Aug 202016
 

VIII. Centro culturale, wie die Italiener sagten.

(Schäfer)


1) Abitur

(Schäfer)

Je 2 Jahrgänge in Wing 6 und 7 und 1 Jahrgang in Wing 1 also 5 Abiturientenlehrgänge; Leiter in Wing 6: Herr Leewe Leiter in Wing 1: Dr. Brodocz.

Einunddreissig Kameraden erreichten die Abiturreife, davon 18 Normalschüler: Wilhelm Pass, Johann Pass, Ludescher, Siegfried Völlers, Wolf Hirsch, Johann Kraus, Hermann Prossinger, Karl (Kurt) Schwitzky, Hans Ahrens, Hans Hockarth, Werner Kniepf, Rolf Wätge, Max Arnold, Fritz Böhmer (der Riese), Frank, Dieter Gothein, Bubi Rohde, NN

Diese sind vom Gymnasium weg interniert worden, 8 hatten bereits die Mittlere Reife.

Oldtimer waren: Pursch, Buck, Hansknecht, Brand, Schuster, Eberwein Willy Schild Otto Wagner (Sachse, Missions-Architekt, gen. „Brutus“ (Pusch hatte nur Volksschulbildung und bestand mit „sehr gut“. Anmerkung Brand).

Die Altersklassen waren: Jugendliche 20 – 23 Jahre, Mittlere: 25 – 35 Jahre, Ältere: – 45 Jahre (Buck, Eberwein, Schuster)

Lehrer: Vom Reichsministerium für Erziehung wurden zur Prüfungskommission bestellt:
Vorsitzender: Dr. Jos. Plate. Essen, Oberstudienrat (Erdkunde, Deutsch)
H. Reverey, Studienrat (Hamburg), (Englisch, Deutsch)
G. Tillner, Pflanzer, (Medan/Sumatra) (Mathematik, Physik)
Uschdraweit. Pflanzer (Deli/Sumatra) (Biologie, Chemie)
Günther, Elektro-Techniker (Mathematik, Physik)
Pastor G. Menzel, evangelischer Theologe (Padang-Sidempoean/Sumatra (Religion, Mathematik)
Pater Baader, katholischer Theologe
Pater Dr. Gietmann, Studienrat (Französisch)
Aschenbrenner, Dipl. Ing. (Mathematik, Physik)
F. W. Brodocz, Studienrat, Kabul/Afghanistan (Französisch, Leibesübungen)
Dr. Dünnwaldt, (Französisch)
Krake, Delhi / Brit. Indien, Versicherungsmathematiker (Mathematik, Physik)
Dr. Karl Halusa, Privatgelehrter, Batavia (Latein, Geschichte, Kunstgeschichte)
Dr. K. W. Müller, Medan/Sumatra (Biologie, Chemie) Von ihm ging das Bonmot, er müsste noch ein zweites Mal sechs Jahre interniert werden, um alle Sätze zu Ende zu sprechen, die er begonnen und abgebrochen habe!

(Die Liste der Lehrer ist nicht vollständig! Anmerkung: Brand)

Plate und Keverey steuerten die Gefolgschaft durch alle Klippen auch Ziele, auch durch die Scylla: den unfähigen Steitronen und die Charybdis: den seinetwegen angekündigten Generalstreik der Teilnehmer, falls er nicht durch einen fähigen Lehrer ersetzt würde. „Sonst machen wir eben kein Abitur“. Die ideale Form eines Schulbetriebes oder: die Selbsthilfe der geknechteten Kreatur (bei 40o C). Auf Hansknechts (und meiner) Bude leisteten die Kameraden Brand und Hansknecht den Rütlischwur: „Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen noch Gefahr“.

Von mir kam reichliche materielle Unterstützung: Kaffee und Kuchen und ideelle Rückenstützung (kiss, kiss! immer feste druff!!) Bis Hitzeferien „concediert“ wurden bei 35° – 40° C, bedurfte es auch einer gewissen kollektiven Pennäler-Aktion, von mir aus hygienischen Gesichtspunkten und ohne materielle Subsidien unterstützt. Doch Scherz beiseite! Was in unserem Lager von Lehrern und Schülern geleistet wurde – alles freiwillige Mitarbeit – verdient höchste Anerkennung.

Wie zu Hause fand eine würdige Entlassungsfeier statt, mit Rede und Gegenrede, musikalischen Darbietungen, Verteilung von Prämien (gestiftet vom Autor) an die zwei Besten, Schwitzky und Ahrens, und abends stieg ein gewaltiger Abitur-Kommers bis in den frühen Morgen mit Bergen von Kuchen, belegten Brötchen, Lachs-Salat mit Majonnaise etc. etc. Bowle, Schnaps und Kaffee. Jeder der 11 Muli – diesen Begriff kannten die Exoten gar nicht! – erhielt von mir »bewährtem Gönner» und „Mitglied des Collegiums im Ruhestand” fünf Rupies Mulus-Spende. In Alas-Valei hatte ich den beiden Siegern Ahrens und Völlers die Anfänge des Lateins beigebracht und war daraufhin mit zum Siegesfest eingeladen worden.

Nach Kräften trug ich zum Gelingen des Abends bei mit Bierreden und Reminiscenzen aus meine Pennälerzeit (Käthchen von Heilbronn von Shakespeare oder Iphigenie: das Stück ist mäßig) oder (… und die Erde war wüst und leer und der Geist Gottes: der Pg. Reinert mit die „zune Eefen“ = soll heissen: mit den geschlossenen Öfen, schwebte über den Wassern!) lösten wie stets Lachsalven aus, obwohl ich keinen Tropfen Alkohol zu mir genommen hatte: „Bleibe heiter, auch wenn Du nüchtern bist“ frei auf mich geprägte Abwandlung des Marc Aurel’schen Spruches: „Bleibe nüchtern, auch wenn Du heiter bist“.


2) Übersicht über die Entwicklung der Ingenier-Schule in Wing 7 des C.I.C. in Dehra-Dun, Britisch-Indien

(Henri Abt)

In den Durchgangslägern Ramgarh und Deoli in Britisch-Indien wurden bereits technische Kurse gehalten, die jedoch infolge des provisorischen Charakters dieser Läger nicht voll zur Auswirkung kamen.

Erst im CIC in Dehra Dun erlaubten die Verhältnisse und das günstige Klima eine vollwertige Ausgestaltung des technischen Unterrichts. Im Wing 7 wurden folgende technische Kurse gehalten:

Kursleiter H. Abt

  • Mechanik der festen Körper Statik und Grapho-Statik
  • Mechanik der Flüßigkeiten
  • Festigkeitslehre
  • Technisches Zeichnen

Kursleiter M. von Bauer

  • Allgemeine Elektrotechnik

Kursleiter P. Krenz

  • Algebra
  • Planimetric
  • Steriometric

Kursleiter J. Kleiss

  • Bautechnik

Die Frage, diese Kurse zu einem schulmäßigen Betrieb zusammenzufassen, war bereits erwogen worden, als mit Schreiben vom 15.4.44 das Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung auf die Möglichkeit gewiesen wurde, in den Internierungslägern Ingenieur-Schulen einzurichten und gleichzeitig Richtlinien über die Berechtigung zur Abnahme von Prüfungen gegeben wurden.

Im September 1944 wurde in Wing 7 die Einrichtung einer Ingenieurschule beschlossen. Ziel derselben sollte das Vor-Examen am Ende des dritten Semesters darstellen.

