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Die territoriale Ausbreitung der britischen Herrschaft in Südafrika bis zur Gründung Rhodesiens

Eine politisch-geographische Studie zur neueren Kolonialgeschichte

Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Hohen Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig vorgelegt von Johannes Paul aus Lorenzkirch, Druck von Thomas und Hubert, Weida i. Thür. Angenommen von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Abteilung der Philosophischen Fakultät auf Grund der Gutachten der Herren H. Meyer und Volz. Leipzig, den 18. November 1927.

Inhalt

Vorwort

Einleitung 

I. Erste Randberührungen und die Gründung des Forts an der Tafelbai (1486 - 1652)

II. Wachstum der Kolonie durch stetige Ausbreitung der Siedelungen (1652 - 1836)

III. Der große Burentrek, die Gründung und britische Annexion Natals und die Errichtung der "Vertragsstaaten" (1836 - 1845)

IV. Die Gründung, britische Anerkennung und Konsolidierung der Burenstaaten auf dem Hochlande (1836 - 1865)

V. Die Vorstufen der neuen britischen Expansion: Basutoland, Griqualand West und die Delagoabaifrage (1860 - 1870)

VI. Schluss

Anmerkungen

Literatur und Quellen


Vorwort

Die vorliegende Dissertation ist aus dem Kolonialgeographischen Seminar der Universität Leipzig; hervorgegangen. Dem Direktor dieses Seminars, Herrn Geh. Rat Prof. Dr. Hans Meyer, bin ich für vielfache Beratung während der Arbeit und Hilfe bei der Beschaffung des Quellenmaterials zu großem Dank verpflichtet. Vor allem habe ich ihm dafür zu danken, dass es mir durch seine Vermittlung möglich war, das in Deutschland zugängliche Material durch Studien in der Bibliothek des Britischen Museums in London zu ergänzen. Für Förderung meiner Studien in London bin ich Herrn Generalkonsul A.C.C. Schultz (Glasgow) und Herrn A. Markham (London) zu Dank verpflichtet.


Einleitung

Die vorliegende Arbeit stellt einen Versuch dar, die territoriale Ausbreitung der britischen Herrschaft in Südafrika einer politisch-geographischen Untersuchung zu unterziehen. Sie will weder zur Kolonialgeschichte noch zur geographischen Landeskunde neues Einzelmaterial beibringen und stützt sich nach der historischen wie nach der geographischen Seite nur auf veröffentlichtes Quellenmaterial. Ihre Aufgabe wurde vielmehr darin gesehen, die Wechselbeziehungen zwischen Geographie und territorialer Kolonialentwicklung nachzuweisen und vor allem den Wandel in der politisch-geographischen Struktur und in den politisch-geographischen Entwicklungstendenzen Südafrikas herauszuarbeiten.

Das Thema ist also das Hineinwachsen einer politischen Lebensform in einen natürlichen Lebensraum. Die politische Lebensform, um die es sich hier handelt, ist keine einheitliche; vielmehr sind es mehrere Kolonien verschiedener europäischer Nationen und daneben zeitweilig unabhängige Staaten, die den europäischen Einfluss über ganz Südafrika ausbreiten, um erst nach der völligen politischen Aufteilung des Subkontinentes unter englischer Herrschaft vereinigt zu werden. Der Lebensraum, in den sich diese Entwicklung vollzieht, ist eine ausgeprägte geographische Individualität, mag man auch seine Abgrenzung gegen den übrigen afrikanischen Kontinent in verschiedener Weise vornehmen (63, I ff.; 92, 200; 34, 232). Die starke Einheitlichkeit und Einförmigkeit seines morphologischen Aufbaues wird abgewandelt und gleichsam belebt durch die verschiedenartige Ausbildung des Klimas und dessen geographische Konsequenzen. Es wird im Verlauf der Untersuchung im einzelnen nachzuweisen sein, wie dieser einheitliche, aber mannigfach individualisierte Lebensraum nicht etwa nur Schauplatz, sondern in sehr starkem Maße mitgestaltender Faktor des südafrikanischen Expansionsvorganges und damit auch der heutigen politisch-geographischen Struktur Südafrikas gewesen ist.

Durch diese Problemstellung ist das Verhältnis der Arbeit zu Geographie und Geschichte gegeben. Keine spezielle politisch-geographische Untersuchung wird den entwicklungsgeschichtlichen Gesichtspunkt außer acht lassen dürfen. Die "entwicklungsgeschichtlich-analytische Methode, die bestrebt ist, alle ursächlichen Beziehungen aufzuhellen und dabei den Geographen durch lange historische Räume führt, indem sie historisch-geographische Querschnitte legt, hat sich ... als die politisch-geographische Methode schlechthin erwiesen" (O. Maull 51, 25). Die Beziehung der vorliegenden Arbeit zur Geschichte ist jedoch noch näher; denn sie soll zwar ihrer Methode nach politisch-geographisch sein, aber ihr Objekt ist ein historischer Vorgang, eben die territoriale Entwicklung der europäischen Kolonien und Staaten in Südafrika.

Eine Betrachtung der britischen Expansionsbewegung in Südafrika kann nicht mit dem Tage der britischen Festsetzung beginnen. Denn da diese Festsetzung sich in der Form der Übernahme der holländischen Kapkolonie vollzog, wurden damit auch viele Voraussetzungen und Entwicklungstendenzen übernommen, deren Ursprung wesentlich weiter zurückliegt.

Die allgemeine politische Geographie hat, neuerdings besonders in Deutschland, vielerlei Beachtung und Förderung erfahren (69; 71; 85; 81; 95; 51; 24). Ihre spezielle Anwendung auf länderkundliche Themen blieb jedoch demgegenüber weit zurück (51, VI, 17, 51). Erst in neuerer Zeit wurde mit Nachdruck darauf hingewiesen (51,VI, 51) und an praktischen Beispielen gezeigt (33; 26; 27; 28; 19; Zeitschrift für Geopolitik u. a.), wie notwendig und fruchtbar derartige länderkundlich-monographische Untersuchungen zur Gewinnung eines wissenschaftlich begründeten geopolitischen Weltbildes sein können.


I. Erste Randberührungen und die Gründung des Forts an der Tafelbai (1486 - 1652)

Im Zeitalter der großen Entdeckungen liegen die Wurzeln jener Entwicklung, deren Tendenz es ist, die gesamte Oberfläche unseres Planeten einem geschlossenen System von dauernd in Wechselbeziehungen stehenden Staaten, Staatengruppen und einander durchdringenden Machtsphären einzubeziehen. Von vielgestaltigen, aber lokal, umgrenzten und nach außen politisch nahezu isolierten Staatensystemen (Römisches Weltreich; der abendländische Kulturkreis des Mittelalters) geht die Entwicklung über zur "planetarischen Situation" (39, 3).

Trotz mancher Rückschläge im einzelnen ist hier ein Gesetz der wachsenden politischen Räume (71; 32) erkennbar; nicht nur in dem Sinne, dass die Einzelstaaten bestrebt sind, immer weitere Räume bis zu den größten geographischen Einheiten, ganze Kontinente und die Randlandschaften ganzer Meere und Ozeane politisch einheitlich durchzuorganisieren, sondern auch in dem anderen Sinne, dass das Gesamtfeld der einzelstaatlichen Politik sich weitet. Eine Verflechtung der staatlichen Interessen setzt ein, und erst damit sind die Voraussetzungen gegeben zu einer wirklichen "Weltpolitik" und "Weltgeschichte" in dem Sinne, dass die politischen und geschichtlichen Entwicklungen nicht wie bisher in isolierten Staaten- und Kulturkreisen nebeneinander herlaufen, sondern dauernd ineinander übergreifen. Dieses Gesetz der wachsenden Räume verbunden mit der politischen Vorherrschaft der europäischen Völker, der "Europäisierung der Erde" (35, Kap. VIII), bezeichnet für die politisch-geographische Betrachtung die markanteste Tendenz der neueren Geschichte.


1.

Europa und Süd-Ostasien (vor allem Indien) waren am Ende des Mittelalters zwei politisch voneinander nahezu isolierte, doch in schwachen Verkehrsbeziehungen stehende Räume. Durch die Ausbreitung und Konsolidierung des Osmanischen Reiches waren die verbindenden Verkehrswege unter eine einheitliche Kontrolle gekommen und konnten gesperrt werden (98, Karte 1).

Hierdurch erhalten die Versuche der Portugiesen seit Heinrich dem Seefahrer, um Afrika herum einen Seeweg nach Ostindien zu finden, ihre politische Bedeutung. Ihr nächstes Ziel war die Verbindung zweier freundlicher Verkehrspole; ihr weiteres Ergebnis ist die Einbeziehung weiter neuer Räume in das politische Weltbild des Abendlandes.

In diesem Zusammenhange beginnt auch Südafrika durch Berührung einiger Küstenpunkte in das geographische Gesichtsfeld Europas einzutreten (74, 103ff.). 1485 berührt Diogo Cão zum ersten Male südafrikanischen Boden am Kreuzkap1); und 1486 umfährt Bartholomeo Diaz als erster Abendländer die Südspitze Afrikas, um nach kurzem Aufenthalt an einigen Küstenpunkten auf der Rückfahrt das Kap am südwestlichen Ende Südafrikas zu entdecken. Er nannte es "Cabo tormentoso", und damit ist der Ruf angedeutet, in dem das Kap noch lange bei den portugiesischen Ostindienfahrern stand, auch nachdem König Johann II. in Freude über den gewonnenen Zugang und Schlüssel zur indischen Weit den Namen in "Cabo da boa esperanza" umgeändert hatte (46, I, 5).

Die bisherigen portugiesischen Expeditionen an der atlantischen Küste Afrikas waren ihrer Absicht nach nur Küstenfahrten gewesen. Vorsichtig tasten sie an der unbekannten Küstenlinie entlang; jede neue Unternehmung erweitert die bei der vorigen erworbene Kenntnis nur um ein kleines Stück. Es ist der Ausdruck einer kleinräumigen, in den engen europäischen Aufgaben erwachsenen Schifffahrt, die sich vor die Bewältigung großer, ungewohnter Aufgaben gestellt sieht.

Die Fahrt des Vasco da Gama (1497-1499) bringt einen größeren Zug in diese portugiesischen Unternehmungen (88, I, 214). Er durchsegelt in weitem Bogen (98, Karte 1) den südlichen Atlantik, umfährt das Kap, hält sich dann nahe der Küste und gibt dem Lande nördlich des Umzimkulu am Weihnachtstag 1497 den Namen: Natal (88, I, 220). Über Melinde erreicht Vasco da Gama schließlich das Ziel der portugiesischen Anstrengungen seit Prinz Heinrichs Zeit: Im Mai 1498 landet er an der Malabarküste. Damit wird zum ersten Male Afrikas Südspitze in Verbindung mit Indien gebracht, eine Verbindung, die für das politische Schicksal Südafrikas bis zur Gegenwart von großem Einfluss geworden ist.

Durch diese und einige weitere Randberührungen der nächsten Jahre war schon am Anfang des 16. Jahrhunderts der Küstenverlauf Südafrikas in seinen großen Zügen festgestellt. Portugal hatte für die südafrikanische wie für den größeren Teil der gesamtafrikanischen Küste das Recht des Entdeckers erworben. Schon 1454 hatte es sich durch eine päpstliche Bulle die Alleinherrschaft über alle jenseits des Kap Bojador "usque ad Indos" von Portugiesen entdeckten Länder bestätigen lassen. Erneut und ergänzt wurde dies durch die Demarkationslinie Alexanders VI. (Bulle "lnter caetera" 1493) und durch den Vertrag von Tordesillas (1494), worin die Abgrenzung der portugiesischen Ansprüche von den spanischen vorgenommen wurde. So war Südafrika den Portugiesen zugefallen. Wir haben nun danach zu fragen, welche Stellung es im 16. Jahrhundert im Gesamtgefüge des portugiesischen Kolonialreiches einnahm.

Eine Statistik der portugiesischen Fahrten in diesem Jahrhundert (88, I, 229 ff.) zeigt, dass die Zahl der Schiffe, die an Südafrikas Küsten landeten, nur gering war im Verhältnis zu dem gesamtindischen Verkehr der Portugiesen. Wenn es sich ermöglichen ließ, vermied man überhaupt, die Küste zwischen Benguella und der Delagoabai zu berühren (88, I, 351). Nur wenige Punkte waren es, die von den Portugiesen häufiger angelaufen wurden. Es sind die "Agoada de Saldanhanda" (= Tafelbai), der "Rio Dulce" (in der Falsebai) (46 I, 10) und die "Agoada de São Bras" (= Mosselbai) (88, I, 229 ff.). Schon der Name kennzeichnet die Bedeutung dieser Punkte: es waren lediglich Wasseraufnahmeplätze; aber nicht einmal der Versuch zu einer dauernden Ansiedlung wurde gemacht.

Dementsprechend machte auch die Kenntnis von Südafrika nur geringe Fortschritte. Zwar war es eine ganze Anzahl von Buchten und Kaps der südafrikanischen Küste, die damals von den Portugiesen entdeckt und benannt worden sind (102, Kap. I); aber schon die Tatsache, dass sie wegen der Ungenauigkeit der Angaben heute z. T. nicht mehr genau identifiziert werden können und dass nur wenige ihrer Bezeichnungen sich in der portugiesischen Form, die meisten dagegen nur in der englischen Korrumpierung oder Umschreibung bis heute erhalten haben (vgl. 88, I, 258 ff.), zeigt, wie lose die Beziehungen der Portugiesen zu Südafrika waren.

Als Gesamtergebnis ist festzustellen, dass trotz häufiger, wenn auch nicht regelmäßiger Berührung von den Portugiesen weder aus handelspolitischen noch aus strategischen Gesichtspunkten eine Niederlassung an der südafrikanischen Küste zwischen der Delagoabai und Benguella gegründet worden ist. Diese Tatmache erscheint zunächst auffällig, wenn man die spätere Entwicklung Südafrikas damit vergleicht. Sie wird verständlicher, wenn man sie im Zusammenhang mit den kolonialpolitischen Motiven der Portugiesen und der Gesamtstruktur ihres Kolonialreiches betrachtet.

Portugal gründete seine ersten Kolonien hauptsächlich, um gewinnreichen Handel zu treiben, und zwar vorwiegend mit hochwertigen Tropenprodukten und Edelmetallen. Größere ländliche Siedelungen in Übersee anzulegen lag in keiner Weise im Sinne dieser Politik; auch wäre das damalige Portugal kaum in der Lage gewesen, viele Auswanderer zu stellen (41, 5 ff.). Dementsprechend waren es nicht Kolonien im heutigen Sinne territorialer Beherrschung, vielmehr "une chaîne de comptoirs et de points de ravitaillement, défendus par des forteresses" (43, 42). Später erst, im 17. und 18. Jahrhundert, kam als wichtiger Faktor der Sklavenhandel hinzu. Für solche Bestrebungen hatte Südafrika nichts zu bieten. Gerade die Tatsache, dass das Klima Südafrikas größtenteils nicht tropisch ist, die nach Wandlung der zur Kolonisation drängenden Motive hier ausgedehnte Europäersiedlungen entstehen ließ, bedingte seine Wertlosigkeit für die Portugiesen. Wertvolle Tropenprodukte gab es hier nicht; die Bevölkerung schien wenig zahlreich und kulturell tiefstehend zu sein, zumal da man an den gebräuchlichen Landeplätzen fast nur mit Hottentotten in Berührung kam. Auch Edelmetalle hatte das außertropische Südafrika damals nicht zu bieten.

Trotzdem hätte man erwarten können, dass bei der wichtigen Ecklage, die das Kap von nun an im europäisch-ostindischen Verkehr einnahm, die Portugiesen hier eine Flottenstation errichtet hätten, als Etappenstation für ihre Handelsschiffe und als wichtigen strategischen Punkt zur Sicherung und Sperrung des Zuganges zum Indischen Ozean. Für beides aber waren die Voraussetzungen noch nicht gegeben. Im südlichen Atlantik besaß Portugal genügend Schiffsstationen (die brasilianische Küste, San Jorge de Mina (= Elmina), die Inseln im Guineagolf und St. Holena, schließlich seit 1594 auch noch São Paulo de Loanda), um direkt ohne Unterbrechung bis nach Mozambique fahren zu können, unter möglichster Vermeidung des wegen seiner Stürme gefürchteten Kaps. Aber auch zur Anlage eines strategischen Stützpunktes lag keine Notwendigkeit vor, solange Portugal das unbestrittene Monopol im Verkehr nach Ostindien hatte.

Dies war bis in die letzten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts der Fall. Portugal war 1580 mit Spanien durch Personalunion vereinigt worden, und diesen Zeitpunkt kann man als den Höhepunkt auch der frühen spanisch-portugiesischen Kolonialmacht bezeichnen, dem bald der Verfall folgte. In Europa war durch die Vernichtung der Armada (1588) die spanische Seeherrschaft erschüttert worden; der Weg nach Übersee war jetzt frei für die aufstrebende Schifffahrt der nordwesteuropäischen Staaten (84, 46 ff.).

Schon in den letzten Jahren des 16.Jahrhunderts waren die ersten nichtportugiesischen Schiffe in den Indischen Ozean, das bisherige Monopolgebiet der Portugiesen, eingedrungen. Da sie zunächst keine Stützpunkte auf dein Wege dahin besaßen, musste das Kap für sie sogleich eine größere Bedeutung bekommen, als es im ganzen 16. Jahrhundert für die Portugiesen gehabt hatte. 1591 liefen die ersten englischen Schiffe Südafrika in der Agoada de Saldanha an, 1595 die ersten Holländer die Agoada de São Bras (88, I, 396, 401). Die Besuche der holländischen und englischen Schiffe wurden bald häufiger; die Agoada de Saldanha wurde ihr bevorzugter Landeplatz, für den sich seit 1601 nach dem ihn beherrschenden Tafelberg der Name Tafelbai einbürgerte (88, I, 404; 46, I, 3).

Das Ergebnis dieser ersten Erfolge ist die Gründung der großen Ostindienkompanien in den nordwesteuropäischen Staaten zu Anfang des 17. Jahrhunderts. Der Schwerpunkt aktiver Kolonialpolitik beginnt damit von den iberischen Ländern nach Nordwesteuropa zu gleiten.

Die bisherigen Expeditionen dieser Völker waren die Leistungen einzelner Handelsherren und kleinerer Verbände gewesen; jetzt werden die Kräfte der Nationen in der eigenartigen Form der Handelskompanien zusammengefasst. 1600 erteilt die Königin Elisabeth der englisch-ostindischen Kompanie eine Royal Charter; 1602 vereinigen die Generalstaaten die verschiedenen kleinen Kompanien, die sich in den Niederlanden für den Handel mit Ostindien gebildet hatten, zur Vereinigten Niederländischen Ostindischen Kompanie; 1604 wird eine französische, 1612 sogar eine dänische Ostindienkompanie gegründet (46, I, 12ff.).

Noch aber hielt Portugal seinen Anspruch auf das Monopolrecht im Indischen Ozean aufrecht. Die neuen Kompanien sind durchaus der weltpolitischen Situation angepasst: ihre Ziele sind nicht allein wirtschaftliche, sondern auch politische, sie sind auf Eroberung und überseeische Reichsbildung eingestellt. Es interessieren uns hier vorwiegend die niederländische und die englische Kompanie; beide enthalten in ihrem Freibrief einen Passus, der ihnen das nationale Monopol auf den Verkehr mit den Küsten Afrikas, Asiens und Amerikas zwischen dem Kap der Guten Hoffnung und der Magellanstraße gibt (103, II, 52, V, 14). Durch das Eindringen dieser fremden Konkurrenten war die politische Lage im Indischen Ozean für die Portugiesen wesentlich verändert worden. Jetzt erst bekommt die Lage Südafrikas ihre politische Bedeutung als beherrschende, den Eingang zum Indischen Ozean kontrollierende Ecklage, die sie durch alle späteren Wandlungen der weltpolitischen Situation im wesentlichen bis heute beibehalten hat. Es ist sehr charakteristisch für diesen Wandel des politischen Wertes, den das Kap jetzt erfährt, dass erst in diesen Jahren der erstarkenden Konkurrenz die spanisch-portugiesische Regierung den Plan fasst (1608), am Kap eine Niederlassung zu gründen (46, I, 10). Und ebenso bezeichnend ist, dass es nur die strategische Erwägung, man könne von hier aus den holländischen und englischen Handel unterbinden, war, welche zu diesem Plane führte (7, 177).

Aber es kam nicht mehr zur Ausführung des Projektes, denn die Macht der Portugiesen war in raschem Sinken begriffen. Die englische (73, 91) und noch mehr die holländische Kompanie (73, 63ff.) fassten sehr schnell in Südostasien Fuß und breiteten sich auf Kosten der Portugiesen aus.

Auch Südafrika kam durch diesen politischen Umschwung in die Interessensphäre der beiden großen Handelsgesellschaften; deren Schiffe berührten das Kap immer häufiger. Seit etwa 1608 liefen die englischen Ostindienfahrer die Tafelbai regelmäßig an (88, I, 424), und 1616 bestimmten auch die Direktoren in Amsterdam die Tafelbai zum ständigen Erfrischungsort und Austauschplatz von Nachrichten für die Schiffe der holländischen Ostindienkompanie (88, I, 421). Sehr bald tauchte nun auch auf englischer und holländischer Seite der Gedanke auf, am Kap eine ständige Station zu errichten.

Schon 1608 und 1613 wurde diese Frage in England erwogen, aber von den Direktoren abgelehnt (88, I, 423, 425). Man wollte die geringen Kräfte der jungen Kompanie ganz auf die eigentlichen ostindischen Aufgaben konzentrieren (46, I, 19). Darum wurde auch die Annexion der Tafelbai, die 1620 einige unternehmende englische Flottenoffiziere auf die Nachricht von einer bevorstehenden holländischen Festsetzung hin eigenmächtig vorgenommen hatten, von den Londoner Direktoren nicht anerkannt. Es war darin König Jakob I. zum Herrn "... of the whole continent near adjoining, so far to be extended as that at present no Christian prince nor potentate have any fort or garrison for plantation within limits aforesaid" (1, I, 3; vgl. auch 8, 390, 395) erklärt worden; aber keinerlei faktische Besitzergreifung folgte.


2.

Vielmehr waren es die Niederländer, die den Gedanken, am Kap eine dauernde Station zu errichten, jetzt mit größerem Nachdruck verfolgten. Ihre wachsenden Interessen im Indischen Ozean ließen bei ihnen das Bedürfnis entstehen, in der Nähe von dessen südwestlicher Eingangspforte einen Stützpunkt für ihre Schifffahrt zu haben. Schon seit 1616 liefen ihre Ostindienfahrer das Kap regelmäßig an. Eine kurze Zeit lang (1619) erwog man sogar den Plan, eine gemeinsame englisch-holländische Station anzulegen (91, 20), er musste scheitern an der sehr bald wieder sich verschärfenden Rivalität der beiden Mächte im Indischen Ozean2) ("Blutgericht von Amboina" 1623).

Schließlich gab erst die Erwerbung genauer geographischer Kenntnisse den letzten Anstoß zur endgültigen Festsetzung (vgl. Ratze 71, 158ff.). Die Strandung des Schiffes "Haarlem" (1648) zwang dessen Mannschaft, mehrere Monate am Kap zuzubringen. Man lernte dabei die Tafelbai, ihre Umgebung und die dortigen Lebensverhältnisse besser kennen, und nach ihrer Rückkehr unterbreiteten zwei der Offiziere den Direktoren in Amsterdam eine Denkschrift, worin sie sehr anschaulich die Vorteile darlegten, die die Kompanie durch die Gründung eines Forts mit Gartenanlage am Kap gewinnen könnte (66, I, 2ff.). Sie wiesen hauptsächlich darauf hin, dass der Gesundheitszustand unter den Mannschaften der Ostindienfahrer sich wesentlich bessern ließe durch die Anlage einer Erfrischungsstation, wo die Schiffe neben Wasser auch Gemüse, Früchte und frisches Fleisch einnehmen könnten (66, I, 4). Die natürlichen Voraussetzungen für eine solche Anlage seien hier gegeben, und auch mit den Eingeborenen sei nach ihren Erfahrungen ein friedlicher Tauschhandel mit Vieh möglich. Und schließlich betonten sie noch, welche strategische Bedeutung das Kap in den Händen einer feindlichen Macht, die die holländischen Ostindienflotten abfangen wolle, bekommen könnte (66, I, 15 ff.).

Diese Denkschrift gab den letzten Anstoß, die schon so lange erwogene Gründung einer Kapstation auszuführen. Mehrere Gründe wirkten zusammen, dass hierzu gerade die Tafelbai gewählt wurde. Es war die Bai, die sich unter den verschiedenen anfänglich angelaufenen Punkten als die brauchbarste erwiesen hatte, vor allem wegen des guten Süßwassers, das die zahlreichen kleinen Bäche am Fuße des Tafelberges boten; daher wurde sie von den Holländern seit 1616 stets bevorzugt. Sie bot, außer gegen die winterlichen Nordweststürme (82, 161; 88, II, 521), auch größeren Flotten guten Schutz. Schließlich aber ist es von Wichtigkeit, dass damit die neue Siedelung noch auf die Kaphalbinsel zu liegen kam, also an die Stelle der wenig gegliederten südafrikanischen Küste, die dem Meere gegenüber am meisten aufgeschlossen, kontinentalen Einflüssen am wenigsten unterlegen ist. Diese Absonderung der Halbinsel vom Kontinent wurde hier noch besonders verstärkt durch die weiten Sanddünen der zwischen beiden liegenden Cape Flats, die sich bald für den Verkehr und die Ausbreitung der Siedelungen als Hindernis erwiesen (98,8 und Karte 5). In den Halbinseln vollzieht sich der Übergang vom Land zum Meer (71, 460), wenn also schon an dem südafrikanischen Kontinent eine Flottenstation, die nur überseeischen Interessen zu dienen hatte, angelegt werden sollte, so fügte sich eine Niederlassung auf der Kaphalbinsel, die sich im Notfall gegen den Kontinent hin absperren ließ, dem Gesamtbau des frühen holländischen Kolonialreiches noch am besten ein.

Der Kommandeur van Riebeek wurde mit der Ausführung des Planes beauftragt. Aus den Instruktionen, die die Direktoren ,ihm und seinen Offizieren mitgaben (66, I, 28ff.), geht hervor, dass weitschauende Expansionspläne bei der Gründung dieser Niederlassung nicht verfolgt wurden. Es sollte nur ein Fort für eine Garnison von 70 - 80 Mann gebaut und Garten- und Weideland für die Bewirtschaftung durch die Kompanie angelegt werden. Mit den Eingeborenen sollten sie in friedlichen Tauschverkehr treten, feindliche Konflikte aber nach Möglichkeit vermeiden (66, I, 30). Und wenn etwa andere europäische Nationen (außer den Portugiesen, die damals als erklärte Feinde behandelt wurden) auch in der Nähe des Kaps eine Niederlassung gründen wollten, so sollten zunächst die Vertreter der Kompanie dagegen nicht einschreiten, solange nicht die Interessen ihrer Niederlassung geschädigt würden (66, I, 34).

Man wollte also nicht etwa durch die Errichtung des Tafelbai-Forts einen politischen Anspruch auf ganz Südafrika dokumentieren, wie es 1620 die englische Annexionserklärung getan hatte. Sondern es sollte dadurch zunächst nur verhindert werden, dass holländische Schiffe von der Benutzung der Tafelbai ausgeschlossen würden (46, I, 35), und es sollte hier für sie eine Erfrischungsstation in größerem Stil geschaffen werden, als es bisher St. Helena gewesen war.

Im April 1652 landete van Riebeek mit drei Schiffen in der Tafelbai. Sogleich begann man mit dem Bau eines einfachen Forts am Soete Rivier (= der spätere Fresh River im Table Valley), das in den folgenden Jahren noch wesentlich verstärkt wurde (vgl. 98, Karte 4; 68, 1, 14ff.; 67, I, 6ff.). Am Fuße des Tafelberges wurden neben dem Fort und später weiter östlich am Liesbeeckfluss Gärten angelegt, in denen Gemüse und Obst für die Versorgung der kleinen Garnison und vor allem der Schiffe, die hier Station machten, gezogen wurden. Und allmählich gelang es auch, mit den Hottentotten in Verkehr zu treten und von ihnen Vieh einzutauschen (68, I, 36ff.; 58ff.).

So erfüllte die kleine Siedelung schon nach wenigen Jahren die Zwecke, um derentwillen sie angelegt war. Man hat sie den "Küchengarten" der Kompanie genannt, und damit ist ihre Hauptfunktion gekennzeichnet. Die Ostindienfahrer konnten jetzt tatsächlich hier stets frisches Wasser, Gemüse, Früchte und Fleisch einnehmen. Die Seeleute konnten sich von der langen Fahrt durch einen kurzen Landaufenthalt erholen, und da sehr häufig Krankheitsfälle vorkamen, wurde an das Fort ein kleines Hospital angebaut3). Es entspricht dem wirtschaftlichen Charakter der Station, dass auch die Schiffe fremder, nicht feindlicher Nationen hier anlaufen und Wasser einnehmen konnten (46, I, 46ff.).


