galten bereits vor den Ausschreitungen als wirtschaftlich schwach entwickelt. Die von hier geflohenen Christen haben nicht nur ihren persönlichen Besitz (Häuser, Land, Vieh) an Hindus verloren, sondern auch ihre Arbeitsplätze. Und selbst bei staatlich geförderten Arbeitsmaßnahmen erleben sie Diskriminierung.

Gesellschaft

Die Zusammensetzung der Gesellschaft ist mehr denn je von unüberbrückbaren Gegensätzen geprägt. Nur in sehr wenigen Dörfern hat man durch die Bildung von Friedenskomitees eine leichte Entspannung zwischen den gegnerischen Gruppierungen herbeiführen können. Die Christen sehen sich mit folgenden Schwierigkeiten konfrontiert:

  • Die Furcht vor gewalttätigen Übergriffen in den Dörfern hindert sie nicht nur an der Rückkehr in ihre Heimat, sondern erstickt viele Friedensbemühungen bereits im Keim.
  • Ihr Alltag ist von Diskriminierung geprägt: so etwa in den Schulen oder Lebensmittelgeschäften.
  • Häufig mussten sie nach der Rückkehr in ihre Dörfer um ihren Besitz kämpfen. Viele konnten sich nicht durchsetzen und sind nun ohne eigenes Land.
  • In zahlreichen Dörfern können sie aufgrund der fortgesetzten Bedrohung durch Fundamentalisten ihr Land nicht bearbeiten.
  • Die Polizei schützt sie nur unzureichend. Dadurch leben Christen in einem Zustand fortwährender Unsicherheit.
  • Die Versorgung mit Lebensmitteln funktioniert für die Christen nur unzureichend. Ihre Bezugskarten für Nahrungsmittel werden häufig nicht verlängert.
  • Schulbildung: Einer aktuellen Umfrage zufolge haben über 1.500 Kinder keinen Zugang zu einer Schule oder einer vergleichbaren Bildungseinrichtung.

In einer Reihe von Dörfern wurde den Christen nach der Rückkehr in ihre Dörfer eine Liste von Auflagen für den Fall präsentiert, dass sie sich weigern sollten zum Hinduismus zu konvertieren:

  • Strafzahlung für die Ausübung des christlichen Glaubens
  • Rücknahme aller bei der Polizei eingereichten Anzeigen
  • Beschränkung auf das Tragen traditioneller Kleidung (keine Hemden/Hosen)
  • Keine Nutzung von Fahrrädern oder Schuhen
  • Verbot, Wasser aus dem Fluss oder Dorfbrunnen zu schöpfen, Feuerholz zu sammeln, Steine oder Sand zu nutzen sowie im örtlichen Laden einzukaufen

Hindutva und Anti-Bekehrungsgesetze

Protest von Christen in OrissaIndien ist mit der zweitgrößten Bevölkerung aller Länder weltweit ein Staat voller Gegensätze und enormer Vielfalt. Auf dem Weltverfolgungsindex von Open Doors wird das Land an 31. Stelle geführt. Eine Hauptursache für die Verfolgung von Christen ist die in Teilen der Gesellschaft tief verankerte ‚Hindutva‘ Ideologie, die eine Reinigung Indiens von allen nicht-hinduistischen Elementen anstrebt. Wo diese Ideologie wie in Odisha starken Einfluss auf Regierungs- und Polizeibehörden hat, kann die christliche Minderheit nicht auf eine faire Behandlung hoffen oder gar ihre Rechte einklagen. Hinzu kommt, dass Odisha zu den fünf indischen Staaten zählt, in denen das Anti-Bekehrungsgesetz die Abkehr vom Hinduismus kriminalisiert. Open Doors unterstützt die Christen durch Schulungen und vielfältige Hilfsprojekte. Als Reaktion auf die Ausschreitungen im Jahr 2008 wurden über 6.000 Familien mit Nahrungsmitteln und Hilfspaketen versorgt, darüber hinaus wurden Traumaseminare in Gemeinden und Flüchtlingslagern durchgeführt.

Zwölf Angeklagte werden wegen antichristlicher Gewalt verurteilt

29.11.2012  Quelle

Ein erstinstanzliches Gericht in Orissa verurteilte zwölf Angeklagte im Zusammenhang mit der Gewalt gegen die christliche Glaubensgemeinschaft in Kadhamal (Orissa) im Jahr 2008 zu jeweils sechs Jahren Haft.

Dies ist ein erster Schritt hin zur Gerechtigkeit. Die Menschen leiden immer noch – das kann man nicht leugnen – doch dieses Urteil ist ein Zeichen der Legalität und der Bekämpfung der Straffreiheit“, so Erzbischof John Barwa von Cuttack-Bhubaneswar zum Fidesdienst.

Wie aus Informationen hervorgeht, die dem Fidesdienst vorliegen erließ der Richter auch eine Geldstrafe im Umfang von 5.000 Rupies für Verbrechen wie Brandstiftung und Plünderungen in Jarkinaju in der Nähe von Raikia. Das Gericht ordnete an, dass bei ausbleibender Zahlung ein weiteres Jahr Haft vorgesehen ist. Weitere zehn Angeklagte wurden mangels Beweise freigesprochen.

Einheimische Beobachter weisen darauf hin, dass in den meisten Fällen der Gewalt im Zusammenhang mit den Massakern des Jahres 2008 die Täter nie gefasst wurden, oder in anderen Fällen freigesprochen wurden, auch wenn es sich um Mord handelte. Menschenrechtsaktivisten prangern deshalb weiterhin Mängel der der Justiz an.

Die Gewalt gegen Christen brach in Kandhamal im August 2008 aus, nachdem der hinduistische Religionsführer Swami Lakshmananda Sarawati von Maoisten ermordet worden war. Hinduistische Extremisten eröffneten die Jagd auf Christen, die zu Unrecht des Mordes beschuldigt wurden. Es handelte sich um die größte Welle antichristlicher Gewalt in der Geschichte Indiens seit der Unabhängigkeit: insgesamt starben 90 Menschen und 56.000 wurden aus ihren Heimatdörfern vertrieben.

Aufhebung der „Anti-Bekehrungs-Gesetze“ in Indien

01.06.2012  Quelle

Trotz Demokratie sei die Menschenrechtssituation in Indien teilweise ungenügend. Dies betreffe im Besonderen die Religionsfreiheit, heisst es in einer Medienmitteilung der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA). Auf die Gewalt gegen religiöse Minderheiten hätten speziell Deutschland, Italien und die Niederlande anlässlich der periodischen Länderüberprüfung am 24. Mai im UN-Menschenrechtsrat in Genf hingewiesen.

Zuvor habe die Weltweite Evangelische Allianz (WEA) und die Indische Evangelische Allianz (EFI) in ihrem Bericht an den UN-Menschenrechtsrat daran erinnert, dass in sechs indischen Bundesstaaten noch Religionsgesetzgebungen, sogenannte „Anti-Bekehrungs-Gesetze“ in Kraft seien, welche die Religionsfreiheit nicht respektierten. In den vergangenen Jahren sei es dort immer wieder zu Diskriminierungen und Verfolgung von Christen gekommen. Gemäss den offiziellen Angaben der indischen Regierung für 2009 soll es dabei 125 Tote gegeben haben. Deutschland, Italien und die Niederlande hätten Indien zur Abschaffung dieser „Anti-Bekehrungs-Gesetze“ aufgefordert.

Die Religionsgesetze, welche den freien Religionswechsel einschränkten oder verbieten, würden meist mit der Wahrung des religiösen Friedens begründet. Sie seien laut der SEA-Medienmitteilung jedoch vor allem die Folge von jahrelanger Propaganda von nationalistischen Extremisten, die sich gegen die Präsenz von Christen und Muslimen in Indien richte. Das Klima von Intoleranz habe in den vergangenen Jahren zu einer Zunahme von Gewalt zwischen den Religionsgemeinschaften geführt

Christen Indiens warten auf Gesetz, das sie vor Verfolgung schützt

07.05.2012  Quelle

„Der Glauben ist Sklave in der bevölkerungsreichsten Demokratie der Erde. Es braucht dringend ein gutes Gesetz gegen die religiöse Gewalt, die die Religionsfreiheit, das Lebensrecht und die Menschenwürde schützt.“

Der Entwurf für ein solches Gesetz liegt im Indischen Parlament vor, wurde dort aber „auf Eis gelegt“. Die Christen Indiens versuchen seine Behandlung und Verabschiedung wieder in Gang zu bringen.

Die Communal Violence Bill, die den Christen und anderen Minderheiten Gleichberechtigung und Rechtssicherheit verschaffen soll, wurde 2011 dem Indischen Parlament vorgelegt. Nach heftiger Kritik von Hindunationalisten wurde die Behandlung ausgesetzt. Der Rat der Indischen Zivilgesellschaft drängt nun auf die weitere Behandlung. Dem Rat gehören Hunderte unterschiedlicher Organisationen an, darunter auch viele christliche und katholische Organisationen, wie das All India Christian Council.

Der Rat der Indischen Zivilgesellschaft erinnert in seiner Aufforderung an das Parlament an schreckliche Ereignisse der vergangenen Jahrzehnte, wie das Massaker von Nellie von 1983, das Sikh-Massaker von 1984, die Morde von Hashimpura von 1987, die Pogrome von Guiarat von 2007, die Christenverfolgungen in Orissa von 2007 und 2008. „Diese und viele andere Gewalttaten verlangen dringend nach neuen Gesetzen“, so der Rat der Indischen Zivilgesellschaft, „die der Komplizenschaft staatlicher Organe und der Straffreiheit für die Täter ein Ende setzen.“

Die katholische Kirche kann in Indien auf eine bald zweitausendjährige, schwierige Geschichte zurückblicken. Trotz ihrer so langen Präsenz und tiefen Verankerung, gelang es anderen Kräften, sie immer wieder zu marginalisieren und als „landesfremd“ darzustellen. Die Kirche zeigt sich in Indien in drei Formen, der lateinischen, der syro-malabarischen und der syro-malankarischen Form. Wie tief das Christentum in der indischen Kultur wurzelt, wird bei Hochzeit, Krankensalbung, Tauf- und Totenritus deutlich. Das Christentum spricht seit 2000 Jahren die Landessprachen des Subkontinents, wie schon die Bezeichnung der Christen als „Thomas-Christen“ bezeugt. Die Christen sind aber auch Opfer brutaler Verfolgung.

Die antichristlichen Pogrome im Bundesstaat Orissa führten nicht nur zu vielen ermordeten Christen, sondern auch zu Zehntausenden Christen auf der Flucht. Allein 2011 wurde die christliche Minderheit in Indien Opfer von 170 Gewaltakten durch Hindunationalisten.

Der Bundesstaat Karnataka führt mit 45 gewalttätigen Angriffen die Negativstatistik der Christenverfolgung an, gefolgt von Orissa mit 25 Fällen, Madhya Pradesh mit 15, Kerala mit 10, Tamil Nadu, Chhattisgarh, Uttar Pradesh, Andhra Pradesh und Maharastra mit jeweils sechs 6 Gewalttaten.

Laut Angaben des Global Council of Indian Christians erfolgt die Diskriminierung der Christen systematisch und tritt in den unterschiedlichen Erscheinungsformen auf: Morde, Verstümmelungen an Augen und Ohren, Niederbrennen von Kirchen und Privathäusern von Christen, Verbrennung von Bibeln, Kreuzen und anderen religiösen Gegenständen, Zwangsenteignungen von Gebäuden und Grundstücken, Grabschändungen.

Hindunationalisten siegen im christlichen Goa – Schmerzhafte Entscheidung für Neubeginn

09.03.2012  Quelle

(Mumbai) Die hindunationalistische Bharatiya Janata Party (BJP) hat die Parlamentswahlen in Goa gewonnen. Der südindische Bundesstaat gehört zu den Gebieten des indischen Subkontinents, in denen die Christen am stärksten sind. Manohar Prabhu Parrikar heißt der künftige Ministerpräsident. Die Hindunationalisten errangen 24 Sitze, die Kongreßpartei (INC) von Sonia Gandhi lediglich neun Sitze. Um seinen Sieg abzusichern, stellte Parrikar auch sechs katholische Kandidaten auf und unterstützte zwei katholische unabhängige Kandidaten in Wahlkreisen. Alle sechs Katholiken auf den BJP-Listen wurden gewählt.

Der aus Goa stammende Pater Theodore Mascarenhas SFX, Mitglied des Päpstlichen Kulturrats, sieht im Wahlergebnis, daß die Katholiken des Landes die ausufernde Korruption der alten politischen Garde satt haben. Sie wollten der Veränderung eine Chance geben. Nun sei es Aufgabe der BJP zu beweisen, daß sie „besser regiert“ und daß „es keine religiöse Diskriminierung und Gewalt geben wird“, so Pater Mascarenhas.

Die BJP „war gut organisiert und konzentrierte den Wahlkampf auf ihren Spitzenkandidaten Parrikar. Dieser bat die Christen öffentlich um Verzeihung für die antichristlichen Fehler der Vergangenheit und kandidierte als Zeichen des guten Willens sechs Mitglieder der katholischen Gemeinschaft. Das Angebot der Kongreßpartei beschränkte sich hingegen weiterhin nur auf die Familie Raj [eine einflußreiche Dynastie in Goa, Anm. katholisches.info] und signalisierte damit den Wählern, nicht aus dem herrschenden Klientelsystem herauszukommen. Die Christen waren verschreckt wegen der antichristlichen Gewalt, die von den Hindunationalisten ausging. Zwischen diesen beiden Optionen, entschieden sie sich am Ende für die BJP, in der Hoffnung, daß es sich wirklich, wie im Wahlkampf eindrucksvoll betont, um eine neue, veränderte Partei handelt. Die Menschen wollten nicht mehr, daß die Kontrolle über den Staat in der Hand weniger Familien liegt. So vertrauten sie Parrikar. Die Kandidatur von sechs Katholiken hat die Entscheidung sicher erheblich erleichtert.“

Die Katholiken konzentrierten ihre Stimmen weitgehend auf die katholischen Kandidaten, die ein Viertel der BJP-Mandatare stellen und ausschlaggebend sind für die Regierungsmehrheit. Die Katholiken verfügen damit über eine starke Sperrminorität, die es den Hindunationalisten, wenn sie regieren wollen, kaum erlaubt, zu einer christenfeindlichen Politik in Goa zurückzukehren.

Pater Mascarenhas erinnert deshalb daran, daß die BJP und Parrikars-Wahlbündnis lediglich 39 Prozent der Stimmen erhielten, die Kongreßpartei immerhin noch 32 Prozent. „Beide werden sich um die katholische Gemeinschaft bemühen müssen“, so der indischen Ordenspriester. „Die Kirche muß in dieser neuen Situation sehr wachsam sein für die Interessen der Bürger. Eine Unterstützung für die Kongreßpartei kam wegen des Korruptionssumpfes nicht in Frage. Die BJP bat die Christen um Verzeihung, weshalb ihr eine zweite Chance gewährt wurde.“

Die Entscheidung der Katholiken sei schmerzhaft gewesen, weshalb sie sich vom Sieg zwar eine Änderung erhoffen, aber dennoch eine gewisse Unsicherheit wegen der BJP-Vergangenheit fühlen.

Goa ist der flächenmäßig kleinste indische Bundesstaat und zählt mit 1,4 Millionen Einwohnern auch bevölkerungsmäßig zu den kleineren Gliedstaaten der indischen Union. Das Christentum kam bereits im ersten nachchristlichen Jahrtausend an die indische Westküste. 1500 erfolgte mit der Ankunft der Portugiesen die zweite Welle der Christianisierung. Nach den Hindus (66 Prozent) stellen die Christen mit 27 Prozent, die zweitgrößte Religionsgemeinschaft des Staates. An dritter Stelle folgen die Moslems mit 6,8 Prozent. Die meisten Christen gehören der katholischen Kirche an, die im Bundesstaat mehr als 360.000 Gläubige zählt.

Auf Proteste gegen die Veröffentlichung eines Christusbildes mit Zigarette und Bierflasche folgen Brandanschläge auf zwei christliche Kirchen

22.2012  Quelle

Die Proteste gegen die Verteilung eines blasphemischen Christusbildes, das in einem in New Delhi herausgegebenen Schulbuch, das in den Schulen des Landes verwendet wird, häufen sich. Das vom Verlag Skyline Publications herausgegebene Schulbuch enthält eine Abbildung, in der Christus mit einer Zigarette in der Hand und einer Bierflasche in der anderen dargestellt wird und als „Idol“ betitelt wird.

Beobachter vor Orte berichten, daß diese Darstellung auch von den Medien verbreitet wurde und daß dies zu Protesten christlicher Gemeinden in verschiedenen Teilen des Landes führte.

Im Unionsstaat Punjab (Nordwestindien) wurde die Darstellung als Plakat öffentlich auf Straßen und Plätzen in der Stadt Jalandhar aufgehängt. Die einheimischen Christen protestierten danach bei den zivilen Behörden und forderten die Entfernung der Plakate. In Batala (Distrikt Gurdaspur) hat sich die Situation zugespitzt: mehrere Jugendliche versuchten die Plakate auf einem hinduistischen Markt selbst zu entfernen und wurden dabei von hinduistischen Jugendlichen daran gehindert. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen, die sich auf die ganze Stadt ausdehnten, wobei extremistische Bewegungen, wie die „Bajrang Dal“ und „Shiv Sena“ bewaffnet auf die Straße gingen und zur Gewalt gegen Christen aufriefen. Auf zwei protestantische Kirchen (Church of North in India und Salvation Army) wurden Brandanschläge verübt. Auch verantwortlichen Priester wurden angegriffen und mißhandelt, ihre Wohnungen geplündert.

Mehrere Christen wurden von der Polizei im Zusammenhang mit den Unruhen festgenommen, während hinduistische Randalierer auf freiem Fuß blieben. Die Behörden verhängten eine Ausgangssperre und die Atmosphäre bleibt weiterhin angespannt, wie Beobachter berichten.