Die Leitung der Ingenieur-Schule wurde Herrn Henri Abt durch den von denenglischen Lagerbehörden eingesetzten Wingsupervisor und den Leitern der obengenannten Kurse übertragen.Gleichzeitig wurde Herr Abt zum Vorsitzender evtl. Prüfungskommissionen vorgeschlagen. Hierüber wurde mit Schreiben vom 26.9.1944 Bericht an die deutschen Behörden gegeben.

Die oben genannten Kurse wurden am 21.10.1944 zur Ingenieur-Schule zusammengefasst und ausgebaut.

Von den Kursteilnehmern meldeten sich 19 Kandidaten zur Aufnahme als Schüler in die Ingenieur-Schule. Den übrigen Kursteilnehmern sollte Gelegenheit gegeben werden, als Hörer an den Unterrichten weiter teilzunehmen.

Gleichzeitig wurden als Vorbereitungen für die Aufnahmeprüfung noch Unterrichtsstunden eingeführt in Deutsch, Geschichte, Erdkunde und Naturlehre.

Die Aufnahme-Prüfung wurde vom 24.1. bis 2.2.1945 gehalten, auf Grund der Richtlinien, die von der Arbeitsgemeinschaft deutscher Ingenieur-Schulen herausgegeben waren.

Die Aufnahme-Prüfung wurde von 18 Kandidaten bestanden, welchen eine Bescheinigung darüber ausgestellt wurde.

Während der Zeit vom 21.10.44 bis 51.8.1946 wurden in der Ingenieur-Schule folgende Fächer und Stundenzahlen gegeben:

  • Algebra 149, Planimetrie 44, Stereometrie 54
    Von P. O. Kranz
  • Trigonometrie und Goniometrie 57
    Von H. Jülich
  • Analytische Geometrie und höhere Mathematik 99
    Von G. Tillner
  • Technisches Zeichnen, Normung und darstellende Geometrie 168, Statik und Graphostatik 71, Mechanik der festen Körper (Bewegungslehre, Dynamik, Reibung 72, Mechanik der Flüßigkeiten 97, Mechanik der Gase und technische Wärmelehre 125, Festigkeitslehre 113, Maschinenelemente und Schweißtechnik 177
    Von Ing. H. Abt
  • Allgemeine Elektrotechnik 132
    Von Ing. M. von Bauer
  • Chemie 91
    Dr. agr. K. W. Müller
  • Physik 41
    Von Ing. L. Günther und H. Abt
  • Baukunde 5o
    Von Architekt J. Klais
  • Werkstoffkunde 67, Herstellugskude 57, Einführung in Werkzeugmaschinen 51, Werkstattmessen und Passungen 6o
    Von Ing. J. Jörissen
  • Einführung in Kolbenmaschinen und Einführung in Hebezeuge 44
    Von Ing. H. Abt und H. Jülich
  • Maschinentechnische Messungen 36
    Von Ing. H. Abt
  • Stahlbetonbau 124
    Von Dipl. Ing. Posch
  • Beleuchtungstechnik 31
    Von Ing. M. von Bauer

Die beiden zuletzt genannten Fächer waren fakultativ.

Der Prüfungsausschuss wurde in folgender Zusammensetzung beschlossen:

  • Vorsitz: Ing. H. Abt
  • Beisitzer: Dipl. Ing. A. O. Bäumer, Ing. M. von Bauer, Studienrat Dr. Josef  Plate

Dem Prüfungsausschuss, der laut Mitteilung vom Reichsministerium aus drei Mitgliedern zu bestehen hatte, wurde Herr Studienrat Dr. Plate als weiterer Beisitzer und Berater angegliedert, um auch in schultechnischer Hinsicht eine sachgemäße Abwicklung der Vorprüfung sicherzustellen.

Von den ursprünglich 19 Schülern der Ingenieur-Schule Wing 2 meldeten sich 14 als Kandidaten zum Vor-Examen.

Die schriftlichen Prüfungen fanden in der Zeit vom 7. – 21. 9. 1946 statt, die mündlichen Prüfungen erfolgten am 24. u. 25.9.1946. Alle oben unter 1 bis 23 genannten Fächer wurden mit Ausnahme von technischem Zeichnen schriftlich wie mündlich geprüft.

Die Bewertung erfolgte nach den Leistungen während des Unterrichtes und nach den Klassenarbeiten, nach den schriftlichen Prüfungsarbeiten und nach dem Ergebnis der mündlichen Prüfungen.

Alle 14 Kandidaten bestanden das Vor-Examen der Ingenieur-Schule Wing 7: drei mit Auszeichnung, acht mit gut und der Rest ohne besonderes Prädikat.

Die Ausreichung der Zeugnisse erfolgte im Rahmen einer kleinen Feier am 5. Oktober 1946.

Eine allgemeine Anerkennung von den Behörden über das in Dehra-Dun abgelegte Vor-Examen zu erlangen, war leider nicht möglich, doch konnten die früheren Schüler in besonderen Fällen beim Weiterstudium das Vor-Examen angerechnet bekommen. Hans Schadt, einem unserer besten damaligen Schüler half ich, bei der Ing. Schule Frankfurt unterzukommen und er konnte tatsächlich nach zwei-semestrigem Studium die Ing.-Prüfung bestehen. Viele meiner ehemaligen Schüler schreiben mir noch regelmäßig und sind in Ihren Berufen ganz gut untergekommen. Unsere damalige Arbeit in Dehra-Dun dürfte also doch nicht ganz umsonst gewesen sein.

Und am 25.9.1946 wurde die Arbeit der Ingenieur-Schule Wing 7 mit einem geradezu glänzenden Examen abgeschlossen. Von 14 Herren bestanden die sehr umfangreiche Prüfung 3 mit Auszeichnung, 8 mit gut. Die Leitung der Schule wie der Prüfung hatte Herr Henri Abt, Lindenstr. 14, Oberursel (Taunus), Großhessen. Seine unauffällige Arbeit war vorbildlich.


3) Bergschule

(Dr. Ing. Puffe)

Die Bergschüler waren: Pelzer, Schneider, Klimek, Hartmann. Unterricht erteilten in Wing 7: Lehmann, Wasmuth, Scheller, Schmidt, in Wing 6: Spiess, Kliem, Porrmann, Hecht, v. Bredow, Dr. Puffe. Ich war Initiator und Leiter der Bergschulkurse. – Unterrichtsfächer: Bergbau- und Aufbereitungskunde, Geologie und Mineralogie, Mathematik, Maschinenkunde, Bergrecht, Betriebswirtschaftslehre.

Der Kurs dauerte 2 Jahre, Übrigens bestanden außer der Bergschule auch Techn. Hochschulkurse, deren Semester hier auch anerkannt wurden, in Wing 6 und 7 je eine Ingenieurschule.

Unsere Bergschule hatte die enorme Zahl von 4 Teilnehmern, dafür aber um so mehr Lehrer. Die Folge davon war, daß unsere Zöglinge weit mehr lernten, als sie eigentlich notwendig gehabt hätten. Das zeigte sich auch später in Deutschland, doch vorerst die Vorgeschichte: Die Leutchen haben bei uns in Dehra-Dun die Steigerprüfung abgelegt. Unsere Zeugnisse sollten nach Rückkehr in die Heimat durch Beglaubigung durch den Reichserziehungsminister Rechtskraft erlangen. Doch als wir zurückkamen: Reichserziehungsminister tida ada lagi! Keine Stelle wollte für die Anerkennung zuständig sein. Ich war bei den Direktoren der Bergschulen in Clausthal und Aachen. Beide wollten die Prüfung nochmals wiederholen, unsere Schule als solche wollten sie immerhin anerkennen. Damit war uns aber nicht gedient. Schließlich fand sich das Oberbergamt in Bonn zu folgendem Kompromiss bereit: Unsere Bergschüler sollten noch einmal für 8 Tage die Bergschule in Siegen besuchen, um den Betrieb dort etwas kennen zu lernen. Darnach sollten sie die Betriebsführerprüfung ablegen. Bestünden sie, so sollten unsere Zeugnisse nachträglich anerkannt werden. Ich konnte leider bei dieser Prüfung nicht zugegen sein. Der Oberbergamtsdirektor des Oberbergamts Bonn, der als Prüfungskommissar fungierte, telegraphierte mir nach der Prüfung begeistert, daß „unsere Zöglinge glänzend bestanden hätten“. Sie haben in Siegen die beste Figur gemacht und sind sogar noch einen Schritt weitergekommen (Berechtigung zum Betriebsführer) als von uns ursprünglich beabsichtigt (Befähigung zum Steiger).

