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An der langen Straße

Inhalt

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Evangelische Jugendarbeit

Der neue Anfang

Aus dem Einladungszettel für die Jugendtage

Vor 40 Jahren hat die Evangelische Jugend des Kirchenkreises Göttingen Süd im Rahmen der missionarischen Jugendarbeit Jugendtage unter dem Thema "Der neue Anfang" durchgeführt. Das Laienspiel "An der langen Straße" von Paul Nicolai wurde wiederholt aufgeführt.

Aus dem Tagebuch

  • Do 09.10.58 Laienspielkreis in Groß Schneen 

  • Do 23.10.58 Laienspielkreis in Groß Schneen· 

  • Sa 08.11.58 Vorbereitung der Veranstaltung in Niedernjesa in zwei Wochen·

  • Do 20.11.58 Probe der Spiels "An der langen Straße" mit Beleuchtung in Niedernjesa

  • Sa 22.11.58 Um 16 Uhr kommen 20 Leute; es wurde geblasen (Friedland und Göttingen); 18:20 Uhr Generalprobe;  abends waren 200 Leute da; 50 DM Kollekte

  • Sa 07.02.59 Vorbereitungen für Friedland·

  • Sa 14.02.59 Laienspiel in Friedland

  • Sa 14.03.59 Laienspiel in Wuppertal

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Das Spiel

An der langen Straße

Von Paul Nicolai

Es spielen mit

Der Mann
Die Frau
Dr. Saul
Der Souffleur
Der Sprecher
Zachäus
Seine Tochter
Die Samariterin
Bürger von Sychar
Bürgerin von Sychar
Paulus
Der Knecht

(Der Mann und die Frau sind eben zur Tür der Kirche hereingekommen)

DER MANN (an der Tür): Darf hier jeder rein? Oder ist das nur für geladene Gäste? Aha, Eintritt frei. Komm, Wally!

DER SOUFFLEUR: Pst!

DER MANN (kommt mit der Frau nach vorn und spricht zum Souffleur): Entschuldigen Sie, ich habe das Plakat draußen gelesen, so im Vorbeigehen. "Der neue Anfang!" Interessiert mich. Wir hatten auch grade Zeit. Komm, Wally! (an einer Kirchenbank zum dort Sitzenden) Gestatten Sie?

DER SOUFFLEUR: Setzen Sie sich doch endlich. Sie haben wohl noch nicht recht begriffen, dass Sie sich hier in einer Kirche befinden?

DER MANN: Doch; ich merke es auch am Geruch. So roch es schon in der Kirche, als ich konfirmiert wurde.

DER SOUFFLEUR: Dann müssen wir von Ihnen erwarten, dass Sie sich so benehmen, wie es sich für diesen Ort gehört.

DER MANN: Natürlich, selbstverständlich. Hausordnung gilt! Ich wollte Ihre religiösen Gefühle nicht verletzen.

DER SOUFFLEUR: Danke.

DER MANN: Ich war lange nicht in einer Kirche. Ab und zu muss ich mal in einer Friedhofskapelle dabei sein, wenn ein Geschäftsfreund beerdigt wird. Hinterher trinke ich jedes mal einen Kognak. "Leben und leben lassen" ist meine Parole. Aber vor allem leben! Von nichts kommt nichts. Jeder ist sich selbst der Nächste. Aber anständig, immer anständig. Nicht wahr, Liebling?

DIE FRAU: Lass das!

DER MANN: Was denn?

DIE FRAU: Ich sage: Lass das!

DER MANN: Was ist denn?

DIE FRAU: Du sollst mich nicht so nennen!

DER MANN: Aber Liebling, die andern nannten dich doch auch so.

DIE FRAU: Du bist gemein!

DER SOUFFLEUR: Haben Sie denn kein Gefühl dafür, wie man sich hier benimmt? Dann wären Sie besser draußen geblieben. Mir scheint, der Geruch hat sich seit Ihrem Auftreten hier in der Kirche auch nicht gebessert.

DR. SAUL (erhebt sich in der Gemeinde): Ich bitte ums Wort! Ich habe zwar kein Interesse, die Partei dieses Herrn und seiner Dame zu ergreifen. Aber ich bemühe mich um Objektivität. Ich möchte Ihnen doch sagen, dass Sie sich die Schuld an diesem Skandal selber zuschreiben müssen.

DER SOUFFLEUR: Herr Doktor Saul, ich muss auch Sie bitten.

DR. SAUL: Warum haben Sie überall das Plakat ausgehängt? Dinge des Glaubens und der Kirche gehören nicht auf die Straße. Der Pöbel hat kein Gefühl für Religion.

DER MANN: Oho, Sie werden aber deutlich!

DR. SAUL: Krethi und Plethi gehören nicht hierher.

DER MANN: Wut?

DR. SAUL: Jawohl! Religion ist nur für Leute, die ein Gefühl haben für das Heilige. Religion und Sittlichkeit sind die Säulen der Persönlichkeit. Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen. Tue recht und scheue niemand.

DER SOUFFLEUR: Entschuldigen Sie, Herr Doktor, ich muss auch Sie unterbrechen.

DR. SAUL: Sie wollen mir das Wort verbieten, junger Mann? Seien Sie froh, wenn unsereiner hier mal ein ernstes Wort spricht. Schließlich darf ich von mir behaupten, dass ich einige Lebenserfahrung besitze.

