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Krieg und was lernen wir?

Von Richard Falk

Inhalt


Israelische Proteste gegen den Krieg

Am Sonntag dem  30. Juli 2006 haben 100 Menschen in Jerusalem eine Mahnwache abgehalten, um ihren Zorn, ihren Protest und ihre Trauer über die Ermordung von Kindern und Erwachsenen in Kana im Libanon auszudrücken. In ganz Israel fanden spontane Mahnwachen statt, immer wieder unterbrochen von der Wut von Passanten über unsere Schilder. Wir hatten Kerzen, und alle brachten ihre eigenen Schilder.

Am Samstag hatten wir eine richtig große Demonstration der Frauen gegen den Krieg in Tel Aviv. Frauen von 17 verschiedenen Organisationen hatten dazu aufgerufen, und wir schätzen, dass es über 3.000 Menschen waren – und zwar auch Männer. Wir waren ein dramatischer Anblick, wie wir da durch die Straßen zogen, ganz in Schwarz zum Zeichen unserer Trauer um die Opfer auf beiden Seiten. Die Tageszeitungen ignorierten uns ganz, aber Ha’aretz veröffentlichte ein Foto und detaillierte Berichte, und NRG, eines von Israels größten Nachrichtenportalen, brachte die gesamte Geschichte. Die arabische Presse brachte uns auf den Titelseiten, ebenso ein paar ausländische Agenturen.

Wir sind stolz und froh über diese Aktion, besonders in einer Gesellschaft, die die Stimmen der Frauen noch immer an den äußersten Rand schiebt und in Kriegszeiten völlig ausblendet.

Hier ein paar übersetzte Sprüche von den Schildern und Transparenten, die wir trugen:

Frieden und Sicherheit entstehen nicht auf Leichen

Geld für die Mittellosen, nicht für den Krieg

ALLE Kinder in Beirut und in Haifa wollen leben

Es war eine ganz erstaunlich lange Prozession, und viele Menschen hingen aus den Fenstern und auf den Balkonen um uns zu sehen – und manchmal auch zu beschimpfen, kein Wunder bei einer Unterstützung dieses Krieges von fast 90%.

Die Antikriegsbewegung in Israel macht zur Zeit aber echte Fortschritte, obwohl die meisten Israelis uns immer noch als Verräter betrachten.

Die unfassbare Unterstützung selbst solcher Aktionen wie der Bombardierung von Kana ist in unseren Augen ein Zeichen für den Zusammenbruch der Moral der israelischen Gesamtgesellschaft.

Die internationale Friedensbewegung ist für uns hier eine große und wichtige Quelle der Solidarität und der Ermutigung.

Danke an euch ALLE!

Gila Svirski, Jerusalem, vom Bündnis der Frauen gegen den Krieg,
http://www.coalitionofwomen.org 

Refusesenik Israel – verweigert den Kriegsdienst!

Die fortgesetzten Angriffe Israels auf den Libanon und die Aufrufe zum Dienst an alle Reservisten haben die ersten beiden Kriegsdienstverweigerer dieses Krieges hervorgebracht. Einer ist Reservekapitän Amir Pasteur. Er hat am 16. Juli den Einsatzdienst im Libanon verweigert, und am 31. Juli ist er dafür zu 28 Tagen Gefängnis verurteilt worden.

In seinem Verfahren erklärte er öffentlich, dass "die Teilnahme an diesem Krieg im Gegensatz zu allen moralischen Werten steht, mit denen ich groß geworden bin."

Der zweite dieses Krieges ist Sergeant Itzik Shabbat.

Der Sprecher der Refusenikosorganisation Yesh Gvul Ishai Menuchin berichtete über Kontakte mit weiteren 12 Reserveoffizieren und Soldaten, die ihre Aufrufe zum Dienstantritt bekommen haben und vorhaben, die Teilnahme an der Libanon-Operation zu verweigern.

Das Gesicht der Kriegsdienstverweigerer in Israel wird insgesamt jünger – mehr und mehr junge Leute weigern sich, ein Teil der Besatzung und der gewaltsamen Kontrolle der besetzten Gebiete zu sein.