(„Bravo, Tuan Puffe!!!“) die Redaktion!


4) Meisterprüfung

(Plate)

Was die Prüfungen angeht, so wäre vielleicht noch erwähnenswert, daß am 7. 7. 45 eine Abschlußprüfung des Lehrgangs zur Vorbereitung auf die Theoretische Meisterprüfung, stattfand, die 32 Kameraden, mit teilweise hervorragenden Ergebnissen bestanden.


5) Theologische Fakultät

(Pastor Menzel)

Auch die theologische Fakultät mit einigen Dutzend Vertretern arbeitete intensiv und mit Erfolg, der Basler Missionar Gerlach, seines Zeichens Buchbinder, übersetzte – als erster – die Bibel in einen Dajak-Dialekt, sonst, an den Sonntagsgottesdiensten war ihnen wohl keine besonderer Erfolg beschieden. Außer ihnen selbst beteiligten sich nur sehr wenige „Folglinge“, auffallenderweise – so viel ich hörte – auch bei der squadra barbata Kapucinorum ! Aus eigener Beobachtung vermag ich keinen Bericht zu geben, nach meiner einmaligen Erfahrung in Alas Vallei: Wir danken dem Herrn für seinen sichtbaren Beistand bei unserem Luftangriff auf Coventry (so etwas nenne ich nicht Gottesdienst, sondern Gotteslästerung!): Missionar Bogner, zog mich diese „göttliche Institution“ noch weniger an als sonst schon und ich hatte geschworen, erst nach Ablauf weiterer 20 Jahre einen erneuten Versuch zu wagen (20 Jahre vorher wurde ich kirchlich getraut, und hatte seitdem nie mehr einen Fuß in die Kirche gesetzt!)

Bericht von Dr. Menzel:

Ich zähle in allen drei Wings zusammen genau 50 Missionsangehörige, 44 Missionare, 3 Diakone, 3 Ärzte; zu den Missionaren habe ich gezählte Pastor Wiese und Ds. Tiede und Zöllner, die Sie also von 44 abziehen müßten“ = 41. In Wing 1 waren drei Missionare aus Br. Indien, 1 aus Java, in Wing 6: 12, einschließlich Ärzte, der Rest bei uns in Wing 7. Auf die Gesellschaften verteilt: 2 Miss. der Leipziger Mission, 1 von der Brecklumer, 5 von der Neukirchener, 4 von der Basler und 33 von der Rhein. Mission, 2 von der Ind. Kerk, 1 Pfarrer für die Auslandsdeutschen.

Meine Stundenzahl schwankte sehr, je nach vorhandenen Sprachkursen und auch Beteiligung an der Schule, die ich ja neben dem Religionsunterricht zeitweilig als mathematische Hilfskraft in der Kunst des Rechnens mit Buchstaben versorgte. Der Durchschnitt zwischen 4 und 14, also 8 – 9 Wochenstunden mag ungefähr zutreffen. Die Zahl derer, die an unseren theologischen Arbeitsgemeinschaften regelmäßig teilnahm? betrug etwa 25. Die behandelten Gegenstände waren: Neutestamentliche Theologie, Alttestamentliche Theologie, Theologiegeschichte, Ethik, Konfessionskunde, Kirchenrecht, Kirchengeschichte. Das Ziel der Arbeit war ursprünglich dass den Teilnehmern (Missionare) die Grundlage für ein in der Heimat evtl. stattfindendes Colloquium zu geben. Das Ziel trat aber im Laufe der Arbeit wieder mehr in den Hintergrund und der Zweck war im Wesentlichen in der Arbeitsgemeinschaft erfüllt. Als „Dozenten“ fungierten Pastor Dr. Verwiebe, Pastor Menzel und Pastor Wiese, letzterer freilich behindert durch die von der Lagerleitung auferlegte Beschränkung. Ursprünglich hatten wir daran gedacht, beide Wings zu einer Arbeitsgemeinschaft zu vereinigen, das wurde uns aber unmöglich gemacht dadurch, daß der Colonel den Herren aus Wing 6 nicht die Erlaubnis zum regelmäßigen Besuch gab. Erwähnen kann ich auch noch, daß wir mit 4 Leuten ein Hebraicum durchgeführt haben.


6) Medizinische Fakultät

(Prof. Thierfelder)

Verglichen mit dem Riesen-Nazi-K.Z. bei Darmstadt, das 20.000 – 30.000 Internierte, darunter die Leuchten deutschen Geisteslebens aller Fakultäten zählte und einen rite großzügigen Universitätsbetrieb mit Rektor und Dekanen, vollbesetztem Wochenstundenplan etc. aufbaute, konnte sich bei uns, mit kaum 2.000 Mann Besatzung natürlich nur ein sehr bescheidenes „Universitäts“-Unternehmen entwickeln, immerhin gelang es dem nie ermüdenden und ausgesprochen „akademisch“ eingestellten Thierfelder, in einem „Mediz. Fakultäts-Torso einen den Bedürfnissen entsprechenden, vollwertigen vorklinischen Lehrbetrieb zustande zu bringen und durchzuführen.

Er trommelte hierfür 5 Studenten und 12 Dozenten zusammen, ich, der „natürlich im Ruhestand lebende Frechdachs“ fragte die Studiker“ „Was bekommt Ihr denn eigentlich von Euren Lehrern bezahlt wenn Ihr erscheint?“! Ich konnte mich jedenfalls des Eindrucks kaum erwehren, daß das Interesse der Dozenten das der Studenten überwog. Ut utrs se habeat, diese 5 Musensöhne machten ihre Vorphysik. Prüfung, und zwei von Ihnen (Gothein und Koppenhöfer) konnten auf diese Weise an der altehrwürdigen Ruperto-Carola in Heidelberg gleich in das 3. Studiensemester inscribiert werden, sicher ein – beachtlicher! – Lohn der guten Tat. Thierfelder zeichnete meisterhafte anatomische Anschauungstafeln und modellierte Gehirne und Gehirnschnitte, Felsenbeine und os sphenoidale wie es eben nur er fertigbekommt, und der Unterricht: 12 Dozenten und 5 Studenten, stand ganz sicher nicht hinter dem an einer Universität zurück, selbst Affen für „anatomische Übungen“ mußten ihr Leben der Wissenschaft opfern. Die Namen des – denkwürdigen! – Unternehmens seien hier nach Originalangabe Thierfelders angegeben, wobei auf die breite Basis: einschließlich Geschichte der Medizin, Anthropologie, Geschichte der Philosophie nachdrücklich hingewiesen sei. „Mehr kann nicht verlangt werden“. Wieweit die „publica“ auch von Nicht-Äskulapiern frequentiert wurden, entzieht sich meiner Kenntnis, ich stillte jedenfalls meinen Wissensdurst lieber bei Mommsen, Ranke und Burkhardt oder guckte – noch intensiver! – bei einer guten Zigarre in den schönen blauen indischen Himmel! „Es ist alles eitel und Haschen nach dem Winde“ oder in der Jasp’schen Diktion (nach dem Staatsexamen): Womit willst Du Dich denn jetzt beschäftigen? Na jedenfalls nicht mit Medizin, das habe ich ja jetzt genug: 6 Jahre lang! getan! In hoc: ich fast 40 Jahre!