DER SOUFFLEUR: Ich bitte Sie noch einmal -

DR. SAUL: Gut, ich schweige. Aber machen Sie sich darauf gefasst, dass ich mir als Mitglied dieser Gemeinde jederzeit das Recht nehme, das Wort zu ergreifen. Wenn Sie in einer Kirche Theater spielen, so werde ich wohl noch ein Wort dazu sagen dürfen. (Er setzt sich)

DER SOUFFLEUR: Wir sind gern bereit, hinterher mit Ihnen über das Stück zu diskutieren.

DER MANN: Ich habe aber schon vorher ein Wörtchen dazu zu sagen!

DIE FRAU: Ich bitte dich!

DER MANN (zu Dr. Saul): Lieber Herr -

DR. SAUL: Saul, Doktor Saul!

DER MANN: Schön, Herr Doktor Saul; da Sie mich, zum Pöbel zu zählen geruhen - darf ich mich erkundigen, wovon Sie eigentlich leben?

DR. SAUL: Das geht Sie gar nichts an. Aber ich brauche mich meiner Pension nicht zu schämen.

DER MANN: Das hätte ich mir denken können. Pension als Studienrat oder als Direktor vom Zoo-logischen Garten. Sie haben sich immer so durchgeschlängelt. Haben sie nie die Finger schmutzig gemacht, nur alle zwanzig Jahre einen anderen Beamteneid geschworen. Und nach dem Krieg waren Sie dann Mitläufer. Unsereiner aber -

DER SOUFFLEUR: Ruhe!

DIE FRAU: Jetzt kommen sie. (Der Mann und die Frau setzen sich in eine Bank. Die Spieler ziehen ein und stellen sich in einem Halbkreis vor dem Altar auf)

vergrößernDER SPRECHER (tritt vor): Ihr lieben Freunde! Ich grüße euch im Namen unserer Schar. Die jungen und die Mädchen grüßen alle, die mit uns hören wollen auf das Wort des Herrn. Ihr kennt uns nicht. Wir haben alle unsre Namen, unser Leben, aus dem wir kommen und in das wir gehen. Alt ist dies Leben, das wir kennen. Alt ist die Schuld und alt das Leid, das aus der Schuld erwächst. Alt auch der Hass, mit dem wir uns verfolgen, seit Kain den Bruder Abel auf dem Feld erschlug. Alt ist die Läge und die Lust und die Begierde, die ganze Not, die wir uns selbst bereiten, nachdem wir Gottes guten Willen über uns in frechem Trotz zurückgewiesen und verspottet haben. Ihr kennt uns nicht. Doch einer kennt uns wohl, dem unser aller Leben ist wie offnes Land in einer grellen Sonne. Und dennoch sagt er uns: Ich hab dich lieb. Ja, du hast recht gehört, er hat dich lieb, so lieb, dass er noch einen neuen Anfang macht mit dir. Wer unter uns kann wohl dies Wunder fassen, dass unser böses Leben, der dunklen Schuld zum Trotz, noch gelten soll vor Gott? Doch es ist wahr! Das Zeichen und das Siegel ist sein Kreuz. An diesem Kreuz hat Gott von neuem angefangen mit dir und mir und mit der ganzen Welt. Nun seht und hört! Von diesem neuen Anfang handelt unser Spiel. (Zachäus ist aus dem Halbkreis in die Mitte getreten)

DIE TOCHTER (tritt zu Zachäus): Vater, du bleibst heute zu Hause? (Zachäus schweigt) Heute zum Markttag ist doch Hochbetrieb am Zoll.

ZACHÄUS: Geh und sag den andern, dass ich heut nicht komme. (Die Tochter will gehen) Nein. Geh zum Schreiber und lass dir das Hauptbuch geben. Auf der ersten Seite steht: Mit Gott! Das lässt du dir geben. Ich muss etwas in Ordnung bringen.

DIE TOCHTER: Ob er es mir geben wird?

ZACHÄUS: Sag ihm, der Herr, weißt du, der Herr hat es befohlen. Der Herr hat gesagt - Und dann gehst du zu den Armen und sagst ihnen, dass sie kommen sollen, alle. Die von unserer Straße und die von der anderen Straße, aus der ganzen Stadt. Alle. (Die Tochter sieht den Vater verständnislos an) Ich gebe ihnen die Hälfte von allem, was ich habe. Und wo ich betrogen habe, da gebe ich vielfältig wieder.

DIE TOCHTER: Vater! (Pause)

ZACHÄUS: Kennst du Jesus von Nazareth?

DIE TOCHTER: Den Rabbi? Er ist heute morgen mit seinen Jüngern durch die Stadt gezogen. Sie wollten wohl nach Jerusalem zum Fest.

ZACHÄUS: Den meine ich.

DIE TOCHTER: Eine dicke Staubwolke lag über der Straße. Ganz Jericho war auf den Beinen. Armes Volk, Schriftgelehrte, vornehme Leute. Und dann die Kranken. Grässlich! So viel Kranke habe ich noch nie beieinander gesehen.

ZACHÄUS: Er war hier, in unserm Haus.

DIE TOCHTER: Der Rabbi?

ZACHÄUS: Ja. Hier hat er gesessen, hier hat er mit mir gesprochen - Sieh mich an! Kennst du mich?

DIE TOCHTER: Was ist denn, Vater?

