Dez 262015
 

… zum Abendmahl. Und zur Reformationsfeier! Der evangelische Kabarettist und die katholische Politikerin über religiösen Prunk und heilende Kräfte

chrismon: Singen Sie mal „Viel Glück und viel Segen“.

Julia Klöckner: …auf all deinen Wegen, Gesundheit und Frohsinn sei auch mit dabei.

Eckart von Hirschhausen: Ich singe auch „Frohsinn“, aber mein Vater hat „Wohlstand“ gesungen. Er kam als Flüchtling nach Deutschland und hat sich ganz im protestantischen Sinne durch Bildung befreit. Daher verstehe ich, dass Wohlstand im Sinne von Wohlergehen Teil des Segens sein kann.

Klöckner: Wohlstand ist nichts Unanständiges. Wenn der Wohlstand für viele ist und wenn wir ihn für Hilfeleistungen und für Investitionen in die Zukunft nutzen, führt das eher zur Zufriedenheit, als wenn jeder ums letzte Korn kämpft.

Hirschhausen: Erfolg macht nicht glücklich, aber die Glücklichen werden erfolgreicher. Insofern kann man auch Frohsinn singen.

Frau Klöckner, wären Sie manchmal lieber evangelisch?

Klöckner: Diese Frage habe ich mir noch nie gestellt. Ich wünsche mir, dass der Umgang mit Geschiedenen und Wiederverheirateten bei uns in der katholischen Kirche barmherziger wäre. Zum Tisch des Herrn sollte man alle einladen! Auch der Umgang mit Homosexuellen ist zu gehemmt.

Hirschhausen: Als Katholikentag war, sagte eine gute katholische Freundin: Eckart, wir haben einfach die Partypeople, die Brasi­lianer, die Italiener. Aber ich war dieses Jahr im Juni auf dem Evangelischen Kirchentag in Stuttgart, und ich muss sagen: Wir Protestanten können auch feiern und froh sein. 200.000 Menschen, die auf der Suche sind, die etwas wollen und motiviert sind.

Klöckner: Aber nur wir Katholiken können beichten!

Hirschhausen: Wir können auch beichten! Es wird nur selten praktiziert. Überhaupt haben wir weniger Rituale. Andererseits bin ich als ehemaliger Zauberkünstler und Arzt überzeugt: Der Mensch braucht auch den Zauber, das Mysterium. Da haben wir Protestanten das Kind mit dem Bade ausgeschüttet und auf vieles verzichtet, was von direkter Wortverkündigung ablenkt.

Klöckner: Zauber? Oder ein Stück Heimat. Ich bin in Guldental auf dem Weingut groß geworden, 2600 Einwohner. Und vieles, was geboten wurde, lief über die Kirchengemeinde. Feiern können wir Katholiken gut, das stimmt. Dieses Barocke, das einen in himmlische Höhen mitnimmt. Orgelklänge, voluminöser Gesang, auch die Malereien in der Kirche, wenn man im Gottesdienst mal abschweift. Atmosphärisch haben wir schon einiges zu bieten. Gerade für Kinder sind Rituale wichtig.

Hirschhausen: Ja, für Kinder ist katholisch einfacher als evange­lisch. Weihrauch ist die Nebelmaschine der Frühmoderne.

Klöckner: Fällt aber nicht unter das Drogengesetz (lacht).

Hirschhausen: Die Inszenierung eines Gottesdienstes hat ganz viel mit der eines Rockkonzertes gemeinsam. Mit den Kirchenfenstern hat man schon vor der Erfindung der Scheinwerfer an­gefangen, eine Dramaturgie mit gefärbtem Licht zu entwickeln…

Klöckner:… für den Rockstar…

Hirschhausen:… der einzieht. Backgroundsänger, Ministranten.

Klöckner: Und es gibt Stehplätze!

Hirschhausen: Und im günstigsten Fall ist es zum Niederknien. Inzwischen gibt es ja eine Rückbesinnung auf die Kräfte der Religion, auf etwas, das über den Einzelnen hinausweist. Das scheinen auch Menschen zu brauchen, die nicht an Gott glauben.

Klöckner: Auch Agnostiker und Atheisten fragen sich natürlich: Wo hole ich Sinnhaftigkeit her, wo bekomme ich die Begründung?