Die Namen der Dozenten der med. Fakultät in Premnagar sind: Dr. H .Uschdraweit (Botanik), Dr. Gretzer (Zoologie), Dr. H. Heilmann (Chemie – nur kurze Zeit), Dr. H. Schuleit (Physik, Chemie, Physiol. Chemie), Dr. W. Gothein (Physiologie), Dr. W. Gross (Anatomie), Prof. Dr. M. Thierfelder (Histologie), Prof. Leber (Geschichte der Medizin – Publikum), Dr. Plathe (Erde und Mensch – Anthropologie – Publikum), Dr. Verwiebe (Geschichte der Philosophie – Publikum), Dr .Thomsen (Embryologie), Dr. Hecht (Naturwissenschaftliches Kolloquium).

Die Namen der Medizinstudenten waren:

Dr. H. Schuleit, Herr Dieter Gothein, Herr G. Winternitz, Herr W. Koppenhöfer und Herr O. Ludescher.


7) Medical Meetings

(Schäfer)

Seit 1943 tagte alle 14 Tage – ausgenommen die größte Hitzezeit – ein medical meeting, durchschnittlich von 20 bis 22 „Forschern“ besucht, unter Vorsitz eines britisch-indischen Sanitätsoffiziers, der kein Wort Deutsch verstand und seine Zeitung las. Das Niveau der Sitzungen wich mal mehr mal weniger von entsprechenden Veranstaltungen in Deutschland ab: in einem Internment Camp kann man keine Berliner oder Hamburger „Spitzenleistungen“ verlangen. Immerhin hörten wir was von den neuen Sulfo-Präparaten und Penicillin-Erfolgen und sahen „seltene Fälle“. Die von Thierfelder „akademisch“ geleiteten und von Chicken protokollierten „Verhandlungen“ konnte ich bisher leider noch nicht zur Einsicht erhalten. Aus der Erinnerung weiß ich noch folgende Themen und Autoren der 58 Sitzungen: (unvollständig).

  • Thierfelder:
    Über die 5. Geschlechtskrankheit, das Kalymatobakterium granulomatis (mit Krankenvorstellung: 1 Internierter, der sich ausgerechnet mit dieser „Rarität“ infiziert hatte).
    Pestbekämpfung in Java.
    Schlafkrankheitsbekämpfung in Deutsch-Ost-Afrika.
  • Wilke:
    Pflanzungshygiene Sumatra-Ostküste (Schuffners und Bärmanns Verdienste).
  • Avé L’Allemand:
    Ancylostomiasisbekämpfung auf Plores.
  • Gothein:
    Malariabekümprung auf Noesa Kambangan.
    Lepra im Mittelalter und heute.
  • Urchs:
    Sanitätsdienst in Suriname.
    Neue Anschauungen über Malaria.
    Physiologie unserer Bergsteiger.
    Leprabekämpfung in Britisch-Indien.
  • von Vistarini;
    Tropen-Hausbau, Air condition.
  • Chicken:
    Penicillin und Sulfonamide.
    Icterus catharrhalis, hepatitis epidemica.
  • Thomsen:
    Appendicitis, besondere Verlaufsformen.
    Allgemeine Chirurgie vom heutigen Standpunkt aus (neue Gesichtspunkte).
  • Heilmann: Urologische Krankheiten im Internierungslager.
    Chirurgisch-orthopädische Erkrankungen der oberen und unteren Extremitäten (sehr viel Sportverletzungen).
  • Schäfer:
    Die Pathologie Kameruns.
    Was kostet die Malaria in Britisch-Indien (Referat Sinton).
    Jährliche Referate über Mortalität im Lager.
    Malaria-Prophylaxe auf der Goldmine Simau.
    Malaria-Prophylaxe im Lager Alas Vallei.
  • Treibmann und Dannert:
    Vorstellungen.
  • Leber:
    Aus der Medizin der Rigweden.
  • Huber:
    Sanitätsdienst auf Java.
  • Dr. Winternitz:
    Blutsenkung als Diagnostikum.
  • Gross:
    Tannin-Behandlung der Dysenterie.
    Ductus Botalli Aneurysma.

8) Ärzte-Unterstützungsfonds

(Schäfer)

Von den Briten bezahlt arbeiteten

  • 4 Blockärzte: Urchs, Mengert, Avé (später Vorwerk), Huber,
  • 4 Hospitalärzte: Thomsen, Treibmann, Heilmann, Gross (der 4.Hospitalarzt, Gross, bekam als „überzähliger“ Medikus nur 110 Rp.),
  • 2 Zahnärzte: Gigi Dr. Ziegler und Schreinert,
  • 1 Augenarzt: Prof. Leber.

Die Hospitalärzte wurden mit 200 Rp., die Spezialisten: Chirurg, Internist, Ophthalologe und Zahnarzt mit 240 Rp., die Blockärzte (entsprechend der Zahl der Belegschaft) zwischen 100 und 150 Rp. bezahlt. 7 „Forscher“ (Thierfelder, Vorwerk, Wilke, Gothein, Dannert, Jakobs, Schäfer) konnten nicht mehr in Dienst gestellt werden und waren daher auf die monatlichen Bezüge, von 33 Rp. (20 Rp. von den Briten und 13 Rp. Reichsunterstützung) wie alle anderen Internierten angewiesen.

Ich, der ich ja als einziger von meinen eigenen Schwedenkronen leben konnte, regte – leider reichlich spät, aber immerhin besser als gar nicht – im August 1944 an, jeder der bezahlten 11 Ärzte solle von seinem Gehalt – nach freiem Ermessen und widerrufbar -keinesfalls in Form einer erzwungenen „kommunistischen“ Teilung – einen bestimmten Betrag, zum Beispiel 10 Rp. pro Monat, in einen Ärztefonds“ überweisen, der zu gleichen Teilen an die 6 nichtbezahlten Kollegen verteilt werden sollte (Thierfelder, Wilke, Vorwerk, Jakobs, Dannert, Gothein), ich trüge ebenfalls 10 Rp. zu dem Fonds bei. Dies fand erfreulicherweise unisono Zustimmung, Huber spendete sogar 20 Rp., Dannert übernahm das Amt als Kassenwart über die schließlich ganz ansehnliche Summe von total ca.3.600 Rp.. Jeder der nichtbezahlten Ärzte konnte also eine Monatszulage von 20 Rp, Weihnachten pp. auch noch mehr erhalten und damit wirklich alle bescheidenen Ansprüche befriedigen. Schade, daß wir bzw. ich erst so spät auf diesen „erlösenden“ Gedanken selbstverständlicher Kollegialität gekommen bin und überhaupt „warum gerade nur ich“.!!

Für die Einnehmer von 100 Rp. und darüber bedeutete die 10%ige Abgabe eine überhaupt kaum merklich Einbuße: 50 Rp. Ausgabe stellte bereits das möglich Maximum dar.