ZACHÄUS: Ich lasse mich nicht so schnell umschmeißen. Mit Ehrlichkeit lässt sich kein Haus wie dieses bauen. Von nichts kommt nichts. Er kannte meinen Namen. Zachäus, rief er, einfach Zachäus. Woher kannte er mich? Ich kletterte herunter von meinem Baum, als hätte mir einer einen Sack mit Goldstücken hingehalten.

DIE TOCHTER: Du warst auf einem Baum?

ZACHÄUS: Sie machten ja keinen Platz, einem Oberzöllner schon gar nicht. Ein bisschen Neugierde! Ich hatte alle Hände voll zu tun. Heute am Markttag. Neugierde? Ich weiß nicht, was es war. Aber er kannte mich. Er rief mich beim Namen. "Zachäus, steig schnell herunter, ich muss heute in deinem Haus einkehren." Kind, versteh mich! Ich lasse mich nicht so schnell umschmeißen. "Leben und leben lassen" ist meine Parole.

DER MANN (lacht auf): Leben und leben lassen. Das habt ihr gut gesagt! Von nichts kommt nichts. (Der Sprecher sieht erst den Mann, dann den Souffleur an)

DIE FRAU: Ich bitte dich!

DER MANN: Sie haben wohl ein bisschen an der Tür gehorcht, Herr Zachäus?

DER SOUFFLEUR (zum Sprecher, der zu ihm getreten ist): Er ist von den Straße hereingekommen. Ich habe es nicht verhindern können.

DER MANN (geht nach vorne): Sie wollten wohl anzüglich werden?

DER SPRECHER (zum Mann): Anzüglich?

DER MANN: Tun Sie nicht so! Schließlich muss jeder zusehen, wie er durchkommt in dieser Welt. Jawohl, jeder ist sich selbst der Nächste. Das ist meine Religion. Jawohl, ich bin auch ein Zachäus, aber ohne den frommen Schluss. Ein Zachäus von der Straße, nicht aus der Kirche. Ich sage Ihnen, es gibt noch mehr Leute von dieser Sorte. Ich sage Ihnen, in jeder Kirchenbank sind sie zu finden. Jeder ist sich selbst der Nächste, auch hier. Auch der Doktor da drüben. Der vor allem. (zur Gemeinde) Nein, ihr wollt es nicht zugeben. Ihr macht alle das fromme Gesicht. Ihr riecht alle nach Kirche. Aber wir sind ehrlich, wir riechen nach Straße und Geld. Und wenn uns manchmal selber davor ekelt.

DR. SAUL: Was zu beweisen war.

DER SPRECHER: Wir müssen das Spiel unterbrechen.

DER MANN: Warum? Spielen Sie ruhig weiter, die Geschichte von Ihrem Zachäus. Aber mir können Sie nicht damit imponieren. Verstehen Sie!? Wie viel? Die Hälfte den Armen? Bitte sehr! (Er greift in die Tasche und wirft klirrend Münzen in das Taufbecken, zieht die Brieftasche und legt Geldscheine dazu. Stille)

DER SPRECHER: Spielt weiter! (Der Mann setzt sich wieder)

ZACHÄUS: "Zachäus, steig schnell herunter, ich muss heute in deinem Haus einkehren." So hat er gesagt. Es war ein Maulbeerbaum, auf dem ich saß. Neugierde war es, mehr nicht. Ich hatte gerade mal Zeit. Vielleicht war es auch mehr. Vielleicht ein Ekel vor dem allem.

DIE TOCHTER: Hat er denn in dein Hauptbuch gesehen?

ZACHÄUS: Er hat überhaupt nicht davon gesprochen.

DIE TOCHTER: Hat er mit dir geschimpft?

ZACHÄUS: Kein böses Wort.

DIE TOCHTER: Was hat er denn gesagt?

ZACHÄUS: "Ich muss heute in deinem Haus einkehren."

DIE TOCHTER: Und dann?

ZACHÄUS: Dann hat er gesagt: "Zachäus, Gott hat dich lieb!" ja? Ich weiß es nicht. Ihr wisst ja nicht, wie das ist, wenn einem das einer sagt. Ihr seht nur das schöne Haus. Du sagst: "Vater, gib mir Geld!" Weißt du, wie viel Lügen daran kleben, wie viel Tränen? Es ist gut, dass du das nicht weißt. Vor heute und morgen hatte ich keine Angst, aber vor gestern, da hatte ich immer Angst. Das Gestern ist schrecklich. Und dieses Gestern hat der Rabbi genommen und zerrissen wie einen Geldschein, der außer Kurs gekommen ist. Das ist wunderbar. Geh und hol das Buch. Ruf die Armen. "Heute ist diesem Haus Heil widerfahren." Das hat er gesagt.

DIE TOCHTER: Vater, wirst du jetzt fromm?

ZACHÄUS: Fromm?

DR. SAUL (hebt die Hand): Ich melde mich zum Wort.

DER SOUFFLEUR: Das geht nicht.

DER SPRECHER: Bitte, Herr Doktor Saul.

DR. SAUL (steht auf): Es liegt mir fern, die Bibel zu kritisieren. Ich bin ein guter Christ. Aber ich muss doch bitten, diesen Fall nicht zu verallgemeinern. Gott vergibt nicht so darauf los. Es ist ein gefährliches Missverständnis, zu meinen, dass Gott so mir nichts, dir nichts gnädig wäre. Schließlich sind rechtschaffene Leute, denen keiner was nachsagen kann, vor Gott auch noch etwas wert. Eine saubere Weste bedeutet immer noch mehr als der feinste Anzug, an dem der ganze Dreck der Gosse klebt. Darin weiß ich mich einig mit dem größten Teil der Gemeinde.