Aufsehen erregte der Fall der blasphemischen Darstellung als im Staat Meghalaya katholische Schwestern von der Kongregation von unserer lieben Frau von den Missionen, die die St. Josephs-Schule in Shillong leiten, auf die Abbildung in einem Schulbuch für Kinder aufmerksam wurden. Die Ordensschwestern baten ihre Schüler, die Bücher zurückzugeben und wandten sich in einem Schreiben an die zuständigen Behörden, in dem sie ihre Bestürzung im Hinblick auf den mangelnden Respekt gegenüber christlichen Symbolen zum Ausdruck brachten. Die Regierung veranlasste daraufhin den Rückruf der Bücher.

Die christlichen Kirchen in Indien brachten unterdessen weitere Maßnahmen auf den Weg: „Wir haben alle Kirchen und alle katholischen Schulen in Indien gebeten, die Texte zurückzuziehen und alle Bücher der Skyline Publications zurückzuziehen. Diese Darstellung ist inakzeptabel und verstößt gegen jegliches Prinzip des Respekts und des Dialogs“, so P. Babu Joseph, Sprecher der Indischen Bischofskonferenz.

Es wird indes auch eine Klage gegen das Verlagshaus in Erwägung gezogen.

72 Angriffe auf Christen in Karnataka im vorigen Jahr

09.02.2012  Quelle

Im südindischen Bundesstaat Karnataka kam es im vorigen Jahr zu den meisten Übergriffen auf Christen in Indien. Kirchenleiter sehen darin einen Trend auch für dieses Jahr. Das meldete der Informationsdienst Compass Direct unter Berufung auf Angaben des Gesamtrats Indischer Christen (GCIC). Im Jahr 2009 registrierte der GCIC in Karnataka 72 Angriffe auf Christen. Im Jahr zuvor wurden 112 Fälle von Christenverfolgung dokumentiert. Nach den Ausschreitungen gegen Christen im Bundesstaat Orissa im August und September 2008 kam es auch in Karnataka zu Gewaltakten durch Hindu-Extremisten.

Dr. Babu Joseph, Sprecher der katholischen Bischofskonferenz von Indien (CBCI) sagte, Christen in Karnataka werden regelmäßig angegriffen und die Täter gehen häufig straffrei aus. Diese Entwicklung gebe „Anlaß zu ernster Sorge um die christliche Gemeinschaft“. Häufig kommt es bei Hausdurchsuchungen zu Gewalt gegen Christen. Grund der Razzien, so Compass Direct, seien oft Anschuldigungen oder Vermutungen, daß Christen Hindus mit Anreizen oder Versprechungen zu einem Religionswechsel zwingen wollen.

Michael F. Saldanha, früher Richter am Obersten Gerichtshof von Karnataka und Präsident der katholischen Assoziation von Süd-Kanara (einem auch als Dakshina Kannada bekannten Bezirk von Karnataka) sagte dem Informationsdienst, die Angriffe auf Christen in diesem Staat nahmen erst nach dem Regierungsantritt der hindu-nationalistischen „Bharatiya Janata Party“ (BJP) im Mai 2008 zu. Einem Pressebericht zufolge stellte der Gouverneur von Karnataka, H. R. Bhardwaj (Kongreßpartei), vor einigen Tagen fest, das Recht auf Religionsfreiheit, einschließlich der Bekundung der Religion, sei „die Essenz der indischen Demokratie“. Niemand dürfe die demokratischen Normen und Landesgesetze mißachten.

Ein Mitglied der Minderheitenkommission von Karnataka sagte, er glaube nicht, daß es Grund zur Sorge gebe. Einige Menschen würden schlichtweg versuchen, das Image der Landesregierung zu trüben. Regierungschef B. S. Yeddyurappa (BJP) von Karnataka wurde am 28. Januar von einem Nachrichtensender mit der Aussage zitiert, er werde denen, die religiöse Stätten verwüsten „die Hände abschlagen“. – „Lippenbekenntnisse der Regierung genügen nicht länger. Sie muß Ergebnisse vorweisen“, fordert Dr. Joseph vom CBCI. „Nicht provozierte Gewalt gegen Mitbürger im Namen der Religion ist bösartig.“

In den Morgenstunden des 4. Februar wurde in Malavalli/Bezirk Mandya die „St. Mathias Kirche“ bei einem Einbruch verwüstet. Unbekannte zerstörten das Kirchenkreuz, Statuen und Musikinstrumente.

Am 1. Februar zerrten Hindu-Extremisten in Thagadur (Bezirk Kodagu) elf Christen, darunter vier Frauen, aus ihren Häusern. Die Extremisten kamen mit der Polizei überein, die Christen aufgrund des Vorwurfs der Zwangsbekehrung von Hindus zu verhaften. Die elf arbeiten als Tagelöhner auf Kaffeeplantagen. Der Gesamtrat Indischer Christen (GCIC) berichtete, daß die Mitglieder der „Beraka Gospel Church“ in der Ortschaft Suntikupa auf der Polizeistation gefoltert wurden, um sie zu einem entsprechenden Geständnis zu bringen. Die Polizei bestreitet den Foltervorwurf.

Am 28. Januar brannten Unbekannte die „Jesus Loves Holy Temple Church“ in Molakalmuru/Bezirk Chitradurga nieder. Zwei katholische Kirchen wurden am 25. Januar in den Bezirken Mysore und Uttara Kannada angegriffen.

Christlicher Friedhof geschändet und teilweise eingeebnet

02.02.2012  Quelle

Angriff vermutlich Werk radikaler hinduistischer Gruppen

Ein historischer christlicher Friedhof in Sabarmati bei Ahmedabad (Hauptstadt des westindischen Unionstaats Gujarat) wurde am 26. Januar mit Planierraupen teilweise eingeebnet und geschändet, so berichtet der Fides-Dienst. Wie der „All India Christian Council“ (AICC) vermutet, der am heutigen 1. Februar in Ahmedabad zu einer Proteskundgebung gegen „das barbarische und respektlose Vorgehen“ aufruft, besteht ein begründeter Verdacht, dass der Angriff das Werk radikaler hinduistischer Gruppen ist, die im Staat sehr aktiv sind. Angesichts der Episode der Gewalt fordert der AICC den sofortigen Rücktritt des Premierministers von Gujarat, Narendra Modi, der als militanter Politiker der Baratiya Janata Party (BJP) bekannt ist und hinduistischen Extremisten nahe steht. Modi, so der AICC in einer Verlautbarung, die dem Fidesdienst vorliegt, „schützt die Christen im Staat nicht. Die Rechtsstaatlichkeit ist in Gujarat nicht gewährlesitet: die Menschen, aber auch die Toten, sind hier nicht sicher“. Der AICC fordert in diesem Zusammenhang auch den Rücktritt des Polizeichefs von Sabarmati, S.D. Patel, wegen Nichterfüllung seiner von der Verfassung vorgeschriebenen Pflichten.

Bei einem Besuch auf dem Friedhof konnten Vertreter des AICC feststellen, daß Grabsteine und Kreuze verwüstet und aufgehäuft wurden und ein Teil des Friedhofs mit Bulldozern eingeebnet wurde, damit an der Stelle ein Parkplatz entstehen konnte. Der Friedhof in Sabarnati stammt aus der britischen Kolonialzeit. Das Gelände wurde vor 1947 den Gemeinschaften der verschiedenen christlichen Konfessionen in Ahmedabad zur Verfügung gestellt.

Samson Christian vom AICC verurteilt den Vorfall mit Nachdruck und betont in diesem Zusammenhang die Mitverantwortlichkeit der lokale Regierung des BJP. Dabei weist er auch darauf hin, dass „in Gujarat das religiöse Empfinden der Minderheiten nicht respektiert wird“. Der AICC erstattete unterdessen Anzeige bei der Polizei in Sabarmati gegen „asoziale Elemente“. Doch aufgrund der Untätigkeit der lokalen Behörden sah sich die Organisation gezwungen, die Anzeige am gestrigen 31. Januar zurückzunehmen und bei einer höhren Instanz um Ermittlungen zu bitten. Christen aller Konfessionen werden heute auf dem Vorplatz des Rathauses in Ahmedabad zu der Protestkundgebung erwartet, bei der sie Schutz und Rechte, Respekt und Religionsfreiheit fordern wollen.

Orissa in Indien, wo sich die Verfolger zum Christentum bekehren

25.01.2012  Quelle

Am Morgen des Neujahrstages 2012 erlebte der Katholik Hippolitus Nayak, ein pensionierter Regierungsbeamter und führende Persönlichkeit der christlichen Gemeinschaft von Orissa einen außergewöhnlichen Besuch. An die Tür seines Hauses klopfte Lakhno Pradhan, einer der Anführer der Hinduextremisten, die die Pogrome gegen die Christen von Tiangia durchführten. „Er überreichte mir Blumen und bat um Verzeihung für die Verbrechen der Hindubanden an uns Christen. Gott lockert die verhärteten Herzen von Kandhamal“, so Nayak. Kandhamal ist der Regierungsbezirk des Bundesstaates Orissa, in dem Tiangia liegt. Das Haus des Katholiken Nayak war beim Pogrom zerstört worden, der eine der schlimmsten Episoden der Christenverfolgung in der indischen Geschichte war.

Nach der Ermordung des Hindunationalistenführers Swami Lakshmanananda Saraswati am 23. August 2008 sprach man in den Kreisen der Hinduextremisten bald von einer “christlichen Verschwörung”, obwohl eine maoistische Terrorgruppe sich zum Mordanschlag bekannte. Aufgehetzte Hindumassen brachen einen schrecklichen antichristlichen Pogrom los, bei dem mehr als 100 Christen ermordet, über 300 Kirchen und 6000 Häuser von Christen geplündert und zerstört wurden. Mehr als 50.000 Christen wurden obdachlos, die meisten flüchteten aus der Gegend.

Wie Anto Akkara für KNA berichtete, haben sich mehrere der damaligen Verfolger bekehrt und besuchen heute regelmäßig die Heilige Messe in jener wiederaufgebauten katholischen Kirche, in der sie damals, brutal sechs Katholiken ermordeten, als diese sich weigerten, dem christlichen Glauben abzuschwören.

Das Phänomen wird aus ganz Kandhamal berichtet, wo Hunderte von Hindus den christlichen Glauben annehmen. Darunter auch eine ganze Reihe von Hindunationalisten, die damals die Katholiken mit Gewalt zum Hinduismus bekehren wollten.

Der Kaplan der katholischen Pfarrei von Pogingia, Prasanna Kumar Singh, berichtete, daß einer Anführer der Hindunationalisten sich schon vor einiger Zeit für die Zerstörung der Kirche entschuldigte. Die Kirche wurde wieder aufgebaut und konnte 2011 neu geweiht werden. „Er nahm sogar an der Weihnachtsliturgie teil und brachte im Offertorium die Opfergaben.“

Prabodh Kumar Pradhan, der Vikar von Raikia, der größten katholischen Pfarrei von Kandhamal, bestätigte eine starke Konversionsbewegung von Hindus zum Christentum. „Wir müssen dabei sehr vorsichtig sein, um nicht in Konflikt mit dem Gesetz zu geraten“, so der Vikar. In Orissa haben die Hindunationalisten ein Anti-Konversionsgesetz durchgesetzt, das bei einem Religionswechsel die Zustimmung des höchsten Regierungsvertreters verlangt. „Kandhamal zeigt, daß Tertullian recht hatte“, so Vikar Pradhan. Der Kirchenhistoriker Tertullian schrieb um 200 n. Chr.: „Das Blut der Märtyrer ist der Samen für neue Christen“.

„Das Zeugnis von Treue und Glauben, das die verfolgten Christen von Kandhamal geben, auch indem sie ihren Verfolgern verzeihen, hat die Herzen vieler Hindus berührt“, so Prabodh Kumar Pradhan.

Kandhamal ist dennoch weit entfernt, eine befriedete Gegend zu sein. 2011 wurden zwei Hirten, Saulo Pradhan und Minoketon (Michael) Nayak, von Hinduextremisten ermordet. „Es ist weiterhin gefährlich, in Kandhamal Christ zu werden“, sagte der Monfortanerpater K.J. Markose, selbst Taufpate eines konvertierten Hindu, der erklärte, bei seinem Glauben an Christus zu bleiben, was auch immer geschehen mag.

«Produziert Hollywood am Publikum vorbei?»

13.01.2012  Quelle

Für die USA ist für Ted Baehr klar: Hollywood produziert am Publikum vorbei. Filme mit Sex und Gewalt brächten geringere Erlöse an den Kinokassen als familienfreundliche Streifen. Ob das auch weltweit gilt?

Jugendfreie Streifen sind lukrativer als Sex und Gewalt.

Der Präsident der christlichen Film- und Fernsehkommission der USA, Ted Baehr, legt Zahlen für seine Einschätzung vor. In den USA hätten jugendfreie Produktionen im vorigen Jahr im Durchschnitt 34,6 Millionen Dollar eingebracht, während Filme, die nur für Erwachsene zugelassen sind, nur 10,8 Millionen Dollar erzielten. Anscheinend wüssten die Produzenten nicht, wie sie den «Durchschnittsamerikaner» erreichen könnten. Baehr: «Diese wollen, dass das Gute über das Böse siegt, Gerechtigkeit herrscht, die Wahrheit über die Lüge triumphiert.»

«Bibel nicht immer jugendfrei»

Andere Kinoexperten wundern sich nicht darüber, dass Werte eine untergeordnete Rolle in Hollywood spielen. Die meisten Produzenten und Regisseure seien ethisch und geistlich «liberal» eingestellt, sagt der Filmemacher und Medienberater Phil Cooke.

«Es gibt Teile in der Bibel, die auch nicht jugendfrei wären, wenn man sie verfilmen würde», gibt Cooke zu bedenken. Die Bibel beschönige das Leben nicht. Im Übrigen könnten Christen ja auch ihre Marktmacht ausspielen, indem sie sich im Kino nur jene Filme anschauen, die sie mögen. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Barna schauen sich jedoch die Christen im Wesentlichen die gleichen Filme wie Nichtchristen an.

Rücksicht auf Christen

Die Filmindustrie in Indien, unter dem Namen «Bollywood» bekannt, poduziert jährlich etwa 200 bis 250 Filme. Wie geht die andere grosse Film-Produktionsstätte der Welt mit dem Inhalt von Filmen um? Ein aktuelles Beispiel: Aus Rücksicht auf die christliche Minderheit in Indien wurden Szenen aus dem Film «Ghost» von der zuständigen Behörde zensiert. Der Horrorfilm «Ghost», der am 13. Januar 2012 in Indien startete, wurde von der indischen Filmbehörde entschärft. Unter anderem wurde eine Szene gekürzt, in der ein böser Geist in Gestalt einer Frau gekreuzigt wird. Die Macher des Films protestierten, weil sie die Szenen für den Film als zentral erachten.

Brutaler Streifen in Indien zensiert

Der Horrorfilm «Ghost» gilt als einer der brutalsten Streifen, der jemals im indischen Bollywood produziert wurde. Kritik gab es auch, weil in einer Szene eine Frau brutal geschlagen und gepeinigt wird. Der blutige Inhalt des Filmes sei laut der Filmbehörde hoch genug, um «Ghost» als gewalttätigsten Film aller Zeiten zu klassifizieren, dessen mörderische Szenen zu zensieren seien. Die Szenen sind aber nicht ganz verschwunden, sondern lediglich in gekürzter und entschärfter Form zu sehen.

Bereits in der Vergangenheit hatte der indische Filmausschuss etliche Streifen zensiert, nicht nur wegen den Christen, sondern auch um Vorbehalten konservativer Kreise des Landes entgegenzukommen.

Massaker unter Christen in Orissa Verbrechen gegen die Menschlichkeit

06.12.2011  Quelle

Bericht eines Volksgerichts im Distrikt Kandhamal

Die Gewalt gegen Christen in Orissa verstößt gegen Menschenrechte und gegen die indische Verfassung; sie wurde sorgfältig geplant und stellt ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ dar; Hauptleidtragende waren Kinder und Frauen; staatliche Beamte waren Komplizen und wurden bis heute nicht zur Verantwortung gezogen. Dies geht aus dem Bericht eines Volksgerichts im Distrikt Kandhamal im indischen Unionsstaat Orissa hervor, der 2008 Schauplatz antichristlicher Massaker war, wie die Agentur Fides berichtet.

Das Volkgericht, das auf Initiative des Forums der nationalen Solidarität entstand, besteht aus Vertretern der Zivilgesellschaft und stellte in Bhubaneswar seinen neuen Bericht mit dem Titel „In Erwartung der Gerechtigkeit“ (Waiting for Justice) vor. Das Dokument, das die katholische Ortskirche in Indien dem Fidesdienst zur Verfügung stellte, soll Opfern und Überlebenden der Gewalt im Jahr 2008 helfen und Gerechtigkeit schaffen. Dabei soll die Rechtsstaatlichkeit wieder hergestellt und ein Beitrag zum Friedensprozess geleistet werden. Der Bericht gründet auf Augenzeugenberichten von 45 Überlebenden und dokumentiert die Ergebnisse von Untersuchungen und Ermittlungen vor Ort.

Dabei erwähnt der Bericht „gezielte Gewalt gegen Adivasi und Dalit der christlichen Glaubensgemeinschaft, die gegen das grundlegende Recht auf Leben, Freiheit und Gleichheit verstoßen, die von der Verfassung garantiert werden“. Dabei werde Religion zu politischen Zwecken missbraucht. Die Übergriffe von 2008 „waren geplant und gut vorbereitet. Die Gewalt umfasst alle Elemente der ‚Verbrechen gegen die Menschlichkeit’ wie sie das internationale Recht definiert“, heißt es in dem Text. „Christen, die sich weigerten, zum Hinduismus zu konvertieren, wurden brutal ermordet“.

Der Bericht beklagt insbesondere auch gezielte Gewalt gegen Frauen (Vergewaltigungen) und Kinder, die Zeugen schrecklicher Gewalt gegen die eigenen Angehörigen miterleben mussten, sind schwer traumatisiert. Die christliche Glaubensgemeinschaft erlebe damit einen „Gefühl der Entwurzelung“ infolge der Vertreibung und des Fehlens von Kirchen, während „der Boykott zu Lasten der Christen fortgesetzt wird“, die aus religiösen Gründen, wegen ihrer Kaste oder ihres Geschlechts diskriminiert werden.

