Dez 272015
 

Weitere Flüchtlingsunterkünfte in Bremen

Von Sara Sundermann

Die erste Kirche in der Stadt, die als Flüchtlingsunterkunft genutzt wird, ist das katholische Gotteshaus Sankt Benedikt in Woltmershausen. Doch nicht nur die Bremer Katholiken, auch evangelische und muslimische Gemeinden in der Stadt bieten ihre Gotteshäuser und Grundstücke als Quartier für Flüchtlinge an.

Diese Kirche der Versöhnungsgemeinde in Sebaldsbrück könnte zur Unterkunft für Flüchtlinge werden. Die Gemeinde hat der Sozialbehörde das Gotteshaus angeboten. (Frank Thomas Koch)

„Wir haben einige Kirchen und Gebäude der Gemeinden als Winterquartier angeboten“, sagt Sabine Hatscher, Sprecherin der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK), zu der 45 aktive Kirchengemeinden gehören. Als Flüchtlingsunterkunft angeboten wurden die Kirchen Sankt Pauli und Sankt Zion in der Neustadt und die Versöhnungskirche in Sebaldsbrück. „Die beiden Gotteshäuser in der Neustadt wurden bereits geprüft und als Unterkunft abgelehnt“, sagt Hatscher. Weshalb sie nicht infrage kamen, kann sie nicht sagen. Die Sozialbehörde prüft bei Gebäuden, die ihr als Flüchtlingsunterkunft angeboten werden, unter anderem die Größe und Lage, die Fluchtwege und den Brandschutz und achtet darauf, ob es vor Ort die Möglichkeit gibt, Sanitärcontainer aufzustellen.

Im Fall der Versöhnungskirche in Sebaldsbrück aber könnte es klappen, dort könnten bald Flüchtlinge einziehen: „Bei dieser Kirche sieht es sehr gut aus“, sagt Hatscher. Das bestätigt auch Lars Ackermann, der die Raumangebote der evangelischen Gemeinden für Flüchtlinge in Bremen koordiniert. „Die Sozialbehörde hat Interesse an der Versöhnungskirche, wir sprechen gerade über die Details“, sagt Ackermann. In der Kirche gebe es Platz für etwa 40 Menschen. Allerdings sei dafür ein Umbau nötig. Im Inneren der Versöhnungskirche könnten – ähnlich wie in der katholischen Kirche in Woltmershausen – kleine hölzerne Räume gezimmert werden, um den Bewohnern zumindest etwas Privatsphäre zu ermöglichen. Das Notquartier in der Kirche könnte laut BEK von der Inneren Mission betreut werden.

Als Unterkunft von der Sozialbehörde geprüft werde ebenfalls ein Kita-Gebäude der Sankt-Georg-Gemeinde in Huchting, sagt Hatscher. Dort ist für die Kita im Sommer ein Neubau entstanden – das alte Gebäude werde derzeit nicht genutzt.

Angeboten hat die BEK neben vielen anderen Gebäuden auch ein Gemeindehaus in Arsten. Die Kirche besitze zudem ein Grundstück an der Apoldaer Straße in Vegesack, das sie für Flüchtlingsunterkünfte zur Verfügung stellen will: „Dort könnten Wohncontainer aufgestellt werden.“

Insgesamt besitze die BEK als städtische Kirche aber nur wenige unbebaute Grundstücke, auf denen Flüchtlingsunterkünfte entstehen könnten – anders als Landeskirchen in Bundesländern mit größerer Fläche, erklärt Hatscher. Der Berliner Bischof Markus Dröge hatte zuletzt angekündigt, im Besitz der dortigen evangelischen Kirche gebe es Grundbesitz in einer Größe von 50 000 Quadratmetern – zum Beispiel ungenutzte Friedhofsflächen. Diese Flächen könne die man für den schnellen Bau von Unterkünften zur Verfügung stellen. In Bremen ist Hatscher zufolge die Lage der Kirche deutlich anders: „Wir haben keine weiteren Grundstücke, die jetzt frei sind.“

Auch muslimische Gemeinden in Bremen wollen etwas tun und bieten ihre Hilfe bei der Unterbringung von Flüchtlingen an. Zwar gibt es insgesamt nur wenige größere Moschee-Gebäude in der Stadt, die genug Platz für Flüchtlinge bieten könnten. Doch im Gebäude einer Moschee in der Sonneberger Straße in der Neuen Vahr gibt es freien Platz: „Die türkische Gemeinde hat die erste Etage für Flüchtlinge angeboten“, sagt Bassam El-Choura, der für die islamische Religionsgemeinschaft Schura Bremen die Flüchtlingshilfe koordiniert. Die erste Etage über der Moschee mit rund 1000 Quadratmetern werde im Moment nicht genutzt und stehe zur Verfügung, sagt der Schura-Vorsitzende Ismail Baser. „Wir möchten uns einbringen.“ Ein Mitarbeiter der Sozialbehörde sei bereits vor Ort gewesen, sagt El-Choura: „Wir sind im Gespräch mit der Sozialbehörde und warten auf Rückmeldung.“

Ein Bremer Geschäftsmann, der zu einer der muslimischen Gemeinden in Bremen gehört, besitzt zudem das Waldau-Theater in Walle. Dort gibt es einen Festsaal für Hochzeiten. Auch dieser Raum sei als Unterkunft angeboten worden, sagt Baser. Zudem gebe es an der Tillmannstraße in Oslebshausen ein Grundstück, das mehrere tausend Quadratmeter groß sei und einem Gemeindemitglied gehöre. „Dort könnte man Wohncontainer aufstellen“, so Baser.

Die Schura möchte in Zukunft Flüchtlingsunterkünfte an den Standorten, die sie anbietet, auch selbst betreiben – ähnlich wie dies christliche Träger wie die Innere Mission, das Diakonische Werk oder die Caritas tun. Die muslimischen Gemeinden in Bremen sind deutlich jünger als die christlichen und haben – anders als die evangelischen und katholischen Gemeinden in der Stadt – noch nicht so stark eigene Strukturen und Träger aufgebaut. Um soziale Arbeit in die Praxis umzusetzen, braucht man Mitarbeiter, Fachwissen und Konzepte. Derzeit arbeite die Schura daran, Strukturen aufzubauen, um in die Wohlfahrtsarbeit einzusteigen, sagt El-Choura. „Wir bringen sprachliche und kulturelle Kompetenzen mit und möchten die Räume, die wir anbieten, selbst verwalten“, betont Baser. „Dafür gab es auch grünes Licht von Sozialsenatorin Anja Stahmann.“

Das bestätigt David Lukaßen als Sprecher bei der Senatorin: „Wir freuen uns, wenn die Schura sich vorstellen kann, Träger von Unterkünften zu werden.“ Wie alle Interessenten müssten muslimische Gemeinden bestimmte Kriterien erfüllen, um Träger zu werden – die Behörde berate gerne dazu. Träger müssten zum Beispiel Fachpersonal mitbringen und ein Konzept für den Betrieb der Unterkunft erstellen.

Zu den angebotenen Standorten wollte Lukaßen sich noch nicht konkret äußern: Zunächst sollten die Gebäude und Grundstücke geprüft und die Beiräte einbezogen werden. Er sagte aber auch: „Es ist ein starkes Signal, wenn religiöse Gemeinden ihre wichtigsten Gebäude als Unterkunft anbieten – das hilft uns. Wir prüfen diese Angebote und nehmen sie gerne an.“

Weser Kurier vom 27.12.2015


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