II. Wachstum der Kolonie durch stetige Ausbreitung der Siedelungen (1652 - 1836)

1.

Die Station am Kap war gegründet worden im Interesse und zur Beförderung des Indienverkehrs der Niederländischen Ostindischen Kompanie. Diese Tatsache muss sich stets vor Augen halten, wer über die weitere Entwicklung der Kapkolonie unter der Herrschaft der Kompanie urteilen will. Ihre Stellung im Reich der Kompanie wird dadurch gekennzeichnet, dass sie - wie alle indischen Besitzungen - dem Generalgouverneur und Rat von Indien in Batavia unterstellt war (46, I, 31ff.). Sie wurde verwaltet, als ob sie ein Teil dieses indischen Besitzes selbst sei.

Gegen den Kontinent hin ist die Kaphalbinsel durch die breiten Sanddünen der Cape Flats deutlich abgeschlossen, wodurch die von den Direktoren vorgeschriebene Politik, den Eingeborenen eine möglichst geringe Reibungsfläche zu bieten, sehr erleichtert wurde. Es ist jedoch charakteristisch für das, was man mit der Kapstation wollte, dass auch noch die Absicht bestand, diese Abgeschlossenheit durch den Bau eines Kanals von der Tafel- zur Falsebai künstlich zu verstärken (67, II, March 25th 1656; 68, II, February 4th 1656). Dieser Plan musste aufgegeben werden, aber eine deutliche Abgrenzung der Station wurde damals vorgenommen durch die Anlage einer Dornbuschhecke mit Wachtposten (1660), die von der Küste bis zum Tafelberg laufend alle damaligen Siedelungen umfasste (98, 7 und Karte IV; 88, II, 97). Die gesamte Verwaltung und der Verkehr mit den Eingeborenen lag in den Händen der Kompanie, und alle Europäer, die in den ersten Jahren die Besatzung der Station bildeten, waren ihre Angestellten.

Bald aber erwies es sich, dass bei diesem System, das jede wirtschaftliche Tätigkeit der Kompanie vorbehielt, nicht alle die Möglichkeiten verwirklicht wurden, die an sich eine solche Station bieten konnte. Zwar hielt die Kompanie ihre eigenen Viehherden, um immer einen gewissen Fleischvorrat für die Indienflotten bereit zu haben; aber in der Zufuhr neuer Tiere war man stets von den Hottentotten und ihren oft sehr unregelmäßigen Lieferungen abhängig (12, I, 7). Es ergab sich also die Notwendigkeit, in größerem Umfang Landwirtschaft und Viehzucht zu treiben, wenn wirklich alle Bedürfnisse der Station befriedigt und sichergestellt werden sollten (46, I, 57). Um dies zu erreichen war es nötig, das bisherige Monopol der Kompanie auf jede wirtschaftliche Tätigkeit aufzugeben und eine Klasse von selbständigen Farmern zu schaffen.

Darum entschloss man sich, eine Anzahl von Angestellten vom Dienst in der Kompanie zu entlassen und ihnen Land zur eigenen Bewirtschaftung als erblichen Besitz zu verleihen (88, II, 60; 46, I, 57). 1657 wurden die ersten dieser Farmer in den beiden Siedelungen Groeneveld und Hollandsche Thuin am Liesbeeckfluß, also ganz nahe bei den dortigen Gartenanlagen der Kompanie, angesetzt (98,7 und Karte 4). Damit entstand eine ganz neue Bevölkerungsklasse: die "freien Burgher", die nicht mehr Angestellte, sondern Untergebene der Kompanie waren. Sie traten allmählich in einen deutlichen Gegensatz zu dem fluktuierenden Element der Kompaniebeamten.

Zur Zeit der Gründung des Forts war die Kaphalbinsel nur von etwa 50 - 60 Hottentotten dauernd bewohnt, aber andere besuchten die Halbinsel, besonders das Table Valley, regelmäßig (88, II, 13). Sobald diese Hottentotten merkten, dass die Europäer die Absicht hatten, sich dauernd am Kap niederzulassen und ihnen hier den besten Teil der Weiden wegzunehmen, kam es zu kleinen Zusammenstößen. Die Hottentotten beschwerten sich, dass das Land, das ihnen seit alter Zeit gehörte, ihnen genommen werden sollte, und sie fragten, ob es auch ihnen erlaubt wäre, so zu handeln, wenn sie nach Holland kommen würden (55, I, 205). Es ist die in der Kolonialpolitik aller Zeiten immer wiederkehrende Frage nach dein Rechtstitel des Kolonisators. Spätere Zeiten sind ihr gern durch eine zivilisatorisch-philanthropische Ideologie ausgewichen; die Holländer begnügten sich zunächst mit der Erklärung, sie hätten das Land rechtmäßig im Kampfe gewonnen (55, I, 205). Schließlich aber zogen sie es doch vor, durch die Formalität eines "Kaufes" sich einen besseren Rechtstitel zu verschaffen. Mit Schacher, dem Hottentottenhäuptling des Kapdistriktes, wurde 1672 ein Kauf- und Freundschaftsvertrag geschlossen, worin die Kompanie zum Eigentümer der äußersten Südwestecke Südafrikas von der Saldanhabai bis zur Falsebai erklärt wurde. Schacher verpflichtete sich außerdem, "mit Waffengewalt jede fremde europäische Macht zu vertreiben, die etwa im Laufe der Zeit versuchen wird, sich in dem genannten Distrikt festzusetzen" (55, I, 3I7 ff.).

Wie ans diesem Vertrage zu ersehen ist, rechnete man jetzt mit der Möglichkeit des Angriffs einer europäischen Macht auf das Kap; den Anlass dazu hatte das Vorgehen der französischen Ostindienkompanie gegeben. Diese Kompanie hatte durch das Interesse, das Ludwig XIV. und Colbert an ihr nahmen, vorübergehend wieder größere Bedeutung erlangt und plante umfangreiche Kolonisationsunternehmungen im Indischen Ozean (103, IV, 102 ff.). Die beherrschende Lage des Kaps schien ihr zur Anlage einer Flottenstation so günstig, dass sie 1666 und 1670 vorbereitende Versuche machte, sich an der Saldanhabai oder in deren Nähe niederzulassen, was aber die sofortige Besetzung dieser Bai durch die Holländer vom Tafelbai-Fort aus zur Folge hatte (88, II, 165 und 176). Die Ansicht der Niederländer über den Wert der Kapstation hatte sich also offenbar in den letzten 20 Jahren gewandelt. Noch in den Instruktionen an Riebeeck hatten ja die Direktoren gegen die Anlage anderer fremder Stationen am Kap neben der holländischen nichts einzuwenden gehabt; jetzt aber wünschten sie, dass ihre Kapstation die einzige an diesem wichtigen Eckpunkt des Verkehrs sei, Ihre Wertschätzung der Station war bisher nur eine wirtschaftliche gewesen, weil sie an diesem verkehrsgeographisch ausgezeichneten Punkte dem Indienhandel große Vorteile bot, jetzt kommt auch noch die strategische Bewertung hinzu.

Die politische Lage in Europa war zu dieser Zeit gekennzeichnet durch die Bemühungen Englands, im Bunde mit Frankreich Hollands Stellung als europäische Großmacht zu brechen. Dieser Konflikt wurde auch in Übersee ausgetragen und führte schon 1664 zum Verlust des holländischen Neu-Amsterdam an England. Eine weitere Aufteilung des holländischen Kolonialreiches unter England, Frankreich und Portugal war geplant (76, 77).

So war es denn auch die Furcht vor einem Angriff auf die Kapstation, die die erste direkte Ausdehnung der Ansiedelung über die Kaphalbinsel hinaus bewirkte. Es wurde ein Außenposten gebraucht, zu den man bei einem Angriff auf das Fort die Viehherden treiben und auf den sich im Notfalle auch die Garnison zurückziehen konnte (88, II, 206), Man errichtete diesen Außenposten zugleich als eine Farmstation, und zwar in Hottentotts-Holland, also jenseits der Cape Flats.

Ein zweiter Zusammenstoß mit den Hottentotten hatte die Wirkung, dass die Kapstation sich in einem Blokadezustand befand und fast keinerlei Vieh eintauschen konnte (91, 48). Daher wurde beschlossen, die Zahl der freien Kolonisten zu vergrößern und sie besonders auf die Viehzucht hinzuweisen (88, II, 234), während die freien Burgher am Liesbeeckfluss bisher hauptsächlich Ackerbauprodukte geliefert hatten. Damit eröffnete sich ein neuer Tätigkeitszweig, der wesentlich zur schnellen weiteren Expansion beitrug.

Anfang 1678 wurden die ersten Burgher bei Hottentotts-Holland mit Rinder- und Schafherden angesiedelt. Anders als den Ackerbauern in der Nähe des Forts wurde diesen Viehzüchtern das Land meist nicht als Eigentum, sondern nur zur Nutzung überlassen, wofür sie anfangs nichts, später eine jährliche Pachtsumme zu zahlen hatten.4) Außerdem aber lagen weite herrenlose Ländereien vor ihnen, so dass sie für ihre Herden auch außerhalb der eigentlichen Farmen die besten Weideplätze aussuchen konnten. Denn Landbesitz bzw. Pachtung war nur europäischen Siedlern möglich (3, 384 ff.), das führte zur allmählichen Verdrängung der Eingeborenen von den besten Weideplätzen, was ohne große Reibungen vor sich ging, solange man es nur mit den eine sehr extensive, nomadische Weidewirtschaft treibenden Hottentotten zu tun hatte (3, 393 ff.).

Von großer Bedeutung für die weitere Entwicklung der Kolonie war die Lösung der Arbeiterfrage auf den Farmen der Kompanie und der freien Kolonisten. Das Klima des außertropischen Südafrika hätte sehr wohl die Entstehung ländlicher Europäersiedlungen mit rein europäischen Arbeitskräften erlaubt. Aber die Löhne für europäische Arbeiter wären viel zu hoch gewesen, als dass mit ihnen hier noch ein einigermaßen gewinnbringender Farmbetrieb möglich gewesen wäre. Außerdem war es die Sitte der Zeit in den meisten europäischen Kolonien, die Arbeiterfrage durch Verwendung von Sklaven zu lösen. So waren denn auch am Kap schon seit 1658 Sklaven als Arbeiter eingeführt worden, anfangs aus Angola und Guinea, später aus Madagaskar und vor allem Mohammedaner aus den malayischen Besitzungen der Kompanie (46, I, 60; 104): allmählich kamen auch viele Hottentotten in ein Abhängigkeitsverhältnis zu den Farmern (3, 399 ff.). Diese Sklaveneinfuhr wurde für die Entwicklung der Kolonie und für die soziologische Struktur ihrer Bevölkerung von entscheidender Bedeutung. Alle schwere Handarbeit wurde von jetzt an als Sklavenarbeit betrachtet und verachtet. Dies blieb auch auf den Charakter der Farmer nicht ohne Einfluss: damit war der Grund gelegt zu der später von den Engländern immer wieder betonten Faulheit der Buren (z. B. Barrow I), ebenso freilich auch zu dem aristokratischen Zug des öffentlichen Lebens der Weißen in Südafrika (101, 189). Das bedingte aber auch die Unentbehrlichkeit der farbigen Diener, und es wurde damit entschieden, dass Südafrika auch nur in einzelnen Teilen nicht in ebensolchem Sinne ein "white man's country" werden konnte, wie es große Teile Nordamerikas und Australiens geworden sind.

Andererseits ist es unbillig, die Politik der Männer, die damals die südafrikanische Arbeiterfrage in diesem Sinne lösten und die sich später zu dieser Lösung bekannten, als kleinlich und nicht genügend weitsichtig zu verurteilen (vgl. 91, 33). Denn sie hätten sich im anderen Falle nicht nur zu den kolonialpolitischen Gesamtanschauungen ihrer Zeit scharf in Widerspruch setzen müssen, sondern sie hätten damit auch die Entwicklung der Kolonie auf lange Zeit künstlich zurückgehalten, da die Einwanderung aus Europa immer gering, der Arbeiterbedarf auf den Farmen aber groß war. Sie hätten also damit den Unionskabinetten des 20. Jahrhunderts die Sorge um das Eingeborenenproblem zwar wesentlich erleichtert, aber sie hätten das nur tun können um den Preis eines viel langsameren Fortschreitens des südafrikanischen Kolonisationswerkes.


2.

Bei einer Inspektion der Farmstation in Hottentotts-Holland lernte der neue Kommandeur S. van der Stel (1679 - 1699) auch den Oberlauf des Eerste Rivier kennen, und er stellte fest, dass das Tal durch Schutz gegen die gefürchteten Südoststürme, gute Bewässerung und Fruchtbarkeit sich ausgezeichnet für eine neue Ansiedelung eignen würde. Nach ihm wurde der Ort Stellenbosch genannt (55, I, 372).

S. van der Stel ist der erste Kommandeur, der Südafrika zu seiner dauernden Heimat gemacht hat. Lucas hat mit Recht darauf hingewiesen (46, I, 66), wie in seinen Eintragungen in das offizielle Tagebuch ein ganz neuer Ton anklingt: Er sieht die südafrikanische Landschaft mit anderen Augen als seine Vorgänger; er ist nicht mehr allein Kommandeur der Station an der Tafelbai wie diese, deren Ehrgeiz und Gedanken nach Europa oder Indien gerichtet waren, sondern er wünschte, dass hier eine große, möglichst rein holländische Siedlungskolonie entstehen möchte (91, 50). Darum nahm er sich auch des Siedlungswerkes mit besonderem Eifer an. 1680 wurde eine Gruppe von acht Familien in Stellenbosch angesiedelt, und schon fünf Jahre später lebten 99 Farmerfamilien in dem Tale (46, I, 66). Auch am Oberlauf des Bergflusses wurde 1687 23 Farmern Land zugewiesen, woraus der neue Distrikt Drakenstein entstand (91, 51). Die Zuwanderung von brauchbaren Kolonisten aus der Heimat war aber noch immer gering, da die damalige günstige Wirtschaftslage in Holland keinen Anlass zur Auswanderung gab (55, I,376; 88, II,313ff.).

Von großer Bedeutung für die völkische Zusammensetzung der Bevölkerung, aber auch für die Ausbreitung der Siedelungen war die Zuwanderung einer größeren Anzahl von Hugenotten. Durch die Aufhebung des Ediktes von Nantes (1685) waren mehrere tausend protestantische Flüchtlinge von Frankreich nach Holland gekommen (91, 51); dadurch wurde der dortige Arbeitsmarkt sehr beeinflusst, so dass sowohl hugenottische wie holländische Familien zur Auswanderung bewogen werden konnten. 1687 kamen die ersten dieser Auswanderer am Kap an, 1688/89 der Hauptteil und später noch einige Nachzügler (46, I, 68). Im ganzen waren es nahezu 200 Hugenotten, die damals nach Südafrika einwanderten; doch übertraf die Zahl der Franzosen, die so der Kapbevölkerung beigemischt wurden, niemals ein Sechstel der Kolonisten oder ein Achtel der gesamten europäischen Bevölkerung (88, II,382).

Den neuen Ankömmlingen wurde am oberen Bergfluss und zwar in den Distrikten Fransche Hoek, Drakenstein und Paarl Land zugewiesen (vgl. Walkers Farmstatistik 98, 8ff. und Karte 5); aber da die Direktoren und der Gouverneur keine geschlossene französische Siedelung aufkommen lassen wollten, so wurden sie mit den damals fast in gleicher Zahl ankommenden holländischen Kolonisten untermischt angesiedelt (88, II, 348). Sehr bald wurden sie hier von der holländischen Bevölkerung absorbiert; aber da sie sozial, intellektuell und moralisch über dem Durchschnitt der übrigen Kapkolonisten standen, so bildeten sie einen sehr wertvollen, in vieler Beziehung fortschrittlichen Bestandteil für den in Bildung begriffenen Afrikandertyp.

Die weitere Ausbreitung der Farmen folgte nun dem Laufe des Berg-Flusses abwärts; eine Anzahl der Hugenotten war schon östlich des Paarl-Berges angesiedelt worden; 1698 wurden die ersten Farmen in Wagenmakers Vallei eingenommen.

So entstand hier eine größere Anzahl von Siedelungen, die von der alten Niederlassung auf der Kaphalbinsel scharf durch die Cape Flats geschieden waren. Die Farmer erhielten bestimmte, nicht sehr große Farmen (etwa 17 Hektar) zugewiesen; aber um sie besonders zur Viehzucht zu ermutigen, wurde ihnen erlaubt, auch alles noch nicht vergebene Land als Weide zu benutzen (88, II, 251ff.).

Bisher war es den Kolonisten verboten gewesen, von den Eingeborenen selbst Vieh zu kaufen; sie konnten dies nur durch Vermittelung der Kompanie tun. 1700 aber wurde dieses Verbot, freilich nur für wenige Jahre, aufgehoben, und darum wurde von diesem Datum an die Viehzucht für eine ständig wachsende Zahl von Farmern die Hauptbeschäftigung (88, II, 388 ff.). Es ergab sich dabei eine Differenzierung der Wirtschaftsformen in der Weise, dass am Tafelberg vorwiegend Acker- und Gartenbau betrieben wurde, während in den jenseits der Cape Flats neu besiedelten Gebieten die Weidewirtschaft vorherrschte. Aber diese Scheidung erstreckte sich nicht allein auf das Wirtschaftliche; es entstanden vielmehr hier "two distinct centres of politics and sentiments" (98, 8), was für die weitere Entwickelung der Kolonie von Bedeutung wurde.

Diese Weidewirtschaft war es nun, welche zu immer weiterer Ausbreitung der Kolonisten antrieb. Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts hatten sich die Siedelungen nur im Küstenvorland ausgedehnt (46, I, Karte S. 70; 88, II, Karte S. 386). Erst im Jahre 1700 überschritten sie die Küstenkette des kapländischen Faltengebirges durch die Ansiedelung mehrerer Farmer am Kleinen Bergfluss (Waveren). Und ebenfalls um 1700 begannen die Farmer von Paarl, Drakenstein und Waveren ihre Herden über die Berge in die kleine Karroo zu treiben (98, 11 und Karte 5).


3.

Dem Steilabfall des südafrikanischen Zentralplateaus ist im Süden das Kapländische Faltengebirge vorgelagert. Zwei große Gebirgsketten, die als das System der Langeberge im Süden und als System der Zwarteberge im Norden zusammengefasst werden können, streichen auf weite Erstreckung nahezu parallel in ost-westlicher Richtung. Sie gliedern damit zugleich den Anstieg zum Zentralplateau in drei Stufen. Dem niedrigen Küstenvorland folgt nach Überschreitung der Langeberge im Norden als erstes Plateau die Kleine Karroo, jenseits der Zwarteberge als zweites Plateau die weite Hochfläche der Großen Karroo, aber erst nach Überwindung einer dritten Stufe (Koms-, Nieuweveld-, Koudeveld-Berge usw.) ist die unermessliche Ebene des zentralen südafrikanischen Hochplateaus erreicht.

Um 1700 war nun die erste Plateaustufe erstiegen. Vor den Farmern breitete sich jetzt eine neue Natur aus, für deren Ausnutzung eine extensive Viehzucht damals die einzig mögliche war. Zwar hatte man ja auch schon im Küstenvorland Viehzucht getrieben; aber die größere Fruchtbarkeit und die Nähe der Kapstadt ließ doch die dortigen Farmer daneben allmählich auch zu Korn-, Obst- und Weinbau übergehen (91, 60). Jenseits der ersten Bergkette dagegen, auf der dahinterliegenden Plateaustufe, war an einen umfangreichen Ackerbau damals nicht zu denken, Denn wo nicht - wie in der Karroo und später auf dem Zentralplateau - die Trockenheit den Ackerbau ohne künstliche Bewässerung sehr erschwerte, so war doch - z.B. im fruchtbaren Waveren - wegen der großen Entfernung und der schwer zu überschreitenden Randkette ein Transport von Ackerbauprodukten nach Kapstadt unmöglich (91, 61).

Bisher waren die Siedler von der Kompanie in einzelnen Gruppen (z. B. Hottentotts-Holland, Drakenstein, Fransche Hoek, de Kutylen, Tigerberg u. a.) angesiedelt worden. Jetzt lösten sich Einzelne aus diesen dorfartigen Verbänden los und stiegen mit ihren Herden in das Innere vor (3, 387). Sie wählten sich den ihnen am geeignetsten erscheinenden Lehnsplatz selbst aus und kamen erst nachträglich bei der Regierung um Bestätigung ein; die Plätze, die sie sich auswählten, waren entsprechend der nach dem Inneren rasch zunehmenden Trockenheit und den Bedürfnissen der Viehzucht schon viel größer (etwa 5.000 Morgen) als die anfangs von der Regierung verteilten (3, 388). Auch die große Zahl der Kinder in den Kolonistenfamilien trieb - in Verbindung mit der oben erörterten Art der Landverteilung - mächtig zur Expansion an.

So bildete sich hier, an der dauernd vorwärts drängenden Binnengrenze der Kolonie, eine Lebensweise heraus, die ganz verschieden war von dem Leben der Bewohner von Kapstadt und Umgebung. Es ist ein eigenartiger Gegensatz: der Welthafen, dessen Interessen mit den großen politischen Entscheidungen in Europa und Indien aufs engste zusammenhängen; und gleich hinter der ersten Bergkette die einsame, abgeschlossen lebende Burenbevölkerung.

Die holländische Siedelung am Kap ist jetzt nicht mehr allein eine Flottenstation auf dem Wege nach Indien, sondern es entwickelt sich aus ihr eine Kolonie mit eigenen Lebensinteressen (46, I, 76). Dieser Gegensatz bekam politische Bedeutung durch die Tatsache, dass die holländische Kompanie Südafrika weiterhin - und zwar his 1795 - fast nur als Station auf dem Indienweg behandelte. Sie beschränkte die Freiheit der Kolonisten, ohne ihnen dafür irgendwelchen Schutz oder Förderung zu geben, und sie monopolisierte den Handel mit den Eingeborenen und den vorbeikommenden Schiffen fast ausschließlich. Auch eine weitere Ausdehnung der Kolonie wünschte die Kompanie nicht; durch verschiedene Verbote (z. B. 1724) und Besteuerungen suchte sie das Ausschwärmen der Farmer zu verhindern (3, 390). Aber diese Bemühungen waren vergeblich; die einzelnen Kolonisten wanderten einfach weiter nach dem Inneren und entzogen sich so zeitweilig dem Einfluss der Regierung. Häufig war es geradezu der Wunsch, der Kontrolle der Kompanie zu entgehen, der viele Farmer zum Wandern und damit zur Ausbreitung der Kolonie antrieb.

Es entwickelte sich nun hier unter den Farmern ein Halbnomadismus, der sich dem Wechsel Jahreszeiten anpasste, und der auch heute noch für manche Teile Südafrikas bezeichnend ist (63, 273). Die Farmer, die in der Nähe der Kleinen (und später der Großen) Karroo lebten, gewöhnten sich daran, während des regenreicheren Winters ihre Herden stets nach einem bestimmten Teil der Karroo zu treiben, auf den sie zwar kein von der Kompanie bestätigtes, aber doch von den anderen Farmern meist beachtetes Gewohnheitsrecht erwarben (88, II, 390). Aber sobald die Regenzeit aufhörte und damit die dürftige Pflanzendecke der Karroo verschwand, zogen sie wieder auf ihre Farmplätze zurück (88, III, 278; 3, 389).


4.

Der weiteren Ausdehnung war die geographische Erkundung vorausgegangen. Küstenfahrten nach Norden (1669 und 1677) hatten gezeigt, dass die Küste bis Angola Wüstencharakter hatte und wenig gute Häfen bot (98, 11). Auch der Verlauf der Küste nach Osten und Nordosten wurde festgestellt, und 1689 wurde sogar die Bai von Natal ganz formell von einem dortigen Häuptling gekauft (46, I, 64); es wurde jedoch damals kein Versuch gemacht, Natal effektiv zu besetzen. Auch wurde 1721 bis 1730 ein Außenposten in der Delagoabai aufrecht erhalten und von hier aus versucht, in die portugiesische Sphäre bei Inhambane einzubrechen. Aber die Besatzung wurde wieder zurückgezogen, da sich keinerlei Handel mit den Eingeborenen entwickelte und da das Abenteuer zu teuer und wegen des ungesunden Klimas zu gefährlich wurde (88, II, 477).

Nicht in diesen überseeischen Ausbreitungsversuchen vom Kap aus, sondern in dem Eindringen der Farmer in den Kontinent hinein vollzog sich die weitere Ausbreitung; auch hier gehen Entdeckungsreisen voraus (98, 11 und Karte 6). Die Berichte dieser Reisen (Auszüge in 88, 67, 68, 12 u. a.) geben ein prächtiges Bild, wie hier das Neuland in den Gesichtskreis der Kolonisatoren tritt. Es ist die Romantik des kolonialen Pionierlebens: zum ersten Male werden von den Farmern größere Teile des Landes betreten, in dem nun in Zukunft die kleine Kapbevölkerung zu einer neuen, eigenartigen Nation, die Kapkolonie zu dem Südafrika beherrschenden Dominion heranwächst.

Die Ausbreitung der Siedelungen am Anfang des 18. Jahrhunderts ging nach Norden zu nur sehr langsam wegen der nordwärts rasch zunehmenden Trockenheit. Hier in dem flachen, küstennahen Zwartland-Distrikt siedelten sich Kornfarmer an. Nur ganz gering war schließlich die Zahl der Farmer, die damals den Bergfluss überschritten und im Piquetberg-Distrikt ihre Herden schon bis zur Mündung des Olifantsflusses trieben (46, I, 82 ff.). Im Osten dagegen folgten die Siedelungen zunächst dem Laufe der Flüsse. Von Waveren aus zogen die Farmer den Breedefluss und von Hottentotts - Holland den Zonderendfluss entlang (88, II, 430). Etwas unterhalb der Stelle, wo der letztere in den Breedefluss mündet, wurde 1745 eine Landdrostei errichtet als administratives Zentrum für einen neuen Distrikt; aus ihr entstand Swellendam. Der Vorgang ist bezeichnend für die Art der Ausbreitung unter der Herrschaft der Kompanie: die Farmer trugen die Siedelungen meist gegen den Willen, jedenfalls ohne Hilfe der Regierung in den Kontinent hinein. Diese erkannte die Erweiterung der Kolonie nur zögernd an, indem sie anfangs kleine Truppenposten, später Landdrosteien als Verwaltungsbehörden der neuen Gebiete einsetzt. Der neu geschaffene Distrikt Swellendam wurde bezeichnenderweise nur gegen Westen, gegen den alten Distrikt Stellenbosch, genau abgegrenzt; dagegen sollte die Nord- und Ostgrenze sein "wo die Herrschaft der Kompanie endet" (91, 79).

Um 1750 waren die Siedelungen im Küstenvorland nach Norden bis zum Olifantsfluss, nach Osten einige Meilen über die Mosselbai vorgedrungen. Einige Viehhirten waren sogar schon bis zum Ufer des Gamtoosflusses gezogen.

Nach dem Inneren zu waren die dauernden Siedelungen bis zum oberen Olifantsfluss, nahe zu der Quelle des Hexflusses und bis zu den Langebergen vorgedrungen (98, Karte 7). Auch die höher gelegenen Gebiete der Cedar-Berge, des Koude- und Warme-Bokkeveld, der Kleinen Karroo zwischen Lange- und Zwartebergen, z. T. sogar schon die Große Karroo (98, II) wurden damals als Weideland benutzt, wenn sie auch noch nicht in dauernden Besitz genommen waren5) (vgl. Legende zur Karte bei Theal, 88, III, 22). Im ganzen also beschränkte sich die Kolonie noch immer auf das Küstenvorland und den westlichen Teil des kapländischen Faltengebirges.

Die nächsten Jahrzehnte nach 1750 brachten die schnellste territoriale Ausbreitung der Kolonie zur Zeit der Herrschaft der holländischen Kompanie. Die Siedelungen erreichten jetzt die Große Karroo mit ihren weiten, trockenen Flächen und begannen auch schon über die innerste Stufe auf den Rand des Zentralplateaus überzugreifen. Hier erlangte der schon oben erwähnte Halbnomadismus seine höchste Ausbildung. Alle Kulturelemente der Buren passten sich dieser Landschaft an6). Auf den weiten Ebenen, die weder durch dichte Vegetation noch durch scharfe morphologische Hindernisse ungangbar gemacht werden, erwies sich der große, von vielen Ochsenpaaren gezogene Zeltwagen als das beste Beförderungsmittel (88, III, 295), und er wurde zugleich zur Wohnstätte; in ihm spielt sich das Leben des "Trekburen" ab. Denn die Ausbreitung der Kolonie war ja damals nichts anderes als das dauernde "Trekken" der an der vorgeschobenen Grenze befindlichen Buren von den besiedelten zu den unbesiedelten Gebieten (46, 77ff.). So konnte bei ihnen kein an einen bestimmten Platz gebundenes Heimatgefühl entstehen. Noch heute zeigt sich unter den so ganz veränderten Siedelungsverhältnissen bei den echten Veldburen das Erbe dieser Zeit und die Wirkung dieser Landschaft: verschiedene Beobachter (z. B. 88, II, 269; 78, 189/90) haben darauf hingewiesen, dass der Bur zwar den landschaftlichen Gesamttypus seiner Heimat, das Veld, über alles liebt, dass er aber im allgemeinen kein eigentlich lokalisiertes Heimatgefühl kennt. So kommt es, dass er auch heute noch, wo doch das alte Trekleben bis auf wenige Reste (63, 273) geschwunden ist, mit großer Leichtigkeit seine Farm aufgibt und sich weit davon entfernt wieder niederlässt (78, 190). Die großartige Einheitlichkeit des südafrikanischen Veldes kennt eben keine scharfen landschaftlichen Differenzierungen; diese Tatsache findet ihre anthropogeographische Ausprägung in der südafrikanischen Geschichte ebenso, wie es die vielfältige Kammerung und landschaftliche Individualisierung in der europäischen, besonders der mitteleuropäischen Staatengeschichte gefunden hat (vgl. 59).