Der Bericht beklagt mit großer Sorge „das Einverständnis der staatlichen Beamten mit den gewaltsamen Handlungen und die ausdrückliche Unterstützung der Gewalt“. Staatliche Einrichtungen seien „gescheitert“ wenn es um den Schutz der Bevölkerung ginge. Noch heute komme die Justiz nur sehr schleppend voran und die meisten Verbrechen seien noch unbestraft, „da die Polizei mit den Urhebern der Gewalt sowohl bei den Ermittlungen als auch bei der strafrechtlichen Verfolgung zusammenarbeitet“, wobei gleichzeitig Zeugen der Druckausübung durch Drohungen ausgesetzt seien. „Magere Schadenersatzzahlungen für Opfer“ so die Verfasser des Berichts, „zeugen von der Gleichgültigkeit der Regierung und des Staates“.

Angesichts der Dringlichkeit der Lage appellieren die Verfasser des Berichts an die Institutionen mit der Bitte um angemessene Maßnahmen bei der Bestrafung der Schuldigen und bei Schadenersatzzahlungen für die Opfer sowie bei sozialer Unterstützung für Betroffene. Außerdem werden die Behörden aufgefordert, sich mit dem Problem der Vertreibung der christlichen Dalit und Adivasi zu befassen und denjenigen Einhalt zu gebieten, die gegen die Artikel 153a und 153b des indischen Strafrechts verstoßen (Förderung von Feindseligkeiten unter verschiedenen Gruppen), damit alle, die weiterhin zu Hass und Gewalt gegen religiöse Minderheiten aufrufen, gestoppt werden und das Recht auf Religionsfreiheit tatsächlich garantiert ist.

Staat hat bei Gewalt gegen Christen in Indien versagt

02.12.2011  Quelle

Ein Volkstribunal im ostindischen Bhubaneswar hat der Regierung des Bundesstaates Orissa Versagen bei der Gewaltwelle gegen Christen 2008 vorgeworfen. Die Jury beobachte mit Sorge, dass das Justizsystem nicht in der Lage sei, Opfer und Zeugen effektiv zu schützen und die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen, heißt es im am Freitag gesprochenen Urteil des Tribunals. Der Polizei warfen die Volksrichter nach Anhörung von Zeugen „Komplizenschaft“ mit den Tätern vor. Die meiste Gewalt sei vermeidbar gewesen. Die Menschen warteten immer noch auf Gerechtigkeit. Auslöser der Gewaltwelle im August und September 2008 war die Ermordung des rechtsgerichteten Hindu Swami Lakshmanananda Saraswati gewesen. Obwohl maoistische Rebellen die Verantwortung für die Tat übernommen hatten, richtete sich die Reaktion von Hindu-Fundamentalisten gegen Christen. Wie bereits ein ähnliches Volkstribunal 2010 in Neu Delhi hat auch diese Versammlung keine juristische Bedeutung. Es handelt sich nach Worten von Mitwirkenden eher um eine Art „Wahrheitskommission“. Sie solle bewusst machen, dass die Betroffenen im Distrikt Kandhamal bislang keine Gerechtigkeit erfahren hätten. Veranstalter des Tribunals war das „National Solidarity Forum“. Diesem Netzwerk gehören indische Menschenrechtsorganisationen, Akademiker, Künstler und Journalisten an. Nach Angaben der katholischen Indischen Bischofskonferenz wurden 2008 bei den Ausschreitungen 70 Menschen ermordet, darunter mehrere Priester. 315 christliche Dörfer wurden zerstört, mehr als 4.600 Häuser von Christen niedergebrannt und mehr als 300 Kirchen, Gebetshäuser und Schulen zerstört.

1.000 Fälle von Gewalt gegen Christen im Vorjahr

08.11.2011  Quelle

In Indien sind im Jahr 2010 nach Angaben des „Gesamtindischen Christenrates“ mehr als 1.000 Fälle von Gewalt, Bedrohung oder Diskriminierung gegenüber Christen registriert worden. Dies berichtete der vatikanische Pressedienst Fides am Dienstag. Den Angaben zufolge rief der Christenrat die indische Regierung angesichts der zunehmenden Gewalt zu einem entschlossenen juristischen Vorgehen gegen die Täter aus dem Lager der extremistischen Hindus auf. Die radikale Hindu-Gruppe „Sangh Parivar“ und ihre politischen Verbündeten versuchten den „Virus religiöser Gewalt“ in der Gesellschaft zu verbreiten, zitiert Fides aus einer Mitteilung des Christenrats. Die ökumenische Organisation appellierte an das indische Parlament, den Entwurf für ein Gesetz zur Vorbeugung von religiös motivierter Gewalt schnellstmöglich zu verabschieden. Besonders der indische Bundesstaat Karnataka war in der Vergangenheit Schauplatz von Angriffen auf Christen. Auch in den Bundesstaaten Orissa, Gujarat, Madhya Pradesh und Uttar Pradesh kam es zu Gewalt gegen Christen.

Aravind Adigas «Letzter Mann im Turm» verweigert sich dem neuen Indien

13.10.2011  Quelle

Claudia Kramatschek ⋅ «Maximum City» nennt der indische Schriftsteller Suketu Mehta die Metropole Bombay – die dort, wo sie dem schönen Schein von Geld und Gewinn, Maximierung und Materialismus huldigt, eigentlich Mumbai heisst. Doch dieses Mumbai mit seinen Investoren und Immobilienhaien, mit Möchtegernreichen und einer konsumgierigen Mittelschicht ist glitzernd und schäbig zugleich. Das begreift man rasch, wenn Aravind Adiga den Schauplatz seines neuen Romans, «Letzter Mann im Turm», entwirft: Vishram Society, gelegen im Osten Mumbais, in einem Viertel namens Santa Cruz, das vor nicht einmal sechzig Jahren noch gesäumt war von Mangrovenhainen, in denen Wolken von Malariafliegen umherschwirrten. Heute befinden sich dort unter anderem der nationale Flughafen und einer der vielen Slums, die sich überall in der Stadt krakenartig um die «sauberen» Gebäude ausweiten.

Geld statt Gewalt

Auch Vishram Society, Turm A, 1959 erbaut, ist «pucca»: ein anständiges Haus. Darauf legen die Mieter dieser Wohngenossenschaft äussersten Wert – auch wenn ihr Haus schon längst vom Wetter mitgenommen ist, die Fenster vergittert sind, das Wasser nur zweimal am Tag fliesst und der nächste Monsun der Todesstoss sein könnte für das vom Einsturz gefährdete Gebäude. Doch eines Tages erhalten die achtzehn Parteien von Vishram Society ein grosszügiges Angebot von einem Investor, der anstelle von Turm A ein luxuriöses Apartmenthaus hochziehen will. Umgerechnet 250 000 Euro Ablösegeld bietet er jeder Mietpartei – viel, sehr viel Geld in einem Land, wo das Durchschnittseinkommen etwa 600 Euro im Jahr beträgt. Doch der Deal kommt nur zustande, wenn alle einstimmig einwilligen. Und einer sagt Nein: der «letzte Mann im Turm», ein pensionierter Lehrer, den alle seit dreissig Jahren so schlicht wie respektvoll nur Masterji nennen.

Schon in seinem Debütroman «Der Weisse Tiger» erzählte Aravind Adiga vom Kampf der ganz Reichen mit den Habenichtsen. Dieser Konstruktion folgt vordergründig auch der Plot von «Letzter Mann im Turm». Der Investor, Dharmen Shah, ist ein Paradebeispiel für den neueren Typus dieser Gattung, der seine Gegner nicht mehr mit Gewalt, sondern mit Geld und noch mehr Geld aus dem Weg zu räumen sucht. Doch Adiga nimmt in diesem Roman vielmehr die Mittelschicht selbst unter die Lupe, die hier – angesichts der Verlockung von Geld und einem besseren Leben – bereit ist, über Leichen zu gehen. Denn nicht Shah, sondern Masterjis beste Freunde werden zu seinen gefährlichsten Feinden: Mrs. Puri etwa, deren Sohn unter dem Down-Syndrom leidet; Mrs. Rego, alleinerziehende Mutter zweier Kinder, die besessen davon ist, einmal im Leben ihre bessergestellte, hellhäutigere Schwester zu übertrumpfen; Ibrahim Kudwa, einer der ersten Muslime, denen sich das einst einzig für Christen gedachte Haus geöffnet hatte und der stets bedacht ist, seine Loyalität als Inder zu beweisen.

Das Haus als Sinnbild für die Gesellschaft hat als literarischer Topos auch bei indischen Schriftstellern – etwa Rohinton Mistry oder Kiran Nagarkar – Tradition. Auch Adiga liefert mit seinem breitgefächerten und wunderbar lebensprall gezeichneten Figurenensemble einen überzeugenden Einblick in die gegenwärtige Mittelschicht – samt den allmählichen sozialen Veränderungen, verkörpert etwa durch eine junge Journalistin, die ohne Familie in der Wohnung neben Masterji lebt. Doch Adiga erinnert – anhand seines 61-jährigen «Helden», der sich trotz immer massiver werdender Bedrohung bis zuletzt gewaltlos einem Ja widersetzt – mit diesem Haus auch an das einstige Fundament der indischen Nation: an Nehrus Idee einer Nation, in der die Menschen unabhängig von Religion, Herkunft und Kaste friedlich miteinander leben. Tatsächlich hätte das Haus, so heisst es an einer Stelle des Romans, Nehru alle Ehre gemacht. Hier aber hat dieses Fundament ebenso deutliche Risse im Gefüge wie Turm A selbst: die Zersetzungskraft des Neids; die Bestechlichkeit aller; die fehlende regulierende, öffentliche Hand. Und Adiga zeigt zugleich, dass an die Stelle dessen, was einst die Gesellschaft zusammenhielt – wie etwa das Kastensystem oder der Wert der Familie –, keine neue, egalitäre Vision getreten ist, sondern dass ein raubtierartiger Individualismus um sich greift, angeheizt von der Gier nach Wohlstand und Wandel.

Wer wirft den ersten Stein?

Doch Adiga – der alle seine Figuren kühl, fast gnadenlos beobachtet – verurteilt nicht einfach den Hunger nach mehr. Vielmehr scheint er zugleich zu fragen: Wer sind wir, dass wir denen, die nichts oder wenig haben, diesen allzu menschlichen Wunsch verbieten wollen? Überhaupt ist keine Figur nur gut oder böse gezeichnet. Sogar Masterji, lange Zeit eine positive Identifikationsfigur, offenbart immer mehr Abgründe und auch die fatale Eitelkeit eines Menschen, der den Widerstand gegen den Wandel zum Selbstzweck erhebt.

Aravind Adiga, der sich mit «Letzter Mann im Turm» endgültig vom Journalisten zum Schriftsteller gewandelt hat, treibt seine Geschichte mit genüsslicher Grausamkeit langsam, aber sicher auf ein (vielleicht etwas dick aufgetragenes) Finale zu, ohne je die Aufmerksamkeit des Lesers zu verlieren. Dafür sorgt der beissende Witz, aber auch der literarische Furor. Ingredienzien, die «Letzter Mann im Turm» (brillant übersetzt von Ilija Trojanow und Susann Urban) nicht nur zu einem äusserst unterhaltsamen, sondern zugleich auch komplexen und zupackenden Roman über das sich wandelnde Indien machen.

Aravind Adiga: Letzter Mann im Turm. Aus dem Englischen von Ilija Trojanow und Susann Urban. C.-H.-Beck-Verlag, München 2011. 516 S., Fr. 30.50.

„Die indische Kirche muss sich öffnen“

5.10.2011  Quelle

Jahrzehntelang war Raphael Cheenath Erzbischof von Cuttack-Bhubaneswar im indischen Bundesstaat Orissa. Anfang des Jahres ging der Steyler Missionar 76-jährig in den Ruhestand. Eine Europareise führte Cheenath in diesen Tagen unter anderem nach Werne, wo er sich mit Bürgermeister Lothar Christ über die aktuelle Situation des Sozialinstituts Seva Sedan in Rourkela austauschte. Seit mehr als 25 Jahren hat die Stadt eine Patenschaft über das Sozialinstitut übernommen. In Sankt Augustin nahm sich Cheenath Zeit für ein Gespräch mit Markus Frädrich.

Erzbischof Cheenath, seit Februar sind Sie im Ruhestand. Wie sieht Ihr neuer Alltag aus?

Ich bin inzwischen nach Bombay umgezogen. Dort wissen noch gar nicht so viele, dass ich da bin. Aber ich weiß, wenn sie es einmal wissen, finde ich keine Ruhe mehr (lacht). Denn Bombay ist unsere größte Diözese in Indien. 500.000 Katholiken leben in dieser 21-Millionen-Stadt, der Erzbischof von Bombay ist gleichzeitig Kardinal. Es gibt drei Weihbischöfe, denen ich gerne helfen werde, etwa dabei, Firmungen zu spenden. Die übrige Zeit werde ich damit verbringen, Dinge zu tun, zu denen ich bisher keine Zeit hatte.

Es sei Ihnen gegönnt, nach 37 Jahrenals Bischof in drei Diözesen, am längsten in Cuttack-Bhubaneswar. Vermissen Sie das Bistum schon?

Mein Nachfolger, Bischof John Barwa, macht dort hervorragende Arbeit. Er hat seinen ganz eigenen Stil. Ich werde, wenn es um die zurückliegende Christenverfolgung in Orissa geht, manchmal noch als Berater hinzugezogen. Ansonsten vertrete ich den Standpunkt: Ich mische mich nicht in Dinge ein, für die jetzt ein anderer zuständig ist.

Eines Ihrer letzten Projekte als Erzbischof von Cuttack-Bhubaneswar war der Beginn eines Siedlungsprojektes für die verfolgten Christen.

Insgesamt wurden bei den Verfolgungen in Orissa 2007 und 2008 rund 5.000 Häuser in 293 Dörfern zerstört, daneben zahlreiche kirchliche Einrichtungen. Auch ein Jahr später mussten viele Christen immer noch in provisorischen Flüchtlingslagern leben, weil ihr gesamtes Hab und Gut bei den Ausschreitungen zerstört worden ist. Die Familien litten unter den klimatischen und sanitären Bedingungen in den überfüllten Zelten. Nicht immer waren die Lager bewacht, sodass die Bewohner jedem ausgeliefert waren, der sich ihnen gewaltbereit näherte. Mir und anderen war klar: Die Menschen brauchen schnell wieder ein Dach über dem Kopf. Deshalb warben wir gemeinsam mit anderen Glaubensgemeinschaften für ein Siedlungsprojekt, das bald Früchte trug. Im Dezember dieses Jahres werden rund 4.000 solide Steinhäuser für die Menschen errichtet sein.

Waren die beiden großen Christen-verfolgungen die schwersten Tage Ihrer Amtszeit?

Eindeutig. Als uns Christen plötzlich die Ermordung des Hindu-Führers Swami Laxamananda Saraswati angehängt wurde, nachdem längst feststand, dass Maoisten die Tat verübt hatten, war ich fassungslos. Es war schlimm für mich zu erleben, wie all das zerstört wurde, was wir in den letzten 25 Jahren aufgebaut haben. Jeder Anruf mit der Hiobsbotschaft, dass wieder eine neue Siedlung brannte, wieder Menschen zu Tode gekommen sind, war ein neuer Schock für mich. Ich selbst konnte Kandhamal – das betroffene Gebiet – erst einen Monat nach Beginn der Krawalle besuchen, unter vollem Polizeischutz. Vorher war mein Flug dreimal annulliert worden, weil meine Reise als „zu gefährlich“ eingestuft worden war.

Hat sich die Situation inzwischen völlig entschärft?

Offene Gewalt gibt es nicht mehr. Aber die Stigmatisierung von Christen bleibt, und die Regierung unternimmt kaum etwas dagegen. Auch nicht dagegen, dass viele Gewaltakte immer noch vertuscht werden. Priester aus Bubaneswar haben mir noch vor Kurzem erzählt, dass wieder drei christliche Gemeindeleiter zu Tode gekommen sind. Nach offiziellen Polizeiangaben sind sie ertrunken, aber es war offensichtlich, dass es kein Unfall war, sondern dass man die Männer erschlagen und dann ihre Leichen in den Fluss geworfen hatte.

Welches sind für Sie die künftigen Herausforderungen für die indische Kirche?

Die indische Kirche muss sich öffnen, und zwar gegenüber allen religiösen Gruppen. Jesus ist auch nicht nur für die Juden auf die Welt gekommen. Er kam für die ganze Menschheit. Er wurde zwar in der jüdischen Gemeinschaft geboren, aber sein Wirken war allumfassend. Ähnlich sollte die Haltung von uns Missionaren sein. Es ist wahr: Unsere Institutionen, Schulen, Einrichtungen sind offen für alle Religionen. Trotzdem hat es die Kirche in Indien immer noch nicht zufriedenstellend geschafft, in die Lebenswelt der normalen Leute vorzudringen.

Inwiefern?

Während meiner gesamten Amtszeit als Erzbischof habe ich zu den Priestern meines Bistums gesagt: Wenn ihr in ein Dorf geht, um dort mit christlichen Familien Gottesdienst zu feiern, zu singen und zu beten, dann vergesst nicht, dass dort auch noch 40, 50 Hindu-Familien wohnen. Ihr dürft nicht vergessen, auch mit ihnen Kontakt zu halten. Denn wenn ihr das nicht tut, geschieht Folgendes: Die nicht-christliche Kommunität wird argwöhnisch. Sie fragten sich: Warum kommt dieser Priester immer in unser Dorf? Was sagt er, was predigt er? Und dieses Klima der Unsicherheit öffnet Fundamentalisten Tür und Tor, Gerüchte über uns Christen zu verbreiten und die Leute damit gegen uns aufzubringen. Wohin das führen kann, haben wir bei den Christenverfolgungen in Orissa gesehen.

Sie fordern mehr Transparenz.