Hirschhausen: Dazu noch schnell ein Witz: Was passiert, wenn man einen Atheisten und einen Zeugen Jehovas kreuzt? – Jemand klingelt ohne Sinn an deiner Tür.

Klöckner: Wohl keine Institution außer der Kirche hat diese Kraft, Generationen zu verbinden. Und Nationen! Außerdem hat man, wie wir Rheinland-Pfälzer sagen, als gläubiger Christ am Ende des Lebens noch was hintenraus: das ewige Leben.

Hirschhausen: Wir brauchen die Kirche vor allem als Instanz, die nicht primär nach materiellen Dingen guckt. Wenn wir in Deutschland beobachten, wie Arm und Reich auseinanderdriften, wie viele Leute sich von der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen – dann braucht es jemand, der uns an Jesus erinnert! Er ging gezielt auf die Menschen zu, ohne nach dem Status zu fragen. Ich mag die Heilungsgeschichten, wo Jesus auch nicht gefragt hat: Bist du im richtigen Verein? Es gibt ein paar Dinge, die Gott wichtig sind – Religion gehört nicht dazu.

Viele Menschen treten aus den Kirchen aus.

Klöckner: Aus beiden Kirchen! Wir Katholiken haben ganz lange auf die Talente von Frauen verzichtet. Die Altartischdecke besti­cken oder den Kuchen fürs Pfarrfest backen und dann ein gön­nerhaftes Lob in der Weihnachtsmette bekommen, da hält sich die Begeisterung in Grenzen. Als ich zur Kommunion ging vor vielen Jahren, wollte ich Messdienerin werden wie mein Bruder vor mir. Ging nicht. So wurde ich Lektorin. Wir Mädels dürfen organisieren, aber bei den großen Hochfesten waren die Jungs in der ersten Reihe. Da hat sich zum Glück schon einiges bewegt.

Fürs Kabarett taugen die Katholiken ja bestens.

Hirschhausen: Kein Wunder, dass die meisten Kabarettisten früher Ministranten waren! Kabarett lebt vom Perspektivwechsel, er fällt umso leichter, je starrer die Organisation ist. Es gibt Parallelen zwischen katholischer Kirche und anderen italienischen männerlastigen Organisationen…

Klöckner: O, o, keine falschen Bilder! Mafia! Ich muss gleich autogenes Training machen!

Hirschhausen: Klare Abgrenzung, und eine kleine verschworene Truppe sagt, wo es langgeht. Wer dazugehört, wird verteidigt, egal wie er sich verhält. Über Geld und Abmachungen dringt wenig nach außen. – Teile des Gesundheitswesens sind auch nicht viel transparenter. Auf kuriose Weise ist es vielleicht genau dieser Starrsinn, gegen den man anläuft, der andererseits das Überleben der katholischen Kirche auf so lange Zeit garantiert hat.

Klöckner: Das sind Standpunkte, Leitplanken, die die Kirche über 2000 Jahre gehalten haben. Wenn ich in Italien bin oder auf einem anderen Kontinent, auch wenn ich die Sprache nicht spreche, weiß ich trotzdem, was im Gottesdienst passiert, und ich gehöre dazu. Als Mafiamitglied fühle ich mich trotzdem nicht.

Hirschhausen: Aber der Protz und Prunk, den es oft in der katho­lischen Kirche gibt, ist ein Verrat an der Botschaft, die Jesus pre­digt. Mark Twain sagt: „Viele Leute zerbrechen sich den Kopf über Bibelstellen, die sie nicht verstehen. Mir machen die Bibelstellen Angst, die ich verstehe.“ Es gibt in der Bibel klare Ansagen zum materiellen Reichtum. Dass der Reiche so wenig ins Himmelreich kommt wie ein Kamel durchs Nadelöhr, und dass man aus dem, was man bekommen hat, auch etwas macht. Da steht nirgends, dass man Schätze auf der Erde anhäufen soll. Jesus vertrieb die Händler aus dem Tempel und überließ nicht alles dem Markt.