5.

Die Große Karroo trug dazu bei, den Buren noch beweglicher, weniger bodenfest zu machen. Sie bot schon ähnliche Lebensbedingungen, wie sie die Buren später in voller Ausprägung bei ihren Wanderungen auf dem großen Zentralplateau antrafen.

In zwei Linien umgingen die Siedelungen die Karroo, das "Droogveld" der Buren. Im Norden erstreckte sich nur eine schmale Kette von Farmen über Ghoup und Camdeboo, ganz nahe am Fuße der Zentralstufe (98, II), weil hier die Wasserverhältnisse noch etwas günstiger sind als in der eigentlichen Karroo. Dichter waren dagegen die Siedelungen, die sich im Süden im Gebiet der regenreicheren Täler des Faltengebirges vom Breedefluss und dem Lange-Kloof bis zur Mündung des Sonntagflusses zogen. Östlich der Karroo verbreiterten sich diese beiden Siedelungslinien und gingen ineinander über. Hier lebten bereits vor 1770 zwischen Gamtoos- und Fischfluss viele Farmer, und zwar in fast völliger Unabhängigkeit von der Regierung (88, III, 57).

Als Ostgrenze der Kolonie wurde im Jahre 1770 Bruintjes Hoogte und der Gamtoosfluss erklärt; alle Farmer, die diese Grenze überschritten hatten, wurden zurückgerufen (88, III, 57ff.). Aber deren Zahl war schon zu groß, und so musste die Regierung 1775 die von ihnen getragene Ausbreitung anerkennen (88, III, 96ff.). Damit waren die Siedelungen schon in gefährliche Nähe der Xosa-Kaffern gekommen: diese standen an der Spitze der Bantuvölker, die sich schon seit langer Zeit im östlichen Südafrika nach Süden zu vorschoben (88, I, 54, III, 64; 65; 91, Karte S. 7; 98, Karte 3). Der Charakter dieser Bantusiedelungen war ein völlig anderer als der der umherschweifenden Hottentotten und Buschmänner. In dem regenreichen, warmen Küstenvorland am Indischen Ozean hatten diese Bantustämme, die neben der Viehzucht meist auch Ackerbau trieben, eine relativ hohe Bevölkerungsdichte erreicht. Nicht nur ihre Einzelindividuen überragten physisch wie intellektuell die Hottentotten und Buschmänner wesentlich, sondern wichtig wurde vor allem ihre viel stärkere politische Organisation unter Häuptlingsdynastien von alten kriegerischen Traditionen (12 I, 20 ff.). Um 1775 hatten die äußersten Vorposten dieser Bantu das Land zwischen Kei- und Fischfluss erreicht; der Gcalekaclan saß östlich, der Rarabeclan sogar schon westlich des Buffaloflusses. Auf der großen Inspektionsreise, die der Gouverneur van Plettenberg 1778 an die Nord- und Ostgrenze unternahm, zeigte sich zum ersten Mal dieses neue Problem der Kafferngrenze, das in den nächsten Jahrzehnten das politische Hauptproblem der Kolonie wurde und das in veränderter Form noch heute in dem "real South African problem" (57) enthalten ist. Die Schwierigkeit, die hier auftritt, ist folgende: Wie können in einem Lande europäische Siedler und bodenfeste Eingeborenenbevölkerung zusammen leben, wenn die letztere zu zahlreich und zu kräftig ist, um von den eindringenden Kolonisatoren verdrängt oder ausgerottet zu werden (vgl. Nordamerika und Australien)?

Van Plettenberg glaubte diese Frage einfach dadurch lösen zu können, dass er 1778 mit einigen Kaffernhäuptlingen den Unterlauf des Fischflusses als Grenzlinie zwischen Europäern und Kaffern bestimmte (88, III,109; 91, 87); aber sofort zeigte sich das Unzulängliche dieser Lösung: schon 1779 überschritten die Xosa den Fluss und fielen in das Zuurveld, die Landschaft zwischen dem Unterlauf des Fischflusses und dem Bosjemansfluss, ein. Zwar gelang es 1781, sie davon zu vertreiben und damit diesen ersten in der Reihe der vielen kommenden Kaffernkriege glücklich zu beenden (46, 84). Aber das Ergebnis zeigte doch, dass die Frage des Nebeneinanderlebens zweier so grundverschiedener Rassen nicht einfach dadurch geregelt werden konnte, dass mit einigen Kaffernhäuptlingen ein leicht überschreitbarer Fluss als Grenze ausgemacht wurde.

Von jetzt an war das Leben der Farmer, die in der östlichen Hälfte der Kolonie lebten, stets gefährdet und unsicher. Ihre Zahl in der Nähe der Grenze nahm immer mehr zu, und damit wuchs für die Kaffern die Versuchung, den Fischfluss zu überschreiten und die Farmen zu plündern. Um nun diese Farmer im Osten nicht ganz ohne Aufsicht zu lassen, beschlossen die Direktoren, einen neuen Ostdistrikt zu schaffen; 1786 wurde der Platz für die Drostei Graaff Reinet, aus der sich der gleichnamige Ort entwickelte, sorgfältig nach hydrographischen, wirtschaftlichen und strategischen Gesichtspunkten ausgewählt (12, I). Viehzucht war nahezu die einzige Beschäftigung der in dem neuen Distrikt lebenden Farmer.

Eine genaue Abgrenzung nach Norden erfuhr die Kolonie zur Zeit der Herrschaft der Niederländischen Kompanie überhaupt nicht. Die jeweils vorderste Linie der vordringenden Farmer war hier die Grenze, eine Linie, die im einzelnen historisch oft schwer zu rekonstruieren ist. Hier war die Ausbreitung der Farmer nur durch Vertreibung der Hottentotten möglich, deren Zahl schon durch zwei große Pockenepidemien sehr dezimiert war. Wegen ihrer kleinen Zahl, ihrer nomadenhaften Lebensweise und ihrer geringen politischen Organisation waren sie ein leichter zu überwindendes Hindernis für die Ausbreitung der Kolonie, als es die vorwärtsdrängenden Massen der Kaffern im Osten wurden. Darum ist es zu größeren Zusammenstößen nicht gekommen; es war vielmehr nur eine Verdrängung von jeder einzelnen Wasserstelle (3, 393 ff.).

Anders war die Auseinandersetzung mit den Buschmännern. Diese trieben keine Viehzucht, sondern lebten als Jäger schon zur Zeit der Entdeckung Südafrikas in Rückzugsgebieten (88, I, 9). Immerhin war die große innere Ebene südlich von Orange und Vaal noch völlig in ihrem Besitz, dazu noch viele der kleinen, schwer zugänglichen Bergmassive in dem südlicheren, von Hottentotten bewohnten Gebiet (Kapländisches Faltengebirge und Zentralstufe) (vgl. Theal 91, Karte S. 7). Den eindringenden Europäern gegenüber zeigten sie sich als äußerst rücksichtslose, geschickte Viehräuber. Zu ihrer Verteidigung bildeten die Buren sehr häufig kleine "Kommandos", die die Buschmänner unbarmherzig niederschossen. Die Ausbreitung der Kapkolonie nach Norden ist daher am Ende des 18. Jahrhunderts von einer fast ununterbrochenen Kette von Kommandos gegen die Buschmänner begleitet (3, 402/3).

Eine wichtige Wendung war es, als die ersten Farmer begannen, das zentrale Hochplateau zum dauernden Wohnsitz zu wählen7). Bald nach 1750 wurden die Roggeveld-, Koms-, Nieuwveld- und Sneeuwberge von einzelnen Burenfamilien mit ihren Herden erstiegen (98, Karte 7); die unermessliche Steppenweide des südafrikanischen Veldes lag vor ihnen.

Aus diesen Verhältnissen heraus ist es begreiflich, dass eine genaue Abgrenzung der Kolonie nach Norden damals nicht vorgenommen werden konnte. Nur einmal, 1778, wurde durch die Errichtung eines Grenzsteines ("Plettenbergs Beacon" beim Zeekoefluss, nahe der heutigen Stadt Colesberg) der nordöstlichste Punkt der damaligen Kolonie festgelegt.

Durch die große Ausdehnung, die die Kolonie jetzt bekam, wurde die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Buren an der entfernten Grenze wesentlich verstärkt. Zum Beispiel hatten die Farmer, die in den Sneeuwbergen lebten, bis nach Kapstadt eine Reise von über einem Monat zurückzulegen (88, III, 107), waren also praktisch ganz auf sich gestellt. Sie lebten auf ihren abgelegenen Farmen in nahezu autarkischer Einzelwirtschaft (3, 392).

Dieses weite Gebiet war sehr ungleichmäßig dicht besiedelt. Die Gegend um Kapstadt, besonders der südliche Teil des Stellenbosch-Distriktes, hatte die größte Bevölkerungsdichte (88, III, 183), weil hieraus klimatischen und verkehrsgeographischen Gründen (Nähe der Kapstadt als Absatzmarkt) Acker- und Gartenbau auf Korn, Gemüse, Früchte und Wein möglich war (16, I, 85). Weiter nach der Peripherie zu nahm dagegen die Dichte der Siedelungen rasch ab. Nur die besten Teile des Landes waren als Viehfarmen in Besitz genommen worden, die aber entsprechend der geringen Bevölkerung und der Größe der Herden sehr umfangreich waren (nach Theal nicht unter 23 qkm, meist aber viel größer, 88, III, 279). Es ist der in wachsenden Kolonialgebieten so häufige Gegensatz zwischen altbesiedeltem Gebiet und neuem Kolonialland (vgl. Ostdeutsche Kolonisation, Entwickelung der USA nach Westen), der bald auch in der verschiedenen Größe der Verwaltungseinheiten einen deutlichen Ausdruck fand.

Eine wichtige Rolle im damaligen Siedelungsbild kam der Großen Karroo zu. Sie lag jetzt (um 1795) etwa in der Mitte der Kolonie, war selbst unbesiedelt und wurde nur im Süden und Norden von einer dünnen Kette von Farmen umgangen. So bekommt durch sie die Kapkolonie eine deutliche Zweiteilung, die sich durch ihre anthropogeographischen Wirkungen bald auch in den politischen Verhältnissen geltend macht.

"What the Cape Flats had been to the social and political development of the colony in the early days, the Karroo was in the later" (98, II).

Sie trennte die älteren Distrikte Kap und Stellenbosch scharf von den neu besiedelten Gebieten von Graaff Reinet und brachte damit in die anthropogeographische Struktur der Kolonie einen Dualismus, der in der Folgezeit die Quelle wichtiger politischer Gegensätze wurde und auch heute noch zu beobachten ist. 


6.

Während der 150 Jahre, in denen sich diese völlig kontinentale Ausbreitung der Siedler im Kaplande vollzog, hatte sich die politische Lage nicht nur in Europa, sondern auch im Indischen Ozean beträchtlich gewandelt. Die Niederlande waren von der Stellung einer europäischen und kolonialen Großmacht zu der eines Mittelstaates herabgesunken; ihre ostindische Kompanie geriet in Verfall, ihre Seemacht war geschwächt (73, 164). Dagegen war aus den wenigen Faktoreien der englischen Kompanie in Vorderindien unter Zurückdrängung der Holländer und Franzosen ein großes Reich geworden8) (vgl. 84, Tafel VI - IX), dessen Behauptung besonders nach dem Abfall der Neuenglandstaaten als ein Lebensinteresse Großbritanniens betrachtet wurde (16, I, 233).

Aber es zeigte sich nun eine Erscheinung, die in der Geschichte kolonialer Reichsbildungen vielfach zu beobachten ist: Der neue Besitz stellt nicht nur im eigenen Bereich neue Ansprüche, sondern er schreibt zu seinem Ausbau und zu seiner Sicherung auch die Bahnen einer weiteren Expansion vor (77, 194). Im Anfang einer solchen Reichsbildung mögen die freien Entschlüsse und Taten Einzelner ausschlaggebend gewesen sein; aber die weitere Entwicklung ist eine überpersönliche, eine geopolitische Notwendigkeit.

Das Kap hatte in der Sphäre der Portugiesen gelegen, solange diese die Herrschaft im Indischen Ozean besaßen. Es kam in den Besitz der Holländer, als sie die vorherrschende Macht in diesem Ozean wurden. Es musste jetzt auch für die Engländer eine größere Bedeutung gewinnen. Freilich war es für sie nicht unbedingt notwendig, die Holländer von dort zu vertreiben. In deren Händen war es vielmehr für die Interessen der Engländer, denen hier nur eine starke feindliche Seemacht gefährlich werden konnte, gut aufgehoben (75, 40). Die große Gefahr war nur die, dass es leicht in die Hände Frankreichs fallen konnte, wodurch der weitere Ausbau und die Sicherheit des britisch-indischen Reiches stark gefährdet worden wäre.

Schon während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges, in dem Frankreich und seit 1780 auch Holland auf der Seite der Amerikaner standen, versuchte England die Besetzung des Kaps (1781), wurde daran aber noch durch eine französische Flotte gehindert (89, III, 133 ff.).

Als der französisch-englische Krieg von neuem ausbrach und Holland 1795 als Batavische Republik ein Vasallenstaat Frankreichs geworden war, stieg die Gefahr, dass das Kap Stütz- und Ausgangspunkt französischer Flottenunternehmung gegen die Sicherheit des britisch-indischen Reiches und des Weges dorthin werden könnte, auf ihren Höhepunkt.

Daraus ergab sich für England die Notwendigkeit, das Kap, die "physische Garantie der indischen Besitzungen", wie es Lord North genannt hatte (76, 119), selbst zu besetzen. Im Juli 1795 landete ein britisches Landungskorps in der Falsebai, um das Kap im Namen des nach England geflohenen Statthalters Wilhelm von Oranien in Verwahrung zu nehmen. Nach kurzem Widerstand wurde am 15. September 1795 die Kapitulation abgeschlossen.

In den wenigen Jahren der ersten englischen Besetzung des Kaps wurden mehrere innerpolitisch wichtige Reformen begonnen. Aber eine wesentliche Ausdehnung der Kolonie fand nicht statt. Vielmehr erließ der Gouverneur Lord Macartney Instruktionen (89, I, 35 ff.), wonach jede Vergrößerung der Kolonie zu unterbleiben habe; er begründete dies mit philantropischen Motiven gegenüber den Eingeborenen. Damit begann die Ideologie der englischen Philanthropenpartei, die bei der Erregung der öffentlichen Meinung- über die Abschaffung- der Sklaverei eine starke Macht darstellte, einen verhängnisvollen Einfluss auf die Grenzpolitik der Kapkolonie zu gewinnen.

Eine nördliche Grenze der Kolonien war während der ganzen Zeit der holländischen Kompanieherrschaft niemals festgelegt worden. Lord Macartney gab dagegen schon am 14. Juli 1798 eine Proklamation heraus (89, I,39), die die gesamte Koloniegrenze fixieren sollte. Diese Grenze ist etwa identisch mit der Linie der vordersten Siedelungen zur Zeit des Endes der Kompanieherrschaft; nur zum Distrikt Graaff Reinet fügte sie ein kleines Stück Land am Tarka hinzu (98, Karte 7). In der Proklamation war allen Farmern verboten worden, jenseits dieser Grenze sich niederzulassen, Vieh zu weiden oder ohne besondere Erlaubnis des Gouverneurs dort zu jagen. Aber die starke Ausbreitungstendenz der Kolonie, deren Ursachen wir oben kennen lernten, konnte natürlich durch diese willkürliche Festlegung einer Grenze nicht beseitigt werden. Schon damals lebten einzelne Farmer jenseits der Nieuweveld-Berge; sie konnten nicht von der weiteren Ausbreitung- abgehalten werden, denn auch die neue Regierung hatte keine Mittel, sie daran zu hindern.

Noch aber war die Herrschaft der Engländer in der Kapkolonie nicht endgültig gesichert. Nach dem Frieden von Amiens (März 1802) musste das Kap infolge der militärischen und politischen Lage in Europa an die Batavische Republik zurückgegeben werden. Im Februar 1803 räumten die Briten die Kolonie.

Da die Besitzungen der Niederländisch-Ostindischen Kompanie 1798 vom Staate übernommen worden waren, kam das Kapland jetzt unter die direkte Verwaltung der Batavischen Republik. Mancherlei Reformen wurden sogleich in Angriff genommen; sie zeigten, dass die Holländer jetzt auch den Eigenwert der Kolonie, die so lange nur als Stützpunkt für den indischen Besitz behandelt worden war, erkannten.

An der Nordgrenze des Distriktes Tulbagh wurde die Kolonie um einen schmalen Landstrich erweitert, um eine Unklarheit der englischen Grenzziehung von 1798 zu beseitigen und um einige Farmer, die diese Linie schon überschritten hatten, noch in die Kolonie einzubeziehen (88, I, 180). Die neue Grenze von 1805 lief vom Unterlauf des Büffels River in gerader Linie zum Zusammenfluss von Riet und Zak River, von da den Zak River aufwärts bis zu dessen Quelle. Im übrigen aber blieb die Grenze Lord Macartney's bestehen.

Schon bald nach der Übergabe der Kapkolonie an die Holländer brach der Krieg zwischen Frankreich (und damit auch der Batavischen Republik) und England von neuem aus. In England war man jetzt zu der Überzeugung gekommen, dass zur Sicherung des britischen Reiches in Indien die Erwerbung des Kaps unbedingt nötig sei. So hatte schon 1798 der Marquis Wellesley erklärt, dass seiner Meinung nach Indien für England auf die Dauer nicht haltbar sei, wenn das Kap in den Besitz einer Seemacht komme (103, III, 26). Und J. Barrow hatte 1804 sein viel beachtetes Werk über Südafrika mit der Mahnung an seine Landsleute geschlossen,

"that under the present implacable disposition of France towards this country, and the insatiable ambition of its Government, Great Britain never can relinquish the possession of this colony, for any length of time, without seriously endangering the safety of her Indian trade and the existence of her Empire in the East" (1, II, 438).

Die Erkenntnis dieser Notwendigkeit führte zur endgültigen Besetzung des Kaps durch England. Anfang Januar 1806 wurden 7.000 Mann englische Truppen nördlich von Kapstadt gelandet; die kleine und unzuverlässige holländische Truppe wurde am Blueberg leicht geschlagen, Kapstadt besetzt, und schon am 18. Januar 1806 wurde die Kapitulation unterzeichnet.

Jetzt war England fest entschlossen, die Position am Kap nicht wieder aufzugeben. Das geht u. a. aus den Informationen hervor, die der englische Gesandte am preußischen Hofe als Grundlage für jede Diskussion der Friedensfrage erhielt: England könne wohl irgendwelche anderen Eroberungen zurückgeben, aber die Rückgabe von Kapland und Malta (also jener beiden geopolitisch wichtigen Punkte zur Sicherung des nördlichen und südlichen Weges um Afrika) sei undiskutabel (89, I, 209).

Tatsächlich hat man denn auch den Beginn der endgültigen britischen Herrschaft am Kap von 1806 an zu datieren, obgleich erst der Londoner Vertrag vom 13. August 1814 (49, II,57) die formelle Abtretung von den Niederlanden an England brachte. Es ist auffällig, dass mit der Annexion des Kaplandes auch die Erwerbung der Inseletappenstraße zeitlich ziemlich eng zusammenfällt, die von nun an die Verbindung mit Indien sicherstellt (Ascension 1815, Tristan da Cunha 1815, Mauritius 1810, Seychellen und Amiranten 1794, Ceylon 1815) (51, 325). Auch dieses Zusammentreffen zeigt, dass die Besetzung des Kaplandes gerade am Anfang des 19. Jahrhunderts kein zufälliges und isoliertes Ereignis ist, sondern die notwendige Folge der bedeutenden Erweiterung des britisch-indischen Reiches in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.


7.

Als die Kapkolonie 1806 endgültig in den Besitz Englands überging, umfasste sie das gesamte Kapländische Faltengebirge, die Karoo, die zentrale Plateaustufe von den Langebergen bis zum Zoutpansberg (westlich der Stormberge) und den südlichsten Rand der zentralen südafrikanischen Hochebene (98, Karte 10). Sie hatte eine Flächenausdehnung von etwa 128.000 Quadratmeilen (1, I, 9), über die sehr ungleichmäßig eine Kolonistenbevölkerung von 27.000 Europäern verteilt war, wozu noch etwa 30.000 Sklaven, 20.000 Hottentotten im Dienst der Europäer und eine unbestimmte, aber wohl kleine Zahl von frei umherschweifenden Hottentotten und Buschmännern kam (89, I, 188).

Trotz dieser großen Ausdehnung und trotz der rasch wachsenden Bevölkerungszahl (1819 schon 42.200 Europäer; 89, I, 319) schätzten auch die Engländer an der Kolonie zunächst nur die strategische Bedeutung, um derentwillen sie ja von ihnen annektiert worden war. Noch sehr lange hielt sich diese Auffassung, die vor der ersten englischen Besetzung einer der Direktoren der englisch-ostindischen Kompanie formuliert hatte:

"The importance of the Cape with regard to ourselves consists more from the detriment which would result to us if it was in the hands of France than from any advantage we can possibly derive from it as a colony" (102, Kap. III).

Nur langsam erwachte das Bewusstsein dafür, dass die Kolonie mehr sein könnte als nur ein Stützpunkt zur Sicherung Indiens.

Aber unbekümmert darum, dass die offizielle Kolonialpolitik und die öffentliche Meinung Englands zu dieser Zeit eine Vergrößerung des Kolonialreiches nicht wünschten, strebte die Kapkolonie nach immer weiterer Ausbreitung. Zwei Richtungen der Expansion, die nördliche und die östliche, sind zu unterscheiden, da sie ihrem Wesen nach verschieden sind.

Der Charakter der Expansion an der Nordgrenze blieb derselbe wie früher; nur folgt den Siedelungen, die sich immer weiter auf der Hochfläche vorschieben, jetzt auch eine offizielle Grenzziehung nach, die freilich meist schon im Augenblick der Proklamation wieder überholt ist. Tatsächlich ist darum auch jetzt noch der lebendig sich vorschiebende, äußerst aufgelöste Saum der vordersten Siedelungen die Grenze der Kolonie. Die jeweils proklamierte Grenzlinie folgt diesem Wachstumsprozess erst nachträglich und ist darum stets nur ein unvollkommener Ausdruck des wirklichen Zustandes.

Schon die Bildung- des Subdistriktes Beaufort (1818) griff über die bisherige Grenze hinaus, indem sie einen Landstrich jenseits des Zak River der Kolonie hinzufügte (89, I, 306 ff). 1821 konnten sogar schon Farmen am Orange abwärts bis zum Zeekoe River angelegt werden. Schließlich folgte auch hier die offizielle Grenzziehung nach; 1824 wurde die neue Nordgrenze folgendermaßen festgelegt: Stormberg Spruit entlang bis zum Zusammenfluss mit dem Orange, den Orange abwärts bis zu 24° 21' östlicher Länge, von da an in fast gerader Linie zum Pramberg, dann in einer irregulären Kurve zum Zusammenfluss von Zak und Riet River, wo die alte Grenze von 1805 erreicht wird (89, I, 394; 98, Karte 10).

Damit ist zum ersten Male der Orange erreicht, der jetzt auf eine Strecke von über 150 Meilen die Nordgrenze der Kolonie bildet. Charakteristisch ist die nordöstliche Richtung, in der die Ausbreitung vor sich geht. Es ist die Richtung der zunehmenden Niederschlagsmengen auf dem Plateau, denen die Farmer nachgehen, dieselbe Richtung, die später von den auswandernden Buren eingeschlagen wurde, während die trockenen Regionen des Großbuschmann- und Kleinnamalandes noch bis 1847 außerhalb der Kolonie blieben. Das Wachstum der Kolonie ist also hier fast ausschließlich durch die Lebensnotwendigkeiten ihrer Hauptwirtschaftsform, der extensiven Farmwirschaft, bedingt.

Aber noch lange, bevor der Orange in seiner ganzen Erstreckung die Nordgrenze der Kolonie bildete, breitete sich der englische Einfluss schon nördlich dieses Stromes aus. An dessen Nordufer, nahe der Einmündung des Vaal, führte eine zusammengelaufene Horde von Bastards, die später den Namen "Griqua" annahmen, (89, II, 410/11) ein nomadisches Leben. 1803 wurden sie von englischen Missionaren um die Station Klaarwater (das spätere Griquatown) gesammelt. Da die Kolonialregierung nicht wünschte, dass hier nahe der Nordgrenze der Kolonie eine Zufluchtsstätte für entlaufene Sklaven und räuberisches Gesindel entstünde, beobachtete sie dies kleine Staatswesen dauernd und ernannte 1822 einen Agenten für das Griquaterritorium, der die Regierung des "Kapitäns" A. Waterboer überwachte (89, II, 411). 1834 wurde sogar ein förmlicher Freundschaftsvertrag mit Waterboer geschlossen. Darin wurde u. a. der Orange von Kheis bis Ramah als Südgrenze des Griquaterritoriums anerkannt, während Waterboer sich verpflichtete, den Teil der Nordgrenze der Kolonie, der seinem Gebiet gegenüberlag, vor räuberischen Einfällen zu schützen (89, II, 58).


8.

Das große Grenzproblem der Kolonie in der ganzen ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war aber das der Ostgrenze. Hier sollte noch immer - seit der Festlegung des Fischflusses als Grenze durch van Plettenberg 1778 - dieser Fluss die Trennungslinie zwischen den Europäer- und Kaffernsiedelungen bilden. Aber es hatte sich schon längst erwiesen, dass der leicht zu überschreitende Fluss, der zudem mit seinem dichten Uferbusch den Kaffern gute Verstecke bot (12, Kap. XII; 89, I, 341), eine sehr schlechte Grenze war.

Die Folge waren häufige Kafferneinfälle in die östlichen Grenzdistrikte der Kolonie, so dass hier Besitz und Sicherheit der Farmer in den folgenden Jahrzehnten dauernd gefährdet waren. Die größeren dieser Grenzeinfälle sind als die lange Reihe der Kaffernkriege (46, I, 140 ff.) bekannt. Aber auch in der Zeit offiziellen Friedens herrschte hier fasst stets eine Art Kleinkrieg, indem hereinbrechende Keiffernhorden die Viehherden der Farmer wegtrieben. Die Buren, die sich dann rasch zu "Kommandos" vereinigten, versuchten ihr Eigentum zurückzuholen, bzw. die Räuber zu bestrafen, was ihnen jedoch häufig durch die Regierung, die sich den Londoner philantropischen Ideen fügen musste, erschwert oder unmöglich gemacht wurde (62, II, 64 ff.). Es ist hier nicht nötig, die Entwicklung dieser Grenzzustände im einzelnen zu verfolgen. Sie interessieren hier nur insoweit, als sie für die Ausbreitungsbewegung von Bedeutung sind.

Nach der Vertreibung der Kaffern vom Zuurveld sollte die Ostgrenze zunächst durch eine doppelte Militärpostenlinie gesichert werden. Es bestanden 14 Stationen direkt am Fischfluss entlang, 12 etwas weiter zurück; sie lagen in Sichtweite von einander, am Fluss möglichst nahe an Furten (12, Kap. X). Aber die Zahl der Truppen, die der Kolonie zur Besetzung dieser Posten zur Verfügung standen, war für einen wirksamen Schutz dieser langen, durch den großen Bogen des Fischflusses auch noch besonders ungünstig gestalteten Grenze viel zu gering, so dass es zu immer neuen Übergriffen der Kaffern kam (89, I, 326 ff.).

Besondere Folgen für die Grenzpolitik hatte der Kaffernkrieg 1818/19, indem man durch ihn in der Kolonie endgültig zu der Überzeugung kam, dass der Lauf des Fischflusses wegen seiner ungünstigen Gestalt und seiner Uferdickichte eine sehr schlechte Verteidigungsgrenze sei. Dagegen vertraten die englischen Offiziere die Ansicht, dass die Linie Keiskamma-Tyumie eine wesentlich bessere Grenze sein würde, da deren Ufer offener sind und da die Bergketten, die Kaffraria nach Nordwesten abgrenzen, hier näher an die Küste treten, so dass die Verteidigungslinie bedeutend kürzer würde (89, I, 341 ff.).