Richtig. In Europa haben Sie nicht so viele verschiedene Religionen wie wir, vielleicht ist diese Forderung deshalb schwer nachzuvollziehen. Bei uns in Indien ist es der Kirche als Licht der Welt und Salz der Erde bislang nicht immer gelungen, ihre Belange gegenüber anderen Glaubensgemeinschaften deutlich zu machen. Es geht dabei nicht unbedingt darum, Angehörige anderer Religionen zu bekehren. Es geht darum, mit ihnen in universeller Brüderlichkeit zusammen zu leben. Unser Wirken sollte Jesu Wirken entsprechen: Er zog durch die Gemeinden und Dörfer und ging dort zu allen Gruppen, denn er war für alle da. Ich wünsche mir für die indische Kirche entsprechend eine Abkehr von der Ghetto-Mentalität. Und eine Zuwendung zur Vielschichtigkeit aller Menschen.

Über 55 antichristliche Übergriffe im Jahr 2011

21.09.2011  Quelle

Bischöfe fordern dringend „Gesetz zum Schutz der Minderheiten“

Die Verwüstung einer Kirche in Karnataka vor zwei Tagen, die Unterbrechung eines Gebetstreffen durch Extremisten in Madhya Pradesh, die Festnahme von sieben Christen in Andrhra Pradesh, und eines protestantischen Pastors in Uttar Pradesh mit dem fälschlichen Vorwurf der „Zwangsbekehrung“ gehören nur zu den jüngsten Episoden der Gewalt, von denen Beobachter aus christlichen Kreisen dem Fidesdienst berichten, die in diesem Zusammenhang beklagen, dass die Gewalt radikaler Hindus gegen Christen in Indien nicht abreiße.

Wie aus einem Bericht des ökumenischen „Global Council of Indian Christians (GCIC)“ hervorgeht, der die Situation der Gläubigen im Land beobachtet, kam es allein seit Anfang 2011 zu 55 Fällen schwerer Gewalt, davon 35 in Karnataka und 20 in Orissa. Dabei sind hunderte Episoden der Einschüchterung, der Misshandlung der Drohung und der Störung privater Versammlungen sowie kleine Schäden an Gebäuden und Kultstätten nicht berücksichtigt.

„Dies alles stört nicht nur den Frieden und die Harmonie im Land, sondern es beeinträchtigt auch das Image unseres Landes im Ausland“, so der GCIC in dem Dokument, das dem Fidesdienst vorliegt. Dabei wird auch darauf hingewiesen, dass Indien im jüngsten Bericht zur Religionsfreiheit des US-amerikanischen Außenministeriums negativ erwähnt wurde.

Aus diesem Grund fordern die indischen Bischöfe mit Nachdruck „gesetzliche Maßnahmen zum Schutz der ethnischen und religiösen Minderheiten in Indien“, so Erzbischof Vincente Concessao von New Delhi zum Fidesdienst. Unterdessen wurde ein Gesetz namens „Cummunal Violence Bill“, das dem indischen Parlament zur Debatte vorliegt, noch nicht verabschiedet. Das Gesetz soll dem der Staat mehr Kompetenzen im Fall von Gewalt gegen Minderheiten garantieren.

Der Erzbischof betonte: „Die Oppositionsparteien (wie die hinduistisch geprägte nationalistische Baratiya Janata Party), aber auch die zur Regierungskoalition gehörenden „Trinamool Congress“-Partei, sind gegen das Gesetz: Sie behaupten, dass dieses Gesetz zum Schutz der Minderheiten der Mehrheit schaden würde. Doch das Ziel des Gesetzes ist nur die Vorbeugung gegen Gewalt durch angemessene Maßnahmen und strenge Bestrafung derer, die solche Konflikte auslösen oder vorantreiben. Aus diesem Grund werden wir von der Regierung weiterhin die Verabschiedung des Gesetzes fordern und gemeinsam mit ethnischen und religiösen Minderheiten in diesem Sinne Druck ausüben. Wir hoffen, dass es zum Wohl Indiens bald verabschiedet werden kann: Es wird dazu beitragen, dass soziale Harmonie entsteht, und es wird das Image des Landes auf internationaler Ebene verbessern“.

Christen und Kirchen in Indien „werden gezählt“

20.09.2011  Quelle

Weitere Welle hinduistischer Gewalt befürchtet

Während man sich in Orissa auf den Jahrestag der antichristlichen Massaker im Jahr 2008 vorbereitet, lanciert die christliche Glaubensgemeinschaft in einem weiteren indischen Staat, Karnataka, einen Appell. Es sei eine mögliche „ethnische Massensäuberung“ unter den christlichen Gemeinden geplant. Die Polizei habe bereits eine Art „Zählung“ der Christen und ihrer Kirchen auf den Weg gebracht, bei denen die Daten „massenweise in die Polizeikartei eingetragen werden“ sollen.

Von dem Vorgang berichtet der „Global Council of Indian Christians (GCIC)“  dem Fidesdienst. Dabei gehe es nicht nur um Verwaltungsfragen, sondern es handle sich offensichtlich „um den Versuch, die Agenda der Sangh Parivar zur unterstützen“. In der Organisation Sangh Parivar  sind verschiedene radikale hinduistische Gruppen zusammengeschlossen, die auch für die Massaker in Orissa verantwortlich gemacht werden.

„Es geht um einen klaren Verstoß gegen die Grundrechte der Christen im Land, die einen Anspruch darauf haben, ihre Religion frei zu praktizieren und zu predigen, wie dies von der Verfassung garantiert wird“, so der GCIC. Der indische Unionsstaat Karnataka wird von der nationalistischen „Baratiya Janata Party (BJP)“ regiert, die extremistische Bewegungen unterstützt.

Die Initiative der örtlichen Polizei wurde bereits im Verwaltungsdistrikt Chikmagalur auf den Weg gebracht. Gemeindepfarrer und Pastoren erhielten Formulare, auf denen sie den Namen der Kirche und ihren Standort eintragen sollen. Weiter Angaben sollen zu den Gebäuden, den Eigentümern und deren Namen und Telefonnummern gemacht werden. Zudem sollen Bankkonten, Besucherzahlen und Zeiten der Gottesdienste bekannt gemacht werden. Dies erinnert an die „Zählung der Christen“ im Unionsstaat Madhya Pradesh, der ebenfalls von der BJP regiert wird. Auch hier war es zu Protesten der Christen gegen die Maßnahme gekommen.

In Karnataka kommt es unterdessen immer wieder zu weiteren Episoden antichristlicher Gewalt: In den vergangenen zwei Wochen wurden an zwei aufeinander folgenden Sonntagen die liturgischen Feiern einiger pfingstkirchlichere Gemeinden unterbrochen. In diesem Zusammenhang wurden die Pastoren verbal beleidigt und körperlich misshandelt. Zur Einschüchterung der Christen erstatten radikale Hindus falsche Anzeigen im Zusammenhang mit angeblichen Zwangsbekehrungen, was zu neuer Gewalt führe. In dem Staat mit insgesamt 52,8 Millionen Einwohnern leben rund 1 Million Christen. Bei einer Welle antichristlicher Gewalt im Jahr 2008 waren hier 113 Übergriffe in 29 Verwaltungsdistrikten gezählt worden. In den vergangenen beiden Jahren gab es in Karnataka insgesamt 138 Vorkommnisse antichristlicher Gewalt.

Mit der Erhebung und Veröffentlichung der Daten beauftragten christliche Nichtregierungsorganisationen den Richter Michael Saldanha, der einen detaillierten Bericht vorlegte. Die Welle der Gewalt fand unter der Leitung von fundamentalistischen hinduistischen Gruppen statt, die sich mit der Regierung in Karnataka verbündet hatten. „In Karnataka“, so Beobachter zum Fidesdienst, „haben hinduistische Extremisten großen Einfluss: sie sind an der Regierung und haben Mitarbeiter im Justizsystem, in der Verwaltung und in der Polizei. Für Christen besteht keine Aussicht auf Gerechtigkeit“.

Christen leben eingesperrt im Ghetto hinter einer Mauer

12.09.2011  Quelle

In der „Französischen Kolonie“ leben mehrere Tausend pakistanische Christen eingeschlossen in einem Ghetto, der grundlegendsten Menschenrechte beraubt, ohne Trinkwasser und ohne hygienische Mindeststandards. Im Ghetto befinden sich mehr als 600 Wellblechhäuser. Oft bestehen sie nur aus einem Zimmer, in dem sieben und mehr Menschen leben. Die „Kolonie“ befindet sich mitten in der Stadt Islamabad, ist aber durch eine Mauer vom Rest der Stadt abgetrennt. Trotz zahlreicher Appelle und Anklagen hat sich im Lauf der Jahre nichts geändert. Nun hat die Masihi Stiftung ein Schulzentrum im christlichen Ghetto eingerichtet, um den Kindern eine Mindestschulbildung zu garantieren.

Die drei Millionen Christen Pakistans sind mit 1,6 Prozent der Gesamtbevölkerung eine kleine Minderheit. Seit leben in einem Zustand der Ausgrenzung und sind Opfer von Gewalt. Seit Beginn der „Islamisierung“ des Landes, die unter der Herrschaft von General Zia-ul-Haq in der zweiten Hälfte der 80er Jahre einsetzte, hat sich die Lage der Christen immer mehr verschlechtert. Der Großteil der Christen stammt aus den ländlichen Gegenden. Wenn sie in die Stadt ziehen, sind sie als Christen gezwungen in Ghettos oder sogenannten „Kolonien“ zu leben. Nicht nur ihr schäbiger Wohnort wird ihn aufgezwungen. Sie dürfen nur bestimmte, niedrige Berufe ergreifen bei der Straßenreinigung und Müllabfuhr oder einfache Pflegedienste im Gesundheitswesen. Wie die Kastenlosen in Indien werden sie von den Moslems als „Unberührbare“ betrachtet.

Eines der verschiedenen christlichen Ghettos in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad ist das „Französische Viertel“. Der Name stammt noch von der ehemaligen französischen Botschaft, die sich einmal in diesem Stadtteil befand. In die „Kolonie“ gelangt man nur durch ein Haupttor oder vier kleinere Nebentore. Letztere werden aber kaum geöffnet. Der Bau der Mauer wird damit begründet, wie Muhammad Saddique, ein Moslem der Gegend sagt, daß die „Reichen und Noblen“ nicht das „christliche Ghetto“ sehen müssen. Nach einer entsprechenden Aufforderung an die Behörden, wurde die Mauer errichtet. Seither sind die christlichen Bewohner gezwungen, das Ghetto ausschließlich durch das überwachte Haupttor zu betreten und zu verlassen.

Yaqoob Masih, ein Christ der „Französischen Kolonie“ macht das Entwicklungsamt der Stadt für die prekären Zustände verantwortlich. „Sie haben uns sogar die Grundrechte genommen, darunter auch das Trinkwasser und die Müllabfuhr.“ Das sei „absurd“, so Masih, da „rund 90 Prozent der Bewohner der Kolonie bei der städtischen Müllabfuhr arbeiten“. Das Viertel leide unter „Überfüllung, ohne geklärte Besitzrechte, ohne Grundrechte“, so der Christ. Die Regierung habe mehrfach „Versprechungen“ gemacht und sie „ebenso schnell wieder vergessen“. Geblieben seien die „unmenschlichen Lebensbedingungen“ für die Christen der pakistanischen Hauptstadt.

Inmitten der menschenunwürdigen Situation gibt es aber auch in der „Französischen Kolonie“ positive Signale. Die Masihi Stiftung, eine pakistanische Hilfsorganisation, startete eine Bildungsinitiative im Ghetto für Kinder und Jugendliche. Es handelt um das erste Schulprojekt in einem christlichen Ghetto der pakistanischen Bundeshauptstadt. Die Schüler erhalten die Schulbücher kostenlos, ebenso Schreibmaterial, Schuluniform und Schulunterricht. Weitere Projekte sollen in anderen christlichen Wohngegenden anderer Städte folgen.

Bombenanschlag in Delhi

08.09.2011  Quelle

Jesuitenpater: „Man darf nicht alle Muslime verteufeln“

Die ersten Ermittlungen der Polizei führen nach dem Attentat auf das Hohe Gericht in Delhi, das 11 Todesopfer forderte und bei dem 70 Menschen verletzt wurden, nach Kaschmir und zu den dort agierenden radikalislamischen Gruppen.

Im Gespräch mit dem Fidesdienst betont unterdessen der in Delhi tätige Jesuitenpater Xavier Jeyaraj vom Sozialapostolat der Gesellschaft Jesu in Indien: „Es gibt den Verdacht, aber es gibt auch Dementis. Es ist noch nicht klar, wer für das Attentat verantwortlich ist, und die Ermittlungen laufen noch. Bei den Schuldigen könnte es sich um islamische Terroristen handeln, doch es gibt auch hinduistisch geprägte Gruppen, die die Ordnung im Land stören und Panik auslösen wollen. Deshalb müssen wir, bevor wir uns äußern, die Motive des Attentats verstehen. Wir dürfen den Islam nicht verteufeln und nicht jeden Muslim als Terroristen betrachten. Es gibt gute Muslime, gute Christen und gute Hindus, wie es auch immer kleine Minderheiten gibt, die gewaltsam handeln und die Würde des Menschen zerstören.“

„Es ist nicht einfach zu beurteilen, weshalb in Indien in den vergangenen Jahren die Zahl der Attentate steigt. Indien ist ein großes Land, und es gibt auf sozialer und politischer Ebene viele offene Fragen, die von terroristischen Gruppen als Vorwand für ihr Vorgehen herangezogen werden können. Doch wir müssen leider auch feststellen, dass die Sicherheitsmaßnahmen an besonders gefährdeten Orten und zum Schutz der Institutionen nicht ausreichen.“

In New Delhi reagierten Regierung und Bevölkerung nach dem Attentat jedoch gemäßigt: „Die Menschen lassen sich nicht einschüchtern. Das Hohe Gericht hat seine Arbeit bereits wieder aufgenommen, und in der Stadt geht der Alltag im normalen Rhythmus weiter“, so P. Jeyaraj.

Was die Reaktion der indischen Christen anbelangt, sagte der Jesuitenpater zum Fidesdienst: „Unsere Arbeit muss Konflikte und Gewalt im Vorfeld verhindern: Dafür ist das Engagement auf kultureller, sozialer und religiöser Ebene nötig, damit eine Atmosphäre des Friedens und des friedlichen Zusammenlebens zwischen den verschiedenen in Indien zusammenlebenden Gemeinschaften entstehen kann. Wir versuchen, Kontakte zwischen den Gemeinschaften herzustellen und den Menschen beizubringen, dass man sich gegenseitig nicht als Feinde, sondern als Menschen mit der uns innewohnenden Würde betrachten muss. Wir möchten dazu beitragen, dass unter den Gläubigen verschiedener Religionen Respekt und Liebe herrschen. Auf diese Weise schenken wir dem Land Hoffnung.“

Nach dem Attentat in Delhi veröffentlichte die Bischofskonferenz, die bereits gestern durch Kardinal Gracias im Gespräch mit dem Fidesdienst ihre Bestürzung geäußert hatte, eine offizielle Verlautbarung in der es heißt: „Wir verurteilen alle, die das Leben unschuldiger Menschen zerstören (…) Sie arbeiten gegen den göttlichen Plan und stellen unter Beweis, dass sie Feinde einer friedlichen sozialen Ordnung sind“.

Schließlich bitten die Bischöfe alle Bürger des Landes um „Mithilfe bei der Bekämpfung des Terrorismus“.

Angriffe in Orissa gehen weiter

29.08.2011  Quelle

Christen weiter Opfer von Verfolgung und Schikanen

Von John Newton

Christen in Orissa, die in der heutigen Zeit die schlimmste Verfolgung in Indien erleiden, sollen den neuesten Berichten zufolge im Jahr 2011weiterhin eine Zielscheibe für Gewalt und Verfolgungen darstellen.

Drei Jahre nach der Serie von Angriffen auf Christen im August 2008 – bei der 18.000 Menschen verletzt, 50.000 vertrieben und bis zu 500 getötet wurden; 4104 Häuser wurden in Brand gesteckt – erhielt das Hilfswerk Kirche in Not einen ausführlichen Bericht über die anhaltende Diskriminierung und Angriffe gegen Christen im Bundesstaat Orissa.

In dem Bericht an die Hilfsorganisation berichtete der christliche Rechtsanwalt K. J. Markose über die Ermordung von christlichen Geistlichen und die Behinderung der Aufbauarbeiten der zerstörten Häuser.

Er erklärte, Baptistenpastor Minoketan (bekannt als Michael) Nayak aus dem Dorf Midiakia-Kutipada in Baliguda im südwestlichen Teil von Orissa sei am Abend des 26. Juli 2011 getötet worden.

Pastor Nayak soll zwei Männer, Belasano und Lobo Mallick, ins Dorf Dompadar mitgenommen haben. Nachdem er Midiakia-Kutipada auf seinem Motorrad um etwa 20.30 Uhr verlassen habe, sei der Pastor nicht wieder nach Hause zurückgekehrt.

Am nächsten Morgen um etwa 9 Uhr habe das Ratsmitglied Pramod Mallik, gewählter Dorfvorsteher von Rebingia Panchayat, den Bruder von Pastor Nayak darüber informiert, dass der Pastor einen Unfall erlitten habe.

Surendra Nayak, des Pastors ältester Bruder, erklärte: „[Sein] Leichnam lag in einer Grube, aus einer Loch-ähnlichen Wunde unter seinem Ohr sickerte Blut hervor. Der Körper hatte keine andere Prellungen oder Schnitte.“

„Dieser Fall war sicherlich kein Unfall, sondern Mord.“

Der Augenzeuge Nilambar Digal erklärte, dass am 26. Juli um etwa 9 Uhr ein Motorrad im Dorf Balakia angehalten habe und Lobo Mallik – einer der Männer, den der Pastor mitgenommen hatte – eine Fackel und andere Vorräte gekauft habe, bevor sie das Dorf auf dem Motorrad in Richtung Midiakia wieder verlassen hätten.

