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Bildungsfinanzierung


Bildungskosten für die vorschulische Erziehung

Für den Bereich der vorschulischen Erziehung, darunter werden bei der Berechnung des Bildungsbudgets die Kindergärten, die Vorklassen und die Schulkindergärten, nicht aber die Horte gefasst, wurden im Jahr 2000 insgesamt aus öffentlichen und privaten Quellen, 11,3 Milliarden Euro aufgebracht: 7,2 Mrd. Euro stammten davon aus öffentlichen Haushalten, 4,2 Mrd. Euro aus privaten Quellen. Mit den öffentlich aufgebrachten Ausgaben wurden etwa zur Hälfte öffentlich getragene (3,5 Mrd. Euro) und privat getragene (3,7 Mrd. Euro) Einrichtungen des vorschulischen Bereichs finanziert. Von den privat aufgebrachten Ausgaben entfielen 0,9 Mrd. Euro auf öffentliche (überwiegend als entrichtete Gebühren) und 3,3 Mrd. auf nicht öffentlich getragene vorschulische Einrichtungen (Gebühren und Trägerausgaben).

Mit diesen Ausgaben konnte in Deutschland insgesamt im Kindergartenbereich ein Versorgungsniveau erreicht werden, das im Jahr 2000 in der Altersgruppe der Dreijährigen für 56,3% der Kinder dieser Altersgruppe reichte, in der Gruppe der Vierjährigen für 82,9% und in der der Fünfjährigen für 89,9%. Hinter diesen Bundesdurchschnittswerten verbergen sich beachtliche länderspezifische Ausprägungen: In den neuen Bundesländern liegt die Versorgungsquote in allen drei der hier betrachteten Altersgruppen deutlich oberhalb von 80%, im Gebiet der früheren Bundesrepublik stehen für die Dreijährigen im Durchschnitt nur wenig mehr als jedes zweite Kind ein Kindergartenplatz zur Verfügung.

Hinsichtlich der monatlichen Gebühren, die für einen Kindergartenplatz zu entrichten sind, lassen sich keine bundesweit repräsentativen Angaben machen: Die Regelungen zu den Elternbeiträgen reichen von einer selbständigen Festlegung durch die Träger bis hin zu Festlegungen durch Landesvorgaben. Sieht man vom Saarland ab (dort ist das letzte Kindergartenjahr grundsätzlich gebührenfrei), so aber für alle Bundesländer
Gebührenpflicht - zumeist verbunden mit Gebührenfreiheit bei geringen Einkommen und mit sozial gestaffelten Tarifen.

Ein Annäherungswert an die durchschnittliche Gebührenhöhe ergibt je Kind in öffentlichen Einrichtungen ein durchschnittlicher Jahresbeitrag in Höhe von 1.022 Euro bzw. ein durchschnittlicher Monatsbeitrag von 85 Euro. Für eine dreiköpfige Familie in Hamburg beträgt der Eigenbeitrag ohne Mittagessen für eine zehnstündige Betreuung in Euro:

Familien-
einkommen

4 Std.

10 Std.

1.500

35

60

2.000

84

144

2.500

153

262

>3.000

153

396

Kathrin Bock-Famulla kommt in ihrer 2002 vorgelegten Studie zum ‚Volkswirtschaftlichen Nutzen von Kindertagesstätten' für 1999 von Ausgaben je Platz in Halbtagesstätten in Höhe von 4.100 Euro und in Ganztagesstätten in Höhe von 6.200 Euro aus. Sie legt ihren Ausgabenberechnungen einen durchschnittlichen Ausgabenansatz je Platz in Höhe von jährlich 5.000 Euro zu Grunde. Für das gleiche Jahr 1999 kommt die OECD auf den sich in der gleichen Größenordnung bewegenden Wert von 4.917 Euro je Platz.

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Bildungskosten für öffentliche Schulen

In Deutschland insgesamt verursachte im Jahr 2000 ein Schulplatz im öffentlichen Schulwesen Ausgaben (Grundmittel einschließlich der Zusetzungen für Versorgungsbezüge und Beihilfen) in Höhe von 4.300 Euro. Dieser Betrag teilte sich auf die laufenden Ausgaben mit 4.000 Euro (Personal: 3.600 Euro, laufender Sachaufwand: 400 Euro) und auf Investitionen mit 300 Euro auf. Damit fielen 93% auf laufende Ausgaben(darunter 83,7% auf Personalausgaben) und 7,0% auf Investitionen.

Ein länderspezifischer Vergleich dieser Ausgaben je Schüler macht auf beachtliche Unterschiede aufmerksam: Die Ausgaben differieren zwischen den Stadtstaaten (Durchschnitt: 5.200 Euro), den Flächenstaaten der alten (Durchschnitt: 4.300 Euro) und denen der neuen Bundesländer (Durchschnitt: 4.000 Euro). Die Unterschiede zwischen den Flächenstaaten der neuen und alten Bundesländer erklären sich überwiegend aus den nach wie vor unterschiedlichen Lehrergehältern.

Die Ausgaben je Schüler weichen aber auch zwischen den einzelnen alten Bundesländern – selbst bei Außerachtlassung der Stadtstaaten – stark voneinander ab: Bayern und Baden-Württemberg belegen mit jeweils 4.500 Euro den Spitzenplatz, das Saarland, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen bilden mit 4.200 Euro das Schlusslicht.

Region

Ausgaben
 je Schüler
in Euro

Deutschland

4.300

Hamburg

6.100

Bremen

5.000

Sachsen

3.800

Brandenburg

3.700

Quelle: Statistisches Bundesamt 2003

Die Bedeutung des Ausgabenunterschiedes von 300 Euro je Schüler lässt sich durch ein kleines Rechenbeispiel klar machen: Bei einer Klasse mit 25 Schülerinnen und Schülern ergibt dieser Ausgabenunterschied je Klasse 7.500 Euro. Dies entspricht etwa 15% des Jahresgehaltes eines ‚durchschnittlich‘ Lehrenden und damit einem zusätzlichen Unterrichtsvolumen von – je nach Lehramt - nahezu vier Wochenstunden je Klasse.

