Download der Kurzfassung der
Evaluation des Halbjahrespraktikums für Lehramtsstudierende in Bremen -
Pilotphase, Durchgänge 2001/2002 und 2002/2003 - Befunde, Problemfelder und
Empfehlungen
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Download Halbjahrespraktikum als
Chance für Schulentwicklung - Endbericht des Schulbegleitforschungsprojektes 158 als
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Download der Evaluation des Halbjahrespraktikums in der LehrerInnen-Bildung
im Land Bremen - Ergebnisse des zweiten Durchgangs 2002/2003
(Studierenden-Befragung)
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Mit der neuen Lehrerprüfungsordnung (LPO) vom 15.12.1998 wurde für alle
Lehramtsstudierende (Ausnahmen: Studiengänge der Primarstufe, der
berufsbildenden Fächer und Fremdsprachen) im Land Bremen ein Halbjahrespraktikum (HP) obligatorisch.
Der Ausbildungsausschuss für Lehrerbildung erließ im Dezember 2000 Richtlinien
für schulpraktische Studien (RiLi) , in denen die Durchführung des HP genauer
festgeschrieben wird. Dieses Praktikum ist nach dem universitärem Grundstudium
zu absolvieren und soll den Studierenden durch umfassende eigene Beobachtung und
reflektierte Erfahrung ermöglichen, das zukünftige Berufsfeld kennen zu lernen
und hierbei ihre Berufsentscheidung zu überprüfen, Schule als Institution und
soziales System kennen zu lernen, sich selbst in unterrichtlichen und
außerunterrichtlichen Situationen zu erfahren und in einem Prozess forschenden
Lernens eine reflektierte Sicht auf die Theoriediskussion sowie umgekehrt eine
kritische Sicht auf Formen der Praxis zu entwickeln.
Die Einführung des Bremer HP muss im Zusammenhang mit der bundesweiten
Debatte um die Zukunft der Lehramtsausbildung gesehen werden. In Anbetracht der
Befunde von PISA, TIMSS und der seit langem geführten Klage über die Lage an den
Schulen rückte in den vergangenen Jahren die Diskussion um eine Reform der
LehrerInnen-Bildung immer mehr in den Blickpunkt des Interesses sowohl der
Bildungspolitik als auch der Fachöffentlichkeit . Dabei werden strukturelle und
konzeptionelle Mängel der bisherigen LehrerInnen-Bildung thematisiert. Die
Hamburger Kommission Lehrerbildung resümiert: "An der Lehrerbildung sind sehr
verschiedene Anbieter beteiligt, die zum Teil konträr orientiert sind und die
bislang kaum Gemeinsamkeiten entwickelt haben. Das führt zu erheblichen
Koordinationsproblemen (...). Die Ausbildung ist kein zusammenhängender
Studiengang, eine anschlussfähige Berufseingangsphase ist nicht vorhanden und
die Personalentwicklung erfolgt weitgehend eklektisch. Soll sich das ändern,
muss eine gemeinsame Überzeugung entwickelt werden, was Lehrerbildung ist und
welche Ziele sie verfolgen soll" (ebd. S. 23/24). Es wird eine Sicht der
LehrerInnen-Bildung als eine beide Phasen der Ausbildung sowie die
berufsbegleitende Fort- und Weiterbildung umgreifende Aufgabe eingefordert;
LehrerInnen-Bildung soll auf kulturellen und gesellschaftlichen Wandel reagieren
und insofern als Entwicklungsaufgabe verstanden werden. Insbesondere wird das
wenig aufeinander abgestimmte Hintereinander von erster und zweiter Phase der
Ausbildung beklagt sowie - in der universitären Lehre der Fachwissenschaften -
die mangelnde Berücksichtigung der Tatsache, dass ein erheblicher Teil der
Studierenden auf das Lehramt ausgerichtet studiert; weiter wird das Fehlen von
gut ins Studium integrierten Praxisanteilen moniert, die ein Kennenlernen des
Berufsfeldes als auch eine Überprüfung der Studien- und Berufsentscheidung zu
einem frühen Zeitpunkt des Studiums ermöglichen.
Die Kommission zur Neuordnung der Lehrerausbildung an hessischen Hochschulen
(1997 ) fasst die Kritik an den bisher üblichen Praxisstudien zusammen: Die
Schulpraktika seien im Studium vielfach ein "Fremdkörper"; ihre Isolierung
ergebe sich "aus dem Mangel an Vorbereitung, wissenschaftlicher Begleitung und
Nachbereitung"; die für sie zur Verfügung stehende Zeit sei zu gering (ebd. S.
105). Die Kommission plädiert für eine Weiterentwicklung der Praxisstudien,
weist aber darauf hin, "daß die bloße Anwesenheit von Lehramtsstudierenden in
der Schule die Ziele der Praxisstudien nicht erfüllen kann"; sie nennt
"Arbeitsformen, die für die Gestaltung der Praxisstudien bestimmend sein
sollen": "systematische Beobachtungen, Stützung oder Relativierung von Theorien
durch Beobachtung und Tätigkeiten bis hin zu empirischen Untersuchungen, sowie
Unterrichtsversuche zur Erprobung der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten, zur
Überprüfung didaktischer Theorien und Ansätze" sowie "zur kritischen Analyse von
Unterrichtsmedien" (ebd. S. 104).
Die Einführung des HP als neuer Baustein der Lehramtsausbildung in Bremen
kann vor diesem Hintergrund als ein notwendiges Element der Reform der
LehrerInnen-Bildung verstanden werden.
In einer Evaluation war allerdings zu überprüfen, inwieweit Konzeption und
Durchführungsbedingungen des HP diesen Anspruch erfüllen können. Die Evaluation
umfasste eine vorgeschaltete Pilotphase 2000/2001 mit einer kleinen Gruppe
freiwillig teilnehmender Studierenden sowie die beiden ersten obligatorischen
Regel-Durchgänge im Zeitraum 2001/2002 und 2002/2003.
An der Pilotphase beteiligten sich 11 Studierende, am ersten Durchgang 69, am
zweiten Durchgang 129 Studierende. Es liegen Daten aus Befragungen der
Studierenden, der schulischen MentorInnen, der Lehrenden an der Universität vor,
aber auch qualitative Daten aus Interviews mit Studierenden, aus den
Praktikumsberichten der Studierenden sowie aus teilnehmenden Beobachtungen in
Schule und Universität.
Mittlerweile liegen folgende Evaluationsberichte vor:
Explorative Pilotstudie
Ergebnisse des ersten Durchgangs 2001/2002 (Studierenden-Befragung)
Die im Folgenden beschriebenen Befunde, Problemfelder und Empfehlungen sind
empirisch erschlossen, durch das Evaluationsteam gewichtet und mit darauf
bezogenen Empfehlungen verknüpft. Die empirischen Daten zum ersten und zweiten
Regel-Durchgangs finden sich detaillierter in den folgenden Kapiteln.
Die Evaluation zeigte eine ganze Reihe von Problemfeldern, aber auch deutlich
die Vorteile und den Gewinn der mit dem HP verknüpften neuartigen praktischen
Erfahrungen:
Für die Studierenden ergab sich eine frühe Erfahrung eigener Wirksamkeit
im gewählten Berufsfeld.
Die Studierenden wuchsen über den geschlossenen Zeitraum von 20 Wochen in
die Praxis von Schule und Unterricht hinein. Sie erlebten hierdurch
Entwicklungen in Klassen und bei SchülerInnen sowie in Lehrerkollegien, die
bei kürzeren Praxisphasen nicht beobachtbar wären.
Sie hatten ausreichend Zeit, den Wechsel von der Schüler-Perspektive zur
Lehrerperspektive zu vollziehen und erste Schritte in Richtung
Professionalisierung im Lehrerberuf zu tun.
Die in den Richtlinien für schulpraktische Studien über "Unterricht"
hinaus vorgesehenen drei Praxisfelder "Schulleben, Organisation und
Kooperation" konnten im Halbjahrespraktikum in verschiedenen Ausprägungen
kennen gelernt werden.
Die über ein halbes Jahr erworbenen Erfahrungen führten die Studierenden
zu einer am "Ernstfall" orientierten Überprüfung der Studien- und
Berufsentscheidung sowie der angewählten Schulstufen und -fächer. Die
Praxiserfahrungen erbrachten für die Studierenden Hinweise für ihre weiteren
Studienwegsplanungen.