Klöckner: Einspruch. Wenn die Kirche Geld für Kindergärten, Krankenhäuser und Pflegedienste nutzt, hilft das. Die evange­lische Kirche hat auch Geld. Und die katholische Kirche hat diverse Orden, die in Armut leben. Zu den Orden fällt mir ein Witz ein: Ein Benediktiner, ein Dominikaner, ein Franzis­kaner und ein Jesuit beten zusammen, als das Licht ausgeht. Der Benediktiner will weiterbeten, er kann es auswendig. Der Dominikaner regt ein Streitgespräch über Licht und Dunkel an. Der Franziskaner schlägt vor, dass alle dem Herrn für das Licht danken sollen, das ihnen so sehr fehlt. Und dann wird es wieder hell. Der Jesuit hat die Sicherung ausgewechselt. – Das zeigt die Bandbreite der Orden. Reichtum hat verschiedene Facetten. Die Frage ist doch: Was bringt mich der Frohen Botschaft näher? Das können Kunstschätze sein, Gemälde, Skulpturen, der Dom. Das alles bindet Geld. Die Faszination an der Kirche hat auch etwas mit Sichtbarkeit zu tun.

Evangelische und katholische Kirche unterscheiden sich auch in politischen Fragen.

Klöckner: Ja. Und ich fand es fatal, dass wir im Bundestag zum Thema Stammzellenforschung zwei Stellungnahmen bekommen haben, eine katholische und eine evangelische.

Hirschhausen: Nach einem jüdischen Witz streiten sich ein Rabbi, ein katholischer und ein evangelischer Pfarrer darüber, wann das Leben beginnt. Der Katholik sagt, mit der Befruchtung der Eizelle. Der Protestant: Vielleicht erst mit ihrer Einnistung. Da sagt der Rabbi: Das Leben beginnt, wenn die Kinder aus dem Haus sind und der Hund tot ist. Im Ernst: Ich finde den Kompro­miss, den man gefunden hat, tragbar. Embryonale Stammzellen, die schon in den Laboren sind, dürfen bis zu einem bestimmten Stichtag von der Forschung verwendet werden. Als Arzt und Protestant unterscheide ich zwischen potenziellem Leben und einem bereits existierenden Leben. Ich weiß, dass die Katholiken da dogmatischer sind.

Klöckner: Manche Grundsatzthemen ertragen diesen Pragma­tismus nicht. Embryonen töten, einige sagen verbrauchen, heißt, Leben zu beenden. Ein bisschen schwanger geht nicht.

Hirschhausen: Würden Sie so weit gehen zu sagen: Ich will keine Forschungsergebnisse aus anderen Ländern nutzen, aus China zum Beispiel, wo die Wissenschaftler der ethische Standard ja einen Dreck schert? Wenn man weiß: Aus einer unethischen Forschung ist ein Verfahren entstanden, das mir helfen kann?

Klöckner: Wir Deutsche dürfen uns nicht am Dumping von Ethikstandards beteiligen. Der Zweck heiligt nicht alle Mittel. Wir sollten an der Spitze der Bewegung stehen und umdenken. Bis jetzt hat die embryonale Stammzellenforschung keinen Fort­schritt gebracht und kein Versprechen eingelöst.

Welche Rolle spielt in der Medizin der Glaube?

Hirschhausen: Eine große! Die Wissenschaft hat die Magie aus der Medizin vertrieben, aber nicht aus uns Menschen. Warum gehen die Menschen zum Arzt? Weil sie sonst niemand haben. Es gibt viele einsame Menschen in Deutschland. Wo finden die noch Zuspruch? Wenn sie nicht in der Kirche sind, dann gehen sie ins Wartezimmer mit einer pseudoreligiösen Erwartungshaltung. Mit dem Wunsch nach Gesehenwerden, Berührtwerden im wahrsten Sinne des Wortes, nach Erlösung, nach Gnade.

Klöckner: Der Arztgang wird spirituell.

Hirschhausen: Seelische Gesundheit hat viel damit zu tun, dass man einen Sinn in seinem Leben sieht. Die Placebo-Wirkung ist, salopp gesagt, Glaube, Liebe, Hoffnung. Da ist jemand, der sich für mich interessiert. Der mir Zuwendung und den Glauben an meine Selbstheilungskraft zurückgibt. Das nicht zu nutzen, wäre unheimlich dämlich. Übrigens, Frau Klöckner, das mag ich bei den Katholiken: den Friedensgruß. Dass ich mich umdrehe und sage: „Friede sei mit dir.“ Manchen Leuten sagt das vielleicht die ganze Woche über niemand: „Ich wünsche dir Gutes.“

Klöckner: Die Hand dem Nachbarn an den Seiten, vorne und hinten zu schütteln, das ist eine schöne verbindende Lockerungs­übung. Gerade im katholischen Gottesdienst, der sehr strukturiert und priesterzentriert ist. Plötzlich der Friedensgruß. Das heißt: bitte bewegen und locker machen. Wir sind gemeinsam hier. Hirschhausen: Ja, und einmal zur Seite und nach hinten gucken.