Ein Rabbiner in einer Gemeinde in Nord-Israel ruft auf:

Beherbergen Sie einen Verweigerer in Ihrer Gemeinde! Gleichgültig, ob Sie mit den israelischen Offizieren übereinstimmen oder nicht, die sich weigern zu dienen – wir alle in unserer Gemeinde waren tief bewegt vom Mut und der Gewissensentscheidung der zwei jungen israelischen Offiziere, die aus der Tiefe ihres Menschseins sprachen und danach handelten. Helfen wir ihnen allen.

Sergeant Itzik Shabbat aus Sderot ist 28 Jahre alt und Fernsehproduzent. Er verweigerte den Dienstantritt im Notstandsfall, der dazu dienen sollte, Truppen des stehenden Heers für den Einsatz im Libanon freizusetzen.

"Ich weiß, dass die Leute mich angreifen und beschimpfen werden und mich fragen werden, wie ich es wagen kann an diesem Krieg nicht teilzunehmen, wo Quassamraketen auf meine Heimatstadt fallen und Katjushas auf die Städte im Norden", sagte er zu Haaretz. "Meiner Meinung nach ist der Widerstand, den ich gewählt habe, der einzige, der diesem Wahnsinn ein Ende machen kann, und er wird dazu beitragen, die falsche Gewissheit zu erschüttern, dass die ganze Heimatfront diesen unnötigen und entsetzlichen Krieg unterstützt, der auf völlig haltlosen Gründen beruht."

Er fügt noch hinzu: "Jemand muss ja der erste sein, der das Schweigen bricht, und das bin jetzt eben ich. Es ist eine Schande, dass mein Einberufungsbefehl von einem Mitbürger in Sderot unterzeichnet ist, von Verteidigungsminister Amir Perezt."

Shabbat hat seinen Kommandeur bereits informiert und ist bereit, den Preis dafür zu bezahlen.

Shabbat war in der Vergangenheit als außerordentlich fähiger Kommandeur bekannt und hatte bereits den Einsatz in den besetzten Gebieten verweigert, wofür er 28 Tage Gefängnis abgesessen hat. Er ist einer der Erstunterzeichner des Aufrufs: Mut zum Verweigern. Der große Teil der Yesh Gvul Bewegung hat im Widerstand gegen den ersten Libanonkrieg von 1982 seinen Ursprung.

Bis heute haben 1666 Soldaten in Israel den Kriegsdienst verweigert.

Einer der ersten Verweigerer der Refusenik-Bewegung ist Offizier Yigal Brunner. Sein öffentlicher Brief an seinen General war für viele folgende Soldaten und Soldatinnen ein Beispiel:

Sehr geehrter Herr General,
Sie bestellen mich zum Dienst in der Westbank. Ich schreibe Ihnen um Ihnen zu sagen, dass ich nicht vorhabe, diesem Befehl zu folgen. Während der 80er Jahre hat Ariel Sharon Dutzende von Siedlerkolonien im Herzen der besetzten Gebiete errichten lassen, deren Ziel die endgültige Unterwerfung der palästinensischen Bevölkerung und die Ausbeutung ihres Landes war. Heute kontrollieren diese Kolonien die Hälfte der besetzten Gebiete und haben die palästinensischen Städte und Dörfer im Würgegriff.
(...)
Der Stabschef hat verlautbart, dass die Palästinenser eine krebsartige Bedrohung darstellen und hat verfügt, dass sie mit Chemotherapie behandelt werden. Der Brigadier hat eine Belagerung ohne Zeitlimit verhängt, und der Colonel hat die Zerstörung palästinensischer Felder befohlen. Der Divisionskommandeur hat Panzer zwischen ihren Häusern auf den Hügeln postiert und hat nicht einmal Krankenwagen durchgelassen, die ihre Verwundeten ins Krankenhaus bringen wollten. Der Unterkommandeur hat verkündet, dass die Beschränkungen für den Schieß-Einsatz aufgehoben sind und dass die Order lautet: "Einfach schießen." Der Panzerkommandeur hat daraufhin befohlen, auf eine Reihe zufällig vorbeilaufender Menschen zu feuern.

Ich bin ein Panzerkanonier. Ich bin die kleine Schraube in der perfekten Kriegsmaschine. Ich bin das letzte und das kleinste Schräubchen in der Befehlskette. Von mir wird erwartet, dass ich den Befehlen einfach folge, dass ich meine ganze Existenz darauf beschränke, im Reflex zu handeln, dass ich beim Hören des Befehls "schießen!" den Abzug betätige. Damit der Gesamtplan vollendet wird. Und von mir wird erwartet, all das mit der Schlichtheit und der Reibungslosigkeit eines Roboters zu tun, der höchstens das Zittern des Panzers fühlt, nachdem die Rakete auf ihr Ziel abgefeuert worden ist.