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Bildungsfinanzierung in Deutschland
Analyse und Gestaltungsvorschläge

Prof. Dr. Bernhard Nagel

1 Vorgehensweise

Der rechtsökonomische Ansatz ist im Rahmen der Institutionenökonomie entwickelt worden. Systemverhalten wird hierbei auf Handlungen von Individuen reduziert. Dem Ansatz liegt also ein methodologischer Individualismus zugrunde. Es ist ein ökonomischer Ansatz. Bildung wird nicht als meritorisches Gut betrachtet, d. h. die Finanzierung der Bildung kann nicht allein dadurch gerechtfertigt werden, dass es sich um Bildung handelt. Ein Problem dieses Ansatzes ist, dass die intrinsische Motivation berücksichtigt werden muss. Sie führt teilweise dazu, dass die extrinsische Motivation verdrängt wird oder umgekehrt. Ein Beispiel ist die Entwicklung der Blutspenden in den USA. Ursprünglich handelte es sich um eine karitative Betätigung der Menschen, für die sie keine Entschädigung verlangten. Als für Blutspenden Geld bezahlt wurde, ging die Spendenbereitschaft zurück. Die karitative (intrinsische) Motivation wurde verdrängt.

Bei der Untersuchung der Bildungsfinanzierung in Deutschland ergeben sich große Probleme der Datenerhebung. Auch wenn man sich auf Finanzierungsmodelle beschränkt, treten Probleme bei der Übertragung ausländischer Modelle auf Deutschland auf. Dies hängt damit zusammen, dass im Ausland häufig unterschiedliche Leitbilder im Hintergrund der Bildungsfinanzierung stehen. So werden z. B. - vergröbert betrachtet - die Studierenden in den skandinavischen Ländern als junge Staatsbürger betrachtet. Aufgabe des Staates ist es, diese Bildungsphase zu finanzieren. Anderswo, insbesondere in den angelsächsischen Ländern, sind die Studierenden hingegen Investoren. Da sie aus den Bildungsmaßnahmen später Erträge zu erwarten haben, erwartet man von ihnen eine Mitfinanzierung der Maßnahmen. In den südeuropäischen Ländern sieht man die Studierenden in erster Linie als Familienmitglieder. Wenn der Staat Studienförderung betreibt, versteht sich diese als Familienförderung.

Der Ansatz orientiert sich am sogenannten Minimumprinzip. Ein vorgegebenes, als effizient bezeichnetes Nutzenniveau der Bildung soll mit minimalem Ressourceneinsatz erreicht werden. Im internationalen Vergleich ist das deutsche Bildungsniveau zu niedrig, wie unter anderem die PISA-Studie belegt. Dem gegenüber wäre das Maximumprinzip auf die Finanzierung im Rahmen des gegenwärtigen, vorgegebenen Etats ausgerichtet und würde danach fragen, wie die Mittel am besten (effizientesten) verteilt werden können.

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2 Kindertagesstätten

Es ist bekannt, dass Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren besonders gut lernen. Der im Bereich der Kindertagesstätten ausgegebene Bildungseuro ist der am effizientesten ausgegebene Bildungseuro. Deshalb empfiehlt sich eine Gebührenfreiheit der Kindergärten, die notfalls durch Steuererhöhungen sicherzustellen ist. Im Gutachten wird die Finanzierung durch Gutscheine abgelehnt und stattdessen ein gebührenfreies System von Kindertagesstätten gefordert. Nur durch beitragsfreie Kindertagesstätten, möglichst ganztags betrieben, können die Kinder im erforderlichen Umfang betreut und ausgebildet werden.

Zu fragen ist in diesem Zusammenhang, wie die öffentliche Finanzierung erfolgen soll, ob pro Kind, pro Gruppe oder pauschal. Die jeweilige Höhe des Finanzbedarfs der Tagesstätten soll pro Gruppe bestimmt werden. Würde man die Kindertagesstätten pro belegtem Platz finanzieren, dann hätten kleine Nachfrageschwankungen schon Auswirkungen auf die Finanzierungsgrundlage. Dem gegenüber ist die Finanzierung pro Gruppe vorzuziehen. Die Finanzierung sollte in erster Linie Sache des jeweiligen Bundeslandes sein, erst in zweiter Linie Sache der Kommunen.

Kindertagesstätten können durch die öffentliche Hand, durch Wohlfahrtsverbände oder durch Private betrieben werden. Die Vielfalt der Träger soll durch die Finanzierungsvorschläge nicht angetastet werden. Es ist aber davon abzuraten, einen Marktwettbewerb zur Realisierung eines bedarfsgerechten Angebots zu initiieren. Eine solche Form der Koordination wäre mit sehr hohen Kosten verbunden. Zum Einen würde ein hoher Verwaltungsaufwand bei der Ermittlung des Bedarfs und bei den Vertragsverhandlungen entstehen. Zum Anderen könnten Kosten aufgrund von fehlerhaften Bedarfsplanungen entstehen, z. B. wenn das vereinbarte Angebot nicht den Präferenzen der Nachfrager entspricht.

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3 Schulen

Die Ausstattung der allgemeinbildenden Schulen lässt zu wünschen übrig. Die Kommunen sind oft nicht mehr in der Lage, die Schulen angemessen auszustatten und durch Reparaturen instand zu halten. Es ist zu fragen, ob Dritte in die Finanzierung der Schulen einbezogen werden können. Dies kann durch Werbung, durch Sponsoring, durch Public-Private Partnership, durch Elternvereine oder durch Einschränkung der Lehr- und Lernmittelfreiheit geschehen. Problematisch ist die Public-Private Partnership. Es besteht die Gefahr, dass sich hier die privaten gegenüber den öffentlichen Interessen durchsetzen. Die Lehr- und Lernmittelfreiheit sollte nur im Notfall eingeschränkt werden. Im Falle einer solchen Einschränkung besteht die Gefahr der sozialen Polarisierung. Die Einführung von Wettbewerbselementen in Form einer Budgetierung und einer generellen Marktorientierung ist insofern problematisch, als nur die Abhängigkeit von der Bürokratie durch die Abhängigkeit vom Markt ersetzt wird.

Zu Recht wird von vielen die Wiedereinführung des Schüler-Bafög nach dem Vorbild der siebziger Jahre gefordert. Die niedrige Akademikerquote in Deutschland resultiert in erster Linie aus der Tatsache, dass zu wenige Schüler die Hochschulreife erreichen.

Ein Ausbau des Schüler-Bafög kann dazu beitragen, die soziale Selektivität der allgemeinbildenden Schulen abzubauen.