DIE FRAU (zum Mann): Komm, wir wollen gehen. Hierher passen wir nicht.

DER MANN: Ich habe keine Angst.

DIE FRAU: Das weiß ich.

DER MANN: Vor dieser pensionierten Schießbudenfigur schon gar nicht!

DIE FRAU (steht auf): Es ist besser, wir gehen. (Zachäus und die Tochter treten in den Halbkreis zurück. Der Mann und die Frau werden durch die folgenden Worte des Sprechers zurückgehalten; die Frau setzt sich wieder)

DER SPRECHER: Das Haus, dem Gottes Heil geschieht, ist unser Haus, in dem wir leben. Dem einen ist es wie ein großes Mietshaus, wie tausend in der gleichen Reihe, dem andern ist es wie ein Hospital, in dem er krank nach Hilfe Ausschau hält. Des einen Leben ist ein Bunker, in dem er sich mit letzter Kraft bis heute wehrte gegen Gottes Angriff. Des andern Leben ist wie ein Gefängnis, in dem er voll Verzweiflung an den Gitterstäben rüttelt. Für alle diese Häuser aber an der langen Straße dieser Welt, gilt Jesu Wort, dass ihm das Heil heut widerfahren kann, ja, widerfahren ist, wenn Jesus seinen Einzug hält. (inzwischen sind Bürger und Bürgerinnen von Sychar und die Samariterin aus dem Halbkreis hinter den Sprecher getreten)

EIN BÜRGER (zur Samariterin): Das soll dir einer glauben?

EINE BÜRGERIN (ebenso): Rede doch keinen Unsinn!

DIE SAMARITERIN: Es war auch verrückt von mir, dass ich um diese Zeit ging. Aber ich wollte den andern nicht begegnen.

EINE BÜRGERIN: Das ist auch besser so. Wir wollen mit dir nichts zu tun haben, du Schlampe!

DIE SAMARITERIN: Ich weiß. Ihr habt ja recht. Aber da am Brunnen hat er gesessen. Ich sah gleich, dass er ein Jude war. Ich wollte ihn fragen, warum er nicht die andere Straße nach Jerusalem gegangen ist. Aber ehe ich ihn noch fragen konnte, sagte er: "Lass mich trinken aus deinem Krug."

EIN BÜRGER: Da merkt man gleich, dass du lügst.

DIE SAMARITERIN: Warum?

DER BÜRGER: Meinst du, der Messias brauchte das Wasser, das du ihm gibst?

DIE SAMARITERIN: Das habe ich auch gedacht. Aber er ist doch der Messias. "Gib mir zu trinken", sagte er. Ich sage euch, das ging mir durch und durch. Das ist so, als wenn einer nach einem greift. Es reißt einen herum.

EIN BÜRGER: Wie sah er denn aus?

DIE SAMARITERIN: Wie er aussah? Das weiß ich nicht mehr. - Doch, ich weiß es noch. Er sah aus wie einer, der - besonders angesehen ist bei denen drüben.

EIN BÜRGER: Wie ein Rabbi?

DIE SAMARITERIN: Er hat auch Jünger. Aber er ist kein Rabbi, er ist der Messias.

EINE BÜRGERIN: Was habt ihr denn geredet?

DIE SAMARITERIN: Er wollte mir Wasser geben, frisches Wasser, ewiges Wasser. Er sagte: "Wer von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird ewig nicht dürsten."

EIN BÜRGER: Das klingt seltsam. Hast du das verstanden?

DIE SAMARITERIN: Später ja.

EINE BÜRGERIN (zum Bürger): Lass dich nicht zum Narren halten von ihr. Wir wissen doch, was mit ihr los ist. Alle in der Stadt wissen, wie sie es treibt.

DIE SAMARITERIN: Das hat er mir auch gesagt.

DIE BÜRGERIN: Was?

DIE SAMARITERIN: Das von den Männern, den fünf Männern, und von dem letzten, der nicht mein Mann ist.

DER MANN: Jetzt reicht's mir auch. Wir gehen.

DER SOUFFLEUR: Pst!

DIE FRAU: Nein, jetzt will ich es wissen. Ist das wahr, diese Geschichte von dieser Frau?

DER SPRECHER: Ja.

DIE FRAU: Könnt ihr das beweisen?

DER SPRECHER: Sie steht geschrieben.

DIE FRAU: Wo?