Nach den Aussagen von Herrn Markose habe die Polizei in Kandhamal den Mord als Unfalltod behandelt und weitere Untersuchungen verweigert.

Er erinnerte daran, dass im Januar 2011 ein anderer Pastor, Saula Pradhan, mit zwei Hindu- stämmigen Freunden seine Heimat verlassen habe und am nächsten Tag tot aufgefunden worden sei. Nach den Angaben der Polizei sei er durch Kälteeinwirkung in betrunkenem Zustand gestorben.

Herr Markose fügte hinzu: „Die Polizei steht auf der Seite der RSS Verschwörung [Rashtriya Swayamsevak Sangh – der politischen Hindutva Partei], um die christlichen Führer von Kandhamal zu beseitigen.“

Des Weiteren erklärte er, dass der Staatspolitiker Manoj Pradhan, der zweifach des Mordes an Christen während der Angriffe 2008 überführt worden sei, Menschen dazu ermuntert habe, christliche Führer zu töten, während er gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt worden war.

Ferner beschrieb der Anwalt, auf welche Art im Sundargarh Bezirk im nordwestlichen Orissa die Reparatur und der Wiederaufbau von zerstörten oder beschädigten Häusern von Christen verhindert wurden.

Im Jahre 2009 seien zwei Lieferungsversuche von Baumaterial für die Reparatur der beschädigten Häuser in Bondamunda, Rourkela City, durch Hindutva-Fanatiker blockiert worden, die angeordnet hatten, den Sand stattdessen beim lokalen Hindu-Tempel abzuladen.

Der Traktor, der das Material lieferte, sei beschlagnahmt und seine Besitzer gezwungen worden, eine Geldbuße zu zahlen, bevor das Fahrzeug freigegeben wurde.

Am 14. März dieses Jahres hatte die Gemeinde einen erneuten Versuch unternommen, die Häuser zu reparieren und zwei Ladungen Sand seien ohne Schwierigkeiten transportiert worden.

Doch am nächsten Tag sei der Traktorfahrer Ishak Digal nach der Lieferung zweier weiterer Ladungen am Rande des Dorfes von einer 12-köpfigen Bande um etwa 14.30 Uhr gestoppt worden.

Ihr Anführer, Birendra Pradhan, habe den Fahrer beschuldigt, das Verbot der Lieferung von Baumaterial für Christen zu brechen und habe erklärt, dass sie seinen Traktor nur nach Zahlung einer Geldstrafe von 2.500 Rupien zurückgeben würden. Ein Bericht über den Vorfall sei bei der Polizei eingereicht worden.

Der Bericht „Verfolgt und vergessen?“ von Kirche in Not beschrieb mehrere Fälle von Unterdrückung von Christen im Staat Orissa im Jahre 2010, darunter einen Angriff auf Christen in Dörfern in der Nähe von Malkangiri durch etwa 250 Hindutva- Extremisten im November letzten Jahres.

Orissa: Wunden der Verfolgung heilen

26.08.2011  Quelle

Von John Pontifex

Weitere Arbeit zur Versöhnung ist dringend notwendig, so der Erzbischof

Einen Aufruf zu erneuerten Maßnahmen hinsichtlich der Bekämpfung religiöser Intoleranz startete ein Erzbischof aus dem indischen Staat Orissa am Jahrestag einer der schlimmsten Gewaltakte gegen Christen in der modernen Zeit.

Erzbischof John Barwa von Cuttack-Bhubaneswar erklärte, dass weitere Anstrengungen für eine Versöhnung im Kandhamal-Distrikt Orissa notwendig seien, wo vor drei Jahren auf nahezu 300 Dörfer Angriffe ausgeübt worden waren, die den Tod von 70 Personen verursacht hatten.

Mindestens 25.000 Menschen hätten bei den Gewaltakten am 23. August 2008, bei dem auch der politische Aktivist Swami Laxmanananda Saraswati getötet worden sei, die Flucht ergriffen, um ihr Leben zu retten.

Angesichts der anhaltenden Spannung und der Berichte über eine bevorstehende Kundgebung von Extremisten, erklärte Erzbischof Barwa, dass keine Gedenkveranstaltungen geplant seien und dass die Hauptkirche von Kandhamal von der Polizei bewacht werde.

Während der Gewalttaten im August-September 2008 waren mehr als 170 Kirchen und Kapellen überfallen worden, zusätzlich zu den weiteren 100 Kirchen in Kandhamal, die zu Weihnachten 2007 attackiert worden waren und 3000 Menschen dazu veranlasst hatten, ihre Häuser zu verlassen.

In einem Interview mit dem katholischen Hilfswerk Kirche in Not betonte Erzbischof Barwa: „In den vergangenen drei Jahren ist hinsichtlich des Wiederaufbaus und Dialogs viel getan worden.

Es gibt viele, die immer noch Angst haben. Einige Fortschritte in Richtung Frieden und Gerechtigkeit sind bereits erzielt worden, aber es gibt noch viel mehr zu tun.

Der Erzbischof, der im Februar die Nachfolge des Steyler Missionars, Erzbischof Raphael Cheenath (SVD), angetreten hatte, führte weiter aus: „Meine Botschaft ist klar: Wir brauchen Frieden und Ruhe – keine Gewalt mehr und kein Töten. Die christlichen Gläubigen haben das Recht, in Kandhamal zu leben. Sie wachsen im Glauben.“

Eine Reihe von Ortsgruppen in Kandhamal bereiteten nach Aussagen des Erzbischofs weiterhin Probleme und blockierten die Zufuhr von Baumaterial und anderen Lieferungen für die Kirchen und christlichen Familien.

„Für das, was in Kandhamal geschehen ist, haben wir Gerechtigkeit erhalten. Wir sind jedoch ein wenig entmutigt. Niedere Beamte belästigen uns, die Höheren hingegen versuchen ihr Bestes.“

Obwohl gute Worte über die Notwendigkeit für Gerechtigkeit gesprochen wurden, hapert es jedoch bei deren Umsetzung in den konkreten Handlungen.

Bezüglich der Fortschritte in anderen Bereichen erklärte er, dass „die meisten“ der Heimatvertriebenen von 2007-2008 großteils dank dem Bau von mehr als 3.700 Häusern nach Kandhamal zurückgekehrt seien; insgesamt soll die Zahl der Häuser bis zum Ende des Jahres auf 4000 erhöht werden.

Der Erzbischof dankte der Hilfsorganisation Kirche in Not für die Unterstützung beim Aufbau der Kirchen, die durch die Gewaltakte gegen Christen in Indien beschädigt oder zerstört worden sind.

Des Weiteren wies er darauf hin, dass „die meisten der wichtigsten Pfarrkirchen in Kandhamal schon erneuert oder wieder aufgebaut worden sind, bei vielen der kleinen Dorfkirchen und Kapellen ist das jedoch bei weitem noch nicht der Fall.“

Die Hilfsorganisation hat außerdem umgerechnet 30.000 Euro für Trauma-Beratung und andere Hilfsmaßnahmen für die Opfer der Gewalttaten zur Verfügung gestellt.

Erzbischof Barwa: „Wir sind den vielen Menschen überaus dankbar, die uns mit ihrer Hilfe und ihren Gebeten beigestanden haben.“

Die Bedrohung der Christen durch politischen Extremismus stellt nicht nur in Orissa, sondern auch in anderen Gebieten ndiens ein fortwährendes Problem dar.

Am Sonntagabend, den 21. August, wurde auf die katholische St. Mary´s Church in Pune, Westindien, ein Angriff verübt – dabei wurde der Tabernakel teilweise verbrannt, religiöse Gemälde mit Graffiti verunstaltet, Bibeln und andere religiöse Bücher zerrissen und über den Boden verstreut.

Erzbischof Barwa: „Unsere Bedenken bleiben weiterhin bestehen- wir müssen uns um die Erhaltung des Friedens bemühen und gleichzeitig unser Recht aufrechterhalten, hier zu leben.“

Kauder fordert besseren Schutz von Christen

11.08.2011  Quelle

Unions-Fraktionschef Kauder hat bei seinem Besuch in Indien einen besseren Schutz der religiösen Minderheiten in Indien gefordert. Den Ministerpräsidenten des Bundesstaates Orissa forderte er auf, Übergriffen und Drohungen gegen Christen entgegenzutreten.

„Die Menschen sind nach wie vor in Sorge”: Volker Kauder (CDU) thematisiert bei Auslandsreisen immer wieder die Lage christlicher Minderheiten.

Angesichts von Übergriffen und Drohungen gegen Christen im ostindischen Bundesstaat Orissa hat Unions-Fraktionschef Volker Kauder einen besseren Schutz der Minderheit angemahnt. Nach einem Gespräch mit Orissas Ministerpräsidenten Naveen Patnaik in Bhubaneshwar sagte Kauder am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa: „Wir erwarten, dass alles getan wird, um Christen zu schützen.“

Patnaik habe ihm seinen Innenminister als direkten Ansprechpartner genannt. „Wir konnten also konkrete Verbesserungen erreichen.“ Radikale Hindus hatten vor drei Jahren im Distrikt Kandhamal in Orissa mehr als 40 Christen getötet. Dutzende Kirchen gingen in Flammen auf, etwa 25.000 Menschen flohen vor der Gewalt. Auslöser war der Mord an einem fundamentalistischen Hindu-Politiker. Der Tat bezichtigten sich maoistische Rebellen, die in der Region aktiv sind.

Radikale Hindu-Gruppen machten dennoch Christen verantwortlich. Kauder sagte nach einem Besuch in Kandhamal, die Christen dort hätten vor dem Jahrestag der Ermordung des Hindu-Politikers Angst vor erneuten Übergriffen. Zwar berichteten sie, dass sich die Lage verglichen mit 2008 deutlich verbessert habe. Dennoch sei es auch in den vergangenen drei Jahren zu vereinzelten Morden an Christen durch radikale Hindus gekommen. „Außerdem können Christen in den Dörfern von Kandhamal ihre Kirchen nicht wieder aufbauen.“ Radikale Hindus drohten ihnen andernfalls mit Vergeltung. „Die Menschen sind nach wie vor in Sorge“, sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Christen berichteten, dass die Polizei Übergriffe nur zögerlich verfolge.

Dalit: Die ärmsten Inder sind noch immer „unberührbar“

30.07.2011  Quelle

Dalit, die Ärmsten der vielen Armen Indiens, sind die Kaste, die einstmals „Unberührbare“ genannt wurden. Die semantische Änderung kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Dalit auch Jahrzehnte nach der offiziellen Abschaffung des rigiden indischen Kastenwesens für die höheren Kasten noch immer „unberührbar“ sind. Auch wenn inzwischen Dalit in höchste staatliche Positionen aufsteigen können.

Von Michael Lenz

Wenn die Volksvertreter nicht das Volk vertreten, dann bekommen sie Besuch: vom Volk. Genau das hatten Indiens christliche und muslimische Dalit an diesem Donnerstag mit ihrem Protestmarsch zum Parlament in Neu Delhi im Sinn. Ihre Forderung: ihre Anerkennung als „gelistete Kaste“. Nur „scheduled casts“ haben laut der indischen Verfassung Anspruch auf wirtschaftliche, soziale und politische Förderprogramme.

Indiens Kasten bestehen aus tausenden Unterkasten. Das ist bei den Dalit nicht anders. Die Unterteilung in hinduistische und nicht-hinduistische Dalit ist dabei nur die gröbste, wenn auch diejenige, gegen die christlichen und muslimischen Dalit in dieser Woche mit einem Hungerstreik und dem Protestmarsch demonstrieren.

Kurios anmutende, aber auch grausame Beispiele für die alltägliche Diskriminierung der 160 Millionen Dalit – 16 Prozent der indischen Bevölkerung – gibt es zuhauf. So ließ vor wenigen Jahren der neue oberste Richter Indiens, ein Angehöriger der Kaste der Brahmanen, das Büro ausräuchern, das er von seinem Dalit-Vorgänger übernommen hatte. Im Mai dieses Jahres hinderten Kastenhindus in einem Dorf in Tamil Nadu ihre Dalit-Nachbarn gewaltsam an der Nutzung des einzigen Wassertanks im Dorf. Anoop Kumar, ein Dalit-Bürgerrechtsaktivist, hat die hohe Zahl von Selbstmorden von Dalit-Studenten an den Hochschulen Indiens dokumentiert.

Zu den „gelisteten Kasten“ gehörten nach der Einführung in den 1930er Jahren zunächst nur die hinduistischen Dalit. Später erhielten Dalit-Anhänger des Buddhismus und Sikhismus den begehrten Status, der wirtschaftliche Vorteile und die Aufnahme in Quotensysteme bei Parlamentssitzen und Jobs bringt. Christen und Muslimen aber bleibt der Status aber bis heute verwehrt. „Da kann man schon von einem System der religiösen Unterdrückung sprechen“, sagte Pater Cosmon Arokiaraj, Exekutivsekretär der katholischen Bischofskommission für Dalit. Die Bischofskonferenz sowie der protestantische Nationale Rat der Kirchen Indiens sind die Organisatoren des Protestes der Dalit in Neu Delhi.

Politiker aller Parteien haben bisher wenig Enthusiasmus bei der Abschaffung der systematischen Unterdrückung der christlichen und muslimischen Dalit gezeigt. Man will es sich ja nicht mit der konservativen, kastenbewussten Hinduwählerschaft verderben. In einigen Teilen Indiens kommt es zudem immer wieder zu kastenübergreifender Gewalt zwischen den Religionsgruppen. Gewaltwellen in indischen Bundesstaaten wie Orissa, Gujarat oder auch in der Metropole Mumbai haben in den letzten Jahrzehnten tausende Tote gefordert.

Joachim von Kölichen, Pfarrer der deutschsprachige protestantischen Gemeinden in Nordindien, mag aber nicht von einer systematischen Diskriminierung von Minderheitsreligionen in Indien sprechen. „Die Wasseroberfläche ist nicht brodelnd, aber immer kommt mal eine Blase nach oben“, beschreibt er die Situation. „Religion dienen oft als Vorwand, um Leute zu politischen Zwecken zu mobilisieren.“ Pater Cedric Prakash, Direktor des jesuitischen Zentrums für Menschenrechte in Ahmedabad, macht die nationalistische Hindupartei Bharatiya Janata und die hindu-fundamentalistische Hindutva-Bewegung für die Konflikte verantwortlich.

Der politische Hinduismus taucht im Übrigen auch im Zusammenhang mit den schrecklichen Anschlägen von Norwegen auf. Der Attentäter Anders B. hatte in seinem kruden 1.500-seitigen Manifest die extremistische Hindutva aufgerufen, sich mit den Juden Israels und den chinesischen Buddhisten im Kampf gegen die Ausbreitung des Islam in Europa zu verbünden. Sprecher der Bewegung in Indien distanzierten sich nur lau von dem Mörder. Ein Abgeordneter der BJP sagte gar, die Ideen des Massenmörders seien nicht verkehrt, nur deren Umsetzung sei falsch gewesen.

„Die meisten Fälle antireligiöser Gewalt gegen Chrisen als auch Muslime sind Teil eines größeren Plans rechtsgerichteter Hindufundamentalisten“, unterstreicht Pater Prakash. „Für deren spalterischen Ziele ist es wichtig, Minderheiten als bedrohlichen Buhmann darzustellen.“ Prakash betont aber auch, dass es im laut Verfassung säkularen Indien „generell ein hohes Maß der religiösen Toleranz“ gebe.

Für die Inder gehört Religionsvielfalt seit Jahrtausenden zum Alltag, ist doch der Subkontinent der Geburtsort großer Religionen wie des Hinduismus, des Buddhismus, des Jainismus und des Sikhismus. Seit über 1.000 Jahren sind zudem auch das Judentum, der Islam, das Christentum und der Zoroastrismus in Indien verbreitet. In jüngster Zeit aber lässt die religiöse Toleranz der Inder nach. Seit den Attentaten islamischer Terroristen in Mumbai werden Muslime immer wieder Opfer willkürlicher Anwendung von Antiterrorgesetzen, warnt die Menschenrechtsorganisation „Minority Rights Group International“. Christen gerieten zunehmend ins Visier von Hinduextremisten. „Christen in Indien werden bedroht, eingeschüchtert und zwangsweise zum Hinduismus konvertiert“, heißt es in einem Report der Organisation.

Hindus ihrerseits klagen immer lauter über die erzwungene Konvertierung ihrer Glaubensbrüder und -schwestern zum Christentum. Es sind vor allem evangelikale Gruppen US-amerikanischer Prägung, die in Indien aggressiv missionieren, wie von Kölichen weiß. Deshalb gibt es in vielen indischen Bundesstaaten inzwischen Gesetze gegen Zwangskonvertierungen. Der Supreme Court in Neu Delhi hatte erst Ende Februar eine Klage gegen diese Gesetze abgelehnt. Indiens Verfassung garantiere das Recht auf Religionsfreiheit, so die Richter, nicht aber ein uneingeschränktes Recht zur Konvertierung anderer. Die Antikonvertierungsgesetze stehen nicht zuletzt ihrer willkürlichen Anwendung wegen in der internationalen Kritik. Diese Gesetze dienten in manchen Fällen gar zur Rechtfertigung religiös orientierter Gewalt, heißt es im jüngsten Bericht des US-Außenministeriums über Religionsfreiheit in Indien.

Die landlosen christlichen und muslimischen Dalit, aber auch ihre hinduistischen Kastenbrüder, haben im Alltag zunächst aber andere Sorgen. Sie leben in armseligen Dörfern im ländlichen Indien. Sie besitzen nichts. Ihnen gehört nicht einmal das Fleckchen, auf dem ihre Hütten stehen und auf dem sie etwas Gemüse für den Eigenbedarf anbauen. Als Landarbeiter verdienen sie in landwirtschaftlich geprägten Bundesstaaten wie Bihar 25 Rupien (42 Cent) am Tag. Und das auch nur in den drei Monaten im Jahr, in denen Landarbeiter für die Bestellung der Felder und die Ernte der Kastenhindus gebraucht werden.