Zwei „Einzelgänger“ unter uns- zugegeben, schon recht betagt und verkalkt – leisteten sich stories, die man nicht für möglich halten würde, wenn man sie läse, die ich darum auch lieber nicht zu Papier bringen, sondern mit dem Mantel der „christlichen“ Nächstenliebe“ zudecken will, ebenso wie die „Heldentaten“ der anderen „Kleinen Adolfs“!

Daß die chirurgischen Assistenten und Narkotiseure „leer ausgingen“, vor allem der „einmalige Pathologe Thierfelder, belastet – leider! – nur die squadra tedesca, nicht die britannica. Wenn monatlich 2.000 Rp., also jährlich rund 24.000 Rp. allein Ärztegehälter für rund 2.000 deutsche Internierte ausgegeben wurden, (zuzüglich Hospital Orderlies = Pfleger), nenne ich das „allerhand“, ganz unabhängig davon, was die gegenseitigen Vereinbarungen „vorschreiben“. Die Holländer bezahlten uns keinen Cent für den ärztlichen Dienst! Der eine indische Chefarzt – so viel mir erinnerlich Dr. Saynal – empfand wohl eines guten Tages auch, daß der „medical staff“ etwas reichlich besetzt war und wollte Dr. Gross darum „abbauen“. Der ging zum Lagerkommandanten: „Ich will gern ohne Bezahlung arbeiten, um mich weiter auszubilden.“ – „Gut, behalten Sie Ihre Stellung, ich kann Sie aus einem anderen Fonds bezahlen, unbezahlte Arbeit wünsche ich nicht.“ Wahrscheinlich – „amende“ – sagt der Lausitzer, “stand“ der Inder Saynal nicht mit dem Briten Williams und bekam daher einen Knüppel zwischen die Beine und Gross seine Zechinen! Wunderbar sind Gottes Wege!! Der Mann mit einem Stern mehr behält eben beim Militär unfehlbar Recht, hier in Indien wie bei uns in Deutschland natürlich. Ohne Narkotiseure konnte eben der Chirurg nicht operieren und die Sektionsbefunde Thierfelders dienten auch nicht nur einem „lolletje“ = wurden nicht „zum Vergnügen“ erhoben. Mehrfach habe ich – wie immer Mann der Opposition – „Kiss, kiss“ gemacht = opponiert! „senzo successo“ = ohne Erfolg. Man akzeptiere es, darf darum auch hinterher nicht meckern!, übernimmt aber – durch Dulden des Misstandes – auch – implicite – die Verantwortung dafür, d.h., man „blamierte die Innung“!


9) Bibliothek

(Schäfer)

Unsere Lager-Bibliothek verfügte über ca. 15.000 Bücher, zum Teil ganz erstklassige Werke, besonders die von der Katholischen Studentenhilfe, Monsignore…?…, Berlin gestifteten, und arbeitete mit einem „american Service“. Mit dem Bestellzettel versehen legte man das gelesene Buch früh vor dem Appell auf einen Tisch der Baracken-Veranda, und um 10 Uhr lag das neue Buch an dessen Platz. Ein Katalog über 15.000 Bücher lag in jedem Block auf, nach Gebieten geordnet! Die Klassiker blieben bis zum Ende der Internierung fast ungelesen „mit Neu-Anschaffungswert“. An leichterer Muse, z.B. „Kleiner Mann, was nun?“, klebten die Fettfingerabdrücke von Hunderten und kamen darum für mich nicht in Frage.


10) Theater, Konzerte, Kino

(Schäfer und Rudi Beyer)

Den Theater- und Musikaufführungen möchte ich fast den ersten Platz unserer kulturellen Leistungen einräumen, wenngleich es bei diesem embarras de richesse in unserem Lager schwerfällt. Während in unserem Block 7 gar nichts mehr zustande kam; Rache ! für Pg.-Stänkereien in Deoli, bildeten sich in Block 1 und 6 unter Plates Regie 2 Ensembles heraus, die selbst mit kleinen Provinzbühnen zu Hause hätten konkurrieren können.

  • Harenberg als Falstaff oder Tacitus deklamierender Steitrone in Thomas „Moral“ oder Dr. Ridgeon in Shaws „Arzt am Scheideweige“!
  • Schulze = first lady in den „Weibern von Windsor“ mit Erich Blass als Partner und mehreren anderen Damenrollen.
  • Steffens als Freiherr von Schmettan in „Moral“
  • Paulssen jun. Backfisch in „Pension Schöller“
  • Alex Fischer in der „Feuerzangenbowle“(„nur a ganz klei Schluckche“)!

werden sobald nicht aus meiner Erinnerung verschwinden! Gespielt wurden

  • Kotzebue: Der deutsche Kleinstädter Pygmalion
  • Shaw: Arzt am Scheidewege
  • Kleist: Der zerbrochene Krug
  • Thoma: Moral
  • Hauptmann: Biberpelz (durch verfrühte Abreise ausgefallen)
  • Feuerzangenbowle (in eigener Lagerbearbeitung, ich sah es mir zweimal an, herzerfrischend! wohl der größte Erfolg!) einige Streitronen fühlten sich auf Hühneraugen getreten: quod erat demostrandum!
  • Von „Modernen“: Wochenende am Plattensee mit einer Modeschau der bis auf das ossacrum dekolltierten Teutonen mit ihrer Ringkämpfer-Armmuskulatur: Einmalig! Die Schneider, Dekorateure und Friseure feierten wohl in diesem „Dekorationsstück“ ihre größten Triumpfe!
  • Curt Götz:
    Der Hexer
    So ein Flegel
    Hokuspokus
  • Hinrichs:
    Kater Lampe
  • August Hinrichs:
    Schneider Wibbel
    Krach um Jolante
    Wenn der Hahn kräht (Harenberg!)
    Alles für die Katz
  • Curt Götz:
    Dr. med. Hiob Pretorius
    Die tote Tante
    Mörder
    Der Lügner und die Nonne
  • Walter Flex:
    Claus Bismarck
  • A. v. Ambesser:
    Wie führe ich eine Ehe?
    Liebe will gelernt sein
  • Dr. Herm. Schließer:
    Ein selbstverfaßtes Detektivstück, er war die first lady in wing 6, Garn, der „jiddische“ Akvokat recht naturwahr!

Musik: Etwa alle drei Monate gab unser ca.5o-Mann starkes Orchester = Berufsmusiker und Amateure – unter Leitung von Schmidtberger – 1 Symphoniekonzert im Kinogebäude. Kommandant Williams: Das beste Orchester Indiens! Ich erinnere mich noch, wie Rudi Beyer, die anima candida, 2 Stunden lang das Klavierkonzert von Beethoven – ohne Noten – wiedergab: Incredibile.

Musikaufführuhgen in Dehra-Dun nach Rudi Beyer:

Symphonie-Konzerte:

  • Mozart: G-Moll u. D-Moll Konzert (R. Beyer)
  • Schubert, Unvollendete, H-Moll
  • Bach: Doppel Konzert D-Moll für zwei Violinen
  • Beethoven: Klavier Konzert C-Dur No.4,
    Konzert D-Dur für eine Violine
  • Händel: Großes Halleluja
  • Beethoven: Trauermarsch (bei Hitlers Todestag) – 5. Symphonie Klavierkonzert C-Dur No. 4: Rudi Beyer
    Appasionata (Schulz)
  • Tschaikowski: Nussknackersuite
  • Brahms: Schicksalslied von Hölderlin
  • Wagner: Siegfried Idyll, Flieg. Holländer: Overture und 1. Akt
  • C.  M.  v. Weber: Freischütz: Ouvertüre und I. Akt mit Chor (Tauber)
  • Tauber: Schubert Lieder und Löwe Balladen.