DER SPRECHER (hat die Bibel vom Altar genommen und liest Joh. 4, 5-7, 9-10, 14-19): "Da kam er in eine Stadt Samariens, die heißt Sychar, nahe bei dem Feld, das Jakob seinem Sohn Josef gab. Es war aber daselbst Jakobs Brunnen. Da nun Jesus müde war von der Reise, setzte er sich auf den Brunnen; und es war um die sechste Stunde. Da kommt eine Frau aus Samarien, Wasser zu schöpfen. Jesus spricht zu ihr: ‚Gib mir zu trinken!' Spricht nun die samaritische Frau zu ihm: ‚Wie bittest du von mir zu trinken, der du ein Jude bist, und ich ein samaritisch Weib?' Denn die Juden haben keine Gemeinschaft mit den Samaritern. Jesus antwortete und sprach zu ihr: ‚Wenn du erkenntest die Gabe Gottes und wer der ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken! Du bätest ihn, und er gäbe dir lebendiges Wasser. Wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird ewiglich nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm ein Brunnen des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt.' Spricht die Frau zu ihm: ‚Herr, gib mir solches Wasser, auf dass mich nicht dürste und ich nicht mehr herkommen müsse, zu schöpfen!' Jesus spricht zu ihr: ‚Gehe hin, rufe deinen Mann und komm her!' Die Frau antwortete und sprach: ‚Ich habe keinen Mann.' Jesus spricht zu ihr: ‚Du hast recht gesagt: Ich habe keinen Mann. Fünf Männer hast du gehabt, und den du nun hast, der ist nicht dein Mann; da hast du recht gesagt.' Die Frau spricht zu ihm: ‚Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist.'"

DIE SAMARITERIN: Wo habe ich denn meinen Krug? Wo ist denn mein Wasserkrug?

EINE BÜRGERIN: Du wirst ihn wohl am Brunnen stehen gelassen haben.

EIN BÜRGER: Hat er dir alles gesagt über dein Leben?,

EINE BÜRGERIN: Hat er dir alles auf den Kopf zugesagt?

DIE SAMARITERIN: Er ist der Messias. Ich sag es euch. Kommt, wir wollen zu ihm gehen. Ich muss noch meinen Krug holen.

EIN BÜRGER: Der Messias wird kommen. Er kommt in großer Majestät und Herrlichkeit.

DIE SAMARITERIN: Er ist da. Kommt.

EIN BÜRGER: Ich muss noch zum Brunnen, Wasser holen.

EINE BÜRGERIN: Du bist wohl neugierig auf den Messias? Aber damit ihr es wisst, ich gehe auch mit. (Die Spieler treten in den Halbkreis zurück)

DER MANN (tritt aus der Kirchenbank): Und wir gehen auch. Komm, Wally!

DER SOUFFLEUR: Das wäre nur zu wünschen.

DR. SAUL: Ganz derselben Meinung.

DIE FRAU (ist auch aus der Bank getreten und spricht zur Gemeinde): Glaubt ihr das? Glaubt ihr, dass eine Frau, die -, dass eine Frau mit diesem Leben noch einmal neu anfangen kann?

DR. SAUL (tritt ebenfalls nach vorn): Wenn ich an Stelle der Gemeinde antworten darf - Was in der Bibel steht, ist selbstverständlich richtig. Natürlich. Daran ist nicht zu zweifeln. Aber das sind gewissermaßen Sonderfälle, Ausnahmen, die die Regel bestätigen.

DIE FRAU: Wie meinen Sie das?

DR. SAUL: Nun, es ist natürlich nicht so einfach, ein Christ zu sein. Es sind da ganz bestimmte Bedingungen zu erfüllen. Es gelten da ganz bestimmte Grundsätze, ethische Grundsätze. "Du sollst nicht ehebrechen", zum Beispiel. Das dürfen Sie nicht vergessen.

DIE FRAU: Aber dieser Messias hat doch davon nichts gesagt. Die Frau müsste das doch erzählt haben. (zum Sprecher) Sagen Sie bitte: Sind Sie wirklich der Meinung, dass es auch für eine Frau dieser Art gilt: Gott hat dich lieb?

DER SPRECHER: Ich kann Ihnen die Frage jetzt nicht beantworten.

DIE FRAU: Warum nicht?

DER SPRECHER: Wir sind mitten im Spiel.

DIE FRAU: Das habe ich mir gedacht. Spiel, Theater! Hier ist alles Theater. Reden und Singen, Vergeben und Helfen, alles Theater! Der neue Anfang - nur für die andern, die einen Mann haben und Kinder und ein schwarzes Kleid und ein Gesangbuch und keine Gelegenheit zu sündigen.

DR. SAUL: Jetzt wird es peinlich.

DIE FRAU: Wenn das doch alles kein Theater wäre!

DIE SAMARITERIN (tritt mit ihrem Krug aus dem Halbkreis): Die andern sind noch bei ihm. Sie wollen wissen, was er mit dem lebendigen Wasser meinte. Und was es bedeutet, Gott im Geist und in der Wahrheit anzubeten. Sie werden ihn bringen. Er wird mit ihnen kommen. Ich habe meinen Krug wieder und meine Freude. Lebendiges Wasser aus der Quelle. Wer will trinken? (Während der folgenden Worte des Sprechers tritt die Samariterin langsam in den Halbkreis zurück. Der Mann, die Frau und Dr. Saul bleiben an der Seite des Spielraums stehen)

DER SPRECHER: Was hier am Brunnen von Samaria geschah, das hat der Herr zuvor auf jenem Berge den Jüngern und uns allen fest verheißen, als er die selig pries, die hungrig sind und dürstend nach Gerechtigkeit. Der Ruf geht um die ganze Welt und bis zu uns. Wo Menschen dieses Wasser trinken, wo dieses Wasser ausgegossen wird auf dürres Land, da fängt die Wüste an zu blühen.

PAULUS (tritt mit dem Knecht, eine Hand auf dessen Schulter, aus dem Halbkreis): Wohin bringst du mich?
DER KNECHT: Nach Damaskus, Herr.

PAULUS: Nach Damaskus lauten die Papiere, die mir der Hohepriester gab.