Dieser Plan kam zur Ausführung; 1819 wurde die Ostgrenze bis zur Keiskamma-Tyurnie vorgeschoben. Aber das dadurch neu erworbene Gebiet ("ceded territory", vgl. 12, II Karte) wurde nicht einfach der Kolonie als weiterer Siedelungsraum zugefügt, sondern es sollte hier eine Art Grenzmark, ein "neutral belt" zwischen den beiden Rassen geschaffen werden. Er sollte als eine Pufferzone zwischen der Kolonie und dem Kaffernlande dienen, und man wollte darin keine Ansiedler, sondern nur Grenztruppen zulassen.

Die Errichtung dieses "neutral belt" bedeutet einen wichtigen Wendepunkt in der Ostgrenzpolitik der Kolonie. Bisher hatte man versucht, die einfache Grenzlinie, das Endergebnis der langen Entwicklung vom Grenzsaum zur Grenzlinie, wie es bei den modernen europäischen Staaten vorliegt (vgl. Ratzel 71), auch hier an der Kafferngrenze unter den ganz anderen Bedingungen des südafrikanischen Lebensraumes zur Anwendung zu bringen. Die dauernden Grenzkämpfe hatten die Undurchführbarkeit dieses Versuches erwiesen. Darum war die Entwicklung der Grenze hier zeitweilig eine rückläufige: Die Grenzlinie wird wieder künstlich zum absichtlich unbesiedelt gehaltenen Grenzsaum verbreitert; das Schutzbedürfnis bedingt verstärkte Abschließung. Es ist ein Vorgang, der in der Geschichte der Kolonisation besonders dort anzutreffen ist, wo kulturell hochstehende Staaten und Kolonien bei ihrem Wachstum mit unzivilisierten, politisch weniger hoch organisierten Gemeinwesen zusammentreffen9) (85, 26 ff.).

Durch die Schaffung dieser neutralen Zone war die Ostgrenze wesentlich gesichert worden. Eine weitere Verstärkung erfuhr sie durch das große Siedelungswerk, das 1820 auf dem Zuurveld geschaffen wurde.

Nach den Napoleonischen Kriegen trat in England eine schwere Wirtschaftskrise und große Arbeitslosigkeit ein (12, II, Kap. 1). Dies erzeugte eine verstärkte Auswanderung nach den noch stark untersiedelten überseeischen Besitzungen Großbritanniens, und ein Teil des damaligen Auswandererstromes wurde nach der Kapkolonie gelenkt.

Nahezu 5.000 Auswanderer britischer und irischer Abstammung kamen 1820/21 in Südafrika an (89, I, 358). In kleinen Gruppen wurden sie fast ausnahmslos auf dem Zuurveld (seit 1821 zu dem neuen Distrikt Albany gehörig) angesiedelt (12, II, Kap. 1 - 3, Karte; 98, Karte 12). Damit diese Siedelung ihren Zweck, eine zuverlässige Barriere gegen Kafferneinfälle zu bilden, gut erfüllen könne, wurden die Auswanderer möglichst dicht beieinander angesiedelt. Darum wurden möglichst kleine Farmen ausgegeben, 100 acres pro Kopf einer Familie, was sich mit Rücksicht darauf, dass es mehr Weide- als Ackerland war, bald als viel zu wenig erwies (46, I, 135).

Die siedelungsgeographische Struktur der Kapkolonie wurde durch das Albany-Settlement wesentlich verändert. Bisher war die Kolonistenbevölkerung größtenteils holländischer Abstammung gewesen; die kleinen Beimengungen von französischen und deutschen Zuwanderern waren von dem in Bildung begriffenen neuen burischen Volkstum rasch amalgamiert worden. Jetzt aber entstand hier plötzlich eine starke, geschlossene, fast rein englische Siedelung (89, I, 356), die sogleich in einen gewissen Gegensatz zu der alteingesessenen Burenbevölkerung treten musste. Dieser Gegensatz der Nationalitäten wurde verstärkt durch die ausgesprochene landschaftliche Absonderung der Ostdistrikte gegenüber den älteren Westdistrikten infolge der trennenden Lage der Karroo. Der Gegensatz wurde damit geographisch, er gewann an Kraft durch die Verbindung mit dem Boden (vgl. Ratzel 71, 11). Die politischen Folgen hiervon blieben nicht aus: die Landverbindung der Ostdistrikte mit dem Westen und Kapstadt war immer lose; dafür schufen sich die Ostdistrikte in Port Elizabeth (gegründet 1820) an der geschützten Algoabai einen eigenen Hafenplatz, der mit bemerkenswerter Schnelligkeit eine große wirtschaftliche Bedeutung gewann. Zeitweilig wurden diese Absonderungsbestrebungen so stark, dass man die Ostdistrikte zu einer vom Westen völlig getrennten eigenen Kolonie zusammenfassen wollte (89, III, 166 ff, IV, 7 ff.). Zu einer völligen Trennung ist es nicht gekommen, doch ist es charakteristisch, dass auch heute noch diese östlichen Distrikte als "the most English part of the colony" (46, I, 136) bezeichnet werden.


9.

Das Albany-Settlement erwies sich als eine erfolgreiche Maßnahme zur Sicherung des Ostens der Kolonie. Dagegen wurde die Grenzpolitik, die mit der Schaffung des "neutral belt" begonnen worden war, nicht konsequent durchgeführt, da man sich entschloss, auch entlassene Soldaten darin anzusiedeln, um die dahinterliegenden Distrikte gegen Einfälle zu schützen. Weiter wurde 1829 am Kat River von der Regierung sogar eine größere Anzahl von Mischlingen und Hottentotten angesiedelt. Im nördlichen Teil des ceded territory und nahe der Küste drangen dagegen wieder Kaffern ein, ohne daraus vertrieben zu werden (89, I, 385).

Damit wurde die klare Trennung von Europäern und Kaffern, die man anfangs durch den Fischfluss, später erfolgreicher durch den "neutral belt" erstrebt hatte, aufgegeben. Die beiden Rassen kamen allmählich in immer engere Berührung. Um illegitimen Handel der Farmer mit den Kaffern zu vermeiden, wurden an der Grenze behördliche Marktplätze zum Verkehr mit den Kaffern errichtet.

Allmählich drang nun auch eine wachsende Zahl von Missionaren und Händlern in Kaffraria ein. Nach dem Kriege von 1820 legte die Regierung bei ihrem "Bundesgenossen" Gaika am Tyumie eine Station an und ließ sich aus London zwei Missionare schicken, die sie nun als politische Agenten zum Verkehr mit Gaika und anderen Kaffernhäuptlingen benutzte. Sie wurden als "government agents under the governors protection" (89, I, 383) bezeichnet, sind also gleichsam als halboffizielle Vorposten der Kolonie zu betrachten. 1823 fasste der wesleyanische Pionier W. Shaw den großen Plan, von Albany aus quer durch das Kaffernland bis nach Natal eine Kette von Missionsstationen anzulegen, und sogleich wurde an seiner Verwirklichung gearbeitet (72, 333 ff.). 1823 wurde bei Pato, dem Häuptling- der stark verkafferten Gonoqua-Hottentotten, die Station Wesleyville gegründet; 1824 bei Ndlambe die Station Mount Coke; 1827 weit in Kaffraria, bereits jenseits des Kei bei Hintsa, dem Häuptling des Gcalekaclans der Xosakaffern, die Station Butterworth; 1830 beim Pondohäuptling Faku der Station Clarkebury am Bashee River.

Hieraus ergibt sich, dass auch in dieser Zeit, die offizieller territorialer Kolonialexpansion im allgemeinen abgeneigt war, der britische Einfluss außerhalb der Grenzen der Kolonie dauernd zunahm. Denn auch diejenigen Missionare, die in keiner festen Beziehung zur Kolonialregierung standen, waren doch Pioniere der britischen Zivilisation und blieben, ebenso wie auch die "unprotected traders" im Kaffernland, nicht ohne Schutz von seiten der Kolonialbehörden (89, II, 90). Das jeweilige Kartenbild, das nur die offizielle Kolonialgrenze zeigt, gibt darum auch hier die wirkliche politisch - geographische Lage nur unvollkommen wieder. Um die eigentliche Kolonie herum liegt eine Sphäre von Vorpostenstationen, die teils mit politischen Funktionen, teils ohne sie brititischen Einfluss ausbreiten und damit der kommenden territorialen Expansion die Wege weisen.

Die Zustände an der Ostgrenze waren unterdessen für die Farmer wieder sehr bedrohlich geworden. Durch das Eindringen von Europäern und Kaffern in das "ceded territory" war dessen Charakter als schützender "neutral belt" völlig beseitigt worden. Es kam zu neuen Reibungen zwischen den beiden Rassen, und die wenigen Truppen, über die die Kolonie verfügte, konnten keinen ausreichenden Grenzschutz bieten (89, II, 85). Kleinere Kafferneinfälle waren wieder häufig, während nominell noch Frieden herrschte.

Da begannen plötzlich am 21. Dezember 1834 12 - 15.000 Kaffern in die Kolonie einzufallen, und zwar in der ganzen Frontbreite der Ostgrenze vom Winterberg bis zur See (12, III, Kap. II ff). Mit einer Wucht, wie man sie bisher noch von keinem der Grenzkriege gekannt hatte (46, I, 156), wurden die östlichen Landschaften bis einschließlich Somerset und Uitenhage von ihnen überschwemmt und verwüstet, die Farmer vertrieben oder getötet. Alle verfügbaren Truppen der Kolonie wurden sofort an der Ostgrenze eingesetzt, und es gelang, die Eindringlinge zurückzuwerfen. Mitte Februar wurde die Keiskamma überschritten, und es folgte nun eine Gegeninvasion, bei der die Truppen bis über den Kei vordrangen.

Auch dieser Krieg von 1834/35 hatte eine weitere Expansion zur Folge. Denn Gouverneur und Kolonisten kamen zu der Überzeugung, dass die Ostgrenze jetzt ohne Annexion eines großen Teiles von Kaffraria nicht genügend gesichert werden könnte, nachdem einmal die bisherige Politik aufgegeben worden war, die in der Grenze der Kolonie zugleich eine eindeutige Trennungslinie der beiden Rassen errichten wollte. Und zwar meinte man, dass die einzige Linie, die mit Aussicht auf Erfolg gehalten werden könnte, der Kei mit seinen steilen, offenen Ufern sei.

In den Proklamationen vom Mai und Oktober 1835 wurde nun die Grenze der Kolonie nach Osten beträchtlich ausgedehnt (12, III, Kap. 4). Sie sollte jetzt am rechten Ufer des Kei von der Mündung bis zur Quelle laufen, von da entlang den Stormbergen zur Quelle des Kraai und am linken Ufer dieses Flusses abwärts bis zum Orange; das neu erworbene Territorium wurde Provinz Queen Adelaide genannt.

Mit dieser Annexion kam wiederum ein neuer Zug in die Behandlung des Ostgrenzproblems. Denn war die bisherige Politik immer daraufhin gerichtet gewesen, die Kolonie gegen die Kaffern möglichst scharf abzuschließen, so wurden jetzt weite Ländereien, die zum Teil dicht mit Kaffern besiedelt waren, in die Grenzen mit einbezogen. Dies erforderte auch eine eigenartige Form der Beherrschung, die an manche Phasen der ostdeutschen Kolonisation erinnert. In dem neu gewonnenen Lande wie auch im alten ceded territory wurde nun eine große Anzahl von einfachen Forts errichtet. Sie wurden mit kleinen Garnisonen belegt und untereinander durch Straßen verbunden, so dass ein zusammenhängendes Verteidigungssystem entstand, dessen Mittelpunkt das neugegründete King Williams Town wurde (12, III, Kap. 5).

Die neue Ausdehnung hatte also zu einer Regelung der Grenzfrage in großem Stil geführt, die endlich auch den Farmern in der Osthälfte der Kolonie Sicherheit versprach. Sie wurde daher fast überall in Südafrika mit Beifall aufgenommen. Nur eine kleine Gruppe von Männern gab es in der Kolonie, die sich einer solchen energischen Eingeborenenpolitik widersetzen: die sogenannte "Missionspartei" unter Führung von Dr. Philipp10). Sie waren radikale Anhänger der philanthropischen Zeitströmung und hatten die seltsamsten Anschauungen über den Charakter und die Entwickelungsmöglichkeiten der Hottentotten und der Bantuneger. Ihr Ziel war die Bildung von Eingeborenenstaaten mit eigenen Häuptlingen, aber unter Führung von Missionaren (91, 191). Es sind Pläne, die in manchem an den Jesuitenstaat in Paraguay erinnern.

Diese in Südafrika nur sehr kleine Gruppe bekam bestimmenden Einfluss auf die Gestaltung der südafrikanischen Dinge, als im April 1835 Lord Glenelg Staatssekretär des Kolonialamtes wurde. Lord Glenelg war, wie alle liberalen Staatsmänner seiner Zeit, ein Gegner jeder kolonialen Expansionspolitik. Außerdem war er ein radikaler Anhänger der Philanthropenpartei, der für die wirklichen Zustände Südafrikas das Augenmaß verloren zu haben scheint, so dass er der kleinen Gruppe Dr. Philipps mehr Glauben schenkte als der Berichterstattung der offiziellen Kolonialbeamten. Er war der Meinung, dass "the great evil of the Cape Colony consists in its magnitude" (62, II, 69). Ende Dezember 1835 ordnete er an:

"... the claim of sovereignty over the new province bounded by the Keiskamma and the Kei must be renounced" (12, III, 281).

Vergeblich waren die Proteste der Farmer und des Gouverneurs, der die kommende Entwickelung schon damals voraussah, als er schrieb, dass ein Rückgängigmachen der neuen Grenzregelung

"... will be speedily followed by an extensive abandonment of Albany and Somerset on the part of the farmers" (62, II).

Das gesamte neuerworbene Gebiet der Province of Queen Adelaide musste wieder aufgegeben werden, die Grenze der Kolonie wurde zur Keiskamma-Tyumie zurückverlegt. Es wurden Verträge mit den Kaffern abgeschlossen (12, III, Kap. 8), die diese geradezu als den Europäern politisch gleichstehende "foreign and independent powers" (12, III, 383) behandelten und deren philanthropische Absichten von den Kaffern nur als Schwäche ausgelegt werden konnten. Die soeben erst errichteten Forts wurden geräumt. Durch diese Regelung- der Grenzangelegenheiten war die alte Unsicherheit der Grenzdistrikte wieder in vollem Maße hergestellt. Durch die Schaffung des ceded territory, noch mehr durch die Annexion Kaffrarias bis zum Kei war der eigentlichen Grenze der Siedelungen eine militärisch organisierte Grenzmark vorgelagert worden, die bei einigermaßen genügender Truppenstärke einen wirksamen Schutz darstellte. Jetzt wurde wieder der Fischfluss zur Trennungslinie der beiden Rassen gemacht, jener Fluss, der sich seit 1778, als ihn van Plettenberg zum Grenzfluss erklärte, als gänzlich unwirksam für den Schutz der Kolonie erwiesen hatte.

Wenn es möglich war, bei der bisherigen langen Ausbreitungsbewegung der Kapkolonie seit der Gründung des Tafelbai-Forts mancherlei geographische Motive nachzuweisen, die diese Bewegung nicht nur in bestimmte, von der Natur vorgezeichnete Bahnen lenkten, sondern dabei auch eine treibende Kraft waren, so ist dies bei der Aufgabe der Province of Queen Adelaide durch Lord Glenelg in keiner Weise möglich. Auf Grund von ganz einseitigen Informationen wurde hier von dem maßgebenden Londoner Beamten, der den Verhältnissen der Kapkolonie und ihren Erfordernissen verständnislos gegenüberstand, die Grenzpolitik entscheidend beeinflusst.

Dies war also alles andere als eine in den Bedürfnissen des Lebensraumes wurzelnde "Geopolitik", vielmehr der Akt einer wirklichkeitsfremden Ideologie. Aber trotzdem ist gerade diese Wendung der südafrikanischen Expansion für politisch-geographische Betrachtungen von hohem Interesse; denn in instruktiver Weise werden hier die Folgen vor Augen geführt, die eine derartige Politik in dem betroffenen Lebensraum selbst anrichtet.

Die Kolonie hatte sich an der Ostgrenze - der einzigen Stelle, wo damals ein ernsthaftes Grenzproblem bestand - nach anfänglichen bösen Erfahrungen selbständig Sicherheitsorgane geschaffen: "Kommando"-System, "ceded territory" als "neutral belt", Province of Queen Adelaide, alles Maßnahmen, zu denen die Initiative nachweislich von den Kolonisten oder der Kolonialregierung, aber nicht von der britischen Reichsregierung ausging. Diese Einrichtungen wurden von einer dem Lebensraum fremden, aber durch das Verhältnis kolonialer Abhängigkeit ihr übergeordneten Macht beseitigt. Die gefährliche und jetzt nahezu ungeschützte Kafferngrenze wurde wieder unmittelbar an die Ostdistrikte, in denen endlich gesicherte Lebensverhältnisse im Entstehen waren, herangeschoben.

Es wird im kommenden Kapitel zu zeigen sein, wie in erster Linie diese verhängnisvolle Grenzpolitik es war, die den scharfen Gegensatz der beiden Nationalitäten entstehen ließ. Damit begann jener britisch-burische Dualismus, der von nun an der vorherrschende Zug auch in der Territorialentwicklung Südafrikas wurde.


III. Der große Burentrek, die Gründung und britische Annexion Natals und die Errichtung der "Vertragsstaaten" (1836 - 1845)

1.

Als den großen Burentrek pflegt man die Auswanderung eines Teiles der Buren aus der Kapkolonie zu bezeichnen, die 1836 begann, sehr bald ihren Höhepunkt erreichte, aber auch in den folgenden Jahren noch andauerte. Die Schätzungen über die Zahl dieser Auswanderer gehen weit auseinander; doch werden es 5 - 10.000 Menschen gewesen sein, die damals die Kolonie verließen (46, I, 195). Es war ein Ereignis, das die südafrikanische Territorialgeschichte in völlig neue Bahnen wies.

Es ist hier nicht möglich, alle die Motive zu analysieren, die zusammenwirkten, um die burischen Farmer zu diesem Entschluss zu bringen. Nur auf zwei verbreitete Anschauungen muss etwas näher eingegangen werden, da diese geeignet sind, den neuartigen Expansionsvorgang, den der große Trek darstellt, sowohl in seinen Ursachen wie in seinen Formen zu verkennen.

Die eine Auffassung, die besonders von englischer Seite oft vertreten worden ist (89, II, 267ff.), ist die, dass es vor allem die Aufhebung der Sklaverei in der Kapkolonie gewesen sei, die die Buren veranlasst hätte, sich den aufgeklärten und philanthropischen Maßnahmen der britischen Regierung zu entziehen. Aber abgesehen davon, dass es weniger die Sklavenbefreiung an sich als vielmehr die ungerechte Art ihrer Durchführung war, die die Buren verbitterte (16, I, 255), zeigt eine vergleichende Statistik der geographischen Verbreitung der Sklaven und der Herkunft der auswandernden Farmer nach Distrikten, dass die Sklavenfrage für die Entstehung des Burentreks nur von ganz untergeordneter Bedeutung gewesen ist. Aus den "Protectors Returns" lässt sich mit großer Genauigkeit die Verbreitung der Sklaven feststellen und aus den "Reports from the Civil Commissioners" ergibt sich, wenn auch nicht ganz so zuverlässig, die Herkunft der Auswanderer (89, II, 268).

Ein Vergleich der beiden Statistiken, bei dem man freilich berücksichtigen muss, dass in den östlichen Distrikten die Sklaven unter den Farmern etwas gleichmäßiger verteilt waren als im Westen, zeigt folgendes Bild:

Aus dieser Statistik ergibt sich, wie verschwindend gering die Zahl der Auswanderer gerade aus den Gebieten war, die durch die Sklavenbefreiung die schwersten wirtschaftlichen Verluste erlitten hatten. Hiermit stimmt auch die Beobachtung überein, dass die meisten der damals trekkenden Buren überhaupt niemals Negersklaven gehalten hatten (89, II. 268). Es ist vielmehr aus diesen Zahlen ersichtlich, dass fast alle Auswanderer aus den gefährdeten Grenzdistrikten stammten. So stützt diese Statistik auch die eigenen Aussagen der abziehenden Buren, die die Unsicherheit der Grenzdistrikte, wie sie vor allem im letzten Kaffernkrieg (1834/35) sich wieder gezeigt hatte, als Hauptgrund ihres Wegziehens angaben (vgl. die zehn Punkte Pieter Retiefs, 23, Nr. 92). Sicherlich hat eine ganze Anzahl von Nebenmotiven zu diesem Entschluss mitgewirkt; den Hauptgrund für die Entstehung des großen Trek hat man gleichwohl in der verhängnisvollen, der Kolonie aufgezwungenen Grenzpolitik und den damit zusammenhängenden Maßnahmen zu sehen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieses Ereignis vermieden worden wäre, und dass damit der britisch-burische Gegensatz nicht diese Schärfe bekommen hätte, wenn schon damals "die Kolonialregierung ihre die Bedürfnisse der Buren berücksichtigende Innen- und Grenzpolitik gegenüber der britischen Reichspolitik hätte durchsetzen können. Denn wie z. B. das gute Verhältnis der britischen Albany-Settlers zu den abziehenden Buren (12, III, Kap. 9) und ebenso die Popularität, die der Gouverneur Sir B. D'Urban und seine Politik auch bei den Buren genoss, zeigt, war schon damals eine Art Interessengemeinschaft aller Europäer in Südafrika im Entstehen. An diesen und mancherlei ähnlichen Symptomen wird deutlich, wie der gemeinsame Lebensraum mit seinen einheitlichen Bedingungen und Gefahren zum Ausgleich der bestehenden und zur Milderung der neuentstehenden Gegensätze drängte. Erst die den Verhältnissen des südafrikanischen Lebensraumes und seinen Erfordernissen fremde Politik der Londoner Reichsregierung störte diese Entwicklung und trieb damit den nationalen Gegensatz zu voller Schärfe, wodurch nun auch die territoriale Einheitlichkeit der südafrikanischen Kolonialentwicklung verloren ging.

Eine andere Auffassung vom großen Trek ist die, dass dieses Ereignis seinem Wesen nach nichts anders gewesen sei, als eine Fortsetzung der bisherigen Ausbreitungsbewegung der Kolonie seit der Gründung des Tafelbai-Forts. Diese Anschauung mag Geltung haben, solange man in den beiden Vorgängen nur das Hineintragen des europäischen Einflusses in die zentralen Teile des Subkontinentes sieht; sie übersieht jedoch gerade den charakteristischen Wandel, der in Motiven und Formen des Ausbreitungsvorganges seit 1836 eintrat.

Das bisherige Wachstum der Kolonie war getragen worden von einzelnen Individuen, die den Siedelungsraum vergrößerten, indem sie an dessen Peripherie neue Farmplätze in Besitz nahmen. Wenn trotzdem auf diese Weise relativ rasch große Flächen in die Kolonie einbezogen wurden, obgleich deren Bevölkerungszahl zwar durch Geburtenüberschuss stark, durch Zuwanderung im Vergleich zu anderen Kolonialländern aber nur sehr schwach vermehrt wurde, so ist dies neben den oben geschilderten Wirtschafts- und Besitzverhältnissen vor allem aus der großen Einheitlichkeit der südafrikanischen Landschaft, besonders des Veldes (97), zu erklären. Landschaften mit ausgesprochener Kammerungsstruktur ertragen leicht eine größere Stauung des Bevölkerungsdruckes (vgl. Haushofer 27). Die südafrikanische Steppenlandschaft aber, in ihrer Weiträumigkeit ein "festländisches Gegenstück zum Wanderfeld der Ozeane", reizte einen so wenig bodenfesten Siedler, wie es der Bur geworden war, zur Ausbreitung, noch lange ehe das Maximum des damals innerhalb der Koloniegrenzen möglichen Bevölkerungsdruckes erreicht war. Ganz anders ist der Vorgang beim großen Trek. Diesmal sind es nicht einzelne Individuen, sondern viele Tausende, die plötzlich die Kolonie verlassen. Es befanden sich darunter die besten und besonnensten Männer des Landes (89, II, 267), die fast alle feste Farmplätze in der Kolonie besaßen und diese mit großen Verlusten aufgaben. Und wie der Anlass zum großen Trek, so war auch dessen Ziel ein politisches: Es sollten selbständige Staatswesen, unabhängig von englischer, vor allem englisch-missionarischer Einmischung gegründet werden, wenn man auch über deren Formen damals noch sehr im Unklaren war. 

Freilich wäre der große Trek, wenigstens in diesen Formen, nicht möglich gewesen, wenn ihm nicht ein Ereignis vorausgegangen wäre, das für die südafrikanische Kolonialgeschichte von großer Bedeutung wurde: Die Entvölkerung weiter Teile Südafrikas durch die Kriege der Sulu und Matabele zu Anfang des 19. Jahrhunderts.

Unter den Eingeborenen Südafrikas hatten sich die von Norden eingedrungenen Bantu, die hauptsächlich auf den feuchtwarmen Küstenterrassen am Indischen Ozean lebten, als die widerstands- und vermehrungsfähigste Rasse erwiesen. Durch ihre stärkere Physis und Intelligenz und ihre höhere politische Organisation waren sie den Buschmännern und Hottentotten wesentlich überlegen. Wenn diese ihre Überlegenheit nicht auch damals schon zahlenmäßig stärker in die Erscheinung trat, so lag das an den beständigen aufreibenden Fehden der Stämme untereinander.

Im Anfang des 19. Jahrhunderts hatte der Stamm der Sulu, der damals an der Ostküste nahe der St. Luciabai zwischen dem Tugela und Mkusi lebte, ein bedeutendes Übergewicht über die anderen Kaffernstämme bekommen. Von seinem Herrscher Tschaka, einem absoluten Despoten von großen Fähigkeiten, war dieser Stamm zu einem reinen Militärstaat organisiert worden. Die Armee war in Anlehnung an das europäische Militärsystem der Kapkolonie gebildet und wurde durch unbedingten Gehorsam, stetige Übung und dauernde Kriege in guter Form gehalten (89, I, 428 ff.).

Es war nun die Politik Tschakas, die seinem Gebiet benachbarten Stämme nicht zu unterwerfen, sondern bis auf wenige junge Leute, die er in seine Armee aufnahm, fast restlos auszurotten. So entstand um den Sitz der Sulu herum ein fast ganz entvölkertes Glacis. In dem Gebiet zwischen Tugela und Umzimvubu (der späteren Republik Natal), das vorher wegen der günstigen klimatischen und Bodenverhältnisse der am dichtesten bevölkerte Teil Südafrikas gewesen war (89, I, 447), lebten um 1824 nur noch wenige Tausende versprengter Eingeborener (91, 164/65).

Wie an der Ostküste die Sulu, so verwüsteten auf der Hochebene die Mantati und vor allem die Matabele das Land. Die Matabele waren früher ein Teil der Suluarmee gewesen; 1828 aber hatten sie sich unter Führung Mosilikatses von ihrem Stamm getrennt und waren auf das Hochplateau gezogen. Nach 1832 lebten sie im westlichen Teil des späteren Transvaal, nahe dem oberen Limpopo; auch hier entvölkerten sie das Land in weitem Umkreis. Vor allem zwischen ihrem neuen Gebiet und dem ihres Mutterstammes, der Sulu, unterhielten sie eine völlig menschenleere Zone als schützenden Grenzsaum.

Die Zahl der Opfer, die diese Verwüstungen der Sulu und Matabele forderten, wird auf mindestens 1 - 2 Millionen geschätzt (89, I, 456). Es ist für die Beurteilung der Rechtsfrage bei der Gründung der Burenstaaten wichtig, sich vor Augen zu halten, dass die Farmer in ein fast ganz entvölkertes und von den relativ kleinen Armeen11) der Sulu und Matabele auch weiterhin menschenleer gehaltenes Gebiet zogen. Erst indem sie die Militärmacht dieser Räuberhorden brachen, schufen sie hier erträgliche Lebensverhältnisse. Und wenn auch später wieder Eingeborene in größeren Mengen in diese Gebiete einströmten, so waren es doch eben die Buren gewesen, die das Land bewohnbar gemacht hatten.