In Wing 6 durch Schmidtberger (Klavier) Herrmann Schween (Bariton), Dr. Uschdraweit: Ein Gang durch das Deutsche Liedschaffen von den ersten Anfängen bis zu Hugo Wolff, Schmidtberger hat bei dieser Gelegenheit verschiedentlich Werke aus der Klavier-Literatur vorgetragen, sehr gut interpretiert u.a. Brahms Sonate F-Moll, Bilder einer Ausstellung von Mussorgski, Carneval von Schumann. Außerdem zahlreiche Kammermusik-Veranstaltungen in den einzelnen Wings. Und das Schönste war doch unser Flaschen Orchester in Alas Vallei, Block D, und was wir alles damit gemacht haben, einmal sogar den Pilgerchor aus dem Thannhäuser! Nicht zur Nachahmung empfohlen!

Zum Schluß: Eine Gemälde-Ausstellung zur ersten Maifeier 1945

Ich wurde von der Blockleitung als Präsident der Jury designiert! Ein junger Mann frage mich, was verstehen Sie denn von der Kunst?

„Wem der Herr ein Amt gibt, dem gibt er auch den Verstand dazu, ebenso wie bei allen Block- pp. Kommandanten und ebenso wie im 3. Reich allen Funktionären,“

erwiderte ich in meiner Eröffnungsrede. Auch auf diesem Sektor gab es einige ganz beachtliche Talente. Den 1. Preis erhielt Bruckmann für sein Bild Erythrina suberosa in Blüte: Einsamer Baum.


11) von Swaine, der große Tanzkünstler

(Schäfer)

Noch ein Konkurrent für den Ersten Preis des Centro Culturale: Alexander v.Swaine mit seinen Tänzen, als Einzelleistung nicht übertroffen und nicht übertreffbar. Und a generous and human Government erlaubt, daß die Tochter von Major Clark mit ihm im Dirndl-Kostüm einen Ländler tanzte und sogar von ihm abgebusselt wurde: Beachtlich !!

Kino: Hierüber berichtet ein besonderes Kapitel im erweiterten Vortrag: Im Reich der Großmoguln, hier nur so viel: Wir durften zweimal wöchentlich das für das Lager neuerbaute Kino (mit 200 – 250 Plätzen) besuchen, in dem auch die Symphoniekonzerte und von Swaines Tänze stattfanden. Monatsabbonnement 1½ Rp., also 3 Anna = 15 Pfg. pro Vorstellung! Wir sahen die neuesten und schönsten amerikanischen und englischen Klang-und Farbfilme. 2 – 3 x im Monat ging ich auch hin, ich zähle nicht zu den Film-Enthusiasten, verstehe aucn prkatisch nie, was eigentlich los ist, ganz gleich, ob Deutsch oder Englisch gesprochen wird! Unvergeßlich werden mir aber die Filme: Schlacht bei Assingcourt, Edison, Pasteur, This man Reuter, Jeannette Mac Donald in Butterfly und Lustige Witwe, Broadway Serenade, Carmen Miranda in Weekend in Havanna, Ilona Massey in Balaleika, Marlene als Bardame etc. bleiben.

Unser Kamerad Ottokar Paulssen, von Lunaborg, Sohn des thüringischen Ministerpräsidenten, Leutnant zur See a.D., verdient ein Sonderkapitel im Abschnitt centro culturale (cfr. Alas Vallei, Eßbaracke 2). Er war als „useful for India“ aus dem Parole Camp Satara entlassen worden und besuchte auf der Rückreise von Kalkutta wo er wegen der Auswertung seiner Leichtmetallbau-Patente mit Tata Steel Works verhandelt hatte, seinen Sohn im Lager Dehra-Dun. Durch die Moslem-Hindu Riots in Kalkutta aufgehalten, fiel sein Besuch gerade auf einen Sonntag – ich hätte freilich einen Tag eingeschaltet und die Tadsch Mahal besucht, schon um die Briten nicht am heiligen Sonntag zu troublen! – Major Clark erschien dann auch am Sonntag um 10 Uhr im Lager, um „wie vorgeschrieben“ der Unterhaltung von Vater und Sohn beizuwohnen. Ich hatte auch die Erlaubnis erhalten, Paulssen, meinen alten angina pectoris!! – Patienten aus Alas Vallei (falsche Diagnose), Wiedersehen zu dürfen und wohnte also der ganzen Affaire bei. Major Clark: „Morning, Sirs!“ Dann setzte er sich auf einen Stuhl vor dem Konversationszimmer, und Vater und Sohn blieben völlig ungestört. Zugegeben: Major Clark wird die Situation als extremely blöd empfunden haben, was sollen die beiden Teutonen wohl für staatsgefährliche Geheimnisse austauschen können. Sie freuen sich, nach ca. einem Jahr einander mal wieder zu sehen – Paulssen jun. hatte sich erfreulicherweise von der ärgsten Katerstimmung von gestern Abend her gerade wieder erholt. Das Erwähnenswerte an dem ganzen Vorfall bleibt für mich nur die Tatsache, daß ein britischer Stabsoffizier einem deutschen Internierten nicht einfach sagen läßt: „please come tomorrow, today is Sunday!“ „A generous and human Government of India“. Besagter Paulssen zählte unter allen 2.400 Internierten qua „Köpfchen“ mit zu den ersten 5: Trotz des Barackengequassels hatte er es fertiggebracht, eine neue Methode der Eisenkonstruktion mit 40 Eisenersparnis auszuarbeiten. Nach seiner Entlassung aus dem Lager Satara wurde er von der technischen Hochschule Poona aufgefordert, seine Ideen in der Aula vor Professoren und Studenten vorzutragen und verließ Girlanden geschmückt unter dem Beifall der Zuhörer die Rednertribüne, nachdem er 2 oder 3 Jahre vorher in Bombay unter Bajonetteskorte das holländische Schiff „Plancius“ verlassen hatte! Ich selbst habe mir gewisse Verdienste um Paulssen erworben: aus meinem Schweden-Konto überwies ich ihm 3.000 Rp. gegen Rückzahlung in Mark durch seinen Bruder in Deutschland. Sein Sohn konnte ebenfalls in Indien bleiben (Nazivictim), auch ein Ia Mann und Anima candida!, heiratete 1949 und verunglückte tödlich mit Flugzeug bei Karachi.


12) Post und Zensur

(Schäfer)