Würden Sie beide gemeinsam zum Abendmahl gehen?

Klöckner: Ich hätte keinen Schmerz damit.

Hirschhausen: Klar. Wer genau hat das Problem?

Und zum Reformationsjubiiäum 2017?

Klöckner: Ja! Ohne Luther wäre die katholische Kirche nicht da, wo sie ist. Ich wollte kein Kirchenmitglied im 15. Jahrhundert sein. Hirschhausen: Luthers Einwände gegen die dekadente Kirche des Mittelalters waren ja berechtigt. Deswegen müssen wir 2017 ge­meinsam feiern! Die paar dogmatischen Unterschiede, die es noch gibt – habt ihr wirklich so viel Zeit, euch mit solchen Dingen zu beschäftigen? Wir sollten lieber darüber reden, wie im Mittelalter Religion immer mit Angst verbunden war: das Fegefeuer und der Psychoterror von der Erbsünde. Das ist eine unterschwellige Last, die zu diesem Reformationsjubiläum auch aufgearbeitet gehört.

Was meinen Sie damit?

Hirschhausen: Überraschend viele Menschen sind davon über­zeugt, dass sie nicht von sich überzeugt sein dürfen. Sie denken: Ich bin nicht gut genug, andere sind glücklicher als ich. Meine befreiende Erklärung: Wir halten uns vor allem deshalb für schlechter, weil wir von uns mehr wissen als von den anderen.

Weil wir von uns mehr wissen?

Hirschhausen: Von jeder Notlüge, von jeder Lust auf etwas Ver­botenes sind wir bei uns selbst Zeuge. Von dem, was andere an Müll im Kopf haben, bekommen wir nicht alles mit, Gott sei Dank! Denn ein gewisses mentales Doppelleben ist völlig normal, jeder ist mal verwirrt, uneindeutig und unleidlich. Aber dafür muss man sich doch nicht ständig fertigmachen! Die Menschen sollten nicht immer mit Angst durch die Gegend rennen, mit dem Gefühl, furchtbar schlecht und sündig zu sein.

Klöckner: Da haben Sie recht. Angst ist weder in der Politik noch sonst irgendwo eine gute Kategorie. In der Tat war es die Ablöse­summe, die man zahlen musste, der Groschen, der im Kästlein klingt, und die Seele in den Himmel springt.

Hirschhausen: Damit habt ihr euren Petersdom finanziert!

Klöckner: Ihr besucht den ja auch ganz gern. Aber stimmt schon, das hat er gut gemacht, der Luther.

Was haben Sie für ein Bild von ihm?

Klöckner: Er war dem Leben, den Genüssen zugeneigt, er pflegte eine verständliche, manchmal derbe Sprache. Und er wollte nicht den Bruch mit der katholischen Kirche, sondern einfach nur an ihr rütteln und schütteln. Luther ist nach wie vor ein Stachel.

Hirschhausen: Er wollte jedem einzelnen Menschen zubilligen, mit Gott direkt zu sprechen.

Klöckner: Ohne Vorzimmer.

Hirschhausen: Mein erstes Buch war „Arzt – Deutsch“. Da habe ich für den „Pschyrembel“, das medizinische Wörterbuch, gemacht, was Luther für die Bibel getan hat: Ich habe aus der lateinischen Fachsprache ins Deutsche übersetzt. Mediziner hatten lange viele Parallelen mit der Priesterkaste. Man sprach nicht umsonst von Halbgöttern. Die Visite war eine Prozession. Und sie haben mit ihrem Jargon vermittelt: Ich sag dir nicht, was los ist, ich weiß es aber besser. – Luther hat den Anstoß dafür gegeben, dass man sich die heilenden Kräfte der Bildung klargemacht hat. Dass jeder Einzelne lesen lernen – und verstehen – kann, worum es geht.

Klöckner: Genau deshalb haben wir als Christdemokraten, Katholiken, Protestanten und Nichtgläubige gemeinsam gesagt: Der Reformationstag muss ein gesetzlicher Feiertag werden.