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4 Berufsausbildung

Es ist bekannt, dass die Wirtschaft zu wenige Ausbildungsplätze zur Verfügung stellt. Die Ausbildungsquote der Betriebe ist zurückgegangen. Die gilt auch und gerade für Großbetriebe. Besonders dramatisch ist die Situation in den neuen Bundesländern. Hier tritt die Finanzierung durch den Staat zunehmend an die Stelle der betrieblichen Finanzierung.

Es erscheint zweckmäßig, durch eine Fondslösung die mangelnde Ausbildungsbereitschaft der Betriebe anzugehen. Wer nicht im Rahmen einer durch die jeweiligen Umsätze bestimmten Quote ausbildet, muss eine Abgabe bezahlen. Diese Abgabe wird in einem Fonds verwaltet und für Ausbildungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt. Die Fonds sollen branchenbezogen organisiert werden. Die Organisation der Fonds kann durch Tarifvertrag geregelt werden. Vorbild ist hier der Metalltarifvertrag in Nordwürttemberg-Nordbaden, der eine Agentur, aber noch keine Fonds vorsieht.

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5 Hochschulen

Effizienzprobleme

Die Effizienz der bundesdeutschen Hochschulen lässt ebenso zu wünschen übrig wie die Höhe der Studienanfängerquote, die im Jahre 1999 bei 28 % lag, während sie in den angelsächsischen Ländern erheblich höher lag. Auch wenn man die Unterschiede in den jeweiligen Hochschulsystemen berücksichtigt, ist es doch erstaunlich, dass in Ländern mit vergleichbaren Schul- und Hochschulsystemen wie Italien (40 %), Frankreich (35 %) und Dänemark (34 %) eine erheblich höhere Studienanfängerquote erreicht wurde. Zum Einen kann dieser Befund damit zusammenhängen, dass es in Deutschland ein attraktives Berufsausbildungssystem gibt, das auch als Alternative für Abiturienten zu betrachten ist. Zum Anderen hängt dies aber mit der bereits angesprochenen sozialen Selektivität der Schulen in Deutschland zusammen.

Es gibt viele Möglichkeiten, die Effizienz der Hochschulen zu verbessern. Hierzu zählen Konzepte wie Globalhaushalte, Evaluierungen der Lehre und Ranglisten zwischen den Hochschulen. Als eine zusätzliche Möglichkeit der Effizienzsteigerung wird von einigen die Einführung von Studiengebühren angesehen. Es ist zu fragen, ob durch die Studiengebühren die Finanzlage der Hochschulen verbessert werden kann.

In Nordrhein-Westfalen wurde neulich deutlich, dass der Finanzminister eventuelle Studiengebühren in den allgemeinen Haushalt des Landes einstellen will. Auch wenn er dies nicht tut, ist doch zu erwarten, dass parallel zum Ansteigen der Studiengebühren die staatlichen Leistungen an die Hochschulen zurückgefahren werden.

Studiengebühren

Zu fragen ist ferner, ob durch Studiengebühren effiziente Studienentscheidungen induziert werden. Führen sie zu einem effizienten Nachfrageverhalten der Studierenden? Die Antwort ist nicht eindeutig. In erster Linie sind eingeschränkte Informationen, niedrige Wohn- und Transportkosten sowie die regionalen Verbindungen dafür maßgeblich, dass viele Studierende an ihrem Heimatort studieren. Solange die Informations-, Transport- und Unsicherheitsprobleme der Studierenden nicht bewältigt sind, ist nicht damit zu rechnen, dass durch Studiengebühren effiziente Studienentscheidungen induziert werden.

Die Monopolkommission fordert in einem Gutachten aus dem Jahre 2000 die Einführung von Studiengebühren, weil die Nachfrage nach Studienplätzen reduziert werden müsse. Sie geht davon aus, dass wir zu viele Studierende haben. Dies entspricht auch dem "Alltagswissen“ vieler Professoren. Vergleicht man aber die Studienanfängerquote in Deutschland mit der entsprechenden Quote anderer Länder, dann wird deutlich, dass wir nicht zu viele, sondern zu wenige Studierende haben. Hieraus resultiert ein starkes Argument gegen die Einführung von Studiengebühren.

Studiengebühren führen auch nicht notwendig zu mehr Wettbewerb der Anbieter (Hochschulen). Es ist gegenwärtig nicht wahrscheinlich, dass die Hochschulen die eingehenden Studiengebühren in erster Linie zur Verbesserung der Lehre verwenden würden.

Zum Teil wird behauptet, dass durch Studiengebühren Chancenungleichheiten und Ungerechtigkeiten zwischen bestimmten Bevölkerungsgruppen beseitigt oder verhindert werden. Im Hintergrund steht das Schlagwort: "Die Krankenschwester finanziert das Studium des Chefarztes“. Im Rahmen einer Längsschnittstudie haben Sturn und Wohlfahrt aber gezeigt, dass jedenfalls in Österreich die Akademiker durch den Einstieg in eine höhere Steuerprogression die Aufwendungen zurückzahlen, welche der Staat während des Studiums auch in Form entgangener Studiengebühren zu ihren Gunsten getätigt hat. Diese Überlegung kann auch nicht mit dem Argument entkräftet werden, es handele sich hier um ein Problem des Steuersystems. Da Besserverdienende typischerweise Akademiker sind, kann durch eine entsprechende Progression in der Einkommenssteuer die Einführung von Studiengebühren aus Gerechtigkeitsgründen vermieden werden.

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6 Weiterbildung

Der Bereich der Weiterbildung ist nicht eindeutig definiert und nicht systematisch rechtlich geregelt. Es ist nicht einfach, den Weiterbildungsbereich von anderen Bildungsbereichen abzugrenzen. Ein Zweitstudium in einem anderen Studienfach kann man als Weiterbildung, aber auch als Erstausbildung in dem neuen Fach betrachten. Ein großer Teil des Weiterbildungsbereichs ist markförmig organisiert. Der direkte private Finanzierungsanteil ist im Vergleich zu anderen Bildungsbereichen relativ hoch. Im internationalen Vergleich ist festzustellen, dass zu wenig weitergebildet wird. Außerdem ist die Beteiligung an der Weiterbildung vor allem vom Schulabschluss, von der beruflichen Qualifikation und Tätigkeit abhängig. An Weiterbildungsmaßnahmen nehmen vorzugsweise Personen teil, die schon qualifiziert sind. Diese unterschiedliche Beteiligung verstärkt noch die Ungleichheit im Bereich der beruflichen Weiterbildung. Insbesondere im Bereich der allgemeinen Weiterbildung gibt es wenig Transparenz. Die Informationen müssen mühsam aus den einzelnen Institutionen zusammengesucht werden. Im Jahre 2000 ist die Teilnahme an der Weiterbildung erstmals zurückgegangen. Die Gründe sind unklar.