Als besonders günstig kann angesehen werden, dass die Studierenden im
Verlauf des HP nach eigener Einschätzung einschlägige Kompetenzen in einem
hohen Ausmaß dazu gewonnen haben.
Die Schulen (MentorInnen, Schulleiter) schätzen die Studierenden und die
Bereicherung durch "junge Leute" und "neue Ideen" und sehen auch die
Reaktionen der SchülerInnen auf die PraktikantInnen als ganz überwiegend
positiv. Das HP und die in den Schulen hierdurch im günstigen Fall ausgelösten
Prozesse können im Sinne von Schulentwicklung genutzt werden.
Trotz dieser positiven Wirkungsmomente sind eine Reihe von Problemfeldern zu
benennen. Die Empfehlungen sollen unverzichtbare qualitätssichernde
Rahmenbedingungen benennen, Hinweise auf denkbare Entwicklungsrichtungen geben
sowie Überlegungen zu einer konzeptionellen und organisatorischen
Weiterentwicklung des HP skizzieren. Die im Folgenden genannten Bereiche sind
z.T. nicht klar voneinander zu trennen, sondern überlagern sich unvermeidbar.
01 Kooperation und Arbeitsteilung Universität und Schule
Die Durchführung schulpraktischer Studien erfordert das Zusammenspiel zweier
Institutionen, die hinsichtlich ihrer Aufgabenstellung, ihrer strukturellen
Verfasstheit sowie ihre Zeitabläufe sehr verschieden sind. Die Lehrenden an
Universität und Schulen müssen sich auf die jeweils andere Institution
einstellen und Kooperationsbeziehungen entwickeln. Von den Studierenden wird
erwartet, dass sie die Anforderungen beider Institutionen erfüllen. Diese
strukturelle Problematik stellt sich bei einem Praktikum, das sich über 20
Wochen erstreckt und ausdrücklich ein Eintauchen der Studierenden in den
Schulalltag vorsieht, wesentlich schärfer als bei Praxisphasen, die kürzer sind
und sich außerdem auf Teilnahme am Unterricht beschränken. Eine schulische
Mentorin brachte diese Problematik mit einer Frage auf den Punkt: "Sind die
Studierenden in der Systematik der Uni oder in der Systematik der Schule?"
Eine zentrale Ursache für eine Reihe von Problemen im HP scheint die
ungeklärte und ungewohnte Arbeitsteilung zwischen Universität und Schule zu
sein. Kooperation und Verzahnung gibt es erst in Ansätzen. Die Frage stellt sich
auch, welche Institution im HP wofür genau Verantwortung trägt. Die
Verantwortung für die Lehramtsausbildung der 1. Phase liegt grundsätzlich bei
der Universität. Andererseits aber wird durch das HP an den Schulen und durch
das Konzept der Betreuung durch schulische MentorInnen ein nicht unwichtiger
Teil der Lehramtsausbildung der ersten Phase zeitweilig aus der Universität
heraus verlagert. Den MentorInnen wird als nicht hierfür fortgebildeten
Lehrkräften eine Verantwortung übertragen, die in ihrem Verhältnis und in der
Abgrenzung zur Universität ungeklärt ist. Umfang und inhaltliche Bestimmung der
MentorInnen-Tätigkeit ist in den Richtlinien für schulpraktische Studien nicht
beschrieben und wird, damit es zu einer sinnvollen Arbeitsteilung zwischen
Schule und Universität kommt, geklärt werden müssen.
Die Universität hat – bei weiter bestehender Verantwortung für diesen Teil
der Lehramtsausbildung –auf die Tätigkeiten der Studierenden im Rahmen des HP an
den Schulen sowie auf die Betreuung durch die MentorInnen allerdings wenig
Einfluss und auch wenig Einsichtsmöglichkeiten. Eine geregelte Kooperation
zwischen Universität und Schule bei der Durchführung des HP gibt es erst in
Ansätzen.
Obwohl offenbar ein Prozess der Normalisierung des HP festzustellen ist, sei
hier kurz daran erinnert, dass die Erprobung des HP und die Zusammenarbeit von
Hochschule und Schule von Anfang an zusätzlich belastet war durch Widerstände an
den Schulen sowie an der Universität (Lehrkörper und Studierende) gegen das HP,
die vor dem Hintergrund mangelnder personeller Ressourcen angesichts
zusätzlicher Aufgaben verständlich werden. Erst im Verlauf des ersten Durchgangs
wurde z.B. den schulischen MentorInnen Entlastung zugesagt. Dieser Widerstand
war im Verlauf des zweiten Durchgangs nur noch in Ausnahmen festzustellen.
Allerdings sind nach wie vor vielfach gegenseitige Vorbehalte anzutreffen:
Die Hochschullehrenden formulierten die Kritik "am Umgang schulischer
Mentoren mit innovativen Ideen von Studierenden" oder benannten Konflikte
zwischen universitären Ansprüchen (z.B. Verwendung von aktivierenden
Unterrichtsmethoden und Reflexionsmethoden im Unterricht) und der reduzierten
Möglichkeit einer Umsetzung in der schulischen Realität. Auffällig war vor
allem, dass eine praktische und persönliche Kooperation offenbar eher die
Ausnahme bildete. So bot zwar eine ganze Reihe von Lehrenden der
Begleitveranstaltungen Hospitationen in der Schule an, offenbar gab es dann aber
oft Probleme bei der Durchführung. Lehrende äußerten den Eindruck, dass Gründe
hierfür u.a. auch in Vorbehalten der Schulen/Kollegien liegen, die Tore für die
Universität zu öffnen. Ein Lehrbeauftragter gab an, dass Studierende geäußert
hätten, dass Hospitationen durch Lehrende "in einigen Schulen nicht unbedingt
erwünscht war". Nur eine Minderheit der Lehrenden sprach von "ständigen
Absprachen und Klärungen".
Von den MentorInnen wurde Unzufriedenheit über Absprachen und Zusammenarbeit
mit der Universität geäußert: Die überwiegende Mehrheit der Antwortenden zeigte
sich hierüber sehr unzufrieden, wobei ein Drittel - möglicherweise aus Rücksicht
- diese Frage gar nicht beantwortete. In freien Antworten wird die
Unzufriedenheit konkret formuliert: Eine "vorweg stattfindende Kooperation mit
Uni" sei nicht gewährleistet, Studierende seien "auf sich allein gestellt und
ausschließlich auf MentorInnen angewiesen", eine "fehlende Verzahnung zwischen
Uni und Schule" wird beklagt, diese lasse sich "leider nicht durch Fragebogen
ersetzen"; während des gesamten Praktikums seien die Studierenden von Dozenten
an den Schulen oft gar nicht besucht worden.
Bei den Studierenden trat das Problem, sich zwischen den unterschiedlichen
Anforderungen von Universität und Schule positioniert zu sehen und dieses als
unproduktiven Druck zu erleben, mittlerweile in den Hintergrund. Dieses scheint
im Zusammenhang damit zu stehen, dass sich die Studierenden anders als zu Beginn
(Pilotphase, erster Durchgang) an den Schulen überwiegend positiv aufgenommen
und in die Kollegien integriert fühlen. Allerdings ist die Unzufriedenheit der
Studierenden mit der Universität gewachsen: Inzwischen äußert eine deutliche
Mehrheit der Studierenden massive Kritik an den erziehungswissenschaftlichen
Veranstaltungen zum HP hinsichtlich der Bezogenheit auf die Erfordernisse im HP;
auch an den fachdidaktischen Veranstaltungen wird Kritik geübt, hier liegt der
Anteil allerdings "nur" bei etwa einem Drittel.
Hier zeigt sich Klärungsbedarf, sowohl vom Grundsatz her ggfs. durch eine
Festlegung von Zuständigkeiten in den Richtlinien, als auch in den konkreten
Abstimmungsprozessen zwischen den das HP vorbereitenden bez. begleitenden
Hochschullehrenden und der Schule bez. den MentorInnen.