Immerhin gab es einige Teile Südafrikas, die durch ihre Lage und natürliche Beschaffenheit als Schutz- bzw. Rückzugsgebiete wirkten. Sie wurden von diesen Verwüstungen verschont, und in ihnen konnten sich die Reste der versprengten Stämme wieder sammeln. So wurden die Herero im Westen (im späteren Deutsch-Südwestafrika) von ihnen gar nicht betroffen, da sie durch die wasserarme Kalahari, die keine größere Armee überschreiten konnte, geschützt waren. Auch die Kalahari selbst war ein solches Rückzugsgebiet; nachdem der Ansturm der Matabele vorüber war, sammelten an ihrer Ostgrenze, entlang der Linie Kuruman - Mabotsa - Kolobeng - Schoschong, Stationen der Londoner Mission die versprengten Reste der Betschuanen. Am mittleren Orange lebten um Stationen derselben Gesellschaft die Griqua von Campbell und Griquatown bis Philippolis, und nahe dem Caledon River hatten verschiedene Missionsgesellschaften Stationen von Bethulie bis Imparani angelegt (98, 15). Besonders günstige Rückzugsgebiete aber waren die höchsten und unwegsamsten Teile der Drakensberge, die Gegenden des heutigen Basuto- und Swasilandes (98 Karte 14). In deren schwer zugänglichen Bergtälern sammelten sich damals die vor den Sulu und Matabele flüchtenden Reste der verschiedensten Stämme. Im Schutze dieser Bergfestungen bildeten sich hier neue Eingeborenenzentren (89, I, 457-489), die durch ihre beherrschende, gegen Angriffe geschützte Lage sehr bald wieder expansiv wirkten. Es ist charakteristisch, dass gerade diese beiden Rückzugsgebiete, Basuto- und Swasiland, als geschlossene Eingeborenenreservate auch heute noch in Südafrika eine besondere staatsrechtliche Stellung einnehmen.


2.

Für die auswandernden Buren ergab sich nun die Notwendigkeit, die Richtung des geringsten Widerstandes aufzufinden, ohne sich doch in zu regenarme Gebiete abdrängen zu lassen, um nicht die Grundlage für ihre Weidewirtschaft zu verlieren. Die Regionen, die vor ihnen lagen, waren ihnen nicht mehr ganz unbekannt. Denn schon seit längerer Zeit waren einzelne Buren ausgezogen, um sich nach besseren und gesicherteren Lebensverhältnissen außerhalb der Kolonie umzusehen (12, III, 256 ff.). 1834 war eine Gruppe von Farmern sogar bis nach Natal gekommen. Manche von diesen Kundschaftern gingen bei diesen Zügen zugrunde: einer Anzahl von Buren, die Anfang 1836 ausgezogen waren, gelang es unter großen Verlusten, sich bis zur Delagoabai durchzuschlagen (89, II, 270 ff.). Auch lebte während der Trockenzeit auf den begünstigteren Teilen der Hochebene außerhalb der Kolonie, besonders zwischen Orange und Vaal, schon eine größere Anzahl von Farmern. Aber man darf diese noch nicht zum großen Trek rechnen; denn sie betrachteten noch immer ihre Farmen innerhalb der Kolonie als ihre eigentlichen Wohnsitze und wollten sich ihren Pflichten als britische Untertanen nicht entziehen (10, 5 ff.).

Die Richtung nach Osten, die den Herden der Farmer die besten Existenzbedingungen geboten hätte, war ihnen durch die zwischen den Drakensbergen und dem Ozean sitzenden Kaffern versperrt. Der Weg nach Nordwesten und Norden hätte sie nach den trockenen Steppen bzw. Wüstensteppen des Namalandes und der Kalahari geführt. Darum kam für die Auswanderung von größeren Massen nur die Richtung nach Nordosten in Frage. Es ist jene charakteristische Nordostrichtung, die in dem größeren Regenreichtum und der dadurch bedingten Bevorzugung der Osthälfte Südafrikas für jede landwirtschaftliche Kolonisation gegenüber dem Westen ihren Grund hat (vgl. Karte zu 99). Nach dieser Richtung tendierte schon seit der Erreichung des Fischflusses das Wachstum der Kolonie; sie blieb auch später für das Eindringen der europäischen Zivilisation, der Siedlungen und Bahnen maßgebend12).
Der einzige Besitz, den die Farmer außer ihren großen Zeltwagen mitnehmen konnten, waren ihre Herden. Um sich nicht gegenseitig die Weide wegzunehmen, konnten die Auswanderer nicht gemeinsam in einem großen Zug abziehen, sondern mussten in einzelnen kleineren Abteilungen nacheinander reisen. Die Mitglieder dieser einzelnen Gruppen erwählten sich einen besonders bewährten Farmer als Kommandanten, eine Tatsache, die später manche Schwierigkeiten schuf, als es galt, die Gesamtheit der Auswanderer politisch einheitlich zu organisieren.

Auf den Furten zwischen Zeekoe River und Stormberg Spruit überschritten die ersten Trekker den Orange (98, 15). Aber bereits nach kurzem Aufenthalte in dem Lande zwischen Orange und Vaal trennten sich ihre Wege, denn schon waren unter den Führern der einzelnen Gruppen Zwistigkeiten ausgebrochen; die einen breiteten sich über das von den Matabele entvölkerte Gebiet zwischen Orange und Limpopo aus, während der andere Teil unter Führung von P. Retief über De Beer's, Bezuidenhout's und Olivier's Paß nach Natal hinabstieg. Von diesem Lande hatten sie schon durch die Teilnehmer am Zuge von 1834 Kenntnis; sie wussten, dass es durch die Verwüstungen der Sulu nahezu menschenleer war und gutes Land für Farmsiedelungen bot (89, II, 307).

Natal war bisher ein ziemlich unbestimmter geographischer Begriff gewesen. Zuerst bedeutete er den Küstenstreifen, den V. da Gama am 25. Dezember 1497 auf der ersten Fahrt nach Indien gesehen und dem er zur Erinnerung an diesen Tag (dies natalis) den Namen gegeben hatte. Spätere holländische und englische Seefahrer bezeichneten damit das Hinterland der Küste ungefähr zwischen Umzimvubu und Tugela (89, II, 295). Zwar hatte schon 1689 die holländische Kompanie die Bai von Natal von einem dortigen Häuptling durch Kaufvertrag erworben, aber abgesehen von einer kleinen holländischen Faktorei, die 1721 ganz kurze Zeit bestand (4, 193), wurde eine wirkliche Besitzergreifung oder Niederlassung nicht vorgenommen. Darum blieb auch das Hinterland lange Zeit gänzlich unbekannt. Erst 1823 wurde von Kapstädter Handelskreisen der Plan wieder aufgenommen; unter Führung von zwei Offizieren, Farewell und King, wurde hier eine Handelsstation errichtet. Im August 1824 übertrug Tschaka an Farewell

"the port and harbour of Natal, together with the islands therein, and sourrounding country"

 (89, II, 299); dies letztere sollte sich von der Natalbucht an der Küste 10 Meilen nach Südwesten, etwa 25 Meilen nach Nordosten und 100 Meilen nach Innen erstrecken. Dieses Territorium wurde später nach Süden bis zum Umzimkulu ausgedehnt durch weitere Abtretung des Sulukönigs an den Leutnant Fynn (vgl. 46, I, 193 und Karte S. 158/59).

Sehr bald wurde nun versucht, der neuen englischen Niederlassung die Anerkennung der Reichsregierung zu verschaffen. Es ist bezeichnend für das Ausdehnungsbestreben der Kapkolonie, dass diese Gesuche nur von Kapstadt oder den Nataler Ansiedlern selbst ausging, von der Reichsregierung aber zurückgewiesen wurden. Vergeblich waren die mehrfachen Bemühungen des Gouverneurs Sir B. D'Urban und Kapstädter Handelskreise um 1834, in Port Natal eine Regierungsniederlassung mit militärischem Schutz zu gründen (62, II, 95), vergeblich auch die Petition der Nataler Siedler 1835, als Kolonie des britischen Reiches anerkannt zu werden (46, I, 194).

Dies war die politisch-geographische Lage in Natal, als im Oktober 1837 die ersten Buren unter P. Retief ankamen. Es waren etwa 1.000 Wagen, die in den folgenden Monaten die Drakensberge überschritten (89, II, 315). Sogleich wurden mit dem neuen Kaffernkönig Dingan Verhandlungen über Landbewilligungen begonnen. Dieser erklärte sich auch bereit, den Farmern

"the place called Port Natal, together with all the land from the Tugela to the Umzimvubu River, and from the sea to the north, as far as it might be useful and in his possession"

als dauerndes Eigentum zu übertragen (23, Nr. 95). Offenbar war diese Abtretung von Dingan niemals ernsthaft gemeint; denn er verfügte damit noch einmal über dasselbe Land, das er schon den Engländern in Port Natal zugesprochen hatte. Er wollte es auf einen Kampf mit den Buren ankommen lassen und wünschte sie nur bis zu dem für ihn günstigen Zeitpunkt hinzuhalten. Im Februar 1838 wurde P. Retief bei einem Besuch in Dingans Kraal Umgungundhlovu, wo die Verhandlungen endgültig abgeschlossen werden sollten, mit seinen Begleitern ermordet, und auch eine größere Abteilung von Buren wurde an dem Platze, der nach diesem Ereignis den Namen Weenen erhielt, niedergemacht. Erst nachdem unter Führung von A. Pretorius weitere Farmertrupps von der Hochebene zur Verstärkung herbeigekommen waren, gelang es am 16. Dezember 1838 ("Dinganstag"), den Suluherrscher vernichtend zu schlagen.

Nachdem so die Macht der Sulu gebrochen war, nahmen die Buren das fast menschenleere Land mit dem Recht des Eroberers in Besitz. Ihre Zahl betrug 1838 etwa 640 waffenfähige Männer und 3.200 Frauen und Kinder (89, II, 328). Das Staatswesen, das sie nun hier errichteten und als dessen Hauptstadt 1839 Pietermaritzburg gegründet wurde, war die kurzlebige Republik Natal. Sie erstreckte sich von der höchsten Kette der Drakensberge bis zur See, und als ihre Nord- und Südgrenze wurde anfangs der Tugela und Umzimvubu betrachtet. Aber nachdem schließlich Dingan mit Hilfe der Buren durch Panda gänzlich gestürzt worden war, wurde 1840 ein großer Teil von Sululand als Vasallenstaat unter Herrschaft von Panda an die Republik angegliedert. Damit stand nominell das ganze Gebiet vom Black Umvolosi (einschließlich der St. Luciabai) bis zum Umzimvubu und von den Drakensbergen bis zum Indischen Ozean unter der direkten oder indirekten Herrschaft des Volksrates in Pietermaritzburg (vgl. Karten in 89; 98).


3.

Die ausgewanderten Buren waren der Meinung, dass sie durch das Verlassen der Koloniegrenzen aufgehört hätten, britische Untertanen zu sein. Dieser Anspruch wurde jedoch weder von der Kolonial- noch von der Reichsregierung anerkannt (89, II, 269). Andererseits aber wollte sich die Reichsregierung- keinesfalls mit der Annexion weiterer Gebiete belasten. Ein nur ganz vorläufiger Ausgleich dieser beiden schwer zu vereinbarenden Tendenzen war die "Cape of Good Hoope punishment bill" vom August 1836 (23, Nr. 54). Dieses Reichsgesetz unterwarf alle britischen Untertanen südlich des 25.0 südlicher Breite den Gerichtshöfen der Kapkolonie, betraf also den allergrößten Teil der ausgewanderten Buren; es lehnte aber ausdrücklich alle Herrschafts- oder Souveränitätsansprüche auf Gebiete außerhalb der Kolonialgrenzen ab.

Etwas weiter wagte sich schon die Kolonialregierung vor, als sie sah, welcher bedeutende Schaden der Kapkolonie durch den Wegzug so vieler tüchtiger Burenfamilien besonders an der Ostgrenze entstand (10, 2 ff.). Im Juli 1838 forderte der neue Gouverneur Napier die Emigranten auf, in die Kolonie zurückzukehren (89, II, 328): er erklärte ihnen, dass sie auch weiterhin britische Untertanen blieben und drohte, er werde nötigenfalls Port Natal militärisch besetzen lassen. Schon vorher hatte er bekannt gegeben, dass die Reichsregierung keine weitere Kolonisation in Südafrika erlaube und die Bildung irgendwelcher unabhängiger Staatswesen durch britische Untertanen nicht dulden würde. Im November 1838 ließ Napier sogar eigenmächtig Port Natal besetzen und dort ein kleines Fort errichten. Dadurch wurde der einzige bedeutende Hafenplatz von Natal für allen Handelsverkehr gesperrt, um so jede direkte Verbindung der Buren mit überseeischen Mächten abzuschneiden. Aber da auch nach Glenelgs Rücktritt die britische Reichsregierung die bisherige expansionsfeindliche Politik fortsetzen wollte (89, II, 340), musste der Kapgouverneur gegen seinen eigenen Willen Ende 1839 die britischen Truppen von Port Natal wieder zurückziehen.

Die Folge war eine Konsolidierung der Verhältnisse in der Republik Natal. Nachdem durch den Sturz Dingans eine unmittelbare Gefahr von den Sulu nicht mehr drohte, begannen die Buren mit einer geordneten Landverteilung und der Errichtung einer einfachen Verwaltung. Auch wurde mit den Buren, die sich auf dem Hochlande westlich der Drakensberge angesiedelt hatten (Winburg und Potschefstroom), ein loses Bündnis geschlossen. Und in gänzlicher Verkennung der Machtverhältnisse in Europa wurde sogar der vergebliche Versuch gemacht, die Republik Natal unter den Schutz der Niederlande zu stellen (89, II, 365 ff., 382 ff.).

Unter diesen Umständen war es den Kapstädter Handelskreisen und dem Kapgouverneur, der in dieser Zeit am meisten zur Expansion drängte, gelungen, die Reichsregierung von der Notwendigkeit der Wiederbesetzung Port Natals zu überzeugen, um "den Einfluss des britischen Namens im Lande wieder herzustellen" (89 II, 351). Der unmittelbare Anlass war ein Konflikt der Natalburen mit dem im Süden der Republik lebenden Stamme der Pondo. Diese erhoben Ansprüche auf das Land südlich des Umzimkulu, das aber bis zum Umzimvubu zur Republik Natal gehörte und in dessen nördlicher Hälfte der Volksrat einen Teil der wenigen tausend Eingeborenen, die man in Natal vorgefunden hatte, ansiedeln wollte.

Der Pondohäuptling Faku erbat den Schutz der Kapkolonie und der Gouverneur Napier stellte ihm Hilfe in Aussicht; zu der philanthropischen Absicht, die Eingeborenen zu schützen, kam die Furcht der Kolonialregierung, dass durch einen Druck der Natalburen auf die Pondo die Stämme von ganz Kaffraria in Bewegung kommen könnten und so der Osten der Kapkolonie neuen Kafferneinfällen ausgesetzt würde (46, I, 201/2).

Nach anfänglichen kleinen Erfolgen der Buren blieben die Engländer siegreich; die bewaffneten Buren mussten sich zurückziehen und im Juli 1842 ihre Unterwerfung erklären. Längere Zeit war nun ungewiss, was aus Natal und den dortigen Siedlern werden sollte, bis schließlich im April 1843 der Kolonialstaatssekretär Lord Stanley seine Einwilligung gab, das Land unter britischen Schutz zu stellen. Im August 1843 musste auch der Volksrat in Pietermaritzburg die britische Souveränität anerkennen, und am 28. September 1843 wurde Natal offiziell zur britischen Kolonie erklärt (89, II, 393). Ein großer Teil der Buren wollte sich aber der britischen Herrschaft nicht unterwerfen, sondern zog- über die Drakensberge wieder auf das Hochland zurück; noch nicht einmal 500 Emigrantenfamilien blieben in der neuen Kolonie zurück (44, 58).

Allerdings behielt die britische Kolonie Natal, die 1844 zu einer Depedenz der Kapkolonie erklärt wurde (23, Nr. 109), nicht dieselben Grenzen, die die Republik sich gegeben hatte. Im Süden wurde die Grenze bis zum Umzimkulu zurückgezogen. Im Norden wurde das Vasallitätsverhältnis zu Pandas Staat gelöst und somit der Sulustamm wieder als unabhängig anerkannt (23, Nr. 108). Dafür aber musste Panda einen Teil seines Territoriums, das Land zwischen dem Buffalo River und dem oberen Tugela, an Natal abtreten (31, I, 199 ff.). Dies war eine politisch-geographisch bedeutsame Erwerbung, denn die neue Kolonie vervollständigte damit ihre Kontrolle über alle wichtigeren Pässe zwischen dem Swasi- und Basutoland. Zugleich musste Panda damals auch die St. Luciabai an Großbritannien abtreten (31, I, 199). Auch diese Erwerbung ist geopolitisch wichtig und zeigt schon die Tendenz an, in der sich die territoriale Ausbreitung der britischen Besitzungen in den nächsten Jahrzehnten hier vollziehen wird. Denn die Absicht dabei war, die Buren auf dem Hochlande zu verhindern, nach dem Verlust von Natal einen anderen Zugang zur See zu gewinnen. Und andererseits sollte vermieden werden, dass fremde Mächte durch die Besetzung der St. Luciabai sich in der Nähe der neuen Kolonie festsetzen und damit in die weitere Entwicklung der südafrikanischen Angelegenheiten eingreifen könnten (89, II,393).

Die Annexion Natals bringt eine völlig neue Tendenz in der britischen Ausbreitungsbewegung in Südafrika zur Geltung. Die bisherige Ausdehnung der Kapkolonie war ein langsames, stetiges Wachstum durch Ausbreitung der Siedelungen an der kontinentalen Binnengrenze gewesen. Jetzt aber ist es ein rein politisches Motiv, das die neue Expansion leitet: Die Abschnürung der ausgewanderten Buren vom Zugang zum Meer. Die Befürchtung, dass die scheinbar wenig eingeborenenfreundliche Politik der Buren einen Druck der Kaffern auf die Kapkolonie erzeugen könnte, bot nur den unmittelbaren Anlass zum Einschreiten. Die Tatsache jedoch, dass im August 1841 in Port Natal ein amerikanisches Handelsschiff gelandet war und mit den Buren des Hinterlandes Handelsbeziehungen eröffnet hatte, hatte besonders den Kapstädter Kaufleuten (89, II, 363) mit aller Deutlichkeit die Gefahren gezeigt, die für sie und die britische Stellung in Südafrika überhaupt aus der Gründung der Republik Natal sich ergaben. Ließ man hier in Natal einen selbständigen Burenstaat entstehen, so war die Kapkolonie nicht mehr das einzige Einfallstor nach dem Inneren, und auch die politische Einmischung fremder Mächte erschien möglich.

Die eigensten Interessen der Kapkolonie waren es also gewesen, die die Annexion Natals erfordert hatten; dem Kapgouverneur gelang es, diese Annexion in einer Zeit durchzusetzen, als die Reichsregierung keinerlei neue Kolonialerwerbungen wünschte. Mit Recht hat man daher in dieser Maßnahme einen ersten Sieg der im Lebensraum wurzelnden, dessen Notwendigkeiten erkennenden Kapstädter Politik über die Bevormundung durch die Reichspolitik gesehen (Salomon 75, 45; 77, 153).

Schon damals stellten also die englischen Kreise der Kapkolonie eine Art südafrikanische Parallele zur Monroe-Doktrinm auf. Und wenn auch später von England zeitweise nahezu unabhängige Burenstaaten anerkannt wurden, so geschah es nur unter dem Druck äußerer Umstände und unter der offenbaren Voraussetzung der meisten Kapengländer (84, 209), dass dies nur vorübergehend sei. Es ist jener eigenartige, in einer größeren Raumauffassung wurzelnde (Ratzel 71, 270), ländergierige Imperialismus wachsender Kolonialstaaten, der weite Räume im voraus sichern will, um sich Möglichkeiten einer künftigen Entwickelung offenzuhalten.

Nicht nur ihren Motiven nach, sondern auch in ihren politisch-geographischen Formen beginnt mit der Annexion Natals eine neue Tendenz in der südafrikanischen Ausbreitungsbewegung. Der typisch kontinentale Zug des frühen Burenlebens spiegelt sich in der ausschließlich kontinentalen Ausbreitung der Siedelungen und damit der Koloniegrenze; denn nicht die Ostindische Kompanie, sondern die Buren waren es, wie oben dargelegt wurde, die die Vergrößerung der Kapkolonie bisher veranlassten. Die wenigen Ansätze zu einer überseeischen Ausbreitung (Besetzung der Delagoabai, Kauf von Port Natal, Besitzergreifung von Angra Pequena und Walfischbai) wurden charakteristischer Weise nicht weiter verfolgt. Als die Engländer 1806 die Kolonie übernahmen, übernahmen sie zunächst auch diese kontinentale Ausbreitungstendenz. Die Annexion Natals aber brachte eine neue Wendung: Die überseeisch-umfassende Expansion. Der kolonisatorisch zu bewältigende Subkontinent wird nicht mehr, wie es die bisherige Ausdehnung der Kapkolonie gezeigt hatte, nur von einer Seite her "aufgerollt", sondern man setzt sich zu ihm und zu den in seinem Inneren sich bildenden Burenstaaten in Flankenstellung. Neben der Annexion Natals sind der Kauf der St. Luciabai, die Besetzung von Port St. Johns und die Besetzung der Walfischbai in der kommenden südafrikanischen Entwickelung Beispiele hierfür. Es sind Wachstumsspitzen (71; 50), die von außen in den fremden Raum hineingetragen werden und die Ansatzpunkte der weiteren Ausbreitung werden.

Dieser Gegensatz ist ein weiterer Beleg- für Haushofers Beobachtung, wie Land- und Seemächte ganz getrennte Wege in der Eroberung von Räumen gehen: Der ozeanische Reichsentwicklungstyp schnürt umfassend ab und überläßt dann wohl das Innere der langsamen, selbstverständlichen Durchdringung13) (zitiert in 51, 318).

Durch die Annexion Natals war der erste Versuch der ausgewanderten Buren, einen Zugang zum Meer zu erlangen, zurückgeschlagen worden. Nun aber hatte sich die britische Regierung mit den Buren, die sich auf dem Hochlande zwischen Orange und Limpopo angesiedelt hatten, auseinanderzusetzen. Das Mittel dazu sollten Verträge mit den Eingeborenen sein, durch die man diese zu schützen und zugleich die Buren völlig abzuriegeln gedachte. Schon 1834 war mit A. Waterboer, dem Kapitän der Griqua am mittleren Orange, ein derartiger Freundschaftsvertrag abgeschlossen worden, der diesem das Land am Nordufer des Orange von Kheis bis Ramah, aber ohne genauere Begrenzung nach Norden, zuerkannte. Die Griqua, die ein nomadisches Jägerleben führten, hatten sich jedoch schon seit etwa 1820 nach Norden (Daniel's Kuil, Boetsap, Campbell) und später nach Osten ausgebreitet. Besonders diese östlichen Griqua, die 1826 unter Leitung der Londoner Mission nachdem Gebiet zwischen Orange und Riet River einwanderten, wurden für die Grenzpolitik von Bedeutung.

Durch Fixierung der berühmten Platberg Line, die von Ramah (am Orange) über Davids Graf bis zum Platberg (am Vaal) verlief, grenzten 1838 A. Waterboer und A. Kok die Gebiete, die sie für ihre westlichen bzw. östlichen Griqua beanspruchten, gegeneinander ab (98, Karten 14 und 16). Dieses Dokument, das die Rechte aller anderen Parteien, die auf dasselbe Land Anspruch erhoben, völlig ignorierte und nicht eine Abgrenzung der Herrschafts-, sondern nur der Anspruchsspharen bedeutet, wurde lange Zeit vergessen, bis es 1870 beim Streit um die Diamantengebiete wieder wichtig wurde.

Die Zahl der östlichen Griqua war außerordentlich klein; sie soll um 1843 etwa 1.500 - 2.000 Seelen betragen haben. Für diese wenigen Leute beanspruchte A. Kok ein Gebiet von ca. 11 bis 12.000 Quadratmeilen, nämlich alles Land zwischen Orange und Modder River, der Platberg Line im Westen und den Gebieten Morokos und Lepuis im Osten (89, II, 419). Dieser Anspruch war um so unberechtigter, als schon um diese Zeit in dem umschriebenen Territorium die Zahl der dort angesiedelten Farmer die der Griqua wesentlich überstieg. Allein an den Ufern des Riet River, also mitten in dem von Kok beanspruchten Gebiet, lebten schon mehr als 1.000 Emigranten (89, II, 422).

Trotzdem entschloss sich die Kolonialregierung, am 5. Oktober 1843 mit A. Kok einen Vertrag zu schließen nach dem Vorbild dessen, den D'Urban schon 1834 mit Waterboer geschlossen hatte. Wie bei den westlichen Griqua, so wurde auch das Gebiet A. Koks darin nicht vollständig umschrieben, sondern es wurde nur als dessen Südgrenze der Orange von Ramah bis Bethulie anerkannt, während die Erstreckung nach Norden offen gelassen war (89, II, 419 ff.).

Am gleichen Tage wurde auch mit Moschesch, dem Oberhäuptling vom Basutoland, ein ähnlicher Vertrag geschlossen. Im Besitz der leicht zu verteidigenden Bergfestung des zentralen Basutolandes strebte er danach, die fruchtbaren Ebenen westlich des Caledon und zwischen diesem Fluss und dem Orange unter seine Herrschaft zu bekommen (98, 18 und Karte 17). Napiers Vertrag mit Moschesch enthielt eine vollständige Umgrenzung des Basutolandes. Als Grenze wurde im Osten und Süden der Lauf des Orange von seiner Quelle bis zur Einmündung des Caledon angenommen, im Norden und Westen eine Linie, die 25 - 30 km nordwestlich des Caledon von Bethulie bis zum Lande der Batlokua lief (89, II, 420; 98, Karte 17).

Im folgenden Jahre, 1844, wurde schließlich noch ein vierter derartiger Vertrag mit dem Pondohäuptling Faku geschlossen. Dieser wurde darin von der britischen Kolonialregierung als Oberhäuptling des ganzen Gebietes zwischen Umtata und Umzimkulu, Drakensbergen und lndischem Ozean anerkannt (89, II, 396). Bezeichnend für die Absicht, mit der auch dieser Vertragsstaat geschaffen wurde, ist die Bedingung, dass Faku sich verpflichten musste, die Landung aller nicht mit einer Erlaubnis der Kolonialregierung versehenen Schiffe zu verhindern, eine Maßnahme, die wiederum zur verstärkten Abschließung der Buren beitragen sollte.

Bild aus Wikipedia

Ansicht von Umtata und den Drakensbergen  von Caesar Carl Hans Henkel (Öl, 1913)

Durch diese Verträge war eine geschlossene Kette von Eingeborenenstaaten geschaffen worden, die sich vom westlichen Griqualande bis Natal und bis zur St. Luciabai erstreckte. Die Abschnürung der Buren erschien damit vollkommen, denn ein Umgehen dieser Kette war kaum möglich; im Westen stellten die wasserarmen Steppen des Namalandes und der südlichen Kalahari, im Nordosten die unwegsamen und unbekannten Bergketten des Swasilandes natürliche Hindernisse von großer Sperrwirkung dar. Bei der Bildung dieser Staaten hatte man die Absicht verfolgt, eine weitere Auswanderung der Buren aus der Kapkolonie zu verhindern, die Emigranten kommerziell vollständig zu isolieren und sie wohl gar wieder zur Rückkehr in die Kolonie zu veranlassen.

An diesen Absichten gemessen erwies sich das Vertragsstaatensystem als ein vollkommener Fehler. Der Grundirrtum war wohl der, dass man in dieser Zeit glaubte, Verträge mit Eingeborenenstaaten bzw. Häuptlingen hätten denselben Wert wie Verträge zwischen europäischen Staaten bzw. Herrschern. Für die weitere territoriale Entwicklung sind diese Vertragsstaaten zwar insofern nicht ohne Bedeutung, als sich die spätere Bildung des britischen Griqualand West und auch des heutigen Basutolandes an sie anlehnen; aber gerade die Bildung der Burenstaaten konnten sie nicht verhindern. Denn sie konnten weder den Handelsverkehr mit den Buren auf dem Hochlande unterbinden, noch verhinderten sie die weitere Auswanderung aus der Kapkolonie. Daher konnten sie auch keinen der Ausgewanderten veranlassen, wieder in die Kolonie zurückzukehren (91, 231). Dagegen wurde nun die britische Kolonialregierung durch die Verträge in allerlei Streitigkeiten der Eingeborenen (besonders an der Nordwestgrenze des Basutolandes und im Pondolande) verwickelt, deren Beilegung mit den angeblichen philanthropischen Gesichtspunkten der britischen Politik nicht immer vereinbar war.

Vor allem aber gelang es Moschesch, unter dem Schutz dieses und weiterer späterer Verträge, im Basutoland durch Zuzug von versprengten Eingeborenen der verschiedensten Stämme (Bataung, Tembu u. a., sogar Buschmänner; 89, II, 402/3) eine bedeutende Basutomacht heranzubilden. Diese wurde um so bedrohlicher, als sie in der Person Moscheschs einen Führer von hohen politischen Fähigkeiten fand. Wie viele Wendungen seiner Politik in der Folgezeit bewiesen (89, II, 423 ff., III, 270 ff.), erkannte er sehr wohl die günstige politisch-geographische Situation, in die ihn der Besitz einer solchen Macht in den schwer angreifbaren Basutobergen versetzte. Immer wieder suchte er Einfluss auf die fruchtbaren Ebenen im Westen und Süden seines Landes zu gewinnen. Dadurch hat er in der kommenden britisch-burischen Auseinandersetzung die weitere territoriale Gestaltung wesentlich mit beeinflusst. Aber es war doch eben die Natur des Landes, die ihm die Erhaltung einer solchen Unabhängigkeit ermöglichte; sie verhinderte, dass das Basutoland in den späteren Orange-Freistaat oder die Kapkolonie endgültig einbezogen wurde, und sie ist es auch, die dessen heutige eigenartige politische Stellung zur Union erklärt.