Betrachtet man die soziodemografische Struktur der Weiterbildungsteilnahme, so wird deutlich, dass sich mangelnder Berufsabschluss, Arbeitslosigkeit und der Berufsstatus des Arbeiters negativ bemerkbar machen. Positiv bemerkbar machen sich Hochschulabschluss, Erwerbstätigkeit und der Status des Beamten oder des Selbständigen. Die geschlechtsspezifische Benachteiligung von Frauen gegenüber den Männern wurde in den letzten 20 Jahren weitgehend abgebaut.

Zur Verbesserung der Weiterbildungsfinanzierung wird vorgeschlagen, Fonds einzuführen, wobei die französische Lösung als vorbildlich angesehen wird. Die Unternehmen zahlen auf gesetzlicher Grundlage einen festzulegenden Prozentsatz vom Umsatz in den Fonds ein, wenn sie nicht entsprechend ausbilden. Die Fondsverwaltung erfolgt nach dem Vorschlag dezentral, branchenspezifisch und paritätisch besetzt zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. Die Fondsmittel werden für institutionelle Weiterbildungsmaßnahmen verwendet; man kann daraus Gebühren, Fahrtkosten und Kosten der Freistellung bezahlen. Die Verknüpfung der Finanzierung der Erstausbildung und der Weiterbildung durch Fonds ist möglich. Die Finanztöpfe sollten aber getrennt gehalten werden. Auf tarifvertraglicher Grundlage gibt es in Deutschland z. B. einen Aus- und Weiterbildungsfonds der Gerüstbauer. Er funktioniert sehr gut und wurde erst im Jahre 2001 verlängert. Es ist zu vermuten, dass tarifliche Fonds weniger bürokratisch als staatliche sind.

Besonders hervorzuheben ist, dass die Einrichtung von tariflichen Fonds den Staat nichts kostet, während die Einführung von Kindertagesstätten und Ganztagsschulen erheblich ins Geld läuft.

Als flankierende Maßnahmen zu derartigen Fonds können Arbeitszeitkonten, Jobrotation und eine Verbesserung der betrieblichen Mitbestimmung betrachtet werden. Im Zusammenhang mit der Umsetzung der Vorschläge der Hartz-Kommission wurden Ende 2002 Gutscheine für die berufliche Weiterbildung im Rahmen der Arbeitsförderung nach dem SGB III eingeführt. Der Erfolg dieses Konzepts ist sehr zweifelhaft, da den Arbeitslosen die Konsumentensouveränität fehlt und die Einführung der Gutscheine mit Mittelkürzungen einhergeht.

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7 Zusammenfassung und Ausblick

Die Mängel des deutschen Bildungssystems, die im internationalen Vergleich deutlich werden, sollten nicht allein durch eine effizientere Verwendung der bestehenden Finanzmittel, sondern durch zusätzliche Finanzmittel behoben werden (Minimumprinzip). Am Wichtigsten sind gebührenfreie Kindergärten und Ganztagsschulen. Aber auch im Weiterbildungsbereich sind finanzielle Verbesserungen notwendig. Hier sind allerdings weniger staatliche Mittel notwendig, weil für die betriebliche Weiterbildung ebenso wie für die betriebliche Erstausbildung Fonds eingeführt werden können. Von der Einführung von Studiengebühren ist abzuraten, da sie zu einer Abschreckung führen würden, durch die sich in der derzeitigen Situation der ohnehin im internationalen Vergleich schon niedrige Anteil von Studienbewerbern in Deutschland weiter verringern würde. Die Bildungsmisere kann aber nicht in einer Linie durch bessere Finanzierungskonzepte behoben werden. Gleichrangig muss eine Reform der Bildungsorganisation, der Bildungs- und Studieninhalte verwirklicht werden.

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Bildung ist ein (un-)zahlbares Gut

Von Prof. Dr. Rudolf Hickel

1 Das öffentliche Gut Bildung finanzierbar machen

Weitgehend stellt die Theorie und Praxis der Finanzpolitik nicht mehr das Ziel in den Mittelpunkt, die ökonomischen, sozialen und ökologischen Funktionen des Staates für die Gesellschaft empirisch abgesichert zu definieren, um darauf die Instrumente der Finanzierung auszurichten. Vielmehr dominiert heute das Ziel, im Zuge der Reduzierung der Finanzmittel für die öffentlichen Hände Ausgaben ohne Rücksicht auf die Folgen für die dringend notwendige Wahrnehmung staatlicher Aufgaben einzusparen. Diese Praxis trifft mittlerweile für den Bund, die Länder und die Gemeinden zu. Der Einspardruck wird völlig losgelöst von der Frage nach der angemessenen Wahrnehmung öffentlicher Funktionen durch die zwei zentralen Bereiche der staatlichen Einnahmen erzeugt, die gleichsam als unerschütterlich Prämissen gelten: einerseits Senkung der öffentlichen Kreditaufnahme und andererseits rigorose Steuerverzichte.

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2 Finanzierungsbedarf – Folge von Staatsaufgaben