Empfehlungen
Es muss eine Kooperation zwischen Universität und Schule zur Durchführung
des HP institutionalisiert werden. Eine Zusammenarbeit zwischen den
Lehrpersonen, die die universitäre und schulische Begleitung der Studierenden
im HP tragen, erscheint in hohem Maße wünschenswert.
Seitens der Universität sollte ein Katalog von Qualitätsstandards
hinsichtlich der Betreuung der Studierenden erarbeitet werden, der
Festlegungen sowohl zu Methoden der Heranziehung der Studierenden enthält
(z.B. Co-Teaching, Methoden der kleinschrittigen Einbeziehung von Studierenden
beim Unterrichten) als auch zu Inhalten und Methoden der studentischen
Unterrichtsversuche (z.B. Kennen lernen und Erproben verschiedener
Unterrichtsformen).
An der Universität muss hochschuldidaktische Entwicklungsarbeit geleistet
werden, da auch die Hochschullehrenden nicht auf die Anforderungen des HP –
insbesondere auf die Anforderung eines verstärkten Praxisbezuges - vorbereitet
sind und es bisher noch kein ausgewiesenes Curriculum für die
HP-Lehrveranstaltungen gibt.
Außerdem müsste die Universität Fortbildung für die MentorInnen anbieten,
dieses auch in einer wohlverstandenen Verantwortung der Universität für die
MentorInnen, die hier eine wichtige Funktion als Ausbildungs-Lehrkräfte im
Rahmen der ersten Phase der LehrerInnen-Ausbildung übernehmen.
Zur Realisierung dieser Aufgabenbereiche sollte unbedingt auf die
Kenntnisse und Qualifikationen des Landesinstituts für Schule (LIS)
insbesondere aus der zweiten Phase der LehrerInnen-Ausbildung zurückgegriffen
werden. Eine Einbindung des LIS in die Durchführung des HP ist wünschenswert.
Zur Qualitätssicherung ist zentral, dass Information und Kommunikation
zwischen allen Beteiligten gesichert wird. Hierzu sollte die Universität vor
Beginn der praktischen Phase, am besten noch im Verlauf des Sommersemesters,
eventuell auch im Rahmen der genannten Fortbildung, die MentorInnen und
Schulleitungen zu einer Informationsveranstaltung einladen u.a. zu den Themen
- die Ziele der Richtlinien und deren Realisierung im HP (insbesondere
Erweiterung der Praxisfelder im Unterschied zu den traditionellen
Unterrichtseinheiten),
- Methoden der Heranziehung der Studierenden zum Unterrichten,
- Weisungsrecht der Schule gegenüber den Studierenden (RiLi 6.7),
- Formulierung von Anforderungen an die Betreuung der Studierenden,
Für die Vorbereitung der praktischen Phase im Sommersemester ist es
ausgesprochen wichtig, dass die Zuweisung an Praktikumsschulen rechtzeitig
erfolgt, da Schulen, Studierende und Hochschullehrende sich dann bereits während
des Vorbereitungssemesters, insbesondere was die Unterrichtsvorbereitung angeht,
aufeinander einstellen können. Die Richtlinien sehen vor, dass die Zuweisung "in
der Regel bis zum 31. März, spätestens aber bis zu Beginn der Sommerferien"
erfolgen soll (RiLi 6.5). Eine rechtzeitige Zuweisung an Praktikumsschulen muss
auch die Benennung von MentorInnen durch die Schulen umfassen, da sich erst
hieraus das konkrete Tätigkeitsfeld (Klasse der MentorInnen) ergibt. Die
Bestimmung in den Richtlinien ("6.6 Vor Beginn des Praktikums benennt die
Praktikumsschule dem Praxisbüro einen Ansprechpartner für die Studierenden als
Mentorin bzw. Mentor") erscheint zeitlich zu unbestimmt, um eine rechtzeitige
Kontaktaufnahme zu ermöglichen.
Die Befragung der Studierenden ergab, dass eine ganze Reihe von Studierenden
vor Beginn der schulischen Sommerferien nicht wussten, an welcher Schule sie
eingesetzt werden würden (erster Durchgang: 18%; zweiter Durchgang: 9%), bez.
die Schule nicht kennen gelernt hatten (erster Durchgang: 35%; zweiter
Durchgang: 25%). Allerdings ist auch festzuhalten, dass sich diese Zahlen von
ersten zu zweitem Durchgang verbesserten. Nicht wesentlich verbessert hat sich
dagegen der Prozentsatz der Studierenden, die keine Gelegenheit hatten, die
zuständigen Mentoren bereits vor den schulischen Sommerferien kennen zu lernen
(erster Durchgang: 65%; zweiter Durchgang:63%).
Auffällig war, dass viele Studierende an Schulen vereinzelt arbeiteten. Diese
Studierenden hatten keine PartenerInnen mit denen Sie ihre schulischen
Erfahrungen reflexiv austauschen und bearbeiten konnten. Gespräche mit den
Studierenden und Beobachtungen in universitären Veranstaltungen ergaben, dass
Studierende nicht wenige ihren Praktikumsplatz nach Wohnortnähe oder nach
schulischer Bekanntheit wählen und nicht nach ausbildungsrelevanten Kriterien.
Dieses unterstützte vielfach die Vereinzelung der Studierenden und der damit
eingeschränkten Ausbildungsqualität.
Empfehlungen:
Es sollte in den Richtlinien eine Zuordnung von Studierenden zu
Praktikumsschulen bis zum 31. März verbindlich fest geschrieben werden.
PraktikantInnen sollten mindestens zu zweit einer Praktikunmsschule
zugewiesen.
Für die Benennung von MentorInnen durch die Praktikumsschulen sollte ein
Zeitpunkt zu Beginn des Sommersemesters (April) festgelegt werden.
Seitens der Universität und der Schulen muss im Interesse der Studierenden
und einer optimalen Vorbereitung auf das HP eine in diesem Sinne rechtzeitige
Zuweisung sichergestellt werden.
Es sollte behördlich angeregt und unterstützt werden, dass sich Schulen im
Rahmen der Ausgestaltung von Schulprofilen zu Ausbildungsschulen entwickeln.
Hier würden MentorInnen-Teams kooperativ über einen längeren Zeitraum für die
Betreuung von Studierenden zur Verfügung stehen und eine Kontinuität von
Qualifizierung und Erfahrung anbieten können.
Das Absolvieren des Halbjahrespraktikums in anderen Bundesländern sollte
wegen der erschwerten Anbindung an die Universität nur in Ausnahmen zugelassen
werden.
Durch die unterschiedlichen Zeitabläufe in Universität und Schule ergeben
sich Probleme. Die Tatsache, dass das HP an den zeitlichen Rhythmus der Schule
gebunden ist (Beginn mit dem ersten Schulhalbjahr), führt dazu, dass die
Studierenden mehrere Wochen ohne universitäre Begleitung sind, da die
Lehrveranstaltungen erst mit dem Semester beginnen.
Empfehlungen:
Die zeitliche Lage der praktischen Phase des HP sollte dem Zeitrahmen der
Universität angepasst werden. Es wird empfohlen, das Praktikum an den Schulen
am 1. Oktober beginnen und Mitte März enden zu lassen. Das hätte den Vorteil,
dass die universitäre Begleitung von Anfang an gewährleistet werden kann.
Weiter würde dieses einen größeren zeitlichen Spielraum für die von der
Mehrheit der Studierenden abzulegende Zwischenprüfung unmittelbar vor dem
Praktikum schaffen. Ein weiterer Vorteil der vorgeschlagenen Verschiebung
besteht darin, dass die Studierenden auf diese Weise in den Prozess der
Zeugnisvergabe am Schulhalbjahresende und den Halbjahreswechsel eingebunden
wären, und weiter die Möglichkeit besteht, dass das zweite Unterrichtsvorhaben
entspannt im neuen Schulhalbjahr durchgeführt werden könnte.
Problematisch erscheint, dass gut die Hälfte der Studierenden offenbar
weniger als 16 Stunden an der Praktikumsschule verbrachte (hierzu liegen nur
Daten aus dem zweiten Durchgang vor). Die Richtlinien sehen vor, dass die
Studierenden an unterrichtlichen und schulbezogenen Tätigkeiten im zeitlichen
Umfang von 20 Stunden an der zugewiesenen Schule teilnehmen sollen. Hierbei war
aber auch klar gestellt worden, dass Vorbereitungszeiten sowohl in der Schule
als auch zu Hause stattfinden können, ohne dieses zu quantifizieren.