DER KNECHT: Ich weiß es, Herr.

PAULUS: Ein Blinder kann keine Christen verfolgen.

DER KNECHT: Wir müssen uns beeilen. Die Sonne steht hoch, und es ist heiß.

PAULUS: Die Augen sind mir davon ausgebrannt. (Pause) Wohin bringst du mich?

DER KNECHT: Nach Damaskus, Herr.

PAULUS: Wer hat diesen Weg befohlen?

DER KNECHT: Die Stimme, Herr.

PAULUS: Die Stimme! Hast du sie gehört?

DER KNECHT: Ja, Herr.

PAULUS: Was hat sie gesagt?

DER KNECHT: Das kann ich nicht sagen.

PAULUS: "Saul, Saul, was verfolgst du mich? - Ich bin Jesus, den du verfolgst." Muss man blind werden, um zu sehen? (Pause) Wie weit ist es noch bis Damaskus?

DER KNECHT: Man sieht schon die Mauern. Zur Gebetszeit werden wir dort sein.

PAULUS: Ein Blinder kann nur noch beten und betteln.

DER KNECHT: Das Gebet ist uns im Gesetz befohlen.

PAULUS: Im Gesetz? Im Gesetz! "Ich bin Jesus, den du verfolgst." Das Gesetz - darüber muss ich nachdenken. Ganz ruhig will ich nachdenken. Eines folgt aus dem andern. Wie ich es gelernt habe. Gott hat das Gesetz gegeben. Wann hat er es gegeben? Ach, helft mir doch! Es ist so dunkel um mich. Ich habe mein Leben lang das Gesetz geliebt. Glaubt es mir doch! Ich habe es mehr geliebt als mein Leben. Es zerrinnt mir unter den Händen wie Sand. Wer kann denn ohne das Gesetz leben? Gott hat das Gesetz gegeben. Aber Christus ist des Gesetzes Ende? Man muss zerbrechen, um aufzustehen? Man muss sterben, um zu leben?

DER KNECHT: Herr, du solltest dich setzen.

PAULUS: "Ich bin Jesus, den du verfolgst." Sie haben ihn doch gekreuzigt! "Ich bin Jesus"? Er ist doch tot. Ganz Jerusalem ist Zeuge. Alle wissen es. Wie kann er denn sagen: Ich bin?! Er hat mich angesehen. Die Augen sind mir davon ausgebrannt. - Es ist so heiß. Führ mich in die Stadt. Es ist so heiß. Hat keiner einen Schluck Wasser für mich?

DIE SAMARITERIN (tritt zu Paulus): Hier, Herr, lebendiges Wasser.

PAULUS: Lebendiges Wasser?

DIE SAMARITERIN: Lebendiges Wasser von der Quelle. Davon hat der Messias zu mir gesprochen.

PAULUS: Bist du ihm auch begegnet?

DIE SAMARITERIN: Er ist mir begegnet.

PAULUS: Jesus?

DIE SAMARITERIN: Jesus.

PAULUS: Wo bist du zu Hause?

DIE SAMARITERIN: in Samaria.

PAULUS: Weder Jude noch Grieche noch Samariter -

DER KNECHT: Herr, wir müssen weitergehen.

ZACHÄUS: Darf ich dich führen, Herr?

PAULUS: Wer bist du?

ZACHÄUS: Ich bin Zachäus.

PAULUS: ich kenne dich nicht.

ZACHÄUS: ich war Oberzöllner in Jericho.

PAULUS: Einer von den Zöllnern und Sündern.

ZACHÄUS: Einer von denen.

PAULUS: Was weißt du von Jesus?

ZACHÄUS: Jesus war in meinem Haus.

PAULUS: Was hat er gesagt?

ZACHÄUS: "Ich muss heute in deinem Haus einkehren."

PAULUS: Dann warst du wohl nicht wie die andern Zöllner?

ZACHÄUS: Ich war ein Oberzöllner.

PAULUS: Und da hat er gesagt -

ZACHÄUS: "Ich muss heute in deinem Haus einkehren."

PAULUS: Das hat er gesagt! "Ich muss heute in deinem Haus einkehren", in Jericho, auf der Straße nach Damaskus, überall. Wir wollen nach Damaskus gehen. Lieber mit Jesus ein blinder Bettler Paulus, als Saul, der Oberste der Pharisäer, ohne ihn.

ZACHÄUS: Heute ist diesem Haus Heil widerfahren. (Die Spieler verlassen den Spielraum. Die Frau, der Mann, Dr. Saul und der Sprecher bleiben zurück)

DR. SAUL: Saul? - Ein seltsamer Namensvetter! Man muss blind werden, um zu sehen? Man muss zerbrechen, um aufzustehen? Man muss sterben, um zu leben? Lächerlich, geradezu unmoralisch, unchristlich. Mögen andere von nun an Paulus beißen, ich brauche mich meines ehrlichen Namens nicht zu schämen. Ich bleibe Saul. (Er geht)

DER MANN: Schluss der Vorstellung' Komm, Wally. (Er geht, während die Frau zögert, und wendet sich noch einmal um) Oder werde selig mit deinen neuen Freunden! (Er geht endgültig. Die Frau setzt sich unter die Gemeinde)