Wer keine Arbeit hat, zieht in als Wanderarbeiter in die Stadt oder nimmt Kredite zu Wucherzinsen auf. „Sie sind hier alle hochverschuldet“, sagt Xavier Thomas, ein indischer Christ, der in Bihar als Projektleiter für die Hilfsorganisation ADRA Deutschland e. V. arbeitet. Thomas sieht in der Landlosigkeit das Grundproblem der Armut der Dalit, das durch eine umfassende Landreform gelöst werden könnte. „Aber das ist nicht zu erwarten. Selbst Ansätze von Landreformen verpuffen, weil sie nicht umgesetzt werden,“ sagt Thomas und fügt kritisch hinzu: „Wem gehört die Regierung? Den Reichen und Mächtigen.“

Soziale Ungerechtigkeit und wirtschaftliche Ausbeutung machen die Dalit, unter ihnen besonders die „ungelisteten“, anfällig für die Parolen der Naxaliten, einer maoistischen Guerillabewegung, die seit einigen Jahrzehnten einen bewaffneten Kampf gegen die indische Regierung führt und als das größte innenpolitische Sicherheitsrisiko Indiens gelten.

Im Dorf Baidanpurwa lebt Yoshadhara. Die mehrfache Großmutter ist so bitterarm wie es die Dalit sind, gehört aber einer Hindu-Kaste an. In Sichtweite ihrer Hütte liegt das winzige Dalit-Dorf Chamaranpurwa. Auf die Frage, ob sie von den Dalit Nahrungsmittel annehmen würde, antwortet sie nach kurzem Zögern: „Gekochtes Essen auf keinen Fall.“ Das Kastenwesen bleibt für Nicht-Inder ein Buch mit mehr als sieben Siegeln.

Kiran Nagarker

13.07.2011  Quelle

Der Inder Kiran Nagarkar ist einer der bedeutendsten Autoren des Subkontinents. Für ein halbes Jahr lebt und schreibt er nun in Zürich.

Von Martin Ebel

Gut bringt das Literaturhaus seine Gastautoren unter. Die Wohnungsgenossenschaft PWG hat dafür eine grosszügige, helle Wohnung im fünften Stock an der Hegibachstrasse zur Verfügung gestellt. Der Blick geht weit über die Dächer bis zum Höhenzug des Uetlibergs. Kiran Nagarkar ist begeistert. «Close to paradise» sei es hier, vor allem wegen der vielen Bäume. In Mumbai, seiner Heimatstadt, seien die Bäume in den letzten Jahrzehnten verschwunden, durch den Bauboom, die Immobilienspekulation. Und noch eins: Wenn er mit Freunden in Mumbai skypt, versteht er sie manchmal kaum, so sehr dringt der Lärm der Megacity überall durch. Nagarkar hasst Lärm, also liebt er Zürichs Ruhe. Hier wird er gut zum Schreiben kommen.

Der 68-jährige Inder ist der zweite Writer-in-Residence, wie das Literaturhaus sein Gastschreiberprogramm weltläufig nennt. Anfang Juni hat er den Finnen Olli Jalonen abgelöst. Die Wohnung wirkt fast unbenutzt, trotzdem entschuldigt sich Nagarkar sofort über die «Unordnung». Ein vergleichbar liebenswürdiger, um das Wohl seines bis eben noch unbekannten Besuchers besorgter Mensch begegnet einem nicht alle Tage. Schmales, gütiges Gesicht, schlanke, grosse Gestalt. Schon ist er in der Küche, um Tee zu machen. Er selbst trinkt nur Wasser – aus der Flasche in hohem Bogen direkt in die Kehle, ohne den für uns zwingenden Schluckreflex: «Diese Technik lernt man in Indien früh, damit man den Flaschenrand nicht berühren muss.»Nagarkar gehört zu den bedeutendsten und international anerkanntesten Autoren seines Landes; sein bislang letzter Roman, «Gottes kleiner Krieger», machte 2006, als Indien Gast der Frankfurter Buchmesse war, Furore. Es ist die exemplarische Studie eines fehlgeleiteten Idealisten, der vom radikalen Muslim zum christlichen Fundamentalisten und schliesslich zum extremistischen Hindu konvertiert. Eine Demonstration religiöser Intoleranz, opulent erzählt. Eines der zentralen Probleme Indiens, wie Nagarkar, selbst Agnostiker, weiss. Löste das Buch, das in viele Weltsprachen übersetzt ist, in seinem Land fruchtbare Debatten aus? Nagarkar winkt ab. «Es war ein totaler Flop.» Indien sei kein Leseland. Zwar gebe es eine schnell wachsende Mittelklasse, aber: «Die lesen Dan Brown, wenn überhaupt. Eigentlich gehen sie für ihr Geld lieber fein essen.»

Wechsel ins Englische

Ähnlich erging es seinen vorangehenden Büchern: kaum Verkäufe, keine Wirkung. Nagarkar hat noch ein zusätzliches Handicap: Nachdem er seinen ersten Roman in Marathi geschrieben hatte, wurde er von den Vorkämpfern der «authentischen» indischen Sprachen als einer der Ihren betrachtet. Bei «Ravan und Eddie», dem Zweitling, wechselte er aber ins Englische und hat es bis heute beibehalten. «Verräter!», schrien daraufhin die Marathianer. Die Sprachenfrage wird auch heute noch aggressiv ausgetragen und verhindert eine Auseinandersetzung mit dem Buch.

22 offiziell anerkannte Sprachen gibt es in Indien, jede beargwöhnt die andere, gegen Englisch, die Verkehrs- und Weltsprache, sind diese Literaten sowieso. Nagarkar bedauert diesen Provinzialismus, der dazu führt, dass seine Romane zwar ins Marathi übersetzt, aber von den Zeitungen totgeschwiegen werden.«Früher war ich viel zorniger», meint er mit einem Lächeln, angesichts dessen man das kaum für möglich hält. Aber auch heute noch hadert er mit seinem Land, seiner Stadt, deren Bewohnern. «Und natürlich mit mir selbst: Wir sind alle verantwortlich für das, was geschieht.» Dass Indien etwa das Bewusstsein für seine grösste welthistorische Leistung verloren hat, die gewaltlose Befreiung von der britischen Kolonialherrschaft. «Unsere Religionen lehren Gewaltlosigkeit. Warum ist Indien ein Land voller Gewalt geworden?»Und nicht nur das offensichtliche Blutvergiessen macht ihm Angst. Sechzig Prozent der Armen sind unterernährt, und die, die nicht arm sind, kümmert das nicht. Sie streben nach oben, ohne Blick für das Ganze einer Gesellschaft. Eine fatale Entwicklung, die Nagarkar, selbst alles andere als ein Provinzler, auch in den USA und in Europa beobachtet hat. Vollkommene Entsolidarisierung überall, im blinden Vertrauen auf einen schon alles richtenden Kapitalismus.

Unterbrochener Autor

«Die Inder sind verrückt: Mumbai steht vor dem Kollaps, weil es keinen anständigen öffentlichen Verkehr gibt; im Land bringen sich die Bauern massenhaft um, weil sie überschuldet sind, die Korruption zerfrisst die demokratischen Strukturen – und statt sich diesen Problemen zuzuwenden, schwadroniert Indien davon, eine Supermacht zu werden.»

So langsam kommt doch etwas wie Zorn in Kiran Nagarkars Züge, lächelnd gedämpft natürlich. Statt China nachzulaufen, solle Indien sich auf die eigenen Werte besinnen. Es habe eine wundervolle geistige Tradition, grosse spirituelle Lehrmeister von Buddha über Kabir, den Mystiker aus dem 16. Jahrhundert, der eine grosse Rolle in seinem Buch «Krishnas Schatten» spielt, bis zu Gandhi und Nehru. Aber dafür habe es jeden Sinn verloren. Heimweh nach Mumbai hat Nagarkar nicht. Aber natürlich «bleibt es meine Stadt, bleibt Indien mein Land, ob ich es mag oder nicht». Das Zurückkommen allerdings sei immer schwer. Schwer auch, weil man als Autor dort kaum überleben könne. Er selbst hat fast sein ganzes Berufsleben lang in der Werbung gearbeitet. «Da lernt man, jedes Wort genau anzuschauen» – aber man verliert die Zeit zum eigentlichen Schreiben. «I am an intermittent author», sagt er und lacht. In Zürich könnte der neue Roman nun ein gutes Stück vorankommen.

Übergriffe auf Christen

25.05. 2011  Quelle

Das Hilfswerk Open Doors bittet um Gebet für Christen in Indien. Immer wieder kommt es in der bevölkerungsmäßig größten Demokratie der Welt zu Übergriffen gegen Christen. Obwohl die indische Verfassung das Recht zur freien Religionsausübung vorsieht, sind Christen in dem Land seit Jahren Angriffen gewalttätiger Hindu-Extremisten ausgesetzt. Außerdem schränken in einigen Bundesstaaten “Antibekehrungsgesetze” die Glaubensfreiheit ein.

Auf dem Open Doors-Weltverfolgungsindex belegt Indien Platz 32 in der Liste der Länder, in denen Christen am stärksten verfolgt werden. Die Mehrheit der 1,2 Milliarden Einwohner ist hinduistisch, während die Christen rund sechs Prozent der Bevölkerung stellen. Lesen Sie nachfolgend Kurzmeldungen über Angriffe auf Christen in mehreren Bundesstaaten.

Bundesstaat Kerala: In Kakkunadu verprügelten Ende April radikale Muslime zwei Pastoren. Diese hatten unter freiem Himmel einen christlichen Film vorgeführt. Nach Eintreffen der Polizei wurden die beiden in Gewahrsam genommen und bis in die Nacht hinein befragt. Eine Anzeige wurde nicht erstattet. Die Angreifer drohten den Pastoren mit weiterer Gewalt, sollten sie erneut öffentlich christliche Filme zeigen.

Bundesstaat Madhya Pradesh: Extremistische Hindus haben Mitte April einen Christen an der Renovierung seines Hauses gehindert. Damit sollte erreicht werden, dass Shivraj Maravi aus der Ortschaft Khirpani (Bezirk Dindori) keine Gottesdienste mehr in seinem Haus abhält. Maravi von der Kalyan Nandas-Kirche erstattete Anzeige, die allerdings von der Polizei nicht weiter verfolgt wurde. Nachdem Maravi die Renovierungsarbeiten Anfang Mai wieder aufgenommen hatte, stoppten ihn die Extremisten erneut und erstatteten Anzeige gegen ihn. Maravi wurde zur Verhinderung einer Straftat (nach Abschnitt 151 des indischen Strafrechts) festgenommen. Später legte man ihm gemäß des im Bundesstaat geltenden “Antibekehrungsgesetzes” Zwangsbekehrung von Hindus zur Last. Gegen Kaution kam der Christ frei. Aus Angst vor Vergeltungsschlägen stellte er die Renovierungsarbeiten an seinem Haus ein.

Bundesstaat Maharashtra: Gewaltsam erzwangen Hindu-Extremisten Anfang Mai den Baustopp einer Kirche im Bezirk Manglidhar. Die Angreifer verlangten, dass die Kirche weit weg vom Dorf im Dschungel errichtet werden sollte. Daraufhin beschwerten sich die Christen bei der Polizei, wurden jedoch von den Beamten angewiesen, die Genehmigung des Ortsvorstehers für den Kirchenbau einzuholen. Dieser lehnte ab. Zudem hinderten die Extremisten die Christen daran, mit ihren Autos Gemüse zum Markt zu bringen. Der Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse ist für viele von ihnen die einzige Einnahmequelle. Gleichzeitig wurde ihnen mitgeteilt, ihre Kinder dürften nicht mehr die örtliche Schule besuchen. Schließlich wurden die Christen unumwunden aufgefordert, das Dorf zu verlassen.

Bundesstaat Uttar Pradesh: In der Ortschaft Baskeria im Bezirk Sonbhadra haben Anfang Mai Anhänger der hindu-nationalistischen Organisation Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS) einen Pastor bedroht. Er werde verprügelt, sollte er weiterhin Gottesdienste in der Gegend durchführen, so die Männer. Wie die Evangelische Allianz Indiens meldete, wurden Pastor B. Vijaya Kumar sowie seine Frau und seine Tochter auf dem Heimweg von einem Gebetstreffen von mehreren Männern angehalten und über ihre Aktivitäten befragt. Pastor Kumar antwortete, er leiste Sozialdienste und unterweise die Christen in der Bibel. Drei Stunden lang wurde die Familie festgehalten, dann traf die Polizei ein und vernahm den Pastor ebenfalls. Die Beamten wiesen ihn an, die Gegend unverzüglich zu verlassen. Sollte der Familie irgendetwas zustoßen, sehe sich die Polizei dafür nicht verantwortlich, so die Beamten. Im Vorfeld hatten mehrere Lokalzeitungen falsche Berichte über den Pastor veröffentlicht. Darin wurde Kumar des Versuches beschuldigt, Menschen aufgrund falscher Versprechungen und durch finanzielle Anreize zum Christentum zu bekehren.

Christenverfolgung in mehreren Bundesstaaten

09.04.2011 Quelle

Obwohl die indische Verfassung das Recht zur freien Religionsausübung vorsieht, sind Christen in dem Land seit Jahren Angriffen gewalttätiger Hindu-Extremisten ausgesetzt. Außerdem beschneiden in einigen Bundesstaaten „Antibekehrungsgesetze“ die Glaubensfreiheit. Auf dem Open Doors-Weltverfolgungsindex belegt Indien Platz 32 in der Liste der Länder, in denen Christen am stärksten verfolgt werden. Das Hilfswerk Open Doors bittet um Gebet für die christliche Minderheit. Von den 1,2 Milliarden Einwohnern ist die Mehrheit hinduistisch. Nur rund zwei Prozent Christen leben in Indien. Lesen Sie nachfolgend Kurzmeldungen über Angriffe auf Christen in mehreren Bundesstaaten.

Bundesstaat Andhra Pradesh

Hindu-Extremisten haben Christen vom Stamm der Koyta in Chintoor/Khammam daran gehindert, einen Leichnam auf dem christlichen Friedhof des Ortes zu begraben. Laut dem Gesamtindischen Christenrat (AICC) sind zudem etwa 20 Trauergäste verprügelt und mit weiterer Gewalt bedroht worden, sollten sie den Fall bei der Polizei melden. Zwei Männer und eine Frau wurden verletzt. Eine dennoch erstattete Anzeige blieb erfolglos. Der Leichnam musste verbrannt werden.

Bundesstaat Chhattisgarh

In Raipur, der Hauptstadt des ostindischen Staates, störten extremistische Hindus am 13. März den Gottesdienst der „Church of Christ“. Wie der Pastor der Gemeinde, Peter Singh, berichtete, wurde er von etwa acht Männern der Zwangsbekehrung von Hindus beschuldigt. Trotz Bitten von Gemeindemitgliedern weigerten sich die Männer, das Kirchengrundstück zu verlassen. Stattdessen beschimpften sie die Christen lautstark. Sie forderten die Gemeinde auf, die Gegend zu verlassen, weil „hier kein Platz für Christen“ sei. Schließlich eilten Nachbarn zu Hilfe und verjagten die Angreifer.

Bundesstaat Karnataka I

Wie der Globale Rat indischer Christen (GCIC) berichtete, verhaftete die Polizei in der Ortschaft Devasthur (Madikeri/Bezirk Coorg) am 26. März vier Christen, darunter drei Frauen. Zuvor waren sie von mehreren Hindu-Nationalisten verprügelt und fälschlicherweise der Zwangsbekehrung bezichtigt worden. Zum Hintergrund: Der Evangelist A. J. Diwakar von der „Christ’s Fellowship Church“ und die Gemeindemitglieder Telsi, Savitha und Agnes waren nach Devasthur gegangen, um örtlichen Christen einige Schriften zu bringen. Dort wurden sie von zunächst einigen wenigen aufgebrachten Männern umringt, die ihnen die Schriften entrissen. Andere Hindu-Extremisten kamen hinzu und schließlich prügelte ein Mob aus 40 Männern auf die vier Christen ein und beschimpfte sie. Nach Eintreffen der Polizei wurden die Opfer auf die Polizeiwache gebracht. Dort warf man ihnen „absichtliche und bösartige Handlungen zur Verletzung der religiösen Gefühle einer Klasse“ vor.

Bundesstaat Karnataka II

In der Hafenstadt Mangalore des südindischen Bundesstaates wurde ein christliches Ehepaar Opfer einer Falschanzeige. Nitin Poojary ist bei dem Paar angestellt und war zuvor wegen unentschuldigtem Fehlen am Arbeitsplatz abgemahnt worden. Daraufhin beschuldigte Poojary, ein Hindu, den Christen Lobo, ihn zu einem Treffen in ein Privathaus eingeladen und dort gezwungen zu haben, den christlichen Glauben anzunehmen. Auf seine Weigerung hin, sei er entkleidet und tätlich angegriffen worden. Mit Hilfe der militanten Organisation Bajrang Dal erstattete Nitin Poojary am 9. März Anzeige gegen das Ehepaar. Bajrang Dal ist der Jugendflügel der hindu-nationalistischen Organisation VHP (Vishwa Hindu Parishad). Laut Medienberichten haben Ivan D’Souza, ein leitendes Mitglied der Kongresspartei, sowie christliche Vertreter dem Polizeikommissar Seemanth Kumar Singh eine Stellungnahme unterbreitet, die Lobos Unschuld belegt. Kongressabgeordneter D’Souza warf den Bajrang-Dal-Aktivisten zudem vor, die Angelegenheit völlig falsch dargestellt zu haben und verlangte ein strenges Vorgehen gegen die Führer der Hindugruppe.

Bundesstaat Karnataka III

Anfang März stürmten etwa 50 Anhänger des Bajrang-Dal einen Gottesdienst in einem Privathaus in Gubbi (Bezirk Tumkur). Die Männer durchwühlten die persönliche Habe und vernichteten alle christlichen Schriften. Fast eine Stunde lang dauerte der Angriff. Dabei wurden die beiden anwesenden Pastoren beschimpft. Die eintreffende Polizei verhaftet die Pastoren und legte ihnen „absichtliche und bösartige Handlungen zur Verletzung der religiösen Gefühle einer Klasse“ zur Last. Die beiden Männer wurden am 7. März auf Kaution freigelassen.