Die große Mehrheit der Studierenden – über 70% - ist an 4 bez. 5 Tagen in der
Schule. Hier zeigte sich ein Unterschied in den Schulstufen: Sek1-Studierende
gaben häufiger an als die Sek2-Studierenden, dass sie 5 Tage in der Woche in der
Schule verbracht haben (31% gegen 21%).
Empfehlungen:
In den RiLi sollte eine Mindest- und Maximalzeit der Anwesenheit an der
Schule formuliert werden: die Empfehlung liegt bei mindestens 16, höchstens 22
Stunden (mittlere wöchentliche Präsenz in der Schule). Die Anwesenheit sollte
flexibel gehandhabt werden. Vorbereitungszeiten können sowohl in der Schule
als auch zu Hause stattfinden. Besondere schulische Aktivitäten (z.B.
Exkursionen) außerhalb der normalen Schulzeit sollten angerechnet werden.
Die Studierenden erarbeiten (nach Absprache mit den Mentorinnen) einen
(wöchentlichen / monatlichen) schriftlichen Plan, aus dem ihre Anwesenheiten
ersichtlich sind.
Fast die Hälfte der Studierenden, die den Schwerpunkt Sek2 studieren,
absolvierten ihr HP an einer Sek1-Schule. Diese Studierenden bewerteten ihre
Erfahrungen an der Sek1 überwiegend positiv.
Im ersten Durchgang des HP fielen Unterschiede zwischen den Einsatzorten Sek1
und Sek2 bezüglich der Anwesenheit der Studierenden an den Schulen auf. Um
diesen Eindruck zu überprüfen, wurden im zweiten Durchgang weitere Daten
erhoben. Es zeigte sich die Tendenz, dass Studierende mit dem Studienschwerpunkt
Sek2 zeitlich weniger an ihren Praktikumsschulen präsent sind als Studierende
mit dem Schwerpunkt Sek1. Gleiches gilt auch für den tatsächlichen Einsatzort
des HP: Studierende sind an Sek1-Schulen durchschnittlich länger anwesend.
Empfehlungen:
Es ist wünschenswert, dass möglichst viele Studierenden praktische
Erfahrungen in der für sie angrenzenden Schulstufe machen.
Insbesondere sollte gezielt dafür gesorgt werden, dass Studierende mit dem
Studienschwerpunkt Sek2 ihr HP in der Sek1 absolvieren können, da sie hier am
besten erfahren, was Schule und Lehrerberuf bedeuten, und hier mit der ganzen
Bandbreite pädagogischer Fragen und Probleme konfrontiert werden.
Die MentorInnen beklagten am HP vor allem folgende Problembereiche: Den -
bereits genannten - Mangel an Kooperation und Absprache zwischen Universität und
Schule sowie eine defizitäre Betreuung der Studierenden durch die Universität.
Auch die große Belastung der schulischen Ebene wird benannt, dieser Aspekt trat
aber im Verlauf des evaluierten Zeitraums hinter die vorgenannten
Problembereiche eher zurück. Allerdings wurde in Gesprächen deutlich, wie
zeitintensiv die Betreuung der Studierenden ist. Das "Mitlaufen" der
Studierenden über den ganzen Schulalltag bedeutet, dass die Betreuung zeitlich
kaum eingrenzbar ist und insofern auch als ständige aktuelle Anforderung erlebt
wird (Aussage eines Mentors: "Die fressen einen auf mit ihren Fragen"). Dazu
kommt, dass die Betreuung sich nicht auf enge fachliche Fragen beschränkt,
sondern auch den Bereich der persönlichen Eignung und persönlichen Beziehungen
des Studierenden zum schulischen Umfeld mit einschließt.
Nach dem zeitlichen Bedarf für die Betreuung eines/r Studierenden befragt,
waren rund 60% der Meinung, eine Stunde in der Woche sei ausreichend, ca. 40%
halten mehr als eine Stunde für erforderlich.
Die vom Senator für Bildung und Wissenschaft während der Pilotphase im
November 2000 bereits angebotene Entlastung der MentorInnen
(Unterrichtsbefreiung von einer Wochenstunde für je zwei Studierende pro
MentorIn während der Zeit der realen Anwesenheit der Studierenden in der
Praktikumsschule) erscheint vor dem Hintergrund der beschriebenen Belastung
unzureichend.
Empfehlungen:
Eine Entlastung der MentorInnen von einer Wochenstunden
Unterrichtsbefreiung für die Betreuung eines Studierenden für das
Schulhalbjahr, in dem die praktische Phase stattfindet, scheint angemessen zu
sein. Die Betreuung könnte allerdings entschieden effektiviert werden, wenn
ein/e MentorIn jeweils zwei Studierende betreute.
Eine zusätzliche Entlastungsstunde sollte für Kooperation und Fortbildung
an der Universität angesetzt werden.
Die MentrorInnen sollten in Fortbildungsmaßnahmen lernen PraktikantInnen
gezielt auch zu ihrer eigenen Entlastung einzusetzen.
Die große Mehrheit der Studierenden (fast drei Viertel) leisten im Rahmen des
HP Vertretungsunterricht (u.a. in Fällen von Erkrankung von Lehrkräften) und z.T.
in erheblichem Ausmaß (immerhin 8% mehr als 20 Stunden, Daten aus dem zweiten
Durchgang). Durch die Konzeption des HP im Sinne eines Hineinwachsens der
Studierenden in den Schulalltag und durch die hohe Motivation der Studierenden,
selbst Unterricht zu übernehmen, ist zu vermuten, dass auch in weiteren
Durchläufen des HP Vertretungsunterricht von den Studierenden erteilt werden
wird. Sie könnten auch durch eine entsprechende Bedarfslage an den Schulen oder
Einstellung auf Seiten der MentorInnen dazu ermuntert werden.
Die hier bestehende Ambivalenz zwischen der Möglichkeit berufsnaher positiv
motivierender Erfahrung, die Studierende im Rahmen von Vertretungsunterricht
machen können, und den Gefahren - Frustration durch Erfahrung von Scheitern,
Verhinderung einer theoriegeleiteten, reflexiven Praxis zur Entwicklung eines
professionellen Selbst - muss gesehen und bearbeitet werden.
Empfehlungen:
Die hier genannte Problematik müsste insbesondere in den universitären
Begleitveranstaltungen bearbeitet werden.
Vor dem Hintergrund der geschilderten Motivationslage von Studierenden,
sich im HP zu bewähren und möglichst viel Unterricht zu übernehmen, muss in
ihrem Interesse von allen Beteiligten darauf geachtet werden, dass diesen
Wünschen angesichts schulischer Bedarfe und Engpässe nicht leichtfertig
nachgegeben wird.
Ebenso sollte dieses Problemfeld Gegenstand der Kommunikation zwischen
Universität, Schulleitungen und MentorInnen sein, um ein Verständnis für die
Problematik zu entwickeln.
Studierende sollten zu Vertretungsunterricht nur auf freiwilliger Basis
herangezogen werden.
Die Entwicklung und Bewertung von in der Praxis verwendbaren
Unterrichtsmaterialien für Vertretungsunterricht sollte Gegenstand von
vorbereitenden Lehrveranstaltungen sein.
Die Studierenden formulierten eine starke Orientierung auf
selbstorganisiertes gruppenbezogenes Lernen als Unterrichtsform in der Schule.
Allerdings zeigte sich, dass sie sowohl den im HP beobachteten Unterricht der
MentorInnen als auch die eigene Unterrichtspraxis eher als Frontalunterricht
einschätzten, wobei sie ihre eigene Unterrichtsweise als etwas weniger frontal
charakterisierten (diese Tendenz ist im ersten Durchgang stärker gewesen, als im
zweiten).