Am Beispiel der radikalen Senkung der öffentlichen Neuverschuldung wird deutlich, dass am Ende die gut gemeinte Konsolidierung der Staatshaushalte die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und den ökologischen Umbau für künftige Generationen belastet. Im Vordergrund steht das verabsolutierte und falsch begründete Ziel, die öffentliche Neuverschuldung abzubauen. Die Basis bilden die beiden Verordnungen des "Stabilitäts- und Wachstumspakts“, die im Juli 1997 in Amsterdam durch den Ministerrat der EU beschlossen wurden. Danach ist mittelfristig in den Mitgliedsländern die staatliche Nettokreditaufnahme auf Null zurückzuführen, ja die öffentlichen Haushalte sollten Überschüsse produzieren. Kurzfristig konjunkturell wird im Regelfall die zulässige Neuverschuldung auf maximal 3% des Bruttoinlandsprodukts reduziert. Bei Überschreiten dieser Grenze setzt ein Verfahren ein, an dessen Ende Strafgelder durch das betroffene Mitgliedsland aufzubringen sind. Diese Reglementierung der Staatsverschuldung dient dem Ziel, eine Euro-Inflation durch übermäßige Defizite der öffentlichen Haushalte zu verhindern. Dabei ist jedoch theoretisch wie empirisch der Einfluss expansiver Staatsverschuldung auf den Währungsgeldwert an sich schon heftig umstritten. Unbezweifelbar ist jedoch, dass die restriktive Kreditpolitik das wirtschaftliches Wachstum und die Beschäftigung belastet. Bei der Verfolgung des Ziels, die öffentlichen Haushalte durch Abbau der Neuverschuldung zu sanieren, ist die Bundesregierung gescheitert. Einschränkungen bei öffentlichen Ausgaben haben die ohnehin schwache Wirtschaftsentwicklung belastet. Sinkende Steuereinnahmen und steigende Kosten der Arbeitslosigkeit sind die Folge. Am Ende fallen die Staatsschulden höher aus. Das Jahr 2003 bestätigt dieses Schuldenparadoxon dramatisch. Gegenüber der Planung eines Neudefizits von mehr als 18 Mrd. € stieg die Nettokreditaufnahme des Bundes am Ende auf über 38 Mrd. €. Hier zeigt sich, wie durch eine von den gesamtwirtschaftlichen Folgen abgetrennte Politik der Einsparungen die Entwicklungsbedingungen des Staates, der Wirtschaft und Gesellschaft belastet worden sind. Die wirtschaftliche Wachstumsschwäche und hohe Arbeitslosigkeit machen einerseits ein konjunkturelles Gegensteuern mit dem Finanzierungsinstrument Neuverschuldung notwendig. Konjunkturbedingte Defizite müssen hingenommen werden. Andererseits ist es sinnvoll, öffentliche Infrastrukturaufgaben per Kreditaufnahme zu finanzieren. Dies sieht Art. 115 GG, der im Ausmaß der öffentlichen Investitionen eine Verschuldung zulässt, vor. Die Nettokreditaufnahme ist das einzige Finanzierungsinstrument des Staates, mit dem künftige Generationen an der heute hergestellten Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse fiskalisch künftig beteiligt werden können. Vererbt werden nicht nur die Schulden, sondern auch die Gläubigerpositionen (Vermögen) an künftige Generationen. Der Konflikt der Umverteilung zwischen Zinsbeziehern und Zinszahlern muss allerdings in jeder Generation gemanagt werden. Vererbt werden, soweit die Kreditaufnahme der Finanzierung von öffentlicher Infrastruktur gilt, bessere Lebens- und Produktionsverhältnisse. Das Beispiel Schuldenfinanzierung zeigt, wie durch den Verzicht auf die Analyse der staatlichen Funktionen, die es damit zu finanzieren gilt, zu Fehlentwicklungen kommt. Am Ende wird Gesellschaft ärmer.

Noch deutlicher als bei der Staatsverschuldung zeigt sich der massive Vorrang der Gestaltung der Steuerfinanzierung gegenüber der notwendigen Sicherung öffentlicher Aufgaben. Deutschland befindet sich in einem Steuersenkungsrausch ohne Rücksicht auf die Frage, was dies für die Finanzierbarkeit öffentlichen Aufgaben bedeutet. Die gesamtwirtschaftliche Steuerquote, als die gegenüber dem Bruttoinlandsprodukt für die Finanzierung staatlicher Aufgaben abgezweigten Einnahmen, erreicht in diesem Jahr einen historischen Tiefpunkt in der Geschichte der Bundesrepublik. Die geradezu peinliche Widersprüchlichkeit offenbaren Parteien im Bundestag, wenn sie einerseits weitere massive Nettoentlastungen durch die Steuerreform propagieren, andererseits aber dringliche Felder alter und neuer öffentlicher Aufgaben beschwören, wie die Finanzierung von Einrichtungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie der Bildung. Anhänger der Neoklassik in der Wirtschaftswissenschaft sowie die neoliberale Politik machen es sich verdammt einfach. Ihre Devise lautet: Ein öffentlich ausgegebener Euro ist Verschwendung, während dessen Einsatz in der Privatwirtschaft immer auch die ökonomische Wohlfahrt steigert. Diese Politik des Einsparens mit dem Ziel, die Steuerbelastung zu senken und die Neuverschuldung zumindest auf Null herunterzuschrauben, wird mit dem Versprechung gerechtfertigt, am Ende würden die wirtschaftlichen Wachstumskräfte gestärkt und die Arbeitslosigkeit abgebaut. Diese Versprechung geht jedoch nicht in Erfüllung. Im Gegenteil, durch den erzeugten Druck, staatliche Ausgaben rigoros zu kürzen, fehlt es der Wirtschaft an Umsätzen. In einem sich kumulierenden Prozess werden am Ende weit über den Kürzungsimpuls hinaus die ökonomische Wertschöpfung und die Beschäftigung reduziert. Diese Steuerpolitik, die gesamtwirtschaftlich die Wachstumskräfte nicht stärkt, macht den Staat ärmer und damit handlungsunfähig, während durch die entsprechende Entlastungskonzentration nach Abzug der Steuern die Einkommensstarken und Vermögenden gewinnen. John Kenneth Galbraith hat bereits Ende der 1950er Jahr diesen politisch erzeugten Widerspruch zwischen "öffentlicher Armut und privaten Reichtum“ für die USA beschrieben, der im Zuge des Um- und Abbaus der öffentlichen Sektoren jetzt in Deutschland an Kraft gewinnt.

Die Logik der Finanzpolitik muss endlich wieder in Kraft gesetzt werden: Die öffentlichen Aufgaben und die daraus resultierenden Aufgaben müssen aus den Funktionsdefiziten der privatwirtschaftliche Konkurrenz abgeleitet werden. Dies bezieht sich auf wirtschaftliche, soziale und ökologische Anforderungen. Auf deren Realisierung sind dann die Instrumente staatlicher Finanzierung auszurichten. Solche öffentlich sicherzustellenden Aufgaben auch zugunsten des Wirtschaftssystems sind u.a.:

In meinem Beitrag "Bildung ist ein (un-)bezahlbares Gut“ wird gezeigt, dass es sich bei Bildung um ein staatlich zu gewährleistendes öffentliches Gut handelt. Über den individuellen Nutzen hinaus profitieren die persönliche Umgebung, die Unternehmen, wie überhaupt die Gesellschaft von der individuellen, sozialen und ökonomischen Produktivkraft Bildung. Es sind die "externen Effekte“, die Bildung als öffentliches Gut konstituieren. Im Prinzip muss der Staat diesen Aufgabenbereich fiskalisch sicherstellen. Auf dieser Grundlage lassen sich jedoch unterschiedliche Formen der Organisation des Bildungsangebots vorstellen.