Aber wie Bertold Brecht geschrieben hat: General, der Mensch ist nützlich. Er kann fliegen und er kann töten. Er hat nur einen Fehler: Er kann denken. Und wirklich, General, ich kann denken. Vielleicht kann ich nicht viel mehr als das. Ich gebe zu, ich bin kein besonders begabter oder mutiger Soldat. Ich bin nicht der Schnellste, und meine technischen Fähigkeiten sind gering. Ich bin nicht mal besonders sportlich, und meine Uniform steht mir nicht besonders gut. Aber ich kann denken. Ich kann sehen, wohin Sie mich führen. Ich verstehe, dass wir töten werden, zerstören werden, verletzt werden und sterben werden, und dass kein Ende in Sicht ist. Ich weiß, dass der "fortwährende Krieg", von dem Sie sprechen, weiter und weiter gehen wird. Ich kann sehen, dass etwas furchtbar und schrecklich falsch ist, wenn unsere "militärischen Notwendigkeiten" dazu führen, dass ein ganzes Volk belagert, gejagt und ausgehungert wird.

Ich bin deshalb gezwungen, Ihrem Befehl den Gehorsam zu verweigern. Ich werde den Abzug nicht bedienen.

Mit hochachtungsvollen Grüßen,
Yigal Bronner

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Schießen für den Frieden

Die USA und Israel kämpfen immer noch für eine Neuordnung der Region - und lassen dafür alle Vernunft und Verhältnismäßigkeit fahren

Der Krieg, den Israel im Gaza-Streifen und im Libanon fuhrt, birgt die Gefahr eines übergreifenden regionalen Krieges mit ernsten globalen Konsequenzen. Wir wollen auf diese Gefahren schauen, ohne dabei das menschliche Leid und die verheerenden politischen Auswirkungen der gegenwärtigen Kämpfe zu vergessen, denn es ist wichtig, die aktuellen Geschehnisse in einen größeren Zusammenhang zu stellen. So lässt sich die gesamte Krise besser verstehen. Sonst hätten wir als Interpretationsgrundlage nur die israelische Sicht der Dinge, die unglücklicherweise sowieso von vielen Regierungen der Welt ungefiltert aufgenommen und wiedergegeben wird.

Israel rechtfertigt diesen Zwei-Fronten-Krieg mit seinem Recht auf Selbstverteidigung. Das ist illegitim, weil Israel nicht gegen einen Feind kämpft, der ernsthaft seine territoriale Einheit oder politische Unabhängigkeit bedroht. Diese Art der i Bedrohung wäre aber der einzige annehmbare Kriegsgrund. Die militärischen Opfer und Entführungen von drei Soldaten gehören allenfalls in die Kategorie Grenzscharmützel. Diese als Kriegsgrund anzugeben läuft auf eine Verzerrung des internationalen Rechts hinaus. Das Recht auf Selbstverteidigung hätten die Israelis nur geltend machen können, wäre ihr Territorium anfangs bereits mit schweren Waffen angegriffen worden. Würden gewalttätige Grenzzwischenfälle und terroristische Provokationen allgemein als Kriegsakt angesehen, stünde die Welt in Flammen.