Wir durften wöchentlich einen Brief nach Hause – oder an eine beliebige Adresse – schreiben (davon monatlich 1 x mit Luftpost: frankiert 8 Anna oder Postkarte 4 Anna), 20 Zeilen auf dem Bogen, de facto störte sich der Zensor nicht daran, wenn er auch 40 bis 50 Zeilen lesen mußte. Natürlich wurden „Greuelberichte“, wie wir sie alle der Wahrheit gemäß über unseren Plancius-Transport (cfr. dieses opus) zu Papier gebracht hatten, „kassiert“. Die Holländer gehörten immerhin zu den Allierten, wenn auch ihre Benehmen uns gegenüber von den Briten nur mißbilligt wurde! Aber sonst waltete der jüdische Zensor Haas (aus Prag) mit einer Liberalität, die mich erstaunte, meine ganze Blödelei „froh erwache jeden Morgen“ – über 3 Briefe à 55! Zeilen verteilt – fand ich nach meiner Rückkehr bei Kurt vor (cfr. opus: Im Kapuzinerkloster!) Einmal bezahlte sogar besagte K. u. K.-Zensor das Luftpostporto einem Missionar für dessen Brief an seine Frau in Java aus eigener Tasche und ließ ihn gegen die Vorschrift 2 Luftpostbriefe in einem Monat schreiben! Immerhin erstaunlich: dieser Ebräer gehörte offenbar zu den wenigen Philosophen im Lager Dehra Dun und … unserer Zeit!! Vielleicht sagte er sich: „Einer muß ja schließlich zuerst den Kriegsblödsinn aufgeben, warum soll ich nicht der erste sein?“ Und trotzdem spielte ich ihm noch einen bösen Streich: Vor unserer Abreise kam er ins Lager, um alle Scripta der Internierten zu „zensieren“. Das ging sehr schnell, obwohl einige Nazi-„Kirchenlichter“ ihm sogar die wildesten Judenhetze-Bücher gedruckt und geschrieben vorlegten: Unser Herr Wasmuth (Simau) mit dem Beinamen „der göttliche Funke“ (wegen seines Gequassels an Propagandaabenden) sei hier an erster Stelle genannt, ausnahmsweise – seiner Verdienste wegen!! – namentlich. Der Zensor sagte nur: „Verbrennen Sie es, Sie werden Unannehmlichkeiten haben“, ohne die Gelegenheit wahrzunehmen, die authentisch niedergelegten Ultra-Nazi-Blödheiten des Autors an „geeigneter Stelle“ zu Hause festzulegen. Ich alter Sanitätsrat und Tapergreis nahm dem Zensor jedenfalls seinen Tropenhut – in der Meinung, es wäre mein eigener -mit in meine Bude und als das kleine Judenmännel heimgehen wollte, fehlte halt sein „Topi“: Er vermutete sofort – nach dem Studium der zensierten Schriften zu Recht! – einen Schabernack der antisemitischen Patrioten und sagte kategorisch: „Ehe ich meinen „Topi“ nicht wieder habe, verlasse ich das Lager nicht und komme auch nicht mehr wieder!!“ Schon mit Topi machte das kleine Judenmännel im Schmuck der indischen Kapitäns-Uniform keinen überaus martialischen Eindruck, er litt an leichter Kyphose, milde ausgedrückt: Hoher Schulter, krummem Kücken, aber ohne Topi (=Trooenhelm) ging es wahrscheinlich – seiner Meinung nach – überhaupt nicht! Reitende Boten durchstöberten alle Baracken und siehe da: bei mir hing der Judentopi ganz friedlich neben dem Christentopi. Ich machte natürlich pater peccavi, bemerkte freilich: es handle sich nur um einen Indizienbeweis für meine Täterschaft, jeder hätte auch mir den Schabernack spielen können, den Zensortopi in meine Bude zu bringen! Es gab ein großes Gaudium!! Fairness des Briten Dr. Saynal: Dieser war Chefarzt des Hospitals und er verabschiedete sich vor Weihnachten von den Patienten: über die Feiertage komme ich nicht ins Hospital, ich kann Ihnen, hier interniert und krank im Hospital nicht „ein fröhliches Weihnachten und glückliches Neues Jahr“ wünschen! Alle Kranken bekamen dieselbe Weihnachtsbescherung wie die englischen Soldaten: eine Pulle Bier (größte Rarität, der Tommi bekam pro Monat 2 Pullen!), einen Blumenstrauß und Gebäck!


13) Theater und Vorträge aus „Alas Vallei“

(Schäfer)

1. Zils’sche Theatergruppe

Hier trat ich zweimal als Darsteller einer der Hauptrollen auf. Ehe v. Swaine aus mir mit meinen 57 Lenzen freilich einen Cancan-Tänzer gemacht hatte, waren ja einige Studien und Proben nötig, der Erfolg belohnte freilich die Mühe.

Im 2. Bunten Abend spielte ich den „August“ im selbst verfertigten Opus „Blimchengaffee“, zusammen mit Jo König: Baul!

In „Hollywood-Melody 1941“, (1. – 3.März) war ich der erfolglose Don Juan Billy Bill, der seiner Moneten wegen von den Filmstars Aorora Keopatra – Alfes pp. umschwärmte bejahrte Filmproducer. Eine ähn liche Rolle hatte mir Autor Zils in seinem „Erbitte Auskunft über Astor“ zugedacht (17. April). Hier war ich der rothaarige Balthasar Sindelfing, der Provinzler aus der Lausitz, der in Berlin auf Abenteuer ausgeht (Gräfin Steinau-Kowalewski), von dem Madscharadscha von Tresore: Wagner, dem schwarzen Gerl, furchtbar geneppt wird, und von dem Polizeikommissar – Jo König – verhaftet werden soll.

Im „Wilhelm-Busch-Abend“ (28. September) fiel mir automatisch die Tobias-Knopp-Rolle zu, für deren Verse aber mein Gedächtnis bereits nicht mehr ganz ausreichte, so daß ich wegen „erreichter Altersgrenze“ und rapid zunehmendem Gedächtnisschwunde – wie ich in der Blockzeitung annoncieren ließ – aus der Theatergruppe ausschied. Ein Kamerad, der diesen Sachverhalt nicht kannte, machte der Redaktion Vorwürfe, mich, den verdienstvollen Mimen, so zu blamieren! Mein Solo-Tanz mit Dorothee – vom Meistertänzer Swaine dargestellt- verursaahte jedenfalls einen gehörigen Lacherfolg.

In „Turandot und Kalaaf“ (20.September) ließ ich mich nur noch einmal in einer stummen Holle auf der Bühne sehen: mit glattrasiertem Schädel und mit ockergelbem Puder bestreut, wurde ich als Buddha in einer Lotosblume noch einmal dem Publikum vorgeführt, zu den Klängen sakraler Musik angebetet!! Großer Erfolg und Applaus .

Diese 4 Theateraufführungen, nach Paul Zils Entwurf und unter seiner Regie, vor allem Hollywood-Melodie, stellen Spitzenleistungen einer Amateurgruppe von Internierten, dar. Zufällig verfügte unser Block D über einen Autor und Regisseur: Paul Zils; einen Komponisten: Walter Schulze; einen Dekorationsmaler: Jo König und einen Tänzer; v. Swaine, jeder in seinem Fach ein hochbefähigtes Talent, die ein Zusammenarbeiten und ein Resultat von wirklich beachtlichem Niveau ermöglichten. Ich selbst trug mit besten Kräften als Komiker auch das meine zum Gelingen der Abende bei, mein blosses Erscheinen als rothaariger Sindelfing oder kahlköpfiger Filmproducer löste bereits Lachsalven aus. Der Friseur Reichl sei hier besonders erwähnt, er verstand es, aus einigen Kokosfasern, Papierschnitzeln und Hobelspänen, etwas Mennige, Rouge und Kohlenruss erstaunlich plastische, komische Typen zu schaffen.

Die Seele des Ganzen war und blieb Paul Zils, der mit erstaunlicher Ruhe und Geduld immer wieder die kleinen “Filmgrößen“ mit ihren „Hollywood-Allüren“ durch die vielen Proben hin bei der Stange und alle vier Aufführungen tatsächlich auf einem hohen künstlerischen Niveau zu halten wußte. Ferner v. Swaine mit seiner Engelsgeduld und Gottesgabe, aus den Seebären, Tidemann, Reeks, Struwe und mir Cancan- und Elfentänzer hervorzuzaubern. Sie haben sich ein unbestrittenes Verdienst um die Lagerstimmung erworben, zusammen mit ihren Mitspielern:

  • Felix Fischer = Kaiser Au und Cäsar de Niel,
  • Maxe Pieper = Maurice Chevalier,
  • Erpff = Kalaaf,
  • Habraschka = Fifi und Ping,
  • Vollus = Diamentenede,
  • Schmedes = Astor

etc. etc. – Dank ihnen!!!