Also, aus dieser funktionalen Ableitung öffentlicher Aufgaben folgt die Notwendigkeit, deren Finanzierung sicher zu stellen. Dabei stellt sich die Frage, wie mit der vorrangigen Behauptung, ausreichende Finanzierungsspielräume seien nicht mehr gegeben, umzugehen ist. Dabei wird der Zwang zum Einsparen auch noch zur Sachzwangslogik verklärt. Am Beispiel des Instruments öffentliche Kreditaufnahme ist bereits gezeigt worden: Es gibt durchaus die Möglichkeit, dieses Instrument gesamtwirtschaftlich und zur Finanzierung öffentlicher Investitionen verstärkt einzusetzen. Dazu ist es jedoch die Loslösung von der Reduktion der Staatsverschuldung als Verursacherin von Inflation hin zu deren funktional rationalem Einsatz erforderlich. Was ist von der These zu halten, durch eine prohibitive Besteuerung würden das Wirtschaftswachstum stranguliert und Arbeitslosigkeit erzeugt? Daher gebe es keinen Spielraum für Steuererhöhungen, im Gegenteil die Belastung müsse reduziert werden. Davon kann jedoch keine Rede sein. Durch massive Steuersenkungen in den letzten Jahren ist die Basis öffentlicher Finanzierbarkeit deutlich geschwunden – auch weil die versprochenen Wachstumseffekte ausgeblieben sind. Umso wichtiger ist es, das Steuersystem wieder auf das Ziel, öffentliche Aufgaben auch zugunsten der Wirtschaft finanzierbar zu machen. Dabei müssen vor allem rationale Kriterien der Verteilung der Steuerlasteingehalten werden.

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3 Trends im deutschen Steuersystem

Spielräume einer funktionsbezogenen Besteuerung einerseits und echter Reformbedarf andererseits werden auf dem Hintergrund der Trends des deutschen Steuersystems sichtbar:

Tabelle zu den SteuernDer Anteil der gesamten (kassenmäßigen) Steuereinnahmen am Bruttoinlandsprodukt ist vom Spitzenwert mit knapp 23,1% auf den historischen tiefsten Wert von knapp 20,9% zurückgeführt worden (vgl. Tabelle rechts). Derzeit wird nur noch etwas mehr als ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts über Steuern zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben abgeschöpft. Durch die zum Teil vorgezogene Steuerentlastung wird sich dieser Trend in 2004 fortsetzen und ab 2005 verstärken. Würde unter ansonsten gegebenen Bedingungen die Steuerquote von 2000 in 2003 gelten, verfügten die öffentlichen Hände über knapp 43 Mrd. € - das sind 9,2% - an Mehreinnahmen. Würde dieser Betrag zur Verfügung stehen, könnten wichtige Maßnahmen in den Schulen und Hochschulen finanziert werden. Dagegen hat der Verzicht auf diese Einnahmen maßgeblich zur Krise der öffentlichen Finanzen beigetragen und den Druck auf dieöffentliche Neuverschuldung erhöht.

Während die gesamtwirtschaftliche Steuerquote seit 2000 gesenkt wurde, hat sich auch die Verteilung der Steuerlast deutlich verschoben. Die Umverteilung zeigt sich zum einen darin, dass erstmals seit 2001der Anteil der indirekten Steuern (50,9%) den Anteil der direkten Steuern (49,1%) überholt hat. Der Trend zur steigenden relativen Belastung mit indirekten Steuern zeichnete sich längerfristig ab. In den letzten Jahren hatten maßgeblichen Einfluss auf die Spitzenstellung der Umsatzsteuer die Senkungsrunden bei den Steuern vom Einkommen sowie die Anhebung insbesondere der Ökosteuer. Dieser Trend wird sich fortsetzen. Bei den indirekten Steuern – insbesondere der allgemeinen Umsatzsteuer – bildet der private Konsum und nicht das Einkommen die Besteuerungsbasis. Der Anteil des privaten Konsums am verfügbaren Einkommen gewinnt an Bedeutung. Spiegelbildlich verliert das Prinzip der gerechten Besteuerung nach der ökonomischen Leistungsfähigkeit im deutschen Steuersystem an Bedeutung. Diese relative Entlastung bei den direkten Steuern und damit die Zurückdrängung des Prinzips der ökonomischen Leistungsfähigkeit wird vor allem durch die angebotsorientierte Steuerlehre, die Steuern auf Unternehmenskosten reduziert, propagiert.

Zum anderen wird die durch die rot-grüne Steuerpolitik bewegte Umverteilung der Steuerlast vor allem durch Verschiebungen innerhalb der Steuern vom Einkommen sichtbar (vgl. Tabelle). Seit 2002 ist der Anteil der Lohnsteuer an der gesamten Einkommenssteuer erneut auf 80% gestiegen (Anteil der Lohnsteuer am gesamten Steueraufkommen 2003 bei 30,2%). Die veranlagte Einkommensteuer bewegt sich dagegen auf niedrigem Niveau. Allerdings ist die Aussagefähigkeit dieser Einkunftsart begrenzt. Denn Vorauszahlungen bei der Einkommensteuer und Nachzahlungen bei der Lohnsteuer im Rahmen des Lohnsteuerjahresausgleichs sowie die Auszahlung von Investitionszulagen und der Eigenheimzulage werden in diesem "Clearingkonto“ zusammengefasst. Die Umverteilung zugunsten der Unternehmenswirtschaft zeigt sich jedoch deutlich bei der Körperschaftsteuer für die Kapitalgesellschaften. Ihr Anteil am gesamten Einkommen ist von 12,3% in 2000 im darauf folgenden Jahr ins Minus gerutscht. Die bereits erwähnten Ursachen sind: Verrechnung von Verlusten und die Auskehrung der einbehaltenen Gewinne, die zuletzt mit 40% besteuert wurden. Im vergangenen Jahr konnte wieder der Anteil auf das Niveau von 1995 gesteigert werden, während jedoch die Gewinne deutlich zugenommen hatten. Im Zuge der Auskehrung früher einbehaltener Gewinne, die zum Rückgang der Körperschaftsteuer führt, schlägt sich in der deutlichen Zunahme des Anteils der nicht veranlagten Steuern vom Ertrag nieder. Denn hierbei handelt es sich maßgeblich um die Kapitalertragsteuer auf ausgeschüttete Gewinne der Kapitalgesellschaften, die im Quellenabzugsverfahren an die Finanzämter fließen.