DER SPRECHER: Ein jeder von uns geht nun wieder auf die lange Straße, die ihm zugewiesen ist. Doch wir wissen: Er kommt zu uns und macht das Leben neu. Die Straße von Damaskus und von Sychar und von Jericho ist überall. (Er geht)

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Was uns froh machte! - Uslarer Jugend blickt zurück

Von Sonnabend, den 14. November bis zum Sonnabend, den 21. November 1959, fand in unserer Gemeinde Schoningen (Kirchenkreis Uslar) eine Jugendevangelisation statt. Eingeleitet wurde die Woche am Sonnabend durch das Spiel von Paul Nicolai "An der langen Straße" in der Kirche. In diesem Spiel berichten Zachäus, die Samariterin, Paulus - ihren Freunden von ihrer Begegnung mit Jesus. Aus dem Kirchenschiff heraus nahmen Gemeindeglieder (Spieler, die dort saßen und verschiedene Typen von Gottesdienstbesuchern darstellten) höhnisch, fragend und ablehnend Stellung zu den Berichten. Dadurch wurde das Spiel so eindrucksvoll und lebendig, dass man sich selbst in einer der Gestalten wieder erkannte.

Superintendent Breitschuh, Uslar, eröffnete mit einem Schlusswort an diesem Abend die Jugendwoche. Am Sonntagabend traf sich die Jugend bei Tee und Gebäck zu einem Gespräch im Saal der Gastwirtschaft Bertram. Dieser Abend diente der Ermunterung zum offenen, freien Gespräch und damit der menschlichen Begegnung. Auch die folgenden Abende fanden in dem Gasthaus-Saal statt. Der Saal wurde fast zu eng, da durchschnittlich jeden Abend 300 bis 400 Besucher kamen, nicht nur aus Schoningen, sondern auch aus den umliegenden Ortschaften Fürstenhagen, Offensen, Verliehausen, Ahlbershausen, Heisebeck, Arenborn, Vernawahlshausen, Lippoldsberg, Bodenfelde und Uslar. Einmal kam auch ein Bus aus Neuhaus. Jeden Abend fuhr ein Bus von Fürstenhagen nach Uslar hin und zurück. Fast jeden Abend kam auch ein kleiner Bus aus Dassel mit Posaunenbläsern. Es sangen der Kirchenchor aus Uslar, ein Chor aus Arenborn und der Männergesangverein aus Schoningen. Es kamen auch viele Erwachsene zu den Abenden.

Es sprachen an den Abenden Heinz Strothmann und Gerhard Wagner, beide Jugendwart in Göttingen, Reinhard Werner aus Hemeln, Jugendwart des Kirchenkreises Hann. Münden, und Norbert Müller, kaufmännischer Lehrling in Holzminden. Die Abende hatten folgende Themen und Inhalt: Montag: "Menschen im Wartesaal" - Unsere Situation heute. Dienstag: "Die letzte Brücke" - Gott schlägt die Brücke über den Abgrund. Mittwoch: "Gefährliches Schweigen" - Die persönliche Beichte als entscheidende Hilfe. Donnerstag: "Liebe 59" - Die Kraft der geschlechtlichen Liebe in der Hand Gottes oder in der Hand des Teufels. Freitag: "Befreite Hände" - Neues Leben durch die Befreiung von Bindungen, Sonnabend: "Der letzte Akt." Das Gericht - kannst du ohne Angst ihm entgegengehen?

Die Vorträge wurden dadurch lebendig, dass an jedem Abend zwei oder drei sprachen. Es wurde von jedem eine gründliche Vorbereitung gefordert, und jeder musste sich einfügen in das Ganze. dass es unter den "Rednern" zu einer so guten Zusammenarbeit kam - trotz der Verschiedenheit ihrer Temperamente und Veranlagung und Erkenntnisse -, ist wohl der Tatsache mitzuverdanken, dass wir uns jeden Morgen zu einer stillen Zeit unter der Bibel mit Austausch und Gebetsgemeinschaft zusammenfanden.

An jedem Abend kamen wir am Schluss der Veranstaltung im Pfarrhaus zu einer Aussprache zusammen. In der Regel wurde diese Aussprache mit einer Gebetsgemeinschaft geschlossen.

Am Schluss der Woche haben wir die Jugendlichen zu einer Wochenendfreizeit in der Jugendherberge Uslar eingeladen. Dazu haben sich an die 50 Jugendliche gemeldet.

Wir wollen nun keine Erfolgsmeldungen machen. Noch weniger können wir den inneren Segen - den mancher empfangen hat - berechnen oder gar zur Schau stellen. Nur eins stellen wir fest, was uns froh macht. Unser Herr hat Seine Leute auch heute in unserer Welt. Und er sucht und findet auch heute Fernstehende und macht sie frei und willig, Ihm in der Welt zudienen. (Wa)

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Der neue Anfang in Niedernjesa

Am 22. November 1958 in Niedernjesa
Eröffnungsstück der Bläser
Pastor Gäbler: Eröffnung und Begrüßung
Gemeinde mit Posaunen: Reich des Herrn, Reich des Herrn, brich hervor in vollem Tag...
I. SPRECHER: Verloren! (Karl Heinz Hesse, Göttingen)
Jugend mit Posaunen: Wir jungen Christen tragen ins dunkle deutsche Land ein Licht...
II. SPRECHER: Gesucht! (Maya Steinbeck, Groß Schneen)
Jugend mit Posaunen: Das Kreuz ist unser Zeichen, den Sieg gibt er allein...
III. SPRECHER: Gefunden! (Wolfgang Michalke, Waake)
Gemeinde mit Posaunen: Du gibst uns Kraft zu tragen der Menschen Hohn und Spott...
Einführung in das Spiel (Heinz Strohtmann)
Laienspiel von Paul Nicolai "An der langen Straße"
Gemeinde mit Orgel: Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude...
Superintendent Achilles: Schlusswort
Gemeinde mit Orgel: Jesus ist kommen, sagts aller Welt Enden...
Posaunenausklang vor der Kirche