Hirschhausen: Und noch etwas, das mir wichtig ist und das zum Gottesdienst gehört, das gemeinsame Singen. Luther hat selber auch Kirchenlieder geschrieben.

Klöckner: Heitere Lieder klingen anders. Protestantische Lieder sind häufig betrüblich.

Hirschhausen: Na gut, die sind aber schon 500 Jahre alt!

Klöckner: Niederungen, Jammer, Trübsal! Das kann runterziehen.

Welches Lied meinen Sie denn?

Klöckner: „Aus tiefer Not schrei ich zu dir.“ Wenn das in einem normalen evangelischen Gottesdienst gesungen wird, fragt man sich: Wie sieht hier dann erst ein Trauergottesdienst aus?

Hirschhausen: Aber es gibt Bach! Und es gibt tolle moderne Kirchenlieder. Luther hatte kapiert, dass die Musik ein Königsweg zur Transzendenz ist. Und zur Gemeinschaft. Ich bin im Beirat für die Singenden Krankenhäuser. Wir wollen weiter erforschen, welche heilsame Wirkung das Singen hat.

Auch das moderne Stiftungswesen verdanken wir der Reformation: Stiftungen, die dem Gemeinwohl dienen müssen und nicht nur dem eigenen Seelenheil.

Klöckner: Einige Stifter legen großen Wert darauf, dass die Stiftung ihren Namen trägt. Das hat auch mit Seelenheil zu tun.

Warum stiften Sie, warum engagieren Sie sich in Stiftungen?

Klöckner: Ich bekomme in meiner Stiftungstätigkeit Menschen zu Gesicht, die mir im alltäglichen Leben nicht begegnen, noch nicht mal in der Bürgersprechstunde. Kinder aus Suchtfamilien zum Beispiel, die Unterstützung brauchen, das aber nie öffent­lich sagen würden, und die bei dieser Stiftung anklopfen können ohne Scham. Und wenn man für sein Wohlbefinden was Gutes tut und anderen auch, dann ist das ein Gewinn für beide Seiten.

Hirschhausen: Hier im Gutenberg-Museum geht mir nicht aus dem Kopf, dass es über sieben Millionen Analphabeten in Deutschland gibt. Wir haben als Bildungsnation eine große Grup­pe Menschen zurückgelassen. Luther ging es um die Freiheit, sich durch die eigene Kraft, die eigenen Gedanken aus einer schwie­rigen Situation befreien zu können! Meine Stiftung „Humor hilft heilen“ verteilt zusammen mit der Bahn und der Stiftung „Lesen“ Erzählkoffer zum Vorlesen und Geschichtenerfinden in Krankenhäusern und Heimen. Es ist so rührend, wenn da ein drei- oder vierjähriges Kind vor einem sitzt und einem was vorliest, weil es das selbst so toll findet, wenn ihm was vorgelesen wird! Klöckner: Und wenn es das Buch dann noch falsch herum hält…

Hirschhausen: Luther hat an die Kraft der Sprache geglaubt. Er hat mit Sprache gespielt, das mag ich als Kabarettist und Buchautor. Auf einer seiner Metaphern basiert dieser Witz: Unterhalten sich zwei Schweine: „Was gibt es denn heute zu Mittag?“ – „Ach, schon wieder Perlen.“


Quelle: chrismon spezial 2015, Moderation: Ursula Ott und Burkhard Weitz 
Julia Klöckner, 42, ist Vorsitzende der CDU in Rheinland-Pfalz und stellvertretende Bundesvorsitzende. Von 2002 bis 2011 war sie Mit­glied des Deutschen Bundestages, dann entschied sie sich für die Landespolitik. Die gelernte katholische Religionslehrerin engagiert sich im Zentralkomitee der deutschen Katholiken.
Eckart von Hirschhausen, 48, studierte Medizin und Wissenschaftsjournalismus. Seit über 15 Jahren ist der promovierte Arzt als Komiker, Autor und Moderator unterwegs. Derzeit reist er mit seinem neuen Kabarettprogramm „Wunderheiler“ durch Deutsch­land, die Schweiz und Österreich. Mit seiner Stiftung „Humor hilft heilen“ will er helfen, die Stimmung in Krankenhäusern aufzuhellen. Hirschhausen ist Protestant und mit einer Katholikin verheiratet.