Auch die zweite Theatergruppe „Kabarett der Unbekannten“ unter Schütte’s Leitung, brachte sehr gute Sachen, aber auf anderem Niveau.

2. Vorträge

Wöchentlich gab es gewöhnlich ein bis zwei Vorträge, die meist sehr gut besucht waren, die verschiedensten Gebiete behandelten und auch meist reges Interesse fanden. Ich selbst eröffnete bereits 40 Tage nach unserer Ankunft das Rennen:

  • „Leistungen der modernen Medizin“, 20.8.1940
  • „Aus der Medizin früherer Zeiten und ferner Länder“, Sept. 41
  • „Unsere Krankenversicherung, Licht und Schatten“, Dez. 41
  • „12 Monate Malaria- und Chinin-Prophylaxe“ Okt. 41
  • „Kamerun im Frieden und im Kriege“, 23.11.1940
  • „Eindrücke von einer Amerika-Reise“, 5.4.1941
  • „Spitzbergen und seine Kohlengruben“, 20.8.1941
  • „Der Goldbergbau Sumatra’s“, 31.3.1941
  • „Die Goldmine Lebong Tandai“, 7.6.1941
  • „Seltsame Pflanzen und wunderbare Tiere Sumatra’s“, 12.10.1941

Ich kann wohl behaupten, daß ich bei all meinen Themen, abhold jeder „sachlichen Wissenschaftlichkeit“, humoristische Noten in den Vordergrund zu stellen wußte und mit den „stories“ vom Amorphophallus, dem Korro (dem abhanden gekommenen Penis mit der Wäscheklammer) und dem nackten Hühnerarsch auf dem Pestkarbunkel die Wirkung auf jeden Fall nicht verfehlte.

Andere Autoren:

  • Wellmann: (der Dauerbrenner, Kapt. Wellblech), Ayesha (3mal), Marineerinnerungen, Türkei, Navigation (6mal)
  • Schün: Indische Rechtssprache (6 mal)
  • Paulsen: Leichtbau und Flugzeughallen (2 mal)
  • Menden: Großwildfang
  • Stoll: Molukken, Papuasee
  • Frank: Tiergeographie, Nashornjagd
  • Zils: Hollywood (2 mal)
  • Weigand: Chemische Großtaten, Forschung und Technik, Kohle- und Koksbereitung
  • Ahrens: Wie Tsigtau kämpfte und fiel Japanische Geschichte (2 mal)
  • Thierfelder: Mit Lettow-Vorbeck in Ostafrika Pest Malaria Lepra
  • Stehn: Erbeben, Vulkane Neupommerns (2 mal), Vulkanismus
  • Helbig: Im Faltboot die Donau hinab, Durch Albaniens Berge
  • v. Blacha: Russland (3 mal)
  • Roth: Werden und Vergehen im Weltall (Kohlensäcke)

Kurzvorträge, (z. Z. im Rahmen der politischen Schulung!)

  • Jänke: Schulungslager Donnerschloss
  • Weber: Weltanschauliches im 3. Reich
  • Schmedes Unsere Artillerie
  • Vollus: Unsere Panzertruppe
  • Schlüter: Jungendorganisation
  • Herlinger: Gasfabrik
  • Groth: Gewürze
  • Graf: Der deutsche Volkswagen
  • Limbrunner jun.: Papierfabrikation, Herstellung einer Zeitung
  • Hilbig: Wolle
  • Wagner: Kunstfaser
  • Oswald: Bierbrauerei
  • Behrens: Tabak (2mal)
  • Timm: Mannesmann in Marokko
  • Klein: Flugwesen
  • Rosenow: China-Kultur
  • Pg. Reinert: „Die zune Öfen“

In Englisch sprachen:

  • Tessdorff: Autotour Frankreich, Marokko Algier, Italien (4 mal) sehr gut
  • v. Rabenau: Rubber, Malaya, Malta etc.
  • Tessdorff: Australia
  • Ziegfeld: Neuseeland, Amerika
  • Werra: Trans-Siberian Railway
  • Lorenz-Maier: Autotrip (Susi)
  • Andr.Fischer: Singapore (Susi)
  • Küper: Penang
  • Wöhnert: Liberia

etc. etc.

Außerdem referierten Werra, später Götz wöchentlich einmal die politischen und Kriegsereignisse, soweit sie aus den Zeitungen bekannt wurden. Beide sehr gut, ersparte mir fast das Zeitungslesen. Lagerzeitung. Kamerad Helbig verewigte alle Lagerereignisse in der von Jo König illustrierten Lagerzeitung, wöchentlich gab es gewöhnlich einen Musikabend mit vielen Neuschöpfungen Walter Schulzes (u. a. den Amorphophallus-Foxtrott, den Alas-Vallei-Marsch und die Schlager aus den beiden Revuen) oder „Opa“, der Seemann Herrmann spielte auf, wenn einmal „Klamau“ war!

3. Vorträge in Dehra-Dun

Die noch in Alas stark besuchten Vortragsabende verloren langsam an Interesse, die Redner hatten sich im Laufe der Jahre auch bereits verausgabt – auch ich trat nur noch zwei-bis dreimal in Erscheinung: Interniertentrost (Citate aus Marc Aurel p.p. mit zeitgenössischen Parallelen und Ratschlägen) und „Malaria Prophylaxe“. In den Medical Meetings zeigte ich mich noch fruchtbar (siehe dort) Nur die Kriegsreferate – meist in wilder Nazi-Beleuchtung – „zogen“ noch immer. Am clandestinen Radioapparat in Wing 6 wurden täglich die Heeresberichte und Göbbels und Adolfs Reden abgehört und von vier Stenographen festgelegt. Die Kritiklosigkeit und der Hurrah-Patriotismus feierten Orgien! „Nichtgläubige“, die den Mund nicht halten konnten, wie z.B. Kapt. Leutnant Viebeg, Ritter des Pour le Merite, U-Boot Kommandant a.D., büssten diese Eigenschaft – natürlich – auch mit einem (oder zwei?) „blauen Augen“! Mir ging es besser: ich konnte den Arm hoch heben und schweigen!

Die Insassen von Block 2 – Antinazi und Judenblock – wollten sich einmal Liebkind machen und gingen zum Kommandanten: „Herr Lehrer ich weiß was: In Block 6 hört man täglich den Heeresbericht am Radio ab“. – „Mann, das weiß ich doch seit sechs Jahren. Wenn Sie mir noch einmal die Zeit stehlen, stecke ich Sie in den Kalabus.“

A generous and human government!

Unerschöpflich blieb Dr. med. Gothein, der monatelang über Renaissance, Gotik, mittelalterliche und antike und deutsche Kunst- und Kulturgeschichte, Divina Commedia, etc. vortrug! „Sagen Sie mir eine Stunde vorher, welches Thema Sie wünschen, das genügt mir!“

Ein Phänomen! Er übersetzte unter anderem Euripides, Aischylos, Sophokles Dramen in Versmass und Reim!!, wie im ersten Weltkrieg als Truppenarzt Lettow-Vorbecks in Ost-Afrika Dantes Commedia. Außerdem fand Dr. Plathe mit seiner Vortragsreihe „Dramen der Weltliteratur“ (neun Vorträge in Wing 1) und „Der Mensch und die Erde“ (12 Vorträge in Wing 6) immer noch ein „gut besetztes Haus“. Einmal: Dichtung Goethes. Hölderlins, Rilkes mit auserlesener Musik Toni Poczimeck (Cello) und Rudi Beyer (Piano).