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Opa spielt mit

Weender Krankenhaus, zweiter Advent. Opa der 2. Chirurgischen Station macht sich landfein. Neidisch sehen die beiden ans Bett gefesselten Nachbarn aus dem Zimmer zu. "Wo willst du denn hin?" - "Rüber zum Mutterhaus, da soll etwas los sein!" Mit 65 Jahren hat man für so etwas ein Gespür. Noch ein Blick in den Spiegel - die Krawatte sitzt - und Opa geht los, nicht ahnend, dass er an diesem Abend noch mitten in ein Laienspiel hineingerät. Eine Evangelische Jugendgruppe führt nämlich ein modernes kirchliches Diskussionsstück im Krankenhaus auf. Ganz modern. Die Aufführung beginnt bereits vor dem Vorhang mit der Unterhaltung zwischen einem Ehepaar und einem Intellektuellen, die sich in das Publikum gemischt haben. Woher soll Opa, der aus einem kleinen Dorf nahe der Weser stammt, nun solche raffinierten Theatertricks kennen? Die Diskussion beginnt, und Opa denkt: "Was soll das?" Eine Weile hört er sich das an, dann aber empört sich sein seit 65 Jahren an Redlichkeit, Religiosität und Ordnung gewöhntes Gemüt. Und wütend schnauzte er die Laienspieler, die das lästernde Ehepaar darstellen, an: "Wenn Ihnen das hier nicht passt, dann verlassen Sie gefälligst den Raum und stören Sie uns nicht!" Unbestritten hatte Opa den größten Erfolg am ganzen Spiel. (Alex)

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An der langen Straße in Grone

Wie groß das Bedürfnis nach einem Laienspiel und einer Stunde der Besinnung gerade in der Adventszeit ist, bewies die überfüllte St.-Petri-Kirche in Grone am Abend des 2. Advents. Die Spielschar der Evangelischen Jugend führte das Laienspiel "An der langen Straße", ein Spiel "vom neuen Anfang" von Paul Nicolai auf. Wer jedoch in seliger Adventsstimmung schmeichelndes, sanftes Spiel erwartet hatte, der wurde bald enttäuscht und wachgerüttelt, als er sich in eine Auseinandersetzung mitten in der Gemeinde hineingestellt sah.

Ein Mann von der Straße, der Typ des kirchenfremden Snobs, ist mit seiner Frau eingetreten und verursacht eine peinliche Situation in der andächtig wartenden Gemeinde. Ihm gegenüber erhebt sich Dr. Saul, der intellektuelle Pharisäer, der sogenannte Fromme, der mit geblähtem Stolz auf seine saubere Weste weist, in der Gewissheit, sich durch seine Sittlichkeit und Unbescholtenheit einen Platz bei Gott erworben zu haben. Die Sünder, den "Pöbel" hält er dagegen für endgültig verloren. - dass manche der Gemeindeglieder bis zum Schluss nicht merkten, dass die Auseinandersetzung zum Spiel gehörte, zeugt für die Echtheit des Geschehens und die Hingabe der Spieler an ihre Aufgabe. Das Geschehen bildete den Rahmen zu dem eigentlichen Spiel "Der neue Anfang". Hier zeigte die Spielschar an den Beispielen des Zöllners Zachäus, der Samariterin und des Paulus, dass Gott kein Privileg der Leute mit der sauberen Weste ist, sondern dass er mit jedem, einen neuen Anfang, ein neues Leben beginnen will, gerade auch mit dem Menschen, dessen Leben "wie eine verfahrene Karre" ist. Jesus nimmt die Sünder an, das war kein Sonderfall vor 2000 Jahren, sondern will heute überall Wirklichkeit werden. Ob wir dabei manchmal mit unserem traditionsmäßigen "Christentum" nicht ein Hindernis sind? So sah die Frau von der Straße im Spiel sich selbst in der Samariterin und bekannte sich am Schluss zur Gemeinde Jesu.

Wenn dieses Spiel unsere stille und laute Selbstgerechtigkeit zum Wanken gebracht und uns dennoch die Freude darüber geschenkt hat. neu anfangen zu dürfen mit Gott, dann hat das Spiel als Verkündigung Frucht getan. Wenn es nur zum lebhaften Gespräch geworden ist und sich dem Menschen mit seinen Fragen aufdrängt, dann hat es einen wichtigen Dienst erfüllt.

Im Anschluss an das Spiel vereinigte sich die Spielschar mit der Kantorei, um adventliche Chormusik zu singen, nicht nur, um die erregten Gemüter ein wenig zu beruhigen, sondern um die Verkündigung der Freudenbotschaft fortzusetzen: Der Christ darf aus der Vergebung leben, nicht aus dem grundlosen Stolz auf die "saubere Weste". - Wir haben den Mut bewundert, mit der die Groner Spielschar an das gute Werk gegangen, ist.

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