Bundesstaat Karnataka IV

Nachdem 50 Christen in Kammanahali Anzeige wegen der Beschädigung einer Kirchenstatue durch Hindu-Extremisten bei der Polizei erstattet hatten, wurden sie zu ihrer Überraschung selbst verhaftet. Mitte Februar waren die Extremisten auf das Kirchengelände eingedrungen, hatten die anwesenden Christen beschimpft und eine Statue, die Jesus und Maria darstellt, beschädigt. Erst nach Intervention örtlicher Gemeindeleiter wurden die Christen wieder entlassen.

Bundesstaat Kaschmir

Am 19. Februar zündeten extremistische Hindus in Srinagar die Internationale St. Paul’s Schule der „Evangelical Graduate Fellowship“ an. Acht Klassenzimmer, die Bücherei sowie Computerräume wurden durch das Feuer beschädigt. Wie Grace Paljor, die Leiterin der christlichen Schule, berichtete, war sie zuvor wegen ihres christlichen Glaubens mehrmals bedroht worden. Der Sachschaden beläuft sich auf 15.900 Euro. Die Polizei erstellte einen Bericht.

Bundesstaat Orissa

Zwölf Christen aus dem Bezirk Mayurbhanj, die erst vor Kurzem vom Hinduismus zum christlichen Glauben konvertiert waren, wurden am 29. März von der Polizei verhaftet. Auch die Pastoren Samuel Mohopathra und Manuel Mahopathra wurden festgenommen. Noch am selben Tag kamen sie auf Kaution wieder frei. Doch stehen die Christen wegen „der Bekehrung ohne amtliche Genehmigung“ unter Anklage. Dies ist gemäß der in dem Bundesstaat geltenden “Anti-Bekehrungsgesetze” verboten. Sajan K. George, Präsident des Allgemeinen indischen Christenrates, hat Orissas Ministerpräsidenten Naveen Patnaik aufgefordert, die Anklagen zurückzuziehen und christenfeindlicher Gewalt in Orissa ein Ende zu setzen.

Bundesstaat Uttarakhand

In Phullaiya/Katima im Osten des nordindischen Staates drangen am 28. März etwa 30 Hindu-Extremisten in die „Believers Church“ ein. Am Vormittag hatten sich dort Christen zu einer Tagung versammelt. Die Männer beschuldigten vier Teilnehmer der Zwangsbekehrung von Hindus und verprügelten sie heftig. Nach dem Angriff erstatteten die Täter Anzeige. Polizisten brachten die vier Christen zur Vernehmung auf die Wache. Nach Intervention christlicher Leiter wurden sie am Abend wieder entlassen.

„Ein Priester kam ins Gefängnis, und zwei Katholiken kamen wieder heraus“

21.03.2011  Quelle

China und Indien beim Kongress „Treffpunkt Weltkirche“

Von Michaela Koller

In den indischen Bundesstaaten Orissa, Madhya Pradesh und in Karnataka seien Christen anhaltend gewaltsamen Übergriffen von Hindunationalisten ausgesetzt, die dort sehr stark seien, sagte am Freitagabend Erzbischof Leo Cornelio von Bhopal beim Kongress „Treffpunkt Weltkirche“ in Würzburg. „Was sich in Orissa ereignete, war ein Progrom“, berichtete er auf die Angriffe 2008 zurückblickend. Von Kandhamal ging im August vor drei Jahren eine Gewaltwelle aus, die mehr als 100 Menschen das Leben kostete und 50.000 weitere zur Flucht zwang.

In fast 300 Dörfern wurden rund 4.000 Häuser und mehr als 60 Kirchen zerstört. Nach dem Mord an einem Hindu-Führer hatte sich die Wut der Massen an der wehrlosen christlichen Minderheit der Region entladen. Inzwischen seien aber die zerstörten Kirchen sowie mehr als 2.000 Häuser neu gebaut worden. In zwei Dörfern dürften Christen aber nicht zurückkehren. Radikale Hindus forderten von ihnen einen Übertritt zum Hinduismus, bevor sie sie in ihre Häuser zurückkommen lassen wollten. Seit der Verfolgungswelle vor mehr als zwei Jahren hätten sich rund 100 einzelne Vorfälle von Gewalt an christlichen Indern in dem Bundesstaat ereignet.

Unter 1,2 Milliarden Menschen gebe es acht Religionen in Indien, darunter anteilig 2,5 Prozent Christen. „Ein Staat mit vielen Kontrasten, in denen lange die Religionen ohne größere Schwierigkeiten zusammenlebten.“ Im vergangenen Jahrzehnt habe sich die Situation aber verschlechtert. „Viele sagen, das Christentum sei eine fremde, westliche Religion.“ Mit dem Wirken der seligen Mutter Teresa zugunsten von Leprakranken und Straßenkindern seien die meisten Inder sehr einverstanden gewesen, nur einige wenige Extremisten hätten ihr Proselytismus vorgeworfen.

In seiner Erzdiözese unterstütze die Kirche Stammesangehörige und Menschen der unteren Kasten, führe Krankenhäuser, Schulen und soziale Einrichtungen. Zudem lege die Ortskirche auf die Arbeit mit jungen Menschen wert und benötige daher auch Unterstützung von kirchlichen Hilfswerken. „In Indien ist das Christentum wirklich ein Geschenk für die Menschen“, sagte der Erzbischof. Die Hindus in dem Subkontinent glaubten, anders als die Christen, dass jeder für sein eigenes Leben verantwortlich sei. Die Christen hingegen seien überzeugt, dass sich die Menschen gegenseitig helfen müssten, da alle Kinder Gottes seien.

„Viele Menschen in Indien haben einen guten Eindruck von Papst Benedikt XVI.“, sagte Cornelio. Gerade auch nach dem jüngsten Interviewbuch „Licht der Welt“ sagten viele, er sei ein Mann für die heutige Welt. In einem Land wie Indien, wo sehr viel Korruption herrsche und viele Menschen zunächst darauf achteten, wie sie selbst voran kämen, wirke der Petrusnachfolger authentisch. „Und da gibt es einen Mann, den Papst, den jeder respektiert, weil er die Wahrheit spricht und sagt, was für die Welt richtig is.t und dies der ganzen Welt mitteilt.“ Die Inder seien in dem Sinn religiös, dass sie es liebten, wenn jemand die Wahrheit sage und dies auch verbreite.

Bischof John Tong Hon von Hongkong bestätigte, dass das Christentum in den letzten Jahrzehnten in dem bevölkerungsreichsten Land der Erde, in China, stark gewachsen sei. „Im Jahr 1949 gab es drei Millionen Katholiken, inzwischen ist ihre Zahl inoffiziellen Statistiken zufolge auf zwölf Millionen angewachsen.“ Seiner Meinung nach spiele in China das Lebenszeugnis von Katholiken eine große Rolle. Viele hätten mit Verfolgung und Schwierigkeiten rechnen müssen. „Weil sie nicht wanken und wirklich an ihrem Glauben festhalten, zieht dies Nichtchristen an, um herauszufinden, was denn dieser Katholizismus ist, weswegen diese Menschen so reagieren.“

Der Nachfolger von Kardinal Zen schilderte als Beispiel schmunzelnd vor einem gebannt zuhörendem Publikum das bewegende Zeugnis eines Priesters, der während der Kulturrevolution der Wasserfolter ausgesetzt war: Er teilte die Zelle mit einem anderen Gefangenen. Beide waren tagsüber gezwungen, eng mit den Rücken aneinander auf einem Tisch zu sitzen, während ihre gemeinsame Zelle bis zur Tischkante geflutet wurde. Der Priester rettete sich vor der Verzweiflung, indem er sich vorstellte, er säße tagsüber bei Fastenexerzitien.

Während er betete und gelassen blieb, zeigte sich sein Zellengenosse verbittert und verfluchte den Himmel und die Regierung. Alsbald fragte dieser den Priester, wie er so ruhig bleiben könne. Der nutzte die Gelegenheit und erzählte ihm von seinem Glauben. Nach und nach überzeugte er seinen Mitgefangenen, der ihn schließlich bat, ihn zu taufen. „Weil es ja ein Wassergefängnis war, war schließlich genügend Wasser dafür da“, bemerkte der Bischof unter Applaus. „Ein Katholik war ins Gefängnis geworfen worden, aber nach vierzig Tagen kamen zwei Katholiken heraus“, erklärte er.

Vor 30 Jahren hätten noch die chinesischen Machthaber die Religionsgemeinschaften als Feinde betrachtet. Die Strategie habe sich den Religionen gegenüber geändert, seit China unter Deng Xiaoping beschlossen hätte, der Außenwelt zu begegnen. „Die Politik gegenüber der Religion könnte man heute mit den Worten Kontrolle und Nützlichkeit umschreiben.“

Die religiöse Überzeugung sei zwar Gewissenssache, aber was die Ausübung der Religion angehe, setze diese die Erlaubnis der Regierung voraus. „Nur wenn die Regierung zustimmt, sind es normale religiöse Aktivitäten. Ansonsten ist es nicht normal oder sogar verboten, und man kann dich dafür bestrafen.“ Einige Katholiken sagten, dass dies doch besser als gar nichts. Diese gehören der offiziellen Kirche an. Andere betonten, dass sie mit dieser Politik nicht einverstanden und von Gott als freie Menschen geschaffen seien, der auch die Menschenrechte gewollt habe. Sie setzten ihre Aktivitäten fort, und das gelte dann als illegale Kirche. „Es gibt aber nur eine katholische Kirche in China, denn alle haben das dasselbe katholische Bekenntnis. Alle erkennen den Heiligen Vater als das Oberhaupt der katholischen Kirche an“, unterstrich der Bischof. Es handele sich um zwei Arme desselben Flusses.

„Wenn es eine Kirche in China gibt, deren Oberhaupt im Ausland ist, wird dies als Bedrohung empfunden, und die Regierung meint, dass für die Christen in China ein Loyalitätskonflikt entstehe in der Frage, ob sie mehr auf die Regierung oder mehr auf den Papst hören sollten“, erläuterte die Chefredakteurin der Zeitschrift „China heute“, Katharina Wenzel-Teube,r die Motive Pekings für die Gängelung der katholischen Chinesen. Die Vertreterin des China-Zentrums in Sankt Augustin sagte weiter, die Regierung stelle sich daher dagegen, dass die chinesische Ortskirche struktureller Teil der Weltkirche sei. Nur als moralische Autorität dürften die Katholiken dort den Papst anerkennen. „Daraus entstehen Schwierigkeiten für die Kirche“, sagte Wenzel-Teuber.

In den vergangenen Jahren sei es glücklicherweise oft so gewesen, dass über einzelne Bischofskandidaten ein inoffizieller Konsens zwischen Rom und Peking zustande gekommen sei. Im vorigen November habe es da aber einen Rückschlag gegeben: Acht Bischöfe seien quasi verschleppt worden, um einen Priester ohne päpstliche Erlaubnis zum Bischof zu weihen. „Das ist natürlich ganz schwerwiegendes Problem für die Diözese dieses neugeweihten Bischofs, der keine päpstliche Anerkennung hat“, berichtete Wenzel-Teuber. Dennoch, auch wenn es diese Vorfälle gebe und vieles im Reich der Mitte noch im Aufbau sei: „Die Kirche in China ist eine sehr lebendige Kirche.“ Wenzel-Teuber regte deshalb an, sich im persönlichen Gebet dem Heiligen Vater beim Weltgebetstag für die Kirche in China an jedem 24. Mai anzuschließen.

Kirche in Indien: Diskriminiert, aber gelassen

07.03.März 2011  Quelle

Vom 18. bis 20. März 2011 veranstaltet das weltweite katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ in Würzburg den „4. Internationalen Kongress Treffpunkt Weltkirche“. Einer der Ehrengäste ist Erzbischof Leo Cornelio aus der zentralindischen Stadt Bhopal. Der Steyler Missionar wird auf dem Kongress von der Lage der Katholiken in seiner Heimat berichten. Im Gespräch mit dem Würzburger Sonntagsblatt skizziert er bereits im Vorfeld des Kongresses die wichtigsten Aspekte.

Das Interview mit Erzbischof Leo Cornelio führte Ernst Schlögel.

Kirche in Not: Herr Erzbischof, die Nachrichten über die Situation der Christen in Indien sind Besorgnis erregend, immer wieder ist von Anschlägen durch radikale Hindus zu hören. Wie schätzen Sie die aktuelle Lage ein?

Erzbischof Leo Cornelio: Indien ist die größte Demokratie der Welt und hat nicht nur viele Religionen hervorgebracht, sondern zeichnet sich auch durch viele kulturelle und sprachliche Unterschiede aus. Trotz dieser Unterschiede und trotz aller Spannungen ist Indien im Großen und Ganzen ein friedliches und tolerantes Land, in dem Menschen aus verschiedenen Religionen und Kulturen harmonisch zusammenleben.

Indien wurde von anderen oft als „goldener Vogel“ betrachtet. Deshalb gab es viele Invasionen ausländischer Mächte, die den Reichtum unseres Landes raubten. Darum sind die meisten Inder misstrauisch gegenüber Ausländern. Das Christentum ist nun in der Vorstellung der Menschen eine „ausländische Religion“, die mit den Briten, Amerikanern und anderen europäischen Einwanderern verbunden ist. Die Erfahrungen mit diesen Ausländern hat das Bild des Christentums als „Religion der Herrscher“ geprägt. Es wird außerdem von meisten Menschen anderen Glaubens als eine aggressiv missionierende und bekehrende Religion angesehen. Das hat zur Folge, dass ein gewisses Gefühl der Unsicherheit gegenüber dem Christentum vorherrscht, auch wenn viele uns als friedliebend kennen. Diese Wahrnehmung beeinflusst den Alltag von Christen in manchen Regionen Indiens.

Gläubige Hindus sind friedliebend und glauben nicht an Gewalt oder Blutvergießen. Es sind nur die Machthungrigen und politisch Motivierten, die ihre Religion als Vorwand nehmen, um Einfluss zu erhalten. Im Zusammenhang mit der Wiederbelebung des Hindu-Bewusstseins beobachte ich zurzeit eine Polarisierung der Religionszugehörigkeiten. Einige Hindu-Organisationen wie die Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS) oder die Vishwa Hindu Parishad (VHP), verbinden sich mit politischen Parteien wie der Bharatiya Janatha Party (BJP). Alle diese Extremisten haben die Christen zu ihren Gegnern erklärt – alles unter dem Deckmantel des Patriotismus oder Idealismus. Ihnen ist eines gemeinsam: die Theorie „einer Nation“, die sich durch Religion definiert. Glücklicherweise durchschauen heutzutage immer mehr Menschen den selbstsüchtigen Plan derer, die Religion als eine Waffe benutzen, um Macht zu gewinnen.

Das Christentum stößt in Indien außerdem auf Widerstand, weil es auf der Seite der Armen und Ausgegrenzten steht. Wir setzen uns für Gerechtigkeit, Gleichheit, Ehrlichkeit und für die Würde aller Menschen in unserer Gesellschaft ein. In einer Gesellschaft, die an Kasten, Klassen und Geschlechterdiskriminierung glaubt, ist das eine Bedrohung, die unterdrückt oder ausgelöscht werden muss. Die Kirche verhält sich im Umgang mit anderen Religionen gemäß dem Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils und der Lehre der Kirche: Wir treten in einen Dialog mit Menschen anderen Glaubens. Doch der interreligiöse Dialog hat es oft nicht geschafft, die Menschen an der Basis zu erreichen.

Wie sieht es bei Ihnen im Bistum aus? Werden hier die Katholiken diskriminiert?

Bhopal ist die Hauptstadt des Bundesstaates Mahya Pradesh und blickt auf eine große Geschichte zurück. Alle Religionen leben hier zusammen, auch wenn die Mehrheit der Menschen Hindus sind. Im Vergleich zu vielen anderen Regionen Indiens ist Bhopal eine friedliche Stadt. Wir haben zwar eine Regierung der BJP, trotzdem werden die Christen nicht übermäßig schikaniert.

Die fundamentalistischen Hindu-Gruppierungen werden von den Reichen und Mächtigen dazu angestachelt, christliche Gemeinschaften oder Einrichtungen zu belästigen. Wir beobachten Diskriminierung, wenn es um Studienbeihilfen oder Arbeitsplätze geht. Christen, die der untersten gesellschaftlichen Kaste, den Dalits, oder Naturvölkern angehören, werden jegliche Privilegien verwehrt. Darum ist es eine Tatsache, dass es in Mahya Pradesh und in anderen Bundesstaaten Diskriminierung gegen Christen gibt. Das ist der Preis, den wir für unseren Glauben zahlen müssen. Wir versuchen unser Bestes, die Regierung und das Parlament zu überzeugen, dass sie solch eine ungerechte Behandlung ihrer Bürger anprangern und jeden Menschen respektieren sollten – ganz gleich, welcher Kaste, Klasse oder welchem Glauben er angehört.

Bei diesem Engagement hilft es uns, dass die Menschen unsere Dienste schätzen. Unsere Schulen in Städten und Dörfern werden von reichen und armen Kindern gleichermaßen besucht. In meiner Erzdiözese leben zwar nur 15000 Katholiken und etwa gleich viele Christen anderer Konfessionen, aber der Dienst, den diese kleine Gruppe an der Gesellschaft leistet, ist unvorstellbar. Unsere Priester, Ordensleute und Laien kümmern sich um alle, die von der Gesellschaft ausgestoßen werden: Lepra- und HIV-Kranke, Tuberkulosepatienten, Straßenkinder, alte und obdachlose Menschen, misshandelte Frauen sowie verwahrloste Kinder. Die Menschen fragen mich, warum wir das tun. Ich kann ihnen von der mitleidsvollen Liebe Jesu Christi und Gottes Hingabe an die Armen erzählen. Mutter Teresa sah Christus in jedem Armen. Sie war ein Mensch, der alle Inder beeindruckt hat.

Wie ist die Entwicklung der Kirche in Ihrem Land? Gibt es ähnliche Tendenzen der Säkularisierung wie in westlichen Staaten?