Vergleicht man darüber hinaus die Charakterisierung des Unterrichts der
MentorInnen in Abhängigkeit zum eigenen, entsteht der Eindruck, dass es zwischen
diesen Einstufungen Zusammenhänge gibt. Die Studierenden, die ihren eigenen
Unterricht eher als Frontalunterricht einschätzen, charakterisieren den
Unterricht ihrer MentorIn auch eher als frontal, zum anderen gibt die Gruppe der
Studierenden, die ihren eigenen Unterricht durch eine hohe Ausprägung freierer
Unterrichtsformen charakterisieren, für den Unterricht der MentorInnen
bewertungen entlang der ganzen Einschätzungsskala ab, d.h. von Frontalunterricht
über zunehmende Schüleraktivitäten bis hin zu selbstorganisiertem Lernen und
Unterricht. Dies kann so interpretiert werden, dass die Studierenden sich
hinsichtlich traditioneller Unterrichtsformen stark an den Mentorinnen
orientieren. Andererseits scheint es für Studierende, die selbst andere Modelle
von Unterricht kennen und schätzen gelernt haben, auch möglich zu sein, in
gewissem Umfang "gegen den Strom" zu schwimmen. Es gibt jedoch auch Monita von
Studierenden, in denen beklagt wird, dass sie ihre Vorstellungen von Unterricht
nicht umsetzen konnten oder durften.
Hier deutet sich ein problematischer Punkt an, der in folgenden Durchgängen
des HP weiter beobachtet und bearbeitet werden muss. Denn es kann sein, dass die
Studierenden – eine längere Zeit in die Alltagsroutine gestellt und unter Druck,
unter den vorfindlichen Bedingungen zu funktionieren – sich an Beispielen
weitgehend frontal erteilten Unterrichts orientieren und die an der Universität
behandelten innovativen Methoden als wenig brauchbar, da in der beobachteten
Realität nicht gut zu verwenden, auf die Seite schieben.
Empfehlungen:
Soll in der Schule von morgen lebenslanges Lernen angebahnt und Unterricht
so gestaltet werden, dass er die Heterogenität von Lerngruppen berücksichtigt
und positiv aufgreift, so müssen die Kompetenzen dazu in der Lehrerausbildung
angelegt werden, d.h. es sollte angestrebt werden, dass PraktikantInnen im HP
ausreichend Gelegenheit haben, selbständig lernende Schülerinnen zu
beobachten, Beispiele für den Umgang mit Heterogenität kennen zu lernen und
von Ihren MentorInnen darüber aufgeklärt zu werden. Alle innovativen
Unterrichtskonzepte, die das Lernen jeder einzelnen SchülerIn im Focus haben,
gehören dazu, wie z. B. die Initiierung von Phasen selbstorganisierten
Lernens, Formen innerer Differenzierung, Projektunterricht, Fördermaßnahmen,
(arbeitsteilige) Gruppenarbeit, Freiarbeit usw.
PraktikantInnen sollten ermutigt und unterstützt werden eigene
Unterrichtsideen oder solche, die in Seminaren der Universität entwickelt
wurden, selbst zu erproben. Es ist wünschenswert, wenn bei der Umsetzung das
know how der Mentorin für Unterrichtsprozesse einfließt, empfehlenswert ist
auch die Durchführung in Form von Coteaching.
Insbesondere in den Vorbereitungs- und Begleitseminaren zum HP könnten
Mentorinnen mit ihren späteren PraktikantInnen innovative Unterrichtseiheiten
erarbeiten und später gemeinsam durchführen, und sich zugleich dabei selbst
dabei fortbilden.
Insgesamt sollten Mentorinnen kontinuierlich darin fortgebildet werden, in
ihrem eigenen Unterricht routinemäßig immer wieder Phasen selbstorganisierten
Lernens ihrer SchülerInnen zu initiieren und der Heterogenität ihrer
Lerngruppen gerecht zu werden.
Für das universitäre Ausbildungskonzept der LehrerInnen-Bildung gibt es
bisher weder eine gemeinsame Verantwortung für die curricularen Inhalte noch ein
akzeptiertes Leitbild, das etwa eine durchgehende Struktur legitimierte. Die
curriculare Gestaltung des Halbjahrespraktikums (Vorbereitung, Begleitung,
Nachbereitung) mit einer ausdrücklichen Orientierung auch auf andere
Praxisfelder als Unterricht sowie auf Überprüfung der eigenen Berufsentscheidung
erfordert allerdings die Entwicklung eines besonders auf diese
Erfahrungsbereiche der Studierenden zugeschnittenen Ausbildungsgesamtkonzepts.
Hochschuldidaktisch ist daher eine inhaltliche Koordination und Akzentuierung
von besonderer Bedeutung: Inhalte von Erziehungswissenschaft, allgemeiner
Didaktik, den Fachwissenschaften und der Fachdidaktiken müssen aufeinander
abgestimmt sein, im besten Fall integriert in eine handlungsanleitende und
reflexive Lern- und Studienkultur, orientiert auf die von den Studierenden
erfahrene Praxis von Unterricht und Schule. Die Pilotphase zeigt, dass die
Studierenden stärker als in anderen Seminaren mit ihrer ganzen Person in die
Lernprozesse involviert waren. Hier sind z.B. universitäre Lernorganisationen
nachgefragt, die stärker auch den gruppendynamischen Prozessen Raum geben,
Teamfähigkeit entwickeln sowie die Verbindung von Inhalten und Methoden
praktizieren.
Empfehlungen:
Es ist sicher zu stellen, dass die vorbereitenden, begleitenden und
auswertenden Lehrveranstaltungen eine curriculare Einheit darstellen (z.B. auf
der Fächerebene), das gilt sowohl vom inhaltlichen Angebot als auch
hinsichtlich der teilnehmenden Studiengruppe.
Es erscheint dringend geboten, ein den Anforderungen
des HP entsprechendes über drei Semester laufendes inhaltliches
Gesamtlehrkonzept zu entwickeln und abzustimmen. Inhalte und Zielsetzungen
sind dabei an im Grundstudium erworbenen Erfahrungen und Orientierungen
anzuknüpfen. An der inhaltlichen Abstimmung, die auch und insbesondere
priorisierte Themenschwerpunkte und Bereiche ausweist, sollten alle
FächervertreterInnen beteiligt werden. Dazu gilt es geeignete Kooperations-
und Leitungsstrukturen zu schaffen, die hierauf bezogen Initiativen
entwickeln und entsprechend Qualität zu sichern vermögen. Die nachstehenden
Komplexe erscheinen als besonders relevant:
- Instrumente, Verfahren und Orientierungen bezogen
auf eine forschende Erschließung von Schulrealität;
- Methoden und Verfahren zur Selbstevaluation und
Selbstreflexion: Rolle als Noch Nicht LehrerIn, als
Nicht-Mehr SchülerIn;
- Konzept der Fähigkeit zu Unterrichten, zusammengesetzt
aus Teilkompetenzen, die einzeln und kleinschrittig
gelernt werden können;
- Entwicklung eines professionellen Selbstkonzepts;
- Widersprüche frontal organisierter Lernprozesse und
selbstorganisierten Unterrichts;
- Formen der Lernstandserhebung und Leistungsbewertung;
- Schutz vor eigener Überforderung;
- Forschungs- und Evaluationsmethoden und Pädagogisches Tagebuch.
Es sollten Formen von über drei Semester orientierten
Lehrveranstaltungsangeboten entwickelt und erprobt werden, in der optimalen
Variante als fächerübergreifender, kerncurricular orientierter Lehrverbund, an
dem sich verschiedene Fächer und die Erziehungswissenschaften mit mehreren
Hochschullehrenden beteiligen, mit gemeinsam geplanten und durchgeführten
Auswertungsphasen (in den angebotenen Studienmodulen der Pilotphase waren dort
im Sinne eines kerncurricularen Angebots inhaltliche Fragen leitend, die für
die Praxis von Schule und Schulentwicklung heute als von besonderer Bedeutung
erscheinen, wie z.B. Umweltbildung und Arbeits- und Berufsorientierung). Darin
eingebunden sollten auch Lehrveranstaltungen sein, die sich unmittelbar auf
das professionelle Selbstkonzept richten (z.B. in Form von Trainee-Angeboten).
Schulstandortbezogene Lernwerkstätten sollten von PraktikantInnen intensiv
genutzt und dabei möglichst von HochschullehrerInnen unterstützt werden, da
sie in der Regel innovative Konzepte und Impulse für Schule und Unterricht
entwickeln, erproben und eine kooperative Struktur aufweisen.