Der Rückführung der gesamten Steuereinnahmen gegenüber dem Bruttoinlandsprodukt hat zusammen mit der vergleichsweise größeren Entlastung der Unternehmenswirtschaft und Einkommensstarken die wirtschaftliche Wachstumsdynamik nicht wesentlich positiv beeinflusst und damit den Abbau von Arbeitsplätzen nicht verhindern können. Die deutlichen Kostenentlastungen über Steuersenkungen sind nicht in die Finanzierung arbeitsplatzwirksamer Investitionen umgesetzt worden. Diese Entwicklung zeigt, dass die wirtschaftliche Wachstumsschwäche derzeit nicht durch die Kostenseite gebremst, sondern durch unzureichende Nachfrageerwartungen verursacht wird. Die angebotsorientierte Lehre, die in Steuern nur Kosten sieht, hat offensichtlich versagt. Die viel beschworenen Selbstfinanzierungseffekte von Steuersenkungen über die Ankurbelung des Wirtschaftswachstums und damit steigende Steuereinnahmen sind ausgeblieben. Diese Hoffnung auf Selbstheilung folgt eher den Erwartungen einer Voodoo-Ökonomik. Gewiss ist, durch die Steuerpolitik ist der Staat am Ende ärmer geworden. Der Druck auf Einsparungen, aber auch die Nettokreditaufnahme durch den Staat hat zugenommen. Durch diese steuerpolitisch miterzeugte Finanzkrise ist die konjunkturelle Entwicklung belastet worden. Mit negativer Langzeitwirkung werden dringliche Infrastrukturausgaben nicht mehr finanzierbar. Der Widerspruch "öffentliche Armut im privaten Reichtum“, den John Kenneth Galbraith 1958 zur Charakterisierung der Entwicklung in den USA nutzte, ist durch eine Steuerpolitik, die einerseits den Staat fiskalisch ärmer gemacht hat und andererseits den privaten Einkommens- und Vermögensreichtum stärkt, vertieft worden. Die wachsende öffentliche Armut zeigt sich vor allem auf der Ebene der Gemeinden, die über die Folgen der Steuersenkungen hinaus noch über Umverteilungsmaßnahmen noch durch den Bund die Länder sowie durch vergleichsweise hohen Kosten der Arbeitslosigkeit belastet worden sind.

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4 Steuereinnahmen mobilisieren

Die Gesamtbesteuerung muss wieder auf die Finanzierung der öffentlichen Aufgaben ausgerichtet werden. Dazu gehört die Verteilung der Steuerlast nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit. Der Ideologie über Steuern als bloße Last muss die Tatsache gegenübergestellt werden, dass Vorteile der damit finanzierten Aufgaben den Individuen, der Wirtschaft und Gesellschaft zu gute kommen. Radikale Reformen, die am Ende nur die Steuereinnahmen massiv reduzieren, sind schädlich, weil sie staatliche Gestaltung verhindern. An die Stelle des heutigen Steuersenkungswahns sollte eine seriöse und ökonomisch machbare Finanzierung öffentlicher Aufgaben treten. Zur Wiederherstellung der Akzeptanz der Besteuerung gehören gerechteLastverteilung, konsequenter Steuereinzug und Transparenz.

Die Vorschläge von Merz/CDU, der CSU, der F.D.P. und Paul Kirchhof setzen auf eine Vereinfachung des Tarifs einerseits und den Abbau von Steuervorteilen andererseits (Vgl. Rudolf Hickel, Merz, Kirchhof und Co. -- Die Republik im Steuersenkungsrausch; in: Blätter für deutsche und internationale Politik 2/2004).

 Netto führen alle Vorschläge allerdings in unterschiedlichem Ausmaß zu Steuerausfällen bei den Gebietskörperschaften. Nachdem in diesem Jahr allein wegen der Senkung des Steuertarifs mit Steuerausfällen von 15 Mrd. € zu rechnen ist und eine letzte Senkungsrunde in 2005 zum Zuge kommt, gibt es keinen Spielraum mehrfür eine weitere Senkung der Einkommensteuer.

Zur Gestaltung der Einkommensteuer wird folgender Tarif vorgeschlagen: (steuerfreier) Grundfreibetrag von 7000 € (Allein stehend), Eingangsteuersatz 15%, anschließende Phase linearer Progression bis 70 000 € zu versteuerndes Einkommen, ab dem der Spitzensteuersatz von 48,5% eintritt. Gegenüber dem ab 2005 gesetzlich zum Zuge kommenden Tarif können die Gebietskörperschaften gemäß ihren Anteilen an dieser Gemeinschaftsteuer mit deutlichen Mehreinnahmen rechnen.

Steuervorteile, Steuerprivilegien sollten genau auf ihre Ziele hin überprüft werden. Eine weitere Kürzung der Entfernungspauschale ist derzeit nicht zumutbar. Die steuerliche Sonderregelung für Zuschläge auf Sonn, - Feiertags- und Schichtarbeit muss beibehalten werden, da die Steuerausfälle durch Einkommenserhöhung nicht kompensiert werden. Vor allem müssen die vielen Steuerschlupflöcher im Rahmen der Umwidmung von Kosten der individuellen Lebensführung als Betriebsausgaben gestopft werden. Dazu gehört auch die Aufhebung des Bankengeheimnisses (§ 30a Abgabenordnung), um damit die gesetzlich gewollte Besteuerung der Zins- und Spekulationseinkünfte sicher zu stellen.

Für alle Unternehmen (Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften) ist eine Mindestbesteuerung vorzusehen. Die Verrechnung von früheren Verlusten mit heutigen Gewinnen ist deutlich einzuschränken.

Nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip sind auch die Vermögensbestände bei den privaten Haushalten zu besteuern. Denn Vermögen trägt zur ökonomischen Leistungsfähigkeit bei. Auf der Basis eines ausreichenden Freibetrags für eine Immobilie und einem Steuersatz von über 1% wären jährlich durch eine verfassungskonforme Vermögensteuer ca. 8 Mrd. € zu mobilisieren. Die Einnahmen sollten zweckgebunden für die Finanzierung des Bildungssystems verwendet werden (Durchbrechen des Nonaffektationsprinzips).

Bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer muss endlich die Bemessungsgrundlage für Grund und Boden an die Marktbewertung angepasst werden. Diese durch das Bundesverfassungsgericht verlangte Anpassung führt zu Zusatzeinnahmen.

Auch bei der Grundsteuer sollten die Marktwerte (anstatt die Einheitswerte von 1964 in Westdeutschland und 1936 in Ostdeutschland) genutzt werden.

Die schwere Finanzkrise der Kommunen verlangt eine ergiebige, recht konjunkturunabhängige Besteuerung der kommunalen Wirtschaft. Diese Gemeindewirtschaftsteuer sollte die Freiwilligen und Selbständigen als Nutznießer des kommunalen Angebots in die Besteuerung einbeziehen. Die zum Gesamtunternehmen beitragenden Zinsen für Fremdkapital, Mieten und Pachten gehören ebenfalls in Bemessungsgrundlage.

Die Mobilisierung von Steuereinnahmen nach dem Prinzip gerechter Lastverteilung macht den Staat wieder handlungs- und damit zukunftsfähig.

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Bildung als soziale Frage des 21. Jahrhunderts

Kurzthesen zum Beitrag "Bildung ist ein (un-)bezahlbares Gut“

Von Prof. Dr.Rudolf Hickel

1 Grundlegende Anmerkungen zu Staatsaufgaben und deren Finanzierung

1. Unter dem Ziel Zukunftsfähigkeit der Menschen, der Gesellschaft und der Wirtschaft müssen die Staatsaufgaben erneut definiert werden. Das derzeit dominierende neoklassisch/neoliberale Paradigma räumt den Marktkräften monokausal nach dem Motto den Vorrang ein: Jeder privat ausgegebene Euro ist dem öffentlich eingesetzten Euro überlegen. Damit wird die Notwendigkeit gestaltender Politik – auch zur Kompensation eines objektiv wirkenden Marktversagens – verdrängt und die Zukunftsfähigkeit Deutschlands schwer belastet. Allerdings ist bei der Implementierung von Staatsaufgaben zwischen der eigentlichen Produktion im öffentlichen Sektor und der finanziellen Gewährleistung öffentlicher Aufgaben durch andere Institutionen zu unterscheiden.

2. Der öffentliche Finanzierungsbedarf wird durch die erneut definierten Staatsaufgaben bzw. –ausgaben bestimmt. Abgesehen von den Beiträgen zur Finanzierung sozialer Aufgaben und der Nettokreditaufnahme für öffentliche Investitionen sowie zur gesamtwirtschaftlichen Steuerung ist die Finanzierung vor allem der allokativen Staatsaufgaben durch das Steuersystem zu gewährleisten. Bei der Verteilung der Steuerlast gilt vorrangig das sozial gerechte Prinzip Leistungsfähigkeit ("ability to pay“): Mit wachsender Leistungsfähigkeit – etwa einem zusätzlich zu versteuernden Euros - wächst die steuerliche Belastung (derzeit lineare Progression bei der Einkommensteuer.) Die Steuerpolitik, die sich in den letzten Jahren stark auf die Pflege der Einkommensstarken, der Vermögenden sowie die Kapitalgesellschaften konzentriert hat, sollte zum Prinzip gerechter Verteilung der Steuerlast bei der Finanzierung notwendiger öffentlicher Aufgaben zurückfinden.

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2 Das öffentliche Gut Bildung: gesellschaftliche und ökonomische Zukunft finanzieren

1. Bildung ist und bleibt ein öffentliches Gut. Adam Smith, der heute als Kronzeuge für die neoliberale Strategie der Privatisierung öffentlicher Aufgaben zitiert wird, hat im Widerspruch zu seiner heutigen Vereinnahmung bereits in seinem Grundsatzwerk "Wohlstand der Nationen“ 1776 (im fünften Buch "Über den Staat“) Bildung als öffentlich zu sicherndes Gut klar definiert: Der Staat muss "solche Werke“ herstellen und unterhalten, "die, wenn sie auch für eine große Gesellschaft höchst vorteilhaft sind, doch niemals einen solchen Profit abwerfen, dass sie einem einzelnen oder einen kleinen Anzahl von Personen die Kosten ersetzen und deren Einrichtung und Unterhaltung daher von keinem einzelnen und keiner kleinen Anzahl von Personen erwartet werden darf.“

2. Die Produktion von Bildung muss als öffentliches Gut durch öffentliche Finanzierung gewährleistet werden. Dabei ist dem spezifischen Charakter dieser Produktion Rechnung zu tragen. Es handelt sich um eine interaktive Produktion zwischen den "Anbietern“ und "Nachfragern“ (Mensch-Mensch-Beziehung). Die Produktion ist daher notwendigerweise personalintensiv. Es macht keinen Sinn, den Produktivitätsbegriff aus der Industrie zu übernehmen (Mensch-Maschine-Beziehung). Bei der öffentlichen Finanzierung durch Steuern ist das Prinzip der Leistungsfähigkeit anzuwenden. Schließlich profitiert die Gesellschaft als Ganze vom hochwertigen Bildungsvermögen. Die Finanzierung dieses öffentlichen Guts über Gebühren würde zur Unterversorgung führen, vor allem sozial Schwache ausgrenzen.

Zur Finanzierung dieses öffentlichen Gutes durch die Verbesserung der allgemeinen Haushaltslage der Gebietskörperschaften werden mit Blick auf die aktuelle steuerpolitische Entwicklung folgende Vorschläge unterbreitet:

BILDUNG ALS ÖFFENTLICHES GUT MUSS DURCH DAS STEUERSYSTEM ÜBER EINE GERECHTE LASTVERTEILUNG FINANZIERT WERDEN: SCHLIEßLICH IST SIE ÜBER DEN GEWINN FÜR DIE EINZELNEN HINAUS EINE ZENTRALE RESSOURCE FÜR DIE WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT DER ZUKUNFT.

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