 Obwohl Indien offiziell ein säkulares Land ist, in dem jede Religion dieselben Rechte haben sollte, ist der Hinduismus doch die größte Religion und spielt deshalb auch die Hauptrolle im sozialen und politischen Leben der Menschen. Etwa 13 Prozent der Bevölkerung gehören dem Islam an. Die Geschichte der indischen Kirche geht auf den Apostel Thomas zurück, und ich kann sagen, dass wir wachsen. Das lässt sich allerdings weniger statistisch messen als vielmehr dadurch, dass wir in wichtigen Gebieten, wie der Erziehung oder der Gesundheitsversorgung, beachtlichen Einfluss erreicht haben. Wir engagieren uns in Bereichen, in denen die Regierung nur zögerlich gehandelt hat.

Dass die Kirche für die Werte des Evangeliums eintritt, hat ihr oft Konflikte mit den traditionellen Werten der indischen Gesellschaft eingebracht. Aber im Großen und Ganzen werden wir heute respektiert und stehen als Fackel der Hoffnung inmitten einer nicht gerade perfekten Gesellschaft. Vor allem der Vorwurf, wir würden Menschen zum Glaubenswechsel zwingen wollen, wird von Fanatikern oft als Waffe benutzt. In einigen Bundesstaaten hat das dazu geführt, dass Gesetze gegen den Glaubenswechsel eingeführt wurden.

Unser Volk ist religiöser in seinem Lebensstil, als es im Westen üblich ist. Vor Kurzem hat eine Studie herausgefunden, dass 98 Prozent aller jungen Menschen an Gott glauben und ihre Religion praktizieren. Für jeden einzelnen Inder hat alles, was in seinem Leben geschieht, einen religiösen Bezug. Religion gehört zu unserer Identität. Obwohl nur etwa 2,3 Prozent der Inder Katholiken sind, beobachten wir überall eine dynamische Kirche.

Neben der römisch-katholischen Kirche gibt es in Indien, vor allem in Kerala, noch zwei mit Rom unierte Kirchen mit völlig anderer Tradition, die syro-malabarische Kirche und die syro-malankarische Kirche. Wie sind Ihre Kontakte zu diesen Kirchen?

Wir haben ein gesundes Verhältnis untereinander. Heutzutage sind wir uns stärker bewusst als früher, dass die katholische Kirche viele Riten vereint. Das liegt vor allem daran, dass wir uns früher nicht so häufig begegnet sind wie heute. Jeder Ritus, jede Kirche hat eine eigene Tradition. Die syro-malabarische Kirche und die syro-malankarische Kirche stammen aus dem südindischen Bundesstaat Kerala. Die Gläubigen dieser Kirchen in anderen Bundesstaaten waren darum lange Zeit nur Eingewanderte. Erst in letzter Zeit findet auch so etwas wie eine Evangelisation statt. In unserem Bundesstaat Madhya Pradesh gibt es drei syro-malabarische Eparchien und sechs römisch-katholische Diözesen, die weitestgehend brüderlich zusammenarbeiten. Wir treffen uns in der CBCI, der Vereinigung aller drei katholischen Kirchen, und jede einzelne Kirche trifft sich zusätzlich alle zwei Jahre zu einer Konferenz oder Synode.

Mehr und mehr wächst der ökumenische Zusammenhalt zwischen den Kirchen und christlichen Konfessionen in unserem Land. Da wir Christen in Indien eine kleine Minderheit sind, können wir uns nicht bei dem aufhalten, was uns trennt, sondern wir pflegen den Glauben an Jesus Christus und das Wort Gottes als Grundlage für unsere Einheit. So kommt es, dass uns heute, wenn wir von außen Bedrohungen durch Extremisten ausgesetzt sind, unser gemeinsamer Glaube zusammenbringt. Es gibt subtile Bestrebungen, Christen in Indien auszugrenzen. Darum dürfen wir es nicht zulassen, dass wir untereinander gespalten sind.

Was können die deutschen Katholiken von den indischen lernen?

Jede Länderkirche spielt eine wichtige Rolle in der Weltkirche. Der Geist der Solidarität, der Brüderlichkeit und des Teilens in der katholischen Kirche ist ein sichtbares Zeichen von Christi vergebender Liebe. Die deutsche Kirche war immer eine großzügige Kirche, die ihre finanziellen Mittel mit ihren Geschwistern weltweit geteilt hat und die auch Ordensleute und Priester in alle Welt aussandte, um zu helfen.

Die indische Kirche kann dagegen nur „ihre Armut und ihre Not“ teilen, wie es Papst Johannes Paul II. so schön gesagt hat. Die Familie hat in der indischen Gesellschaft einen großen Wert, besonders in der indischen Kirche. Unsere Jugend hält meistens guten Kontakt zu ihren Familien, selbst wenn sie einmal wegziehen muss, um anderswo Arbeit zu finden. Das ist sicher ein Vorbild.

Außerdem steht die indische Kirche auf vier Arten in einem Dialogprozess: Mit anderen Religionen, mit den Armen, mit den Ausgegrenzten und mit der Schöpfung. Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt, dass die Mehrheit der Inder glücklich mit ihrem Leben ist und dass sie in der Lage ist, sich an ihre Lebensbedingungen anzupassen. Es herrscht eine große Gelassenheit gemäß dem Satz: „Herr, gib mir den Mut, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann, die Dinge zu akzeptieren, die ich nicht ändern kann, und die Weisheit, beides voneinander zu unterscheiden.“

Jeder Gläubige versucht, seine christliche Identität in einem multireligiösen und multikulturellen Umfeld zu finden. Natürlich haben auch wir unsere Probleme, aber dadurch, dass wir unsere Unterschiede akzeptieren und mit gegenseitigem Respekt leben, helfen wir dem Wachstum der Kirche. Vielleicht könnten einige dieser Erfahrungen der deutschen Kirche helfen. Früher war Europa ein christlicher Kontinent. Ich hoffe, dass es bei Ihnen eine Wiederbelebung des Glaubens geben wird, einen „neuen Frühling“, wie Papst Johannes Paul II. es ausgedrückt hat. Ich bete für Sie und für Ihre positive Entwicklung!

Regierung akzeptiert Recherche über antichristliche Gewalt in Karnataka

28. Februar 2011  Quelle

Als in Karnataka vor drei Jahren die Häuser von Christen brannten, war dies nur der Anfang einer Serie von Gewalttätigkeiten gegen Christen in Indien. Neben Orissa kommt kam es auch in anderen Bundesstaaten zu Übergriffen. Was am besagten Sonntag, dem 14. September 2008, wirklich geschah, als in Mangalore, Udupi und Belthangady (Karnataka) mehrere Kirchen und christliche Einrichtungen das Ziel von Anschlägen einer fundamentalistischen Hindu-Gruppe namens „Bajrang Dal“ wurde, liegt jetzt in einem Bericht vor. Dabei geht es vor allem um die Hintergründe, wurden doch Christen fälschlich bezichtigt, Konversionen von Hindus zu erzwingen. So wurden 330 falsche Anklagen gegen Christen erhoben, die bei Gerichten in Karnataka anhängig sind. Diese sollen aufgehoben werden. Der Apostolische Nuntius in Indien, Erzbischof Salvatore Pennacchio, nimmt dieses Anliegen „sehr ernst“. Er will internationale Menschenrechtsorganisationen für die Kampagne gewinnen.

Insgesamt wurden im Jahr 2008 13 christliche Zentren angegriffen, vor allem die der Pfingstler, aber auch vier katholische. Mehrere Gläubige, darunter Frauen und Kinder, wurden zusammengeschlagen; sieben Personen, darunter zwei protestantische Pastoren und eine katholische Ordensfrau, erlitten Verletzungen unterschiedlichen Ausmaßes. Insgesamt kam es zu 113 Übergriffen auf Christen in 29 Verwaltungsbezirken des Staates.

Die Tatsache, dass 2008 unter anderem zwölf Häuser von Christen in Brand gesteckt worden waren und es in der Nähe von Raikia zu Morden an Christen kam, ist ein traurigen Kapitel.

Die Gewalttaten rissen tagelang nicht ab: Kirchen brannten, Werke der Kirche gingen in Flammen auf. Der Bericht des Richters Michael Saldanha wurde jetzt laut Agenturmeldungen dem Innenminister P. Chidambaram, dem Minderheitenminister Salman Khurshid und den Justizminister Veerappa Moily überreicht. Die drei indischen Regierrungsvertreter sind mit der vorgelegten Analyse einverstanden.

Damit wurde die These eines im Auftrag der Regierung von Karnataka unter Leitung der Baratiya Janata Party (BJP) vom Richter B.K. Somasekhara erstellten Berichtes widerlegt, in dem die Verantwortlichkeit hinduistisch geprägter fundamentalistischer Gruppen geleugnet wurde.

Ein zweiter Bericht, der im Auftrag der Nicht-Regierungs-Organisation „Catholic-Christian Secular Forum“ entstand und dem Richter Michael Saldanha anvertraut wurde, deckte nach der Befragung von 3.000 Augenzeugen die Wahrheit auf und liefert eindeutige Beweise dafür, dass es sich um eine organisiert und von hinduistischen Gruppen ausgeführte Gewalt handelt, die von der Regierung des Staates dabei gedeckt wurden.

Joseph Dias, Vorsitzender des CSF, der den Ministern den neuen Bericht überreichte, erklärte gegenüber dem Päpstlichen Fidesdienst: „Wir freuen uns über das Treffen mit den Vertretern der Regierung, die unsere Kampagne auf der Suche nach der Wahrheit unterstützen. Wir konnten ihnen Filmaufnahmen und Zeugenberichte zeigen, erdrückende Beweise. Die Minister versprachen ein Eingreifen der Regierung: Wir werden uns in den kommenden Tagen erneut Treffen und der Regierung einen konkreten Aktionsplan vorlegen. Wir sind optimistisch, was den Erfolg unserer Kampagne anbelangt, der sich Christen und andere Minderheiten, aber auch viele hinduistische Intellektuelle und Religionsvertreter angeschlossen haben, die das Vorgehen radikaler Gruppen verurteilen“.

Massenproteste gegen antichristliche Gewalt

22.02.2011,  Quelle

Mehr als 100.000 Christen forderten Rücknahme von Untersuchungsbericht über Angriffe gegen Kirchen

Im indischen Bangalore haben am gestrigen Montag mehr als 100.000 Christen gegen einen als tendenziös kritisierten Untersuchungsbericht der Regierung zu antichristlicher Gewalt demonstriert. Der Ende Jänner veröffentlichte Bericht über Gewalt fundamentalistischer Hindu-Gruppen aus dem Jahr 2008 sei eine „Reinwaschung“ radikaler Hindus, zitiert die asiatische katholische Nachrichtenagentur „UCANews“ Stimmen der Protestkundgebung, wie Kathpress meldet. Die Demonstranten verlangten eine Rücknahme des Dokuments und eine unabhängige Untersuchungskommission.

Im September 2008 waren im Unionsstaat Karnataka im Süden Indiens mehr als 20 Kirchen verschiedener christlicher Konfessionen verwüstet worden. Zwei Prozent der knapp 53 Millionen Bewohner Karnatakas sind Christen, mehr als 84 Prozent sind Hindus und rund 14 Prozent gehören dem Islam an. Der Bericht war zum Schluss gekommen, die Gewalt gegen Christen hätte keinerlei religiösen Hintergrund gehabt. Die Übergriffe seien vielmehr von Kriminellen begangen worden.

Gleichzeitig wies die Kommission den Christen eine indirekte Mitschuld zu: In „einigen Regionen“ Karnatakas brächten christliche Gruppen und „selbsternannte Pastoren“ Hindus zum Übertritt zum christlichen Glauben, hieß es. Forderungen radikaler Hindu-Organisationen nach einem Verbot der Bibel und anderer christlicher Schriften wies der Bericht allerdings zurück.

Hindu-Extremist: Christen ‚wie Wanzen‘ vernichten

17.02.2011  Quelle

Bei einer hinduistisch-nationalistischen Massenveranstaltung im zentralindischen Bundesstaat Madhya Pradesh ist die befürchtete Gewalt gegen Christen ausgeblieben. Es gab auch keine massenhaften Rückbekehrungsversuche, dafür aber heftige verbale Angriffe.

Bei dem Treffen Maa Narmada Samajik Kumbh (Mutter Narmadas Sozialversammlung) hatten sich vom 10. bis 12. Februar etwa zwei Millionen Hindus am Fluss Narmada in Mandla versammelt. Mehrere Redner beschuldigten Christen, ihre sozialen Dienste missionarisch zu missbrauchen. Ein Hindu habe Christen mit „Wanzen“ verglichen, die getötet werden müssten, berichtete der katholische Priester George Thomas gegenüber dem Informationsdienst AsiaNews.

Der Zorn richtete sich gegen Missionare, die sich um die Ärmsten der Armen kümmern. Der Redner habe erklärt, missionarisch aktive Christen seien wie Wanzen, die „das Blut unschuldiger verletzlicher Menschen saugen; Wanzen sollte man töten, sonst werden sie weiter Blut saugen“.

Diese Äußerung sei jedoch bei einigen Hindu-Gruppen auf Kritik gestoßen. Es gebe keinen Grund, Christen zu beleidigen; vielmehr sollte man den Dialog mit ihnen suchen, hieß es. Die meisten Teilnehmer des Kumbh seien allein religiös motiviert gewesen, so Thomas.

Hindus: Recht auf Rückbekehrung

Vor der Massenversammlung hatten Christen große Sorge geäußert, dass – wie bei einem ähnlichen Treffen im Jahr 2006 im Bundesstaat Gujarat – versucht werde, Christen zum Hinduismus rückzubekehren.

In der hinduistischen Publikation „Organiser“ heißt es dazu, Ziel der Kumbh sei einzig und allein, das hinduistische Erbe und die Kultur Indiens zu fördern. Doch hätten Hindus ebenso ein Recht auf Rückbekehrung, wie Christen und Muslime das Recht auf Mission für sich in Anspruch nähmen: „Solange Bekehrungen stattfinden, wird es auch Antibekehrungs- und Rückbekehrungsversuche von Hindus geben.“

Region von christlichen Missionaren „säubern“

Der Generalsekretär des Gesamtindischen Christenrats, John Dayal (Neu Delhi), sagte, niemand könne Zweifel daran hegen, dass nationalistische Hindus mit dem Kumbh vor allem das Ziel verfolgten, die Region von christlichen Missionaren zu „säubern“.

Ihnen werde vorgeworfen, vor allem Angehörige des Volks der Gond, im großen Stil zum Christentum zu bekehren. Die etwa neun Millionen Gond haben eine Stammesreligion mit Ahnenverehrung. Auch sie wehren sich gegen hinduistische Extremisten von der Bewegung Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS). Diese betrachtet alle gebürtigen Inder als Hindus.

Wer einer anderen Religion folge, müsse „rückbekehrt“ werden. Madhya Pradesh ist einer von sieben indischen Bundesstaaten, die Antibekehrungsgesetze eingeführt haben.

Von den 68,8 Millionen Einwohnern sind über 91 Prozent Hindus. Christen bilden eine kleine Minderheit von 0,3 Prozent. In ganz Indien sind etwa 82 Prozent der 1,1 Milliarden Einwohner Hindus, zwölf Prozent Muslime und mindestens drei Prozent Christen. Immer wieder kommt es in einzelnen Bundesstaaten zu gewalttätigen Übergriffen nationalistischer Hindu-Extremisten auf Christen.

Christen protestieren in Indien gegen Verharmlosung vonGewaltepisoden

03.02.2011  Quelle

„Es handelt sich um eine grundlegende Forderung nach Gerechtigkeit und Achtung der Menschenrechte.“

Tausende indische Christen aller Konfessionen werden sich am Samstag, dem 5. Februar, in Bangalore zu friedlichen Protestkundgebungen versammeln, bei denen sie die Achtung der eigenen Rechte fordern wollen. Ein Fackelzug soll durch die Straßen der Stadt ziehen, bei dem Christen, aber auch Muslime und gemäßigte Hindus ihren Protest gegen den „Bericht über die antichristliche Gewalt in Karnataka im Jahr 2008) zum Ausdruck bringen wollen. Der Bericht wurde in den vergangenen Tagen veröffentlicht und von einer Untersuchungskommission unter Leitung des pensionierten Richters B.K. Somashekara erarbeitet. Das Dokument wird als „falsch und ungerecht bezeichnet, da hinduistisch geprägte extremistische Gruppen von der Schuld freigesprochen werden und auch das Vorgehen der Regierung in Karnataka unter Leitung der nationalistischen Baratiy Janata Party (BJP) für gut geheißen wird.

„Es handelt sich um eine grundlegende Forderung nach Gerechtigkeit und Achtung der Menschenrechte. Wir müssen unsere Stimme erheben und den Unmut, der sich in der Gesellschaft verbreitet zum Ausdruck bringen. Andernfalls laufen wir Gefahr, dass extremistische Hindugruppen, die die christliche Präsenz in Indien unterdrücken wollen, mit Unterstützung der Institutionen die Oberhand gewinnen“, so Joseph Dias vom „Christian Secular Forum“ zum Fidesdienst.

Christen, so Dias, seien zweifache Opfer: „Auf der einen Seite sind sie Angriffen und Aggressionen ausgesetzt; auf der anderen Seite gibt es bereits 300 Fälle von Anklagen gegen Christen wegen Zwangsbekehrung bei den Gerichten in Karnataka; wir fordern, dass diese Anklagen, die auf falschen Anschuldigungen basieren, umgehend zurückgenommen werden“.

Christen weisen auch darauf hin, dass die BJP, „eindeutig verantwortlich ist“: „In Karnataka und in anderen indischen Staaten, wo die Partei an der Macht ist, hat die antichristliche Gewalt eindeutig zugenommen“, so Dias. Im Jahr 2008 war es bei einer Welle der Gewalt in 29 Distrikten zu 113 Übergriffen gekommen. Allein in den vergangenen beiden Jahren kam es zu 138 weiteren Episoden der Gewalt gegen christliche Personen, Orte und Institutionen.