Aufgabe bleibt, das HP und das damit verbundene Lehrangebot weiterhin im
Rahmen eines Gesamtkonzepts der LehrerInnen-Ausbildung und einer darin
eingebundenen Lehre weiterzuverfolgen. Das gilt insbesondere hinsichtlich der
Abstimmung von Grundstudium und Hauptstudium, aber auch insbesondere
hinsichtlich einer zu leistenden Revision des Gesamt-Curriculums.
Die Begleitung des HP im zweiten Fach ist in den Richtlinien nicht
vorgesehen. Andererseits sollen die Studierenden im HP "in jedem der beiden
gewählten Fächer (...) eigene Unterrichtsversuche planen und durchführen" (RiLi
3.3). Die Studierenden waren in der Lösung der sich hieraus ergebenden Fragen
weitgehend auf sich gestellt: Etwa ein Drittel der Studierenden nahm aus eigener
Entscheidung an einer zweiten fachdidaktischen Begleitveranstaltung teil. Zwei
Drittel der befragten Studierenden im ersten Durchgang haben keine Unterstützung
bei der Unterrichtseinheit im zweiten Fach an der Universität erhalten, im
zweiten Durchgang war es die Hälfte. So war die Begleitung im zweiten Fach eher
individuell und eher zufällig gegeben. Die mangelnde Betreuung im zweiten Fach
wurde zum Teil durch günstige Bedingungen an den Schulen ausgeglichen . Diese
Situation empfanden die Studierenden insgesamt jedoch als unbefriedigend.
Wünschenswert wäre, wenn der Besuch einer fachdidaktischen
Begleitveranstaltung im zweiten Fach als obligatorisch festgelegt würde.
Allerdings muss bedacht werden, dass das HP dann zu viele fachdidaktische
Veranstaltungen bindet und im weiteren Verlauf des Studiums kaum noch
fachdidaktische Veranstaltungen besucht werden müssten. Die ursprüngliche
Annahme, dass dieses Problem der fachdidaktischen Begleitung im zweiten Fach
durch ein Team von Hochschullehrenden bewältigt werden könnte, hat sich für
Routinebetrieb als nicht realisierbar erwiesen.
Empfehlungen:
Es ist wünschenswert, dass den Studierenden je zwei fachdidaktische
Veranstaltungen sowohl in der Vorbereitung als auch in der Begleitung
angeboten werden. Die Studienordnungen der Fächer müssten überprüft werden,
inwieweit dieser Anspruch realisierbar ist.
Es muss organisatorisch sichergestellt sein, dass immer zwei
fachdidaktische Veranstaltungen besucht werden können.
11 Planung, Analyse und Durchführung von Unterricht
Hier besteht Klärungsbedarf: Einerseits ist das HP als Ablösung der
traditionellen Unterrichtseinheiten in den beiden gewählten Fächern gedacht.
Andererseits ist der Gedanke der UEs in den RiLi nach wie vor erhalten, wenn von
"Unterrichtsversuchen in jedem der beiden gewählten Fächer" (RiLi 3.3)
gesprochen wird, die im Rahmen des HP geplant und durchgeführt werden sollen.
Obwohl nicht ausdrücklich ausgeführt, ist davon auszugehen, dass es nach wie vor
Aufgabe der Universität ist, Studierende bei der Planung und Durchführung dieser
Unterrichtsversuche anzuleiten. Über diese Unterrichtsversuche hinaus ist aber
daran gedacht, dass die Studierenden eine Lehrkraft "durch ihren Schulalltag
(begleiten)" und im Unterricht unterstützen: "sie übernehmen einzelne
Unterrichtsbestandteile; sie planen und führen eigenen Unterricht durch; sie
beteiligen sich an Aufgabenstellungen und an der Bewertung von Leistungen ..." (RiLi
3.1 a.). Dieses zielt darauf ab, und war auch Praxis im Rahmen des HP, dass die
Studierenden weit über den Umfang der bisherigen UEs ins Unterrichten einbezogen
werden bez. selbst unterrichten, und dass dieses nicht so sehr von einer Planung
vorweg bestimmt wird, sondern von den aktuellen Gegebenheiten des Schulalltags.
Die Frage allerdings, wo, wann und von wem diese Unterrichtserfahrungen mit
den Studierenden vor- und nachbereitet werden sollen, ist nicht geklärt.
Unbestritten ist, das diese standortnah erfolgen sollte. Die MentorInnen sind
für eine anspruchsvolle Anleitung zur Reflexion wie sie in neueren
Lehrerausbildungskonzepten gefordert werden allerdings nicht fortgebildet Die
Universität kann diesem Anspruch wegen zeitlicher und örtlicher Ferne nicht
gerecht werden. Bearbeitet werden können hier nur dokumentierte Erfahrungen
(Berichte, Video- und/oder Audiodokumentationen u.a.). Soweit uns Praxisberichte
vorlagen, ist festzustellen, das die dort vorfindbaren dokumentierten
Reflexionen vielfach unzureichend waren.
Weiter ist unzureichend geklärt, in welchem Verhältnis diese
ad-hoc-Erfahrungen unter der Regie der MentorInnen dann zu den an der
Universität geplanten und ggfs. auch von der Universität in der Durchführung
begleiteten Unterrichtsversuchen stehen. Der Druck des Schulalltags, die
unzureichende Kooperation mit der Universität, die bei den Lehrenden der
Universität wenig ausgeprägte Bereitschaft und Fähigkeit, sich auf
Unterrichtspraxis wirklich einzulassen, sowie die weitgehend fehlende
Qualifikation der schulischen MentorInnen für Aufgaben der
LehrerInnen-Ausbildung wird vermutlich zu dem eher ungünstigen Ergebnis von
vielfachen unreflektierten ad-hoc-Erfahrungen führen.
Die vorgefundene Inkongruenz von Intentionen fachdidaktischer
Lehrerausbildung (Planung, Durchführung von innovativem Fachunterricht)
einerseits und den Ansprüchen der Selbsterprobung und -erfahrungen in dem
zukünftigen Berufsfeld führt vielfach zu überdeckten Konfliktlagen. Universitäre
Lehrveranstaltungen sollten dieses thematisieren bzw. reflektieren. Zudem sollte
dieses auch zum Gegenstand der MentorInnenfortbildung gemacht werden.
Empfehlungen:
Studierende sollten vor Antritt des HP den Nachweis erbringen, dass sie
Kompetenzen in der Analyse und Planung von Unterricht erworben haben. Neben
den Fachdidaktiken sollen insbesondere auch die Erziehungswissenschaften dazu
geeignete Lehrveranstaltungen anbieten.
Es ist erforderlich, Kriterien und Verfahren bezogen auf die
Selbstevaluation der eigenen Unterrichtstätigkeit zu kennen und zu erproben,
insbesondere im Hinblick auf ein verändertes Rollenverständnis von LehrerInnen
(LernanregerInnen). Die vorbereitenden und begleitenden fachdidaktischen
Lehrveranstaltungen des HP unterstützen hinsichtlich der jeweiligen
Gegenstandsbereiche die Planung von Unterrichtsversuchen und geben Anregungen
für die eine forschende Unterrichtspraxis der Studierenden.
Zur Entwicklung eines universitären Curriculums, das die genannten
Elemente enthält und das einen verbindlichen Kanon von Lehrinhalten für die
vorbereitenden und begleitenden Veranstaltungen formuliert, solltene
Erfahrungen und Konzepte der zweiten Ausbildungsphase mit einbezogen werden.
Die MentorInnen leiten die PraktikantInnen in der Planung, Durchführung
und Auswertung ihrer Unterrichtspraxis an in Kooperation und Abstimmung mit
den betreuenden HochschullehrerInnen. Diese Aufgabe ist auch besonders
Gegenstand der fachdidaktischen MentorInnen-Fortbildung, zu der ebenfalls auch
die Kompetenzen aus der zweiten Ausbildungsphase und der Lehrerfortbildung
herangezogen werden sollten.
Damit die Universität sich an der Planung, Analyse und Durchführung von
Unterricht angemessen beteiligen kann sollten die Betreuungsrelationen der
vorbereitenden, begleitenden und nachbereitenden Lehrveranstaltungen hierauf
abgestimmt sein.