Somit war durch die Bildung der Vertragsstaaten keines der Ergebnisse erreicht worden, die man von ihnen erwartet hatte; sondern es waren im Gegenteil nur neue Schwierigkeiten und Gefahren entstanden. Dagegen wurden die Buren durch sie auf das äußerste erbittert. Denn sie sahen, dass man die Unabhängigkeit der Griqua, die übrigens zum großen Teil auch als britische Untertanen in der Kapkolonie geboren waren (89, II, 421), der Basuto und der Pondo ausdrücklich anerkannte, während man ihnen das Gleiche verweigerte. So trug die Bildung der Vertragsstaaten wie kaum ein anderes Ereignis dieser Zeit dazu bei, den britisch-burischen Gegensatz zu vertiefen und damit auch den im großen Trek wurzelnden territorialen Dualismus in der weiteren Entwicklung Südafrikas endgültig zu machen.


IV. Die Gründung, britische Anerkennung und Konsolidierung der Burenstaaten auf dem Hochlande (1836 - 1865)

1.

Während der Gründung der Republik Natal hatten sich die Buren auf dem Hochlande zwischen Orange und Limpopo ausgebreitet und begannen, sich eigene Staatswesen zu schaffen. Auch deren Bildung muss hier kurz verfolgt werden, da sie die britische Expansion vorbereiten und mit ihr eng zusammenhängen.

Schon 1836 hatte sich Potgieter von den den Matabelekämpfen entronnenen Resten des Stammes der Bataung fast das ganze Land zwischen Vet und Vaal River abtreten lassen (89, II, 275). Die Bataung behielten nur ein kleines Reservat am Zand River, und die Buren versprachen ihnen Schutz vor weiteren Matabeleangriffen.

Nach heftigen Kämpfen mit den Matabele - die übrigens seit dem 3. März 1836 in einer Art Freundschaftsvertrag mit der Kapkolonie standen (89, II, 285) - wurde in diesem Gebiet nördlich des Vet River der Ort Winburg gegründet. Hier traten am 6. Juni 1837 die Farmer zu einer Volksversammlung zusammen und gaben sich in den "9 Artikeln" eine vorläufige Verfassung (89, II, 290). Während nun der eine Teil der Buren nach Natal abzog, warfen die anderen durch einen weiteren Sieg (November 1837) die Matabele nach Norden bis über den Limpopo und sicherten sich damit endgültig das bisher von diesen beherrschte Gebiet. In einer Proklamation erklärte es Potgieter zum Besitz der Farmer; es umfasste den größten Teil des späteren Transvaal, die nördliche Hälfte des späteren Orange-Freistaates und fast das ganze südliche Betschuanenland bis zur Kalahari (vgl. 89, Karte 14).

Sehr bald breiteten sich nun die Buren hier weiter aus. Potgieter, der nach der ersten Meldung von der Ermordung Retiefs nach Natal geeilt war, um den dortigen Buren bei den Kämpfen gegen die Sulu zu helfen, kehrte im Mai 1838 mit vielen seiner Anhänger wieder zurück. Diese Buren blieben jedoch nicht in dem Gebiet von Winburg, sondern überschritten den Vaal und siedelten sich als erste Europäer nördlich desselben an den Ufern des Mooi Rivier an. Sie gründeten hier den Ort Potschefstroom und bildeten ein eigenes, zunächst von den übrigen Buren unabhängiges Gemeinwesen gleichen Namens. Die Grenzen, die sie beanspruchten, waren anfangs sehr unbestimmt. Erst im September 1840 vereinigten sie sich mit Winburg und schlossen das schon oben erwähnte Bündnis mit den Natalburen. Dabei wurde als der Distrikt Potschefstroom alles von den Matabele gewonnene Land nördlich des Vaal bezeichnet.

Doch blieben die Farmer, die übrigens von Süden her immer neuen Zuzug bekamen, auch in diesen weiten Grenzen nicht lange beisammen. Die halb nomadische Lebensweise, die sie bei dem dauernden Ausdehnungsprozess der Kapkolonie angenommen hatten, ließ sie nur schwer zur Sesshaftigkeit kommen. So genügten oft schon unscheinbare Anlässe, um sie von neuem zum Trekken zu bewegen. Besonders die häufigen Zwistigkeiten der Führer erzeugten Partei- und Gruppenbildungen unter den Farmern, und diese Uneinigkeiten trugen bei dem Fehlen jeder zentralen Regierungsgewalt sehr wesentlich dazu bei, zwischen Vaal und Limpopo ausgebreitete Siedelungen entstehen zu lassen, die sich als unabhängig von jeder nicht von ihnen selbst ausgehenden Regierung betrachteten.

So wanderte Ende 1844 und 1845 eine große Zahl von Farmern aus Winburg und Potschefstroom weiter nach Nordosten. Ihre Absicht war, völlig aus der Reichweite der britischen Kolonialregierung zu kommen und andererseits in größere Nähe der Delagoabai zu gelangen (44, 66), um nach dem Verlust Natals wieder einen Zugang zum Meer zu erlangen.

Schon frühere Versuche einzelner Burentrupps, die Delagoabai zu erreichen, waren wenig erfolgreich gewesen. Durch die Tsetsefliege die besonders in dem feuchtwarmen Küstenvorland häufig vorkommt, wurden ihre Herden vernichtet, und die Buren selbst hatten schwer unter Fieber zu leiden. So zogen auch diese neuen Trekker nicht bis über die Drakensberge, sondern blieben in den bergigen Teilen des östlichen Transvaal. Die einen gründeten hier die Orte Andries-Ohrigstad und Lydenburg und siedelten sich in deren Umgebung an. Von den Swasi erwarben sie 1846 durch Kaufvertrag das Land zwischen Olifants Rivier im Norden, Crocodile Rivier im Süden, Elands Rivier im Westen und der portugiesischen Grenze auf den Lebombobergen im Osten (89, III, 428 Anm.). Auf diesem Gebiet entstand die Republik Lydenburg. Andere Buren, unter ihnen auch der Kommandant Potgieter, zogen weiter nach Norden und ließen sich am Zoutpansberg nieder, wo sie bald die Republik Zoutpansberg bildeten. Die Farmplätze, die durch ihr Weggehen im alten Distrikt Potschefstroom frei wurden, wurden von neuen Ankömmlingen aus dem Süden und den Buren, die Natal nach der britischen Annexion verließen, eingenommen (89, II, 443). Im Süden von Lydenburg entstand schließlich noch zwischen Natal, Sululand und Swasiland die kleine Republik Utrecht, die 1848 von nur einigen Hundert Farmern gebildet wurde.

Alle diese staatlichen Bildungen waren noch sehr in Fluss. Neue Zuzügler aus der Kapkolonie kamen hinzu und schlossen sich einer der Gruppe an; aber auch die alten wechselten noch häufig ihre Sitze. Noch waren die entstehenden Staatswesen nördlich des Vaal nicht durch genau festgelegte Grenzen getrennt. Aber es bildeten sich doch schon deutlich einzelne Zentren heraus. Diese waren Potschefstroom, Zoutpansberg, Lydenburg und Utrecht, die zusammen fast die ganze Fläche der späteren südafrikanischen Republik einnahmen.

Die neuen burischen Siedelungen waren im Süden durch die Kapkolonie am Orange begrenzt, im Norden durch die fieberreichen Niederungen am Ufer des Limpopo, der lange Zeit von den Farmern nicht überschritten wurde. So war für die späteren Expansionsversuche der Buren nur der Weg nach Westen in das Betschuanenland und nach Osten ans Meer möglich.


2.

Die Haltung der britischen Kolonialregierung gegenüber den Farmern auf dem Hochlande war zunächst ähnlich der, die sie gegen die Natalburen einnahm. Sie erklärte, dass auch diese Buren weiterhin britische Untertanen blieben, und die "Cape of Good Hoope Punishment Bill" sollte auch für diese gelten. Aber es war doch im zentralen Südafrika schwerer, diesen Anordnungen Geltung zu verschaffen, als in dem von der Seeseite leicht zu erreichenden Natal.

Zunächst war die Bildung der Vertragsstaaten das einzige, was man gegen die Buren nördlich des Orange unternahm. Wie oben dargelegt wurde, verbitterten diese die Buren nur noch mehr gegen die britische Herrschaft, ohne den beabsichtigten Zweck zu erreichen. Dagegen verwickelten die Verträge die britische Regierung sehr bald in die Streitigkeiten, die zwischen dem südlichen Teil der Emigranten und den Griqua sowie Basuto ausbrachen.

Die politische Lage im südlichen Teil des späteren Orange-Freistaates war in den Jahren 1843 - 45 ziemlich verwickelt. Der Griquakapitän A. Kok beanspruchte alles Land zwischen Orange und Modder River, und dieser Anspruch war ihm auch in allgemeinen Formen, freilich ohne genaue Grenzumschreibung, 1843 in dem Vertrag mit der Kapkolonie bestätigt worden. Hiergegen protestierten die Buren, die behaupteten, dass alles Land nördlich des Orange ihnen gehöre (16, I, 263).

Ein Konflikt der Griqua mit den Buren veranlasste A. Kok, im Januar 1845 von der Kapkolonie militärischen Schutz zu erbitten. Hierbei zeigte es sich, dass die Aufrechterhaltung der Verträge von 1843 die Kolonialregierung mit Notwendigkeit in die Vorgänge nördlich des Orange verwickeln musste. Die Buren wünschten, dass in dem umstrittenen Gebiet eine Demarkationslinie zwischen ihnen und den Griqua festgelegt werden sollte, und dass ihnen vollständig gleiche Behandlung wie den Griqua, d.h. also Unabhängigkeit, zugesichert werden sollte (89, II, 427). Der Vertreter der Kolonialregierung konnte das nicht zugestehen, und so kam es zum Einmarsch britischer Truppen. Nach dem kurzen Gefecht bei Zwartkopjes wurde der ganze Süden des späteren Orange-Freistaates besetzt. Ein kleiner Teil der Buren wanderte nach Norden ab; die meisten aber blieben unter der englischen Herrschaft zurück. Der britische Resident wählte als neuen Amtssitz eine Farm im Norden des besetzten Gebietes zwischen Kaal Spruit und Modder River, woraus Bloemfontem, die Hauptstadt des späteren Orange-Freistaates, entstand.

1846 schloss der Gouverneur mit A. Kok einen neuen Vertrag, worin das Griquaterritorium in zwei Teile geteilt wurde (23, Nr. 153). Der südliche Teil (zwischen Orange, Platberg-Linie, Riet River, Kromme Elleboog Spruit, Van Zyls Spruit und dem Distrikt Bethulie) sollte ein geschlossenes Griquareservat bleiben, worin außer einigen wenigen, von der Kolonialregierung besonders zugelassenen Missionaren und Händlern kein Europäer Land erwerben durfte. In dem nördlichen Teil aber sollten sich die Farmer Land kaufen dürfen. A. Kok behielt zwar offiziell seine Herrschaftsrechte über das ganze Land, aber praktisch wurde die Verwaltung des nördlichen, vorwiegend von Europäern besiedelten Teiles von dem britischen Residenten vorgenommen; alle Europäer im ganzen Griquagebiet wurden als britische Untertanen betrachtet.

In dieser unklaren Stellung des Landes zwischen Orange und Modder River kommt die Zweispältigkeit der britischen Südafrikapolitik dieser Zeit zum Ausdruck. Man betrachtete die Emigranten auch weiterhin als britische Untertanen, und vor allem die Kolonialregierung wünschte die im großen Trek verloren gegangene politische Einheit Südafrikas durch neue Annexionen wieder herzustellen. Aber dem tritt in diesen Jahrzehnten die dauernde Weigerung der britischen Reichsregierung entgegen, neue Verantwortlichkeiten zu übernehmen. Diese beiden Tendenzen stehen sich bei der Ausbreitungsbewegung gegenüber; das Ergebnis sind die vielen halben Entscheidungen, unklaren Kompromisse und der Wechsel zwischen übereilter Expansion und plötzlichem Zurückziehen, mit denen das Vorrücken der britischen Herrschaft in Südafrika von 1806 bis etwa 1884 verbunden ist.

1847 wurde Sir Harry Smith auf den Posten des Gouverneurs berufen. Als Untergebener des früheren Gouverneurs D'Urban hatte er schon nach dem großen Kaffernkrieg 1835 eine energische Ausbreitungs- und Eingeborenenpolitik an der Ostgrenze vertreten und hatte dadurch das Zutrauen auch vieler der burischen Kolonisten gewonnen, die später ausgewandert waren.

Von Anfang an verfolgte Sir Harry auch jetzt eine energische Expansionspolitik. Die Lage an der Ostgrenze war in dem Jahrzehnt nach der Aufgabe der Province of Queen Adelaide schlimmer als je gewesen. 1846 war wiederum ein gefährlicher Kaffernkrieg ausgebrochen (46, I, 163 ff.), der erst Ende 1847 siegreich beendet wurde. Der neue Gouverneur nahm fast bis in die Einzelheiten die Ostgrenzpolitik D'Urbans wieder auf. Eine seiner ersten Amtshandlungen war es, dass er durch die Proklamation vom 17. Dezember 1847 die Ostgrenze der Kolonie wiederum bis an die Keiskamma - Tyumie vorschob und damit das alte "neutral territory" endgültig der Kapkolonie einverleibte (46, I, 164). Wenige Tage später wurde auch das Gebiet zwischen Keiskamma und Kei als Britisch Kaffraria zum britischen Gebiet erklärt. Es wurde jedoch nicht in die Kapkolonie einbezogen, sondern als eine gesonderte Provinz zunächst unter Militärgewalt gestellt, dann als besondere Kolonie verwaltet und erst 1866 mit der Kapkolonie vereinigt (23, Nr. 32).

Sir Harrys Expansionspolitik beschränkte sich aber nicht auf den Osten. Dieselbe Proklamation, die die Ostgrenze bis zur Keiskamma - Tyumie - Linie vorschob, erklärte auch im Norden den Orange von der Einmündung des Kraai River bis zur Mündung in den Atlantik zur Grenze der Kolonie. Der hierdurch erfolgte Landgewinn war von geringer Bedeutung, denn es wurden der Kolonie nur die trockenen, auch für Viehzucht wenig brauchbaren Regionen des Großbuschmann- und Kleinnamalandes (letzteres allerdings mit Port Nolloth und den Kupferminen von Ookiep, hinzugefügt. Wichtig aber ist, dass damit der Orange fast in seiner ganzen Länge zur Nordgrenze der Kolonie wurde. Dieser Strom bildete von nun an die Demarkationslinie, die - von der übereilten Expansion unter Sir Harry zwar vorübergehend überschritten - dann doch fast zwei Jahrzehnte lang die große Trennungslinie zwischen der Kapkolonie und der Sphäre der Burenstaaten blieb.

Anfang 1848 begab sich Sir Harry über den Orange und schloss mit A. Kok einen neuen Vertrag ab. Was die Kolonialregierung noch vor drei Jahren den Emigranten nicht gestatten wollte, das tat sie jetzt selbst: Sie nötigte Kok, auf seine Herr-schaftsrechte zwischen Riet und Modder River zu verzichten und beschränkte das Griquaterritorium auf das schon im zweiten Griquavertrag umschriebene Reservat zwischen Orange und Riet River, Platberg Line und Bethulie (89, III, 273).

Der neue Gouverneur begnügte sich jedoch nicht mit der Erledigung einzelner Grenzfragen der Kolonie. Seine Politik ging vielmehr darauf aus, die Emigranten für die britische Herrschaft zurückzugewinnen. Durch die berühmte Proklamation vom 3. Februar 1848 unterstellte er daher alles Land zwischen Orange, Vaal und Drakensbergen der britischen Souveränität. Smith verglich sein Vorgehen mit dem der englischen Generalgouverneure in Indien, die auch wider ihren Willen genötigt gewesen waren, die Grenzen des Reiches der Ostindischen Kompanie zu erweitern (14, 61). Außerdem wies er darauf hin, dass das fragliche Gebiet eigentlich schon 1845 annektiert worden sei, dass darin völlige Anarchie geherrscht habe, und dass die britische Annexion von den Bewohnern selbst gewünscht worden sei (16, I, 264/65).

Es besteht kein Zweifel, dass der Gouverneur seine Popularität und seinen persönlichen Einfluss auf die Buren stark überschätzte (46, I, 211). Die Farmer südlich des Vet River waren wohl zum großen Teil bereit, sich der britischen Herrschaft zu unterwerfen; aber die meisten Buren des Distriktes Winburg, die seit über 10 Jahren unter einer unabhängigen, seit 1840 mit Potschefstroom gemeinsamen Regierung gelebt hatten, wollten dies nicht. Mit Beistand der Potschefstroomer Farmer leisteten sie bewaffneten Widerstand; es gelang ihnen Bloemfontein zu nehmen und fast das ganze Land bis zum Orange zu besetzen.

Sir Harry Smith war über diesen unerwarteten Widerstand sehr überrascht; doch zögerte er nicht, die Ausbreitungspolitik, die er anfangs mit freundlichem, patriarchalischem Appell an die Buren durchführen zu können geglaubt hatte, nun auch mit Waffengewalt zu erzwingen (89, II, ,287 ff.). Bei Boomplaats, an der Grenze des Griquareservates, wurden die Buren zurückgeschlagen, und damit war zunächst der organisierte Widerstand beendet. Wie schon 1845 nach der Niederlage von Zwartkopjes, so zogen sich auch jetzt die Buren, die sich der britischen Herrschaft nicht fügen wollten, nach Norden, besonders nach Potschefstroom zurück (89, III 295). Das eroberte Territorium wurde nun als Orange River Sovereignty wie eine britische Kolonie organisiert. In Bloemfontein wurde ein Fort errichtet; neue Siedler, darunter auch viele Engländer, kamen aus der Kapkolonie (46, I, 213), das Land schien einer friedlichen und gesicherten Zukunft entgegenzugehen.


3.

Zunächst hatte also die Ausbreitungspolitik Sir Harry Smith's gesiegt; aber durch sein rücksichtsloses Vorgehen hatte er eine freundschaftliche Annäherung von Buren und Briten auf lange Zeit unmöglich gemacht. Rücksichtslose Annexionen (Griqualand West, Basutoland, erste Annexion Transvaals, Burenkrieg) und freundschaftliche Verständigungsversuche (Sir George Grey's Förderationsabsichten 1858, Carnavons Federation Proposeis um 1875, die Unionsbestrebungen von Cecil Rhodes, die aber bezeichnenderweise in dem Gewaltakt des Jameson Raid 1895/96 endeten; vgl. hierzu Cana, 9, Kap. III, V, XII) waren die beiden Mittel, deren sich die britische Ausbreitungspolitik bis zur Vernichtung der Burenstaaten abwechselnd bediente, um nicht allein die englische Herrschaft als die "paramouut power" in Südafrika zu erhalten, sondern auch um die britische Alleinherrschaft wieder herzustellen.

Der energische Widerstand der Buren gegen die Annexion des Orange River Territory, der zunächst in dem Gefecht bei Boomplaats zusammenbrach, hatte schon gezeigt, mit wie starken inneren Schwierigkeiten die neue britische Kolonie rechnen musste. Der Kolonialstaatssekretär Earl Grey hatte die Errichtung der Orange River Sovereignty nur unter der Bedingung gebilligt, dass deren Verwaltung und Verteidigung vollständig von den Einwohnern selbst getragen würde, dass also dem Reich aus dieser neuen Kolonie keine Schwierigkeiten erwüchsen (14, 68). Dies setzte die Willigkeit der Einwohner, sich der britischen Herrschaft unterzuordnen, und eine friedliche Gesamtlage in Südafrika voraus. Schon die ersten kriegerischen Verwickelungen der nächsten Jahre zeigten jedoch, dass sich der Kapgouverneur mit der neuen Expansion im Verhältnis zu den Kräften und Mitteln, die ihm zur Aufrechterhaltung der britischen Herrschaft zur Verfügung standen, zu weit vorgewagt hatte.

Ein neuer Kaffernkrieg begann 1850 und gefährdete lange Zeit die Ostgrenze der Kolonie, zumal auch die im Kat River Settlement angesiedelten Hottentotten sich mit den Kaffern gegen die Kolonisten vereinigten. Die Bedeutung dieses Kaffernkrieges liegt nicht so sehr in der direkten Bedrohung, die durch ihn die Kapkolonie erfuhr, als vielmehr darin, dass er die Aufmerksamkeit und die Kräfte der Kolonialregierung zu einer Zeit absorbierte, als diese alle Mittel zur Behauptung der Orange River Sovereignty nötig hatte. Denn unterdessen war die neue Kolonie auch in direkter Weise bedroht worden durch die benachbarten Basuto.

Die Napier Line (1843) hatte den Basuto ein sehr großes Territorium gegeben, innerhalb dessen - besonders in der Nähe des Caledon River - nicht nur eine größere Anzahl von Farmern lebte, sondern auch mehrere kleine Eingeborenenstämme, die sich der Oberhoheit Moscheschs nicht unterwerfen wollten (98, III, 301 ff.). So ergaben sich an der Nordwestgrenze des Basutolandes dauernd kriegerische Verwicklungen, in die auch die Farmer des benachbarten Teiles der Sovereignty hineingezog wurden. Um hier geordnete Verhältnisse zu schaffen war eine Modifikation der Napier Line unumgänglich, eben weil man durch diese den Basuto ein viel zu großes und darum an vielen Stellen umstrittenes Territorium zugesprochen hatte. Wie in dem Gebiet A. Koks, so wurde also auch hier die Politik, die man unter philanthropischen Begründungen begonnen hatte, aufgegeben, da jetzt die britischen Interessen dies nötig machten. Es begann eine Aufteilung und Zerstückelung des Basutolandes, die schließlich die Herrschaft Moscheschs immer mehr auf die zentralen Teile dieses Gebirgsstockes beschränkte.

Schon Ende 1848 begann dieser Vorgang, indem der Gouverneur einen kleinen Streifen am oberen Caledon, der bisher nach der Napier Line unter Moscheschs Herrschaft gestanden hatte, Sikonyela, dem Häuptling des Batlokuastammes, zusprach (89, III, 299 ff.). Bald aber machte sich eine völlig neue Ordnung der Grenze des Basutolandes gegen die Sovereignty notwendig. Durch die Warden Lines wurde im Laufe des Jahres 1849 das Basutoland im Süden bis zu der Linie: Mündung des Kornet Spruit in den Orange, Vecht Kop, Jammerberg Drift, Kaffir Kop, Paul Smits Berg beschränkt. Nur die beiden Missionsreservate um Hebron und Beersheba gehörten südwestlich dieser Linie noch zum Basuto-lande. Am Westufer des Caledon aber wurden für die Reservate von Sikonyela, Gert Taaibosch, Molitsane, Carolus Baatje und Moroko genaue Grenzen festgelegt.

Durch diese neuen Grenzen war das Herrschaftsgebiet Moscheschs außerordentlich eingeschränkt worden; dies musste zu neuen Expansionsversuchen der Basuto führen, und zum Schutze der Warden Lines war eine größere Truppenmacht notwendig, als sie dem Gouverneur zur Verfügung stand. Sir Harry Smith machte es daher zur Vorbedingung der Anerkennung der Landbesitzrechte in der Sovereignty, dass jeder waffenfähige Mann "should be liable to military Service in aid of the Queen and her allies" (89, III, 308). Dies lehnten jedoch fast alle Farmer energisch ab. Sie waren zwar bereit, die Grenzen der Sovereignty zu schützen; aber in die internen Streitigkeiten der einzelnen Eingeborenen sich zu mischen hielten sie weder für ihre Pflicht noch für ihr Interesse.

Die Folge der Beschränkung der Herrschaft Moscheschs im Süden war, dass dieser eine erhöhte Aktivität an der Westgrenze entwickelte. Bald entstanden neue Grenzstreitigkeiten, so dass Major Warden mit Waffengewalt im Basutolande einmarschieren und den Frieden wieder herstellen sollte. Schon bei dem Versuche Wardens, eine größere Anzahl Farmer zu diesem Zweck zusammenzubringen, zeigte es sich, wie gering jetzt der faktische britische Einfluss in der Orange River Sovereignty geworden war. Die meisten Farmer weigerten sich, militärische Hilfe zu leisten, und so musste Warden mit einer ganz ungenügenden Truppe im Basutoland einmarschieren. Schon bei Viervoet (30. Juni 1851) wurde er von den Basuto geschlagen und musste zurückgehen.

Zahlenmäßig waren die britischen Verluste bei Viervoet nur gering. Aber diese Niederlage hatte doch gezeigt, wie schwer es auch für eine mit europäischen Kampfmitteln ausgerüstete Truppe war, in die Bergfestung des Basutolandes einzudringen. Und vor allem verhängnisvoll war es, dass sie gerade zu der Zeit kam, als die Ostgrenze der Kapkolonie durch den soeben ausgebrochenen Kaffernkrieg gefährdet war.

Nach einem nochmaligen vergeblichen Versuch, die Farmer der Sovereignty zu militärischer Hilfe zu veranlassen, mussten von der britischen Reichsregierung Verstärkungstruppen erbeten werden. Earl Grey gewährte diese Hilfe zwar, "to restore British authority north of the Orange". Aber er erklärte zu gleicher Zeit, dass die Reichsregierung nicht dauernd eine große Garnision in der Sovereignty unterhalten könne, und dass, "if the majority of the inhabitants will not support the authority of the Resident, he must be withdrawn" (15, 243).

Durch diese britischen Schwierigkeiten im Basutoland gewann die burisch-republikanische Partei in der Sovereignty sehr an Zulauf; sie setzte sich mit den unabhängigen Buren nördlich des Vaal in Verbindung. Auch Moschesch, der die immer schwächer werdende britische Stellung in der Sovereignty wohl erkannte, vollzog jetzt eine Frontwendung zu der Partei hin, die ihm nun als die stärkere erschien. Er wandte sich an Pretorius mit der Bitte um Intervention (89, III, 322) und schloss mit den Buren der Sovereignty, die Unabhängigkeit von England erstrebten, unter Umgehung des britischen Residenten ein Abkommen. Darin verpflichteten sich die Buren, sich nicht in die Streitigkeiten der Basuto mit anderen Stämmen einzumischen, während Moschesch sich verpflichtete, dass die Basuto nicht in die Sovereignty einfallen würden (89, III, 323). Die britische Herrschaft war also im Orange Territory auf das höchste bedroht. Die allzu eifrige Ausbreitungspolitik hatte sich bei den zur Verfügung stehenden Kräften als undurchführbar erwiesen. Der Gouverneur Sir Harry Smith wurde daher abberufen.

Damit gewann wiederum jene andere Tendenz, die weiteren Annexionen abgeneigte Politik der Reichsregierung, vollen Einfluss auf die Gestaltung der südafrikanischen Dinge. Ihre erste Maßnahme war es, bei dieser schwierigen Lage eine Intervention von Pretorius und den Transvaalburen zu verhindern; dies geschah durch die formelle Anerkennung der vollen Unabhängigkeit der Buren nördlich des Vaal in der Sand River Convention vom 16./17. Januar 1852 (23, 177). Diese Konvention bedeutete zwar nur die Anerkennung eines faktisch schon längst bestehenden Zustandes, denn die Kolonialregierung hatte über diesen Teil der Buren seit ihrer Auswanderung keinerlei Einfluss ausgeübt. Aber sie bezeichnet doch eine völlige Wendung in der Politik, die man bisher den Emigranten gegenüber eingenommen hatte. Sie enthielt einen Passus, worin England sich verpflichtete, keine Verträge mit Eingeborenen nördlich des Vaal abzuschließen. Das neue Moment, das die Sand River Convention in die südafrikanische Ausbreitungsbewegung bringt, ist also dies: Großbritannien erkennt an, dass es nicht mehr die einzige Kolonialmacht in Südafrika ist, und dass seine Interessen sich nicht über den Vaal nach Norden erstrecken.

Die rückläufige Tendenz der britischen Ausbreitungsbewegung in Südafrika kam mit der Sand River Convention nicht zum Stillstand. Earl Grey, der Kolonialstaatssekretär, kam schon nach der Niederlage bei Viervoet zu der Überzeugung, dass "the ultimate abandonment of the Orange River Sovereignty should be a settled point in our policy" (15,245). Zu dem schliesslichen Entschluss, die Sovereignty aufzugeben, hat auch die politische Lage in Europa mitgewirkt: Es war die Zeit kurz vor Ausbruch des Krimkrieges, und England war nicht in der Lage, große Truppenkontingente nach den Kolonien zu senden und dort kostspielige militärische Operationen durchzuführen.