Selbst wenn man sich in die Lage der Israelis versetzt, kann man unmöglich argumentieren, dass die Angriffe von Hamas und Hisbollah bedeutend genug waren, um groß angelegte militärische Aktionen zu rechtfertigen. Die exzessive israelische Reaktion deutet darauf hin, dass Israel die Anschläge von Hamas und Hisbollah zum Anlass genommen hat, viel weiter reichende und langfristigere Sicherheitsinteressen durchzusetzen. Darüber hinaus schien die Gelegenheit günstig gewesen zu sein, zusammen mit den USA ein politisches Abenteuer voranzutreiben, das die gesamte Region umwälzen soll. Deshalb wird auch die wahre Verantwortung für die Situation über Hamas und Hisbollah hinaus Syrien und Iran zugeschoben. Es ist allgemein bekannt, dass die Bush-Regierung für eine neue Weltordnung kämpft, die auf einer umfassenden Umstrukturierung des Nahen Ostens beruht, an deren Anfang der »Regimewechsel« im Irak stand. Die USA und Israel haben nun offensichtlich die Taktik geändert, um die gemeinsame Vision der regionalen Ordnung doch durchzusetzen. Der ursprüngliche Plan zur regionalen Rekonstruktion ging wohl von einem klaren militärischen und politischen Sieg im Irak aus. Diesem sollte dann eine groß angelegte diplomatische Kampagne folgen mit dem Ziel, Druck auf andere Problemregierungen im Nahen Osten auszuüben und zu gewährleisten, dass die Demokratisierung des Nahen und Mutieren Ostens ohne weitere Militäraktionen ablaufen kann. Stattdessen hat sich der Irak in einen Sumpf verwandelt, in dem Scheitern und Frustration vorherrschen. Durch eine Reihe von Wahlergebnissen wurde zudem der amerikanisch-israelische Plan diskreditiert, genehme arabische Regierungen zu installieren, die sich in der Palästina-Frage neutral verhalten und die amerikanische Hegemonie widerspruchslos akzeptieren.

Die Konsequenz hätte für Israel und Amerika seih müssen, ihre geopolitischen Ambitionen aufzugeben. Doch scheint es, dass Israel gerade seine Chancen für einen groß angelegten regionalen Krieg abklopft und dass Washington es dabei unterstützt. Vor allem die US-amerikanische Diplomatie hält Israel den Rücken frei. Der Atomstreit mit Iran verschärft die Krise zusätzlich. Auch hier stehen Israel und die USA an vorderster Front und fordern, Iran habe kein Recht auf ein eigenes Nuklearprogramm - selbst wenn die internationale Atomenergiebehörde die rein zivile Nutzung kontrollieren würde. Klar ist allerdings, dass das Nichtverbreitungsabkommen nur selektiv durchgesetzt wird. Einige Mitglieder des Atomwaffensperrvertrages (Deutschland und Japan) haben ein Atomprogramm, das nur von ihnen kontrolliert wird. Indien besitzt Atomwaffen und weigert sich, den Sperrvertrag zu unterzeichnen, wird aber trotzdem in seinem Atomprogramm unterstützt. Israel verweigert anderen Staaten die nukleare Option, obwohl es selbst sein Arsenal stetig erweitert. Und auch die USA lassen die nuklearen Muskeln spielen, wann immer sie wollen.

All dies vermengt sich zu einem beängstigender Szenario. Einige Faktoren jedoch arbeiten gegen die se düsteren Aussichten: der politische und militärische Misserfolg im Irak, die verheerenden politischen und ökonomischen Auswirkungen im Fall« eines Krieges mit Iran, die steigenden Ölpreise und die Opposition europäischer und arabischer Staaten gegen die Neugestaltungspläne im Nahen und Mittleren Osten. Heißt das, wir können beruhigt sein Nicht wirklich. Israel neigt leider dazu, seine Sicherheitsinteressen bei Verhandlungen in unerfüllbar! Bedingungen einzubetten. Und die amtierende US Regierung bleibt im Kern ihrer Großstrategie fü den Nahen und Mittleren Osten treu. Ich befürchte dass wir Zeugen einer extrem gefährlichen Entwicklung sind, die den Nahost-Plan Israels und Amerika in eine rein militärische Richtung zwingt.

Zudem: Der Krieg hat weit reichende Auswirkungen auf andere Länder der Region, besonders auf jene, die mit ähnlichen ethnischen und transnationalen Konflikten leben müssen. Beispiel Türkei: Es mag für die Regierung in Ankara derzeit verführerisch scheinen, sich Israels Beispiel anzuschließen und im Nordirak einzumarschieren, um dort mit der aufständischen PKK reinen Tisch zu machen. Die amerikanische Regierung, die offen sichtlich eine Ausweitung des Krieges auf den Nordirak befürchtet, hat daraufhin der Türkei versichert, dass sie sich um ihre Belange kümmern würde, wenn sie sich ruhig verhielte. Trotzdem verschärft dieser Seitenstrang der Nahost-Erzählung die Risiken in der Region wesentlich.

Richard Falk war bis 2002 Professor für Internationales Recht und Internationale Beziehungen an der Princeton-Universität in den USA. Für die UN hat er Menschenrechtsverletzungen in den Palästinensergebieten untersucht. Aus dem Englischen von Isabell Hoffmann .
Die Zeit vom 10.08.2006

 

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