12 Hochschullehrende im Praxisfeld Schule und Unterricht
Die Zielsetzungen des Halbjahrespraktikums können nur erreicht werden, wenn
die Hochschullehrenden in die Praxisfelder von Schule und Unterricht selbst
intensiv mit eingebunden sind. Hochschullehrende waren zwar z.T. in
verschiedenen Formen im Praxisfeld des Habjahrespraktikums präsent, angefangen
von der Beratung und Anleitung von Unterrichtspraxis an den jeweiligen
Schulstandorten bis hin zur Begleitung von einzelnen Arbeitssequenzen und
Projekten an den Schulstandorten. Allerdings fanden solche Betreuungsformen noch
zu selten statt. Auch scheint hier ein Umdenken an der Universität notwendig zu
sein, das die LehrerInnenausbildung stärker praxisbezogen konzipiert und davon
Abstand nimmt, die Wissenschaftlichkeit des Lehramtsstudiums mit Praxisferne
gleichzusetzen. Dazu kommt auch, dass eine solche Präsenz für Hochschullehrende
insgesamt sehr arbeits- und zeitaufwändig und vielfach nur schwer zu realisieren
ist. Offenbar ist wenig bekannt, dass Praxisbegleitung – also auch Hospitationen
- im Lehrdeputat angerechnet werden können.
Empfehlungen:
Hochschullehrende sollten die Arbeitsprozesse und das
forschende Lernen der Studierenden vor Ort anleiten.
Es sollten Gruppenhospitationen erprobt werden, um
eine Feedback-Kultur in der Gruppe der Studierenden einzuüben in der
prototypisch unter Anleitung von Hochschullehrenden die Reflexion von
Unterricht durchgeführt wird.
Weiter sollten die Studierenden vor Ort in die
praktische Arbeit mit der Videokamera eingewiesen werden sowie in Methoden
der wissenschaftlichen Videoanalyse; hierdurch können Anschauungsmaterialien
aus der eigenen Praxis für die angeleitete Reflexion im Seminar erstellt
werden sowie Methoden der Diagnostik von Unterricht eingeübt werden.
Die das Halbjahrespraktikum betreuenden
HochschullehrerInnen sollten entsprechend der damit verbundenen spezifischen
Anforderungen hochschuldidaktisch qualifiziert bzw. fortgebildet sein.
13 Halbjahrespraktikum und
Studienverlauf / Regelstudienzeit
Die Konzeption des HP sieht den Besuch von
Lehrveranstaltungen über die erziehungswissenschaftlichen und fachdidaktischen
Begleitveranstaltungen hinaus während des Praktikums nicht vor. Da der Verzicht
auf den Besuch von Lehrveranstaltungen während dieses Semesters es den
Studierenden allerdings sehr erschwert, die Regelstudienzeit von 9 Semestern
einzuhalten, wird hier z.T. der Druck bestehen, trotz hoher Belastung
Veranstaltungen parallel zum HP zu besuchen.
Zwei Drittel der Studierenden besuchten neben den
Begleitveranstaltungen zum Halbjahrespraktikum weitere Lehrveranstaltungen der
Universität z.T. in erheblichem Umfang. Man kann davon ausgehen, dass der Besuch
von Lehrveranstaltungen parallel zum HP und über die
erziehungswissenschaftlichen und fachdidaktischen Begleitveranstaltungen hinaus
in einem gewissen Umfang möglich ist. Die Grenze scheint uns bei zusätzlichen 6
Wochenstunden zu liegen, die ja auch eine entsprechende Vor- und Nachbereitung
erfordern. Die Befragung der Studierenden ergab, dass rund 20% mehr als 6
Wochenstunden absolviert haben, z.T. in einem Maße, bei dem weder ein effektives
Absolvieren des HP, noch ein ernsthaftes Studieren praktikabel erscheint.
In einer Revision der Studienordnungen muss geprüft
werden, ob und in welcher Form der Besuch einiger weniger Lehrveranstaltungen
während des HP empfohlen werden kann.
Eine Einhaltung der Regelstudienzeit (acht Semester + ein Prüfungssemester)
kann nur durch Reduzierung von Pflichtveranstaltungen, Nutzung von
Synergieeffekten und systematischen Einbau des Halbjahrespraktikums in den
Gesamtstudienverlauf erreicht werden. Alternativ müsste die Regelstudienzeit an
der Universität um ein Semester verlängert werden, dies ließe sich
wahrscheinlich nur rechtfertigen, wenn sich damit die Gesamtausbildungszeit für
LehrerInnen nicht verlängerte, d. h. wenn das Halbjahrespraktikum als
vorgezogener Teil des Referendariats verstanden würde, das Referendariat also
auf anderthalb Jahre verkürzt würde. Dieser Lösungsweg wurde in
Baden-Württemberg beschritten, allerdings liegt dort die Gestaltung und
Durchführung des Halbjahrespraktikums im Wesentlichen in den Händen der
Ausbildungsinstitutionen der zweiten Phase.
Der Studienrhythmus ist nach dem Halbjahrespraktikum nicht mehr identisch mit
dem der übrigen Studierenden des Magister- und Diplomstudiums, die nach der
Zwischen- bzw. Vordiplomprüfung weiter an der Universität studieren, ohne ein
Halbjahrespraktikum absolvieren zu müssen. Ein Problem sind insbesondere die
Veranstaltungen, die zweisemestrig angeboten werden. Durch die Dauer des HP über
drei Semester kann es sich ergeben, dass solche Veranstaltungen erst mit
größerer Verspätung angegangen werden können.
Empfehlungen:
Es ist nicht vertretbar, dass eine de facto Verlängerung des Studiums ohne
offizielle Anerkennung bleibt und unter der Hand zu Lasten der Studierenden
stattfindet. Die Studienordnungen für Lehramtsfächer sind zu überarbeiten,
evtl. auch die Prüfungsordnungen.
Es ist zu überprüfen, was von den Studierenden in der vorgegebenen Zeit
tatsächlich geleistet werden kann, der Kanon der Anforderungen wäre
entsprechend zu kürzen bzw. das HP gezielter für die Erfüllung weiterer
Studienanforderungen zu nutzen.
Es ist darauf hinzuwirken, dass die für Lehramtsstudierende vorgesehene
Lehrveranstaltungen auch dann und in der gedachten Reihenfolge angeboten
werden, wenn die Lehramtsstudierenden das Praktikum absolviert haben.
Die Studienordnungen der Lehramtstudiengänge sind zu überarbeiten und auf
die Anforderungen des Halbjahrespraktikums abzustimmen, mit dem Ziel einer
organischen Integration in das Gesamtstudium abzustimmen.
Es hat sich als positiv herausgestellt, den Prozess des HP in einer stabilen
Lerngruppe an der Universität vorzubereiten, zu begleiten und auszuwerten.
Dieses hängt auch damit zusammen, dass die Studierenden stärker als in anderen
Seminaren in ihren praktischen Erfahrungen, die die ganze Person berühren, in
das Thema der Seminare involviert sind. Aus diesem Grund dürften auch
gruppendynamische Prozesse in den HP-Seminaren von größerer Relevanz sein. Als
zeitaufwändig hat sich herausgestellt, dass die Studierenden auf eine Vielzahl
von Schulen verteilt , el und viele Themen und Probleme die behandelt werden
mussten nur für wenige Studierende relevant waren. Dies bedeutete einen
zusätzlichen Kommunikationsaufwand.
Empfehlungen:
In der organisatorischen Abwicklung des HP durch die Universität sollte
soweit als möglich darauf geachtet werden, dass bei der Zuordnung der Schulen
bereits bestehende Arbeitszusammenhänge unter den Studierenden, was die
gemeinsame Vorbereitung angeht, nicht auseinandergerissen werden.
Es sollte darauf geachtet werden, dass pro Schule immer mehrere
Studierende eingeteilt werden, um einen Austausch vor Ort zu ermöglichen.
Weiter wäre es wünschenswert, wenn solche schulbezogenen Studierendengruppen
dieselbe erziehungswissenschaftliche Begleitveranstaltung besuchen und hierzu
auch die MentorInnen dieser Schule einbezogen werden.
Bei der Planung der universitären Veranstaltungen sollte gewährleistet
werden, dass Hochschullehrende, die eine Vorbereitung auf das HP durchführen,
ihrer Studierendengruppe auch die Begleitung sowie die Auswertung anbieten.