Den unmittelbaren Anlass zur Aufgabe der Sovereignty gab ein weiteres unglückliches Gefecht des neuen Gouverneurs, General Cathcart, im Basutoland bei Berea Ende 1852. Es war offensichtlich, dass die britische Herrschaft nördlich des Orange nur durch eine starke Truppenmacht gehalten werden konnte, oder dass sie gänzlich aufgegeben werden musste. Die Reichsregierung entschied sich für das letztere; am 14. März 1853 gab sie die Anordnung zur Aufgabe der Sovereignty. Am 23. Februar 1854 wurde die Bloemfontein Convention unterzeichnet, worin die zukünftige Unabhängigkeit der Einwohner des Orange River Territory von Seiten der britischen Regierung anerkannt wurde (23, Nr. 158).

Durch diese beiden Conventionen von 1852 und 1854 hatte die britische Regierung- nicht nur ihre bisherigen Herrschaftsansprüche über die Buren aufgegeben, sondern es war auch der Orange ausdrücklich als die Nordgrenze der Interessen der Kapkolonie bezeichnet worden, jenseits dessen nun die unabhängigen Staatswesen der Buren sich konsolidieren konnten14).

Dadurch hatten also die Buren auf dem Hochlande ihre Unabhängigkeit gewonnen und von England bestätigt erhalten. Die Zahl der Europäer zwischen Orange und Vaal betrug etwa 15.000, während die nördlich des Vaal auf ungefähr 5.000 Familien angegeben wird (89, III, 349, 379). Noch aber fehlte ihnen eine einheitliche politische Organisation. Zwar hatte sich auf dem Boden der ehemaligen Orange River Sovereignty jetzt ein einziges großes Staatswesen, der Orange-Freistaat, gebildet (23, Nr. 159). Aber nördlich des Vaal bestanden auch nach der Sand River Convention noch immer nebeneinander die vier kleinen Republiken Potschefstroom, Zoutpansberg, Lydenburg und Utrecht, die sich aus den vielen kleinen Gruppen der Farmer allmählich als politische Zentren herausgebildet hatten.

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An mehrfachen Versuchen, diese vier selbständigen Staatswesen zu einer politischen Einheit zusammenzufassen, hat es nicht gefehlt; aber dem setzte sich lange Zeit der starre Unabhängigkeitssinn der einzelnen Kommandanten entgegen. Dies ist ein typischer Grundzug im Burencharakter, der auch durch den gemeinsamen Gegensatz gegen England kaum gemildert worden war (vgl. auch Waibel 97, 83). Offenbar bedurfte es erst des Aussterbens eines großen Teiles der alten Generation der "Vortrekker", um hier jenseits des Vaal die Anfänge eines gemeinsamen Staatsbewußtseins entstehen zulassen. Potschefstroom wurde dabei das Kernstück des neuen Staates.

Das "Grondwet" (23, Nr. 182), das der Verfassung des Orange-Freistaates nachgebildet war, wurde die Grundlage, auf der sich 1858 Zoutpansberg an Potschefstroom anschloss. Sie erklärten sich gemeinsam zur Südafrikanischen Republik, und es ist besonders charakteristisch, dass der neue Staat sich keine festen Grenzen setzte.

Im gleichen Jahre schloss sich das kleine Utrecht an die Republik Lydenburg an. Sehr bald gelang nun auch eine Angliederung des vergrößerten Lydenburg an die Südafrikanische Republik. Seit 1857 waren Verhandlungen zu diesem Zwecke im Gange, bereits 1859 war die Union praktisch vollzogen und im April 1860 wurde sie formell bestätigt (23, Nr. 188). Erst in diesem Jahre also waren die Buren jenseits des Vaal in einem einzigen Staatswesen, der Südafrikanischen Republik (Transvaal), vereinigt, zu dessen Regierungssitz das 1855 gegründete Pretoria gewählt wurde.

In weiterer Verfolgung der Unionsbestrebungen, die zur Bildung der Südafrikanischen Republik geführt hatten, fehlte es nicht an Versuchen, auch noch den Orange-Freistaat mit anzugliedern (89, IV, 442 ff.). Dies kam nicht zustande. Neben allerlei persönlichen Differenzen der führenden Männer lag der tiefere Grund wohl in einer deutlichen Charakterverschiedenheit der Buren nördlich und südlich des Vaal. Diejenigen Buren nämlich, die der britischen Herrschaft am meisten abgeneigt waren, hatten sich schon während der Zeit des großen Trek (1836 - 40), nach der Annexion Natals (1843) und nach den Niederlagen von Zwartkopjes (1845) und Boomplaats (1848) in das Gebiet nördlich des Vaal begeben, so dass hier eine Hochburg des schroff antibritischen Burentums entstand. Dagegen waren die zwischen Orange und Vaal zurückgebliebenen Buren zu Kompromissen mit den Engländern eher geneigt. Abgesehen von einem kleinen Grenzstreit, der aus einer ungenügenden Kenntnis des Oberlaufes des Vaal entsprang und 1870 zugunsten der Südafrikanischen Republik entschieden wurde (Klip River Arbitration, 98, Karte 16), bestanden zwischen den beiden Staaten freundschaftliche Beziehungen, aber kein engerer politischer Zusammenhang. Die Ausbreitung der burischen Siedlungen durch den großen Trek und die ihm folgenden Wanderzüge war es also gewesen, die in anfänglich starken Gegensatz zur englischen Politik große Teile des zentralen Südafrika dem europäischen Einfluss geöffnet hatte. Bisher hatte England darum gekämpft, seine Alleinherrschaft und damit die territoriale Einheitlichkeit der südafrikanischen Kolonialentwicklung zu wahren. Diesen Kampf hatte es verloren; der britisch-burische Gegensatz war zu einem territorialen Dualismus geworden. Denn noch immer waren die faktische britische Herrschaft und die geringe Zahl der britischen Siedler in der Kapkolonie wie in Natal vorwiegend auf die Nähe der Küste beschränkt. Im Gegensatz dazu hatten im Innern die Burenstaaten in der Veldregion des Hochlandes durch ihre Entstehung, ihre Lage und die Eigenart ihrer Bewohner einen ausgesprochen kontinentalen Charakter.

Das politische Problem der Zukunft musste nun sein, welche von den beiden Mächten zur "paramount power" in Südafrika werden würde. Dabei musste der Kampf um die noch nicht erschlossenen und annektierten Gebiete entbrennen. Hierbei ist die Tendenz zu einem charakteristischen Wechsel in der territorialen Struktur der beiden Mächte zu erkennen, die den Versuch zu einer politisch-geographischen Angleichung darstellt (Ratzel 71): Die Burenstaaten bemühen sich, einen eigenen Zugang zur Küste zu bekommen, um für ihren Widerstand die Kräfte zu gewinnen, die die freie Verbindung mit dem Weltmeer bietet (Ratzel 70). Das britische Kolonialreich in Südafrika dagegen, das in seinen Anfängen das Beispiel eines durchaus maritimen Reichsbildungstyps bot, muß sich nach anfänglichem Zögern auch in die zentralen Teile des Kontinentes hinein ausdehnen. Noch bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus herrschte England in Südafrika allein durch die Tatsache, dass es alle Häfen kontrollierte; am Ende des Jahrhunderts aber sind gerade die zentralsten Teile des Subkontinentes der Schauplatz einer großartigen kontinentalen britischen Expansion.

Die Ausbreitungsversuche der Buren nach Osten und Westen und die Abschließungs- und Umfassungsbestrebungen der britischen Politik sind die beiden Tendenzen, die von nun ab die weitere südafrikanische Territorialentwicklung kennzeichnen.


V. Die Vorstufen der neuen britischen Expansion: Basutoland, Griqualand West und die Delagoabaifrage (1860 - 1870)

1.

Durch die Verträge von 1852 und 1854 war wiederum der Orange die Nordgrenze der britischen Besitzungen und Interessen geworden. Zwar waren diese Abkommen unter dem lebhaften Widerspruch der englischen Kreise der Kapkolonie zustande gekommen, die auch weiterhin stets für eine Erweiterung des britischen Besitzes in Südafrika eintraten. Aber der tatsächliche Einfluss dieser Kreise auf die Führung der Politik war trotz der Gewährung einer Repräsentativverfassung an die Kolonie im Jahre 1853 noch gering. Darum machte denn auch die britische Ausbreitungsbewegung auf eine längere Reihe von Jahren nur geringe Fortschritte.

Jedoch an einer Stelle erfolgte damals eine kleine Erweiterung der britischen Besitzungen: Auf den PinguininseIn vor der Küste des Namalandes nördlich der Orangemündung. Schon seit 1843 wurden die hier vorhandenen reichen Guanolager ausgebeutet, und am 11. November dieses Jahres hatte sogar ein englischer Kapitän im Namen der Königin von England von der wichtigsten dieser Inseln, Ichaboe, Besitz ergriffen (89, II, 235), eine Annexion, die er ganz eigenmächtig vornahm und die daher nicht anerkannt wurde.

Erst am 21. Juni 1861 erfolgte die offizielle Besitzergreifung von Ichaboe, die also nur die Bestätigung eines faktisch schon lange bestehenden Zustandes bedeutete (31, I, 165). Auch hierbei ist wieder die stärkere Expansionstendenz der Kapkolonie gegenüber der britischen Reichsregierung zu beobachten; kurz nach der Besitzergreifung von Ichaboe gab der Kapgouverneur eine Proklamation heraus, worin er auch die ganze Reihe der übrigen Pinguininseln annektierte (31, I, 165). Diese Proklamation wurde jedoch damals von der britischen Regierung nicht anerkannt; so kam es, dass die übrigen dieser Inseln erst am 5. Mai 1866 in Besitz genommen und 1867 an die Kapkolonie angegliedert wurden (81, I, 165). Der Kapgouverneur drängte freilich schon damals, das britische Gebiet auch an der Küste auszudehnen und zwar bis zum 22.° südlicher Breite. Aber die Reichsregierung gab ihre zurückhaltende Politik noch nicht auf, und so blieb auf dem Festlande zunächst der Orange die Nordgrenze.

Erst 10 Jahre später, als auch in anderen Teilen Südafrikas eine neue britische Expansionspolitik eingesetzt hatte, kam man auf diese Pläne zurück. 1877 empfahl der High Commissioner und Kapgouverneur Sir Bartle Frere die Annexion der ganzen Küstenlinie Südwestafrikas bis zur Grenze des portugiesischen Besitzes in Angola (46, I, 306/7). Der Staatssekretär für die Kolonien, Earl Carnavon, verschloss sich den vorgebrachten Gründen nicht; auch er, der so lebhaft eine Einigung Südafrikas unter britischer Führung wünschte (9 ,58 ff.), war der Überzeugung, dass dies ganze Gebiet schließlich einmal unter die britische Herrschaft kommen müßte15). Aber wegen des großen Urnfanges des fraglichen Gebietes und wegen der häufigen Kämpfe der Eingeborenen schien ihm die sofortige Annexion nicht vorteilhaft und nötig.

Auch hier bestätigt sich also die in anderen Teilen Afrikas und in Australien zu machende Beobachtung, dass die Wüstenküsten dem Ansetzen und Vordringen der europäischen Kolonien am längsten Widerstand leisteten (vgl. 51, 216). Aber auch Carnavon war dafür, dass wenigstens die Walfischbai,

"the only door of entrance to very large regions in which the colony is materially interested should be placed in the custody of Great Britain" (89, V, 115),

vorausgesetzt, dass die Kapkolonie die daraus entstehenden Kosten tragen wollte. Denn diese Bai, die auf einer weiten Küstenstrecke den einzigen brauchbaren Hafen bietet und durch relativ günstige Wasserverhältnisse ausgezeichnet ist, war der Ausgangspunkt eines rasch zunehmenden Handels nach dem Inneren geworden.

Daraufhin wurde in der Proklamation vom 12. Mai 1878 von der Bai und einem kleinen Stück der sie umgebenden Namib, im ganzen etwas über 1.000 qkm, Besitz ergriffen (31, I, 175/76). Der Wert dieser neuen Erwerbung, die 1884 an die Kapkolonie angegliedert wurde, bestand, wie schon Carnavon betont hatte, allein in ihrer Eigenschaft als (neben Angra Pequena) einziger natürlicher Einfallspforte in das weite südwestafrikanische Hinterland, das durch nomadisierende Burenfarmer, Händler und vor allem eindringende Missionare (72,497ff.) allmählich der europäischen Zivilisation erschlossen wurde. Politisch-geographisch betrachtet ist sie eine Wachstumsspitze, die aus wirtschaftlichen und zugleich politischen Motiven über See her in den zu bewältigenden Erdraum hineingetragen wurde und die den Ausgangspunkt zu weiterer Expansion geben sollte. Die deutsche Protektoratserklärung über Südwestafrika (1884) vereitelte diese Absicht und konservierte so gleichsam einen Zustand, der nur als ein Augenblicksbild politisch-geographischer Raumbewältigung zu betrachten ist. Die Hartnäckigkeit, mit der England eine Abtretung der Bai an Deutschland ablehnte, schuf den paradoxen Zustand, dass Deutschland in Swakopmund, unmittelbar neben dem besten Hafen Südwestafrikas, unter großen Schwierigkeiten künstliche Hilfenanlagen errichten musste (79, 276). Aber die natürliche Bevorzugung der Walfischbai trat sogleich nach der britischen Besitzergreifung Deutsch-Südwestafrikas im Weltkrieg durch eine rasche Umlagerung des Überseeverkehrs von Swakopmund nach Walfischbai deutlich zutage (61, 914/15; 6,28 ff).


2.

Als der Orange-Freistaat im Jahre 1854 die Unabhängigkeit erlangt hatte, sah er sich zwei politischen Problemen gegenüber, deren Lösung ihm nach dem Rückzug der englischen Herrschaft überlassen war: Die Frage der östlichen Griqua unter Adam Kok und das Verhältnis zu Moschesch und den Basuto.

Die östlichen Griqua waren durch den Vertrag von 1848 auf das Reservat zwischen Riet River und Orange beschränkt worden. Nach dem Wortlaut der Griquaverträge sollten Europäer in diesem Gebiete kein Land erwerben dürfen; aber diese Bestimmung erwies sich als undurchführbar. Die Griqua benötigten bei ihrer geringen Zahl keineswegs das ganze Gebiet; und sie konnten sich der Versuchung, gegen einen für sie beträchtlichen Preis ihre Farmplätze an Europäer zu verkaufen, nicht entziehen. So siedelte sich in dem ehemaligen Reservat eine größere Anzahl europäischer Farmer, meist neue Zuzügler aus der Kapkolonie, an; die Griqua aber verloren ihr Land. Der Gouverneur Sir George Grey schlug daher vor, die Griqua aus dem Freistaat zu entfernen und in dem damals unbesiedelten "No-Man's Land" östlich des Basutolandes, an den regenreicheren und fruchtbareren Ostabhängen der Drakensberge zwischen den Flüssen Umzimhlava und Umzimvubu anzusiedeln. Die Griqua willigten ein und zogen in den Jahren 1861 - 1863 nach dem "No Man's Land", das seither den Namen "Griqualand Ost" führt. Am 26. Dezember 1861 hatte A. Kok noch alles nicht in festen Besitz genommene Land und die Herrschaftsrechte über alle seine bisherigen Besitzungen nördlich des Orange an den Freistaat verkauft (89, IV, 197), was später bei dem Streit um Griqualand West von Wichtigkeit wurde.

Weit schwieriger als die Griquafrage dagegen gestaltete sich die Herstellung eines befriedigenden Verhältnisses zu den Basuto. Deren Expansionsbestrebungen sah sich jetzt der Freistaat mit seinen noch schwachen staatlichen Kräften ganz allein gegenüber. Auf die günstige politisch-geographische Lage, in der sich die Basuto gegenüber dem Freistaat befanden, ist schon oben hingewiesen worden. Der Vorteil, den sie aus dieser bevorzugten Lage zogen, wurde noch verstärkt durch ihre außerordentliche zahlenmäßige Überlegenheit; sie übertrafen die Freistaatburen, die damals ihre einzigen ernsthaften Gegner waren, an Kopfzahl etwa um das Zwölffache (44, 104).

Aus diesen Gründen war es für den Freistaat notwendig, ein möglichst friedliches Verhältnis zu den Basuto zu wahren; diese aber waren durch ihre glücklichen Gefechte gegen die Engländer sehr expansionslustig geworden. Häufige Grenzübergriffe der Basuto führten 1858 zum Krieg, der mit dem 1. Vertrag von Aliwal North (1858) seinen Abschluss fand (89, III, 493 ff.), worin das Herrschaftsgebiet Moscheschs wiederum etwas erweitert wurde. Die Viehdiebstähle und Einfälle der Basuto hörten aber auch danach nicht auf, und 1865 brach wieder ein neuer Krieg aus. Es gelang den Buren, bis weit in das Basutoland vorzudringen; in den folgenden Verträgen von Imparani und Thaba Bosigo (1866) wurde eine völlige Neuordnung der Grenzen im Basutolande vorgenommen (89, IV, 271 ff. 23, 166). Der nördliche Teil des Basutolandes bis zum Putiatsana wurde vom Freistaat annektiert, aber durch Moscheschs Sohn Molapo als Vasall des Freistaates beherrscht. Auch im Südwesten wurde das Basutoland außerordentlich stark beschnitten (vgl. 98, Karte 17), so dass Moscheschs Herrschaft jetzt ganz auf die zentralsten Teile seines Berglandes um Thaba Bosigo beschränkt war.

Moschesch hatte die Verträge nur angenommen, um eine Ruhepause zu haben (44, 109). Schon im Mai 1867 sprach er davon, dass er sich nicht mehr daran binden wolle, und bald leugnete er sogar jede Kenntnis der Bestimmungen der Verträge, wonach er Land abtreten sollte. Ein abermaliger Einmarsch der Freistaatburen im Juli 1867 war die Folge. Es gelang ihnen, fast alle Bergfestungen der Basuto mit Ausnahme von Thaba Bosigo, der Residenz Moscheschs, das sich schon mehrmals als unbezwinglich erwiesen hatte (vgl. 5,411 ff.), zu nehmen, die Erntevorräte zu zerstören und hierdurch die in die höchsten Bergtaler zurückgetriebenen Basuto in große Schwierigkeiten zu bringen. Gerade in diesem Augenblick, in dem die Freistaatburen endlich das Ziel ihrer langjährigen Kämpfe mit den Basuto erreicht zu haben glaubten, griff die britische Kolonialregierung, die sich bisher neutral gehalten hatte, ein. Moschesch hatte erkannt, dass er allein den Buren nicht widerstehen konnte und so schickte er an die englischen Behörden die dringende Bitte, seinen Stamm unter britischen Schutz zu nehmen.

Der Kapgouverneur war sofort bereit, auf dieses Anerbieten einzugehen, denn er hatte die Vergrößerung die der Freistaat durch die Verträge von Imparani und Thaba Bosigo erfuhr nur sehr ungern gesehen. Er schrieb damals dem Präsident des Freistaates, dass

"... these large acquisitions of territory and Population tended to produce such important changes in the political position of the several powers in this part of Africa as would fully warrant a claim on the part of the British government, should necessity arise, of a right to reconsider the bearings of the Convention entered into with the Orange free State of the 23rd of February 1854" (89, IV, 287/88).

Von besonderem Interesse aber ist es, dass jetzt auch die britische Reichsregierung einer neuen Annexion zustimmte, indem sie mitteilte "sie sei zu der Überzeugung gekommen, dass der Friede und die Wohlfahrt der Besitzungen ihrer Majestät in Südafrika am besten durch Eingehen auf die Vorschläge des Häuptlings gefördert werden könnten" (44 ,111).

Daraufhin gab Sir Ph. Wodehouse am 12./13. März 1868 eine Proklamation heraus, worin er die Basuto zu britischen Untertanen und ihr Land als britisches Gebiet erklärte (80 IV 30.). Vergeblich waren die Proteste der Freistaatburen, die sich vor allem darauf beriefen, dass die Aufnahme der Basuto in den britischen Untertanenverband eine Verletzung der Konvention von Bloemfontein sei.

Die Annexionsproklamation vom 12. März 1868 hatte keine genauen Grenzangaben für das Basutoland enthalten. Erst in dem 2. Vertrag von Aliwal North am 12. Februar 1869 (23, Nr. 170) wurde eine genaue Umgrenzung des britischen Basutolandes gegeben. Dem Sohne Moscheschs, Molapo, wurde es nach Artikel 6 des Vertrages freigestellt, ob er für seine Leute und seinen Distrikt Leribe weiterhin die Oberhoheit des Orange-Freistaates anerkennen, oder ob er sich dem britischen Basutolande anschließen wollte. Er tat das letztere, und so ging den Buren auch noch der Distrikt Leribe verloren; 1870 wurde er zusammen mit dem kleinen Distrikt Quthing im äußersten Südosten dem britischen Basutolande hinzugefügt. In diesem Umfang (vgl. 98, Karte 17) wurde das Basutoland 1871 an die Kapkolonie angegliedert, nahm jedoch entsprechend seiner Eigenart als Eingeborenenreservat in Gesetzgebung und Verwaltung auch dann noch eine besondere Stellung ein (23, Nr. 33). Noch jahrelang aber bestand hier die britische Herrschaft nur nominell; die Schwierigkeiten mit den Eingeborenen wurden allmählich so groß, dass das Basutoland 1884 von der Kapkolonie abgetrennt und unter die direkte Kontrolle der britischen Reichsregierung gestellt werden musste (23, Nr.40).

Mit der Annexion des Basutolandes beginnt eine neue Phase der britischen Südafrikapolitik. Die zurückhaltende Politik, die in den Verträgen von 1852 und 1854 zum Ausdruck kam, wird jetzt aufgegeben; der Orange, der seit 1854 gewissermaßen eine unüberschreitbare Demarkationslinie geworden war, wird wenigstens an seinem Oberlauf überschritten. Die Zeit der neuen britischen Expansion bereitet sich vor.

Die unmittelbare Wirkung der Erwerbung des Basutolandes war, dass die beiden britischen Kolonien in eine Landverbindung miteinander kamen (vgl. 46,1, Karte S. 248). Die Annexion des nun von drei Seiten umgebenen, noch freien Kaffraria ist seitdem kein Problem von entscheidender territorialpolitischer Wichtigkeit mehr. Es verfällt, nachdem schon 1866 Natal den Distrikt Alfred am unteren Umzimkulu erworben hatte, der langsamen politischen Durchdringung in den Jahren 1876 - 1894 (über die einzelnen Phasen vgl. 98, Karte 13).


3.

Ein ganz neues und unerwartetes Ereignis aber war es, das diesem wiedererwachenden britischen Expansionsstreben ein neues Motiv und eine neue Richtung gab: Die Entdeckung von reichen Diamantfeldern nahe der Nordgrenze der Kapkolonie. Mit Recht hat man in diesem Ereignis einen der entscheidendsten Wendepunkte in der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Geschichte Südafrikas gesehen (9, 50; 16, I, VI); auch der Charakter der britischen Expansionsbewegung musste sich diesem Wandel der Situation anpassen. 1867 war der erste große Diamant in Südafrika gefunden worden, und die daraufhin einsetzenden Nachforschungen führten bald zu weiteren großen Funden, besonders am unteren Vaal. An den Ufern dieses Flusses, in der Nähe der Missionsstation Hebron, entdeckte man Ende 1869 große Mengen dieser Steine in sekundärer Lagerstätte, und bald bildeten die herbeiströmenden Digger auf der kurzen Strecke von Hebron bis zur Mündung des Harts River in den Vaal eine dichte Kette von "mining camps", zwischen denen rasch größere Siedelungen wie Pniel und Klipdrift (jetzt Barkly West) emporwuchsen. Schon wenige Monate später waren hier in einem Gebiet, das bisher nur von ganz wenigen Missionaren und Farmern und einigen nomadisierenden Betschuanen und Griqua bewohnt war, 10.000 Prospektoren tätig (101, 16).

Diese Diamantenfunde am Ufer des Vaal ("river diggings") wurden aber bald gänzlich in den Schatten gestellt durch neue Entdeckungen abseits vom Flusse, wo man im September 1870 bei der Farm Dutoitspan zwischen Modder und Vaal die Steine an primärer Lagerstätte fand ("dry diggings"). Die reichsten Lager wurden schließlich im Juli 1871 am Colesberg Kopje ("De Beers New Rush", später Kimberley genannt) gefunden. Nach dem Bekanntwerden dieser überraschenden Entdeckungen strömten Prospektoren aus allen Teilen Südafrikas, aber auch aus Europa, Amerika und Australien herbei. Ihre Zahl wuchs bald auf 40 - 50.000 an; der überwiegende Teil davon waren britische Untertanen (101, 23).

Das Herbeiströmen einer so großen Zahl von Diamantsuchern bedeutete einen plötzlichen Wandel in der Struktur der Europäerbevölkerung Südafrikas und beeinflußte damit das siedelungs-geographische Bild sehr weitgehend. Bisher war noch immer die extensive Landwirtschaft die Grundlage für die ganze Lebenshaltung fast aller Europäer in den Burenstaaten, zum großen Teil aber auch in der Kapkolonie und Natal gewesen, und trotz der gelegentlich verstärkten britischen Einwanderung waren die Buren noch immer an Zahl bei weitem überlegen. Durch die Diamantenentdeckungen kam nun zum ersten Male ein völlig anderes Bevölkerungselement in das Land. Damit begann eine Umschichtung der südafrikanischen Bevölkerung, die durch die späteren Goldfunde am Witwatersrand in Transvaal noch weiter verstärkt wurde. Es entstand eine unruhige, an wenigen Punkten bald zu rasch wachsenden Städten konzentrierte Bevölkerung, deren ganze Lebensweise zu dem einsamen, einfachen und konservativen Burenleben in starkem Gegensatz stand16).

Die politischen Besitzverhältnisse am unteren Vaal waren damals noch sehr unklar. Die Buren hatten dieses trockene, nahe dem Ostrand der Kalahari gelegene Gebiet bisher so gering bewertet, dass sie eine genaue Fixierung der Grenzen hier noch nicht vorgenommen hatten. Die plötzliche Entdeckung der Diamanten brachte eine sofortige Umwertung; die Frage nach der politischen Zugehörigkeit der Felder tauchte auf.

Sogleich nach der Entdeckung der Alluvialdiamanten am Nordufer des Vaal erhob die Südafrikanische Republik Anspruch auf dieses Gebiet und schloss es in den schon bestehenden Distrikt Bloemhof ein. Daneben beanspruchten es auch noch die am Westrand der Kalahari lebenden Barolong, Batlapin und ein Korannaclan. Und schließlich machte N. Waterboer, der Kapitän der westlichen Griqua, Ansprüche geltend, die er vor allem auf ein Abkommen seines Vaters mit Adam Kok, dem damaligen Führer der östlichen Griqua, stützte.

Waterboers Ansprüche wurden durch dessen skrupellosen Agenten David Arnot sehr geschickt vertreten; aber diesem war es dabei weniger um die Wahrung der angeblichen Rechte der Griqua als um die Ausbreitung des britischen Einflusses zu tun (101, 22). Durch das Versprechen einer jährlichen Rente gelang es, Waterboer im August 1870 zu dem Anerbieten zu veranlassen, seine Leute und sein Land unter britische Oberhoheit zu stellen (44, 123).

Seit diesem Angebot unterstützte der britische High Comissioner die Ansprüche Waterboers energisch. Der Streitfall wurde damit für die Burenstaaten aus einem Grenzstreit mit den Griqua zu einem solchen mit der britischen Kolonialregierung. Es gelang dem High Commissioner, die südafrikanische Republik zu bewegen, den ganzen Komplex von Grenzfragen mit Waterboer und den Betschuanenstämmen einem Schiedsgericht zu unterbreiten, in dem der Gouverneur von Natal, R. W. Keate, den Ausschlag geben sollte (89, V, 40 ff.). Am 17. Oktober 1871 wurde die Entscheidung, die unter dem Namen Keate Award bekannt ist, unterzeichnet (2, 46; 98, Karte 16 und 18). Sie fiel vollkommen zuungunsten der südafrikanischen Republik aus; denn sie sprach nicht nur Waterboer die Nordgrenze zu, die Arnot für ihn beanspruchte, sondern sie setzte auch als Ostgrenze der Betschuanenstämme eine Linie fest (von der Quelle des Molopo über die Quelle des Harts River zum Makwassi Spruit und diesen abwärts bis zum Vaal), die den Distrikt Bloemhof und Teile der Distrikte Potschefstroom und Marico von der südafrikanischen Republik abschnitt (44, 146).

Die Bedeutung des Keate Award für die weitere territoriale Entwickelung liegt darin, dass er die Ansprüche Waterboers auf die Diamantfelder am Nordufer des Vaal gegenüber denen der südafrikanischen Republik für gerechtfertigt erklärt17) und dass er eine erste genaue Westgrenze für die südafrikanische Republik festlegt Diese Anerkennung der Ansprüche Waterboers gegenüber der südafrikanischen Republik scheint Barldy endgültig zur Annexion des ganzen Griqualand West bestimmt zu haben (98, 18).


4.