Es sollten standortbezogene Lehrveranstaltungen (z.B. in Form von
Lernwerkstätten) erprobt werden. EW-Veranstalter könnten standortbezogene
Angebote bereits vor dem Beginn des HP veröffentlichen.
Bereits in den vorbereitenden Veranstaltungen sollten sich die einer
Schule zugewiesenen Studierenden zu festen Gruppen zusammen schließen und
gemeinsam ihre EW-Seminare besuchen. Dieses sollte von der Universität
unterstützt werden.
Für die Studierenden ergibt sich im HP ein Rollenkonflikt: Als Lernende
sollen sie zu einem relativ frühen Zeitpunkt ihres Studiums den SchülerInnen
gegenüber zumindest zeitweise bereits in die LehrerInnen-Rolle schlüpfen. Die
Studierenden waren im HP im Schulalltag fast durchweg mit weitgehenden Rechten (z.T.
inklusive. Disziplinargewalt) den SchülerInnen gegenüber ausgestattet.
Einerseits also ausgestattet mit den Befugnissen einer Lehrkraft als
Voraussetzung für zeitweilig eigenverantwortlich durchgeführten Unterricht mit
Lernkontrollen, Pausenüberwachung etc., andererseits aber "Noch-Nicht-Lehrer"
und im Rahmen der Universität wieder Lernende. Es erwies sich z. T. als
schwierig für die Studierenden, im Rahmen der universitären
Begleitveranstaltungen wieder auf die Rolle des Lernenden umzuschalten.
Die hohe Zustimmung der Studierenden zu Items, die Angst vor Kontrollverlust
in der Konfrontation mit der Klasse formulieren, zeigt eine entsprechende Sorge,
sich in dem so abgesteckten Feld zu behaupten. Nach den Beobachtungen in den
Seminaren ergab sich, dass die Studierenden vielfach eher nach Standardlösungen
ihrer vorgeblichen Disziplinprobleme fragen und erst nachrangig deren Ursachen
verfolgen.
Empfehlungen:
Diese Thematik (LehrerInnen-Rolle heute, Probleme des Wechsels der Seiten
– vom Schüler zum Lehrer etc.) sollte in den einführenden
erziehungswissenschaftlichen Veranstaltungen theoretisch und praktisch
bearbeitet werden.
Da sich aus Angst vor Kontroll- bzw. Autoritätsverlust die Neigung zu
stark reglementierter Unterrichtsführung ergibt, sollte dieses Thema
ausdrücklich Gegenstand der universitären HP-Seminare sein.
Diese Problematik sollte auch Gegenstand von universitären
Trainee-Veranstaltungen für BerufsanfängerInnen im Lehramt sein.
Die meisten der Studierenden zeigten einen großen Wunsch,
möglichst schnell eigenständig zu unterrichten, sich selbst als Lehrende zu
erproben, die Situation in der Klasse allein zu meistern. Ein hoher Prozentsatz
(mehr als 80%) äußerte den unrealistischen Wunsch, zum Ende des HP gelernt zu
haben, guten Unterricht zu machen. Diese Unterrichtsorientierung scheint von
unterschiedlichen Motiven geleitet zu sein: dem Bedürfnis, möglichst schnell aus
der Rolle des Noch-Nicht-Lehrenden den SchülerInnen gegenüber heraus zu kommen;
zu zeigen, was man schon kann; den Mentor / die Mentorin zu entlasten; das
Gefühl der Blamage, wenn man Unterstützung holt. Der starken Orientierung zu
Unterrichten wurde von den MentorInnen z. T. zu wenig entgegengewirkt, sie wurde
eher noch aufgrund des eigenen Rollen- und Berufsverständnisses verstärkt.
Empfehlungen:
Die Gefahr von überhöhten Erwartungen der
Studierenden an sich selbst sollte in den das HP vorbereitenden und
begleitenden Lehrveranstaltungen thematisiert werden. Es geht hierbei vor
allem darum, ein Verständnis für den Prozess des Unterrichten-Lernens zu
wecken, der sinnvoll nur kleinschrittig und durch die Übernahme, Erprobung
von Teilaufgaben sowie der Reflexion der Durchführung zu bewerkstelligen
ist.
Hochschullehrende und MentorInnen sollen verstärkt
vermitteln, dass erste Unterrichtskompetenz nur ein Anspruch des HP ist und
die Bearbeitung der übrigen in den Richtlinien benannten Inhaltsfelder des
HP einfordern.
Es hat sich gezeigt, dass es für die Studierenden
außerordentlich wichtig ist, eine persönliche Rückmeldung über ihre Tätigkeit im
Praxissemester zu erhalten, die über das tägliche aktuelle Feedback hinaus geht
und auch die Frage nach der Eignung für den LehrerInnen-Beruf berührt. Aufgrund
der täglichen Erfahrung mit den Studierenden wäre dieses eine Aufgabe der
MentorInnen. Da eine solche Rückmeldung eine sensible Angelegenheit ist –
insbesondere, wenn Kritik angebracht oder Zweifel an einer Eignung aufgekommen
sind – und eine hohe Qualifikation in der Beurteilung der Studierenden und ihrer
Lernfortschritte erfordert, müssen die MentorInnen in dieser Beziehung
fortgebildet werden.
Empfehlungen
Die Richtlinien sollten um den Punkt erweitert werden, dass die
Praktikumsschulen bzw. die mit der Betreuung beauftragten MentorInnen am Ende
des HP für den einzelnen Studierenden eine schriftliche Beurteilung abgeben
sollen.
Diese Beurteilung sollte der persönlichen Orientierung des Studierenden
dienen, Hilfe zur Selbstevaluation geben und zum Aufbau einer Feedback-Kultur
beitragen.
Die Beurteilung sollte von den Studierenden nicht im Rahmen der
Anerkennung des HP vorgelegt werden müssen.
Diese Beurteilungstätigkeit muss Gegenstand der Fortbildung der
MentorInnen zu Ausbildungs-Lehrkräften sein. Hierzu sollte auf die Kompetenzen
des LIS zurückgegriffen werden.
In den Richtlinien für Schulpraktische Studien sind vorgesehen, dass die
Studierenden "einen Praktikumsbericht in Form eines pädagogischen Tagebuches"
(Richtlinien, 5.4) erstellen, der nach Abschluss der praktischen Phase des HP
abgegeben werden muss. Diese Formulierung ist missverständlich und hat zu
Unklarheiten geführt. Die zitierte Formulierung ist sinnvoller Weise so zu
verstehen, dass die Studierenden ein Praktikumstagebuch – als Vorstufe für den
Praktikumsbericht - führen sollen, in das sie möglichst zeitnah ihre praktischen
Erfahrungen, Fragen etc. notieren bzw. Materialien sammeln. Auf dieser Grundlage
sollen sie nach Abschluss des Schulpraktikums einen Praktikumsbericht erstellen,
der diese Erfahrungen einordnet, reflektiert und strukturiert. Vom
Organisations- und Praxisbüro Lehrerbildung (OPL) erfolgte hierzu im Oktober
2002 in einer kleinen Informationsbroschüre für die Studierenden zum HP eine
entsprechende Klarstellung.
Problematisch war außerdem, dass es keineswegs selbstverständlich war, dass
die Gestaltung des Praktikumstagebuchs in den Begleitveranstaltungen
angesprochen wurde. Auf dieser Grundlage erstaunt nicht, dass fast zwei Drittel
der Studierenden Unklarheit über die Anforderungen für die Abfassung des
Praktikumstagebuches äußerten. Es erscheint wünschenswert, den Studierenden in
den Begleitveranstaltungen eine Orientierung zu geben für die Sammlung von
Informationen im Laufe des HP, für das Niederschreiben der eigenen Erfahrungen
sowie auch, relativ früh Form und Inhalte des später zu erstellenden
Praktikumsberichtes zu klären, da sich hieraus die Anforderungen an das
Praktikumstagebuchs verdeutlichen lassen.
Die Unklarheiten in der Abfassung von Praktikumstagebuch und
Praktikumsbericht wurden in einer neuerlichen Beschlussfassung des
Ausbildungsausschusses (Mai 