Auch nach dem Keate Award war also der Streit Waterboers mit dem Orange-Freistaat um die Felder am Südufer des Vaal und vor allem die viel ertragreicheren "dry digging"-Felder zwischen Modder River und Vaal noch nicht entschieden. Als Orange River Sovereignty waren in der Proklamation Sir Harry Smith's 1848 die

"territories north of the Great Orange River ... so far north as to the Vaal River, and east to the Drakensberg or Ouathlamba mountains"

bezeichnet worden (23, 271), und es hatte bisher kein Zweifel darüber geherrscht, dass nach der Konvention von Bloemfontein (1854) der Orange-Freistaat auf dem ganzen Gebiet der Rechtsnachfolger der Sovereignty war.

Bei dem Wegzug der östlichen Griqua aus dem südlichen Orange-Freistaat hatte deren Kapitän A. Kok seine bisherigen Eigentums- und Herrschaftsrechte nördlich des Orange an den Saat verkauft; diese betrafen nicht nur das bisherige Reservat der östlichen Griqua zwischen Orange, Riet River und Platberg Linie, sondern auch die Campbell Lands westlich des Vaal und das jetzt so umstrittene Gebiet zwischen Vetberg Line, Platberg Inie und Vaal. Denn dies waren die bisherigen Gebiete von Cornelis Kok, die dieser kurz vor seinem Tode an A. Kok abgetreten hatte (89, IV, 213). Waterboer aber bestritt, dass Cornelis Kok ein Recht gehabt habe, über diese Ländereien zu verfügen, da dieser von ihm (Waterboer) abhängig gewesen sei.

Die große Unklarheit, mit der damals die ganze Kontroverse behandelt wurde, beruht darauf, dass keine sorgfältge Unterscheidung zwischen bloßen Eigentumsrechten der Griqua unter Cornelis Kok (welche sie z. T. zweifellos besaßen) und wirklichen Herrschaftsrechten (welche sie östlich des Vaal mindestens seit 1854 verloren hatten) getroffen wurde. In den Argumenten die von den Vertretern des Orange-Freistaates vorgebracht wurden ist zwar diese Unterscheidung angedeutet: Sie unterschieden nämlich den Campbell-Distrikt westlich des Vaal von den eigentlichen Diamantenfeldern östlich des Vaal, also dem Gebiet zwischen Vaal, Vetberg Linie und Platberg Linie. Einen schlagenden Beweis für die Berechtigung dieser Unterscheidung hatten sie darin, dass ein großer Teil der diesem letzteren Gebiet lebenden Farmer ihre Farmen auf Grund von britischen Besitztiteln aus der Zeit der Sovereignty inne hatte (89, IV, 357).

Der britische High Commissioner erkannte aber diese Unterscheidung nicht an. Die britischen Landbesitzrechte in dem strittigen Gebiet aus der Zeit der Sovereignty seien irrtümlich ausgegeben worden. Vor allem aber bezog er sich auf den Vertrag von Waterboers Vater mit A. Kok vom 9. November 1838, worin als die Ostgrenze vom Gebiet Waterboers die Platberg Line genannt war (vgl. 89, IV, 341); daraus folgerte er, dass Waterboers Vater damals im Besitz des ganzen Gebietes westlich dieser Linie gewesen sei. Diese Folgerung war zweifellos nicht berechtigt; denn wie schon oben erwähnt, handelte es sich bei diesem Vertrag nicht um eine Abgrenzung von wirklichen Herrschafts-, sondern nur von Anspruchssphären, wobei die Rechte anderer, die auf dasselbe Land Anspruch erhoben, nicht beachtet wurden.

Es ist hier nicht nötig, auf die umfangreiche Korrespondenz der beiden Parteien über die Berechtigung ihrer Ansprüche einzugehen. Denn die ganze Angelegenheit war für die englische Kolonialregierung keine Rechtsfrage mehr, sondern eine Machtfrage. Die Stellung des maßgebenden britischen Beamten in Südafrika geht deutlich aus einer Depesche des High Commissioners vom 15. August 1871 an den Staatssekretär für die Kolonien hervor, worin er schreibt:

"Es erscheint nur ganz unmöglich, die Fiktion, als ob wir im Namen Waterboers gehandelt hätten, noch länger aufrecht zu erhalten" (44, 123).

Die Kolonialregierung, in der neben dem Gouverneur jetzt vor allem der Kolonialsekretär R. Southey die treibende Kraft war (101, 21), war offenbar von Anfang an der Überzeugung dass die Diamantenfelder unter die Herrschaft der "paramount power of South Africa", also Englands kommen müssten. Sie begründete dies mit der großen Zahl der englischen Untertanen unter den Diggern und damit, dass nur England imstande wäre, eine geordnete Verwaltung dort aufrechtzuerhalten. Aber auch die Reichsregierung war jetzt zu der neuen Expansion bereit: Am 18. Mai 1871 gab Earl Kimberley, der Staatssekretär für die Kolonien, dem High Commissioner die Genehmigung zur Annexion von Waterboers Gebiet, allerdings unter der Bedingung, dass das Kapparlament seine Einwilligung zu dessen Angliederung an die Kapkolonie gäbe, und dass Waterboers Ansprüche tatsächlich berechtigt seien (89, IV, 360/67).

Ein Schiedsgericht über die Ansprüche des Orange-Freistaates kam nicht zustande. Vielmehr scheint Barkly in der Entscheidung des Keate Award zugleich auch eine Anerkennung der Ansprüche Waterboers im Streit mit dem Freistaat gesehen zu haben, denn zehn Tage später, am 27. Oktober 1871, erkärte er das Gebiet als "Griqualand West" zu einem Bestandteil des britischen Reiches (2, 45). Als Grenzen gab er die Grenze des D'Urban-Vertrages (1834), die Platberg Line (1838) und den Keate Award (1871) an. Es war ein Gebiet von 45.000 qkm, in dem auf 140 - 150 Burenfarmen über 1.000 Europäer, aber nur etwa 5 - 600 Griqua lebten (89, IV, 374).

Wie nahezu alle burischen Proteste gegen die vordringende britische Expansionsbewegung, so konnte auch der Protest des Freistaates nach der Annexion von Griqualand West an der vollzogenen Tatsache nichts mehr ändern. Aber allmählich wurde doch offenbar, dass dem britischen Vorgehen damals ein genügender Rechtsgrund gefehlt hatte. Ein Landesgerichtshof der Kapkolonie hatte 1876 über Besitzrechte im Diamantengebiet zu entscheiden. Dabei zog er in gründlicher Untersuchung alles damals erreichbare Material heran und kam schließlich zu dem Ergebnis, dass die unter Waterboers Namen nördlich des Modder River ausgestellten Landkonzessionen ungültig seien (89, IV, 418 ff.). Diese Entscheidung eines britischen Gerichtshofes bedeutete eine völlige Rechtfertigung der Ansprüche des Freistaates, und Präsident Brand brachte deshalb auch einen erneuten Protest in London persönlich vor. Jetzt aber zeigte es sich, dass die Reichsregierung, die anfänglich die Annexion nur gebilligt hatte, wenn sie die Rechte des Freistaates nicht verletzte, eine Rückgabe für unmöglich erklärte, da die britischen Interessen und die britische Bevölkerung auf den Diamantfeldern bereits zu sehr angewachsen seien, und da "it seemed necessary that the predominant power in South Africa should be in possession of the diamond fields" (89, IV, 421). Das einzige, was der Freistaat noch erreichen konnte, war eine Entschädigungssumme von £ 90.000 und eine geringe Modifikation der Grenze an der Platberg Line, die aber die Diamantenfelder nicht betraf.

Die Annexion von Basutoland und Griqualand West ist der Ausdruck einer beginnenden Umwertung Südafrikas durch England. Die bisherige Ausbreitung der britischen Herrschaft war eigentlich nur das notgedrungene Nachfolgen auf den Spuren der burischen Ausbreitungsbewegung gewesen. Es gibt viele Anzeichen dafür, dass in der öffentlichen Meinung Englands und auch nach der Ansicht mancher leitender Staatsmänner der britische Kolonialbesitz in Südafrika nur als der schwer vermeidliche, aber keinen Eigenwert besitzende Appendix an die allein wertvolle strategische Basis am Kap angesehen wurde. So war noch 1853 der britische Staatssekretär für die Kolonien, Earl Grey, der Ansicht gewesen, dass

"... beyond the very limited extent of territory required for the security of the Cape of Good Hoope as a naval Station, the British Crown and nation have no interest whatever in maintaining any territorial dominion in South Africa" (15, 259).

Diese geringe Bewertung Südafrikas blieb noch bis etwa 1870 bestehen; ja man war seit dem Bau des Suezkanals der Meinung, dass nun durch die zu erwartende starke Umlagerung des Verkehrs auch noch der Vorteil der bisherigen günstigen verkehrsgeographischen und strategischen Lage stark beeinträchtigt werden würde (16, I, 271).

Da brachte die Entdeckung der Diamanten einen plötzlichen Umschwung der Anschauungen. Die Bedeutung dieses Ereignisses für die zunehmende Bewertung Südafrikas liegt nicht allein in dem zahlenmäßigen Wert der geförderten Steine. Wichtiger noch ist die Tatsache, dass jetzt weit im Innern des Landes an der Nordgrenze der Kapkolonie ein Brennpunkt lebhafter britischer Interessen entstand, und dass auf den Diamantfeldern eine im Verhältnis zur Zahl der übrigen Europäer in Südafrika beachtliche britische Bevölkerung sich niederließ.

In dem größeren Zusammenhang der nachfolgenden territorialen Entwicklung Südafrikas bekommt aber die Annexion von Griqualand West noch eine weitere Bedeutung: Sie ist der erste Schritt der wiedererwachenden britischen Expansion auf dem Wege nach dem Inneren Südafrikas. Der schmale Steppenstreifen zwischen der Westgrenze der Burenstaaten und der wasserarmen Kalahari war für einzelne Missionare, Händler und Jäger (z. B. Livingstone, Mauch, Moffat, Selous u. a., daher "English Road" oder "Missionaries Road" genannt) der Zugang zu den weiten, noch kaum bekannten Regionen zwischen Limpopo und Sambesi und darüber hinaus, und auf ihm entwickelte sich ein rasch zunehmender Handelsverkehr (101, 70). Er zog entlang der Linie der Betschuanenansiedlungen Taungs, Mafeking, Kanye und Scho-schong, und ihm ist bezeichnender Weise später fast genau die große Bahnlinie nach Rhodesia gefolgt. Die Beherrschung dieser Linie musste über das kolonialpolitische Schicksal des zentralen Südafrika entscheiden. Es ist das persönliche Verdienst von Cecil Rhodes, dass er die hohe geopolitische Bedeutung dieses Weges klarer und vor allem früher erkannte als seine Zeitgenossen18), und dass er durch dessen Sicherung für Großbritannien sein Ziel:

"All this (d. h. das zentrale Südafrika bis zu den Seen) to be painted red; that is my dream" (101, 55) erreichte.

Die Möglichkeit hierzu war aber Rhodes nur dadurch gegeben, dass der Ausgangspunkt dieses Weges, Westgriqualand und besonders Kimberley, schon in britischem Besitz war. Griqualand West stellt also zugleich die erste und grundlegende Etappe der neuen britischen Expansion auf dem Weg nach Norden dar.


5.

Die obigen Darlegungen über die wiederbeginnende britische Expansionsbewegung, die in der Annexion von Basutoland und Griqualand West, aber auch in anderen Teilen Afrikas zum Ausdruck kam, zeigen, dass die oft aufgestellte Behauptung, als habe erst das Eingreifen Deutschlands jene Wendung in die Afrikapolitik der europäischen Kolonialmächte gebracht, die dann zu der unerhört raschen Aufteilung des ganzen Kontinentes führte, nicht berechtigt ist. Vielmehr bereitete sich, wie wir sahen, schon seit etwa 1870 ein wachsendes Interesse an Südafrika vor. Ein weiterer Beleg dafür ist die Streitfrage zwischen England und Portugal, die den Besitz der Delagoabai betraf.

Die Ausdehnung des portugiesischen Besitzes in Ostafrika war bisher im allgemeinen als bis zur Delagoabai nach Süden reichend angesehen worden. Aber die genaue Grenze war unbestimmt, und so konnte 1823 der britische Kapitän Owen sich von zwei Häuptlingen an der Südküste der Bai Landkonzessionen erteilen lassen (89, V, 131), ohne dass es zunächst zu einer Klärung der Besitzverhältnisse kam.

Erst durch die Einwanderung der Buren in das Hinterland dieses günstigen Halfenplatzes und durch die Gründung der südafrikanischen Republik bekam die Bai ihre hohe politisch-geographische Bedeutung. Nachdem die südafrikanische Republik ihre ersten inneren Kämpfe überwunden hatte und England andererseits seine zurückhaltende Politik aufgegeben hatte, musste die Frage, wem die Herrschaft über dieses zukünftige Einfallstor in das Hinterland zufallen sollte, aufgerollt werden.

Am einfachsten gestaltete sich die Auseinandersetzung zwischen Portugal und der südafrikanischen Republik. Beide Staaten schlossen ein freundschaftliches Abkommen (31, I, Nr. 29 und 30), worin die südafrikanische Republik gegen Freigabe des Handels auf ihre Ansprüche verzichtete und die portugiesische Grenze im Westen bis zu den Lebombobergen, im Süden bis zu 26°30' südlicher Breite, also unter Einschluss der ganzen Bai, anerkannte. England aber wollte seine Ansprüche auf die südliche Hälfte der Bai bis zum Lourenco Marques River (Engflish River) einschließlich der beiden vorgelagerten Inseln Elephant und Inyack, die es auf die Cession an Owen stützte, nicht aufgeben (31, Nr. 303). Die beiden Parteien kamen überein, den Streitfall der Entscheidung des Präsidenten der französischen Republik zu übertragen (31, Nr. 302). Mac Mahons Entscheidung vom 24. Juli 1875 (31, Nr.305) fiel vollkommen zugunsten Portugals aus. Sie erklärte als Grenzen des portugiesischen Gebietes im Westen die Lebomboberge, im Süden den Maputa und eine Linie, die dem Breitenkreis 26° 30' südlicher Breite bis zum Meer folgt und gab somit die ganze Bai mit den vorgelagerten Inseln in den Besitz Portugals. England scheint auf diesen Ausgang vorbereitet gewesen zu sein; denn wenige Wochen vorher hatte es mit Portugal ein Abkommen getroffen (31, Nr.304), das ihm ein Vorkaufsrecht auf das umstrittene Gebiet sicherte.

Die Bedeutung des Mac Mahon Award für die Burenstaaten liegt darin, dass er das wichtigste natürliche Einfallstor in die südafrikanische Republik der unmittelbaren Kontrolle Englands entzog und in die Hände einer befreundeten Macht legte. Aber durch die Erwerbung des Vorkaufsrechtes hatte England doch so viel erreicht, dass eine nachträgliche Erwerbung der Bai durch die südafrikanische Republik unmöglich war. War die Annexion von Griqualand West der erste Schritt auf dem Wege der kontinentalen britischen Expansion nach Norden gewesen, so ist die Erledigung der Delagoabaifrage seit der Annexion Natals die erste neue Etappe jener anderen Bewegung, die auf eine gänzliche Abschnürung der Burenstaaten vom Meere zielt. Die volle Entfaltung dieser beiden Tendenzen bildet den Inhalt der nächsten Epoche der territorialen Entwicklung Südafrikas.


VI. Schluss

Die Notwendigkeit einer einheitlichen Eingeborenenpolitik war der Faktor, der am stärksten zu einer Unionsbildung der südafrikanischen Kolonien und Staaten drängte; sie war es auch, die neben der Furcht vor einer vermeintlichen deutschen Einmischung in Südafrika nach dem Sekukunikrieg (1876) in erster Linie zur ersten Annexion Transvaals (1877) führte. Dieser Versuch, gewaltsam die politische Einheit Südafrikas wiederherzustellen, erwies sich als ähnlich übereilt, wie es 1848 die Bildung der Orange River Sovereignty gewesen war. Britische Verwicklungen im Sululande und liberale Strömungen in England förderten jedoch die Freiheitsbestrebungen der Transvaalburen. Der Freiheitskampf der Buren führte daher schon nach kurzer Zeit zur Konvention von Pretoria (1881) und später zur Konvention von London (1884), durch die Transvaal zwar nicht völlige, aber sehr weitgehende Unabhängigkeit zugesichert erhielt. Dabei wurde auch seine Westgrenze neu festgelegt, um burischen Expansionsversuchen nach dem Betschuanenlande vorzubeugen.

Die Gründung der „Neuen Republik" (August 1884) im Sululande war ein verspäteter Versuch der Transvaalburen, doch noch einen eigenen Zugang zum Meer zu gewinnen. Zugleich entstand die Gefahr einer deutschen Festsetzung an der St. Luciabai (November 1884). Englands Antwort darauf war die sofortige Besetzung der St. Luciabai (Dezember 1884), die Zurückdrängung der „Neuen Republik" (1886) und die Annexion des Sululandes (1887). Die Übernahme des Swasilandes durch Transvaal (1890) führte zur britischen Annexion des Ingwavumadistriktes und des Togolandes (1890 - 95). Damit war die ganze Küstenstrecke bis zur portugiesischen Grenze für England gesichert; die Abschnürung der Buren vom Indischen Ozean war vollkommen.
Afrikas politisch-geographischer Zustand vor 1884 war der eines stark labilen Gleichgewichtes. Große Ereignisse der europäischen Geschichte, tiefgreifende wirtschaftliche und verkehrsgeographische Wandlungen und wichtige geographische Entdeckungen trafen um 1884 zusammen und störten dieses Gleichgewicht. Damit begann die letzte Phase der Aufteilung Afrikas.

Die Gründung der kleinen Republiken Stellaland und Gosen (1883) war ein Expansionsversuch der Transvaalburen nach Westen, um so den Weg am Ostrand der Kalahari nach den zentralen Regionen nördlich des Limpopo unter burische Kontrolle zu bringen. Um dies zu verhindern, und um nach der deutschen Protektoratserklärung über Südwestafrika (1884) das Entstehen eines deutsch-burischen Staatenblockes unmöglich zu machen, wurde 1885 das Betschuanenland bis zu 22 ° südlicher Breite von England annektiert.

Die rechtzeitige Sicherung dieses Weges nach Norden für England und die weitere Expansion im Matabele- und Maschonaland ist das persönliche Verdienst von Cecil Rhodes. Die "Chartered Company" war keine gewöhnliche koloniale Erwerbsgesellschaft, sondern das Werkzeug zur Verwirklichung der politischen Pläne ihres Gründers. Die Erwerbung der Matabeleland-Konzessionen durch Rhodes (1888) und die Erteilung der Royal Charter (1889) schloss auch im Norden den Ring um die Burenstaaten.

Durch die Tatsache, dass die Ausbeuter des Witwatersrandgoldes zum größten Teile britische Untertanen waren, entstand in der "Uitlanders"-Frage in Transvaal ein neuer britisch-burischer Konflikt und zugleich ein neuer Anstoß für die britische Expansionsbewegung. Die allseitige Umklammerung der Burenstaaten wurde jedoch noch durch den neutralen Ausweg über die Delagoabai gemildert. Es war daher noch ein letzter Gewaltakt nötig, um die Burenstaaten endgültig der britischen Herrschaft zu unterwerfen. Der Jameson Raid war ein erster, missglückter Versuch dazu; den endgültigen Erfolg brachte erst der Burenkrieg 1899 bis 1902. In ihm vollendet sich der politisch-geographische Sinn der britischen Ausbreitungsbewegung in Südafrika.


Anmerkungen

1) Dieses wie auch manches andere Datum der frühen Entdeckungs- und Kolonialgeschichte ist umstritten. Es war im Rahmen der vorliegenden Arbeit weder möglich noch notwendig, diesen rein chronologischen Fragen weiter nachzugehen. In strittigen Fällen wurden daher die Daten von Theal und Walker übernommen.

2) "In der Notwendigkeit der wetteifernden Expansion liegt es, dass die Handelsstaaten am wenigsten zu dauerndem Zusammenwirken fähig sind" (Ratzel 71, 374/75).

3) Nach Theals Schätzung wurden durch die Kapstationen jährlich mehrere hundert Menschenleben gerettet (88, II, 45), was auch materiell für die Kompanie eine große Ersparnis bedeutete (vgl. auch 66, I, 2 ff.).

4) Gerade diese Art der Landverteilung war es, die später wesentlich zur Ausbreitung der Siedelungen antrieb, denn sie ließ keine rechte Tradition des Besitzrechtes aufkommen. Sobald sich an einem Lehnsplatz irgend ein kleiner Nachteil herausstellte, wurde er aufgegeben, und es wurde ein neuer, meist an der äußersten Grenze der Siedelungen, ausgesucht. Die Lehnsplätze waren unteilbar und unveräußerlich; nur die Verbesserungen (der "Opstal") waren verkäuflich. Da nun die Burenfamilien sehr kinderreich waren, so wurde beim Tode des Familienvaters meist der Opstal verkauft, und jeder suchte sich einen neuen Lehnsplatz aus (16, I, 238).

5) Die Karten von Theal (88, III, 22) und Walker (98, Karte 7) betr. die Ausdehnung der Siedelungen um 1750 stimmen nicht ganz überein, indem Theal die äußerste Grenze entlang dem Doomfluss und den Zwartebergen zieht. Der Unterschied ist wohl der, dass Walker annähernd die damalige Grenze der festen Siedelungen angibt, während Theal auch die weiteren Gebiete einbezieht, die regelmäßig von den halbnomadisch lebenden Farmern mit ihren Herden besucht wurden. - Es handelt sich hier um eine Bewegungsgrenze (Supan 85, 24ff), das allmähliche Aufhören der sich ständisch vorwärtsschiebenden Siedelungen. Diese Grenze ist keine Linie, sondern ein Grenzsaum (Ratzel 71), und darum muss auch jede linienhafte karthographische Darstellung unvollkommen sein. Überhaupt muss vor den Täuschungen gewarnt werden, die das Kartenbild allein leicht erzeugt. Dies kann nicht mehr tun als annähernd das Gebiet umgrenzen, innerhalb dessen sich zu der betr. Zeit überhaupt Siedelungen befanden. Über deren gleichmäßige Verteilung und Dichte ist damit gar nichts gesagt. Es waren vielmehr nur die besten Farmplätze besetzt, von dem ganzen Gebiet der Kapkolonie nach 1750 z.B. noch nicht einmal 10 Prozent (91,86).

6) A. Supan bemerkt hierzu: "Das war so recht ein Land für den Buren; seine Vorliebe für ungebundene, halbnomadische Lebensweise, sein Hang zum 'Trekken' konnte hier voll zur Reife gelangen" (84, 150). Es ist dies eine Verkennung des kausalen Verhältnisses der südafrikanischen Landschaft zu Charakter und Kultur der Burenbevölkerung. Der aus Europa kommende Holländer hatte keine "Vorliebe für ungebundene, halbnomadische Lebensweise" (vgl. Lucas 46, I, 79, "Contrast between Dutchmen at home and Dutchmen in South Africa"). Vielmehr erst die enge Anpassung seiner Wirtschaftsformen und Kulturelemente an das landschaftliche Milieu Südafrikas, für die eben das Leben des "Trekburen" ein bezeichnender Ausdruck ist, befähigte ihn, frühzeitig tief in den Kontinent einzudringen.

7) Hierzu schreibt L. Waibel: "In dem Gebiet der Winterregen bis zum steilen Hochlandsrand breiteten sich die europäischen Ansiedlungen rasch aus, weil hier Ackerbau nach europäischer Art, also auf Regenfall begründet, möglich war. Am Bande des hochgelegenen Weidelandes aber stockte die Besiedelung dann lange Zeit, und es schien, als ob das holländische Vordringen in Südafrika ebenso auf das Tiefland beschränkt bleiben müsse, wie das der Portugiesen an der Ostküste... In Südafrika dagegen war es der schroffe Wechsel der Natur, war es die Eigenart des Veldes, die den Fortschritt der Besiedelung aufhielt" (97). Diese Auffassung entspricht nicht ganz den Tatsachen. Wie oben dargelegt wurde, ist auch im Gebiet des Faltengebirges zunächst der viehzuchttreibende Bur der Träger der Ausbreitung der Kolonie gewesen; der Ackerbau folgte erst langsam nach. Auch hatte die große Karroo schon ganz ähnliche Bedingungen geboten, wie man sie jetzt auf dem zentralen Hochland vorfand (vgl. Seite 28). Die Ausbreitung ging im Gebiet der Winterregen vielmehr relativ langsam vor sich, weil die einzelnen Lehusplätze hier regenreicher waren, also kleiner sein konnten. Sie beschleunigte sich sofort nach Ersteigung des Zentralplateaus, weil hier zur Erhaltung ebenso großer Herden sehr umfangreiche Farmplätze nötig waren.

8) Der Sieg bei Plassey sicherte schon 1757 den Engländern die Herrschaft über Bengalen.

9) Vgl. hiermit und mit den späteren Militär-Grenzsiedelungen die ähnlichen Erscheinungen bei der römischen Grenzpolitik in Deutschland und der deutschen Ostmarkenpolitik im Mittelalter.

10) Doch waren keineswegs alle Missionare in Südafrika Anhänger Dr. Philipps (vgl. z. B. 46, I, 160).

11) Die Armee Mosilikatses bestand nur aus etwa 20.000 Mann (89, I, 456).

12) Man hat von einem "politischen Gefälle'' gesprochen, das sowohl die Aufteilung wie die kolonisatorischen Durchdringungen des afrikanischen Kontinentes von den gemäßigten zu den äquatorialen Teilen vorschreiten lässt (25, 370). Eine genauere Beobachtung dieses Vorganges in Südafrika zeigt, dass dieses Gefälle hier keine rein meridionale, sondern eben jene, durch die eigenartige Verteilung der Klimate auf den Südkontinenten bedingte, nach Osten abgelenkte Richtung hat. Diese Richtung kann etwa durch die Linie Kapstadt - Pretoria bezeichnet werden, und so bezeichnen diese beiden Städte, der Welthafen und die rein kontinentale Hochlandstadt, die später die Brennpunkte der südafrikanischen Politik wurden, auch die große politisch-geographische Linie der Entwicklung.

13) In einer Kartenfolge versucht A. Dix die Entstehung des britischen Indiameerreiches darzustellen (22, 106 - 10). Einzelne seiner Karten sind jedoch in ihrem südafrikanischen Teil völlig ungenau. So gibt die Karte "Mitte des 17. Jahrhunderts" als Hollands Besitz am Kap schon das Kapfaltengebirge an; die Karte "Ende des 19. Jahrhunderts" beschränkt Englands Herrschaft hier gar nur auf das Kapland südlich des Orange. Die Annexion Natals, der Walfischbai usw. werden völlig übersehen. Gerade der charakteristische Wandel in den Ausbreitungsformen und in der jeweiligen Territorialstruktur, den eine solche Darstellung zeigen müsste, kommt dadurch nicht zum Ausdruck.

14) Art. 2 der Bloemfontein Convention enthielt ausdrücklich die Erklärung: "The British Government has no alliance whatever with any native Chiefs or tribes to the northward of the Orange River, with the exception of the Griqua Chief, Captain Adam Kok; and Her Majesty's Government has no wish or in-tention to enter hereafter into any treaties which may be injurious or pre-judicial to the interests of the Orange River Government" (23, 282/83).

15) "The conditions at the present time existing in those districts appear to point unmistacably to their union with the British communities of South Africa in the future, and it is of high importance not only to prevent any circum-stances arising which could impede such a course, but also to take such steps as may be necessary in preparation for the event" (Earl Carnavon an Sir Bartle Frere am 23. Januar 1878; 89, V, 114/15). Diese Worte Carnavons erhalten ihr besonderes Interesse durch die sechs Jahre später erfolgte deutsche Protektoratserklärung über das gleiche Gebiet.

16) Ein Vergleich der anschaulichen Schilderung des Diggerlebens im entstehenden Kimberley in einem Brief des jungen Cecil Rhodes (101, 26 - 29) mit der Jugendgeschichte von Paul Krüger (40) zeigt am Beispiel der hervorragendsten Repräsentanten von Burentum und Britentum in Südafrika, wie schwer überbrückbar der Gegensatz dieser beiden Welten sein musste.

17) Supans Annahme (84, 210), dass der Keate Award auch den Streit Waterboers mit dem Orange-Freistaat entschieden habe, entspricht nicht den Tatsachen.

18) "I look upon this Bechuanaland territory as the Suez Canal of the trade of this country, the key of its road to the interior" (Rhodes im Kapparlament am 16. August 1883; 94, 62).


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    Bd. I: Die Kolonialpolitik Portugals und Spaniens. Berlin 1896.
    Bd. II: Die Kolonialpolitik Großbritanniens. Erster Teil: Von den Anfängen bis zum Abfall der Vereinigten Staaten. Berlin 1898.
    Bd. III: Die Kolonialpolitik Großbritanniens. Zweiter Teil: Vom Abfall der Vereinigten Staaten bis zur Gegenwart. Berlin 1899.
    Bd. IV: Die Kolonialpolitik Frankreichs Berlin 1901.
    Bd. V: Die Kolonialpolitik der Niederländer. Berlin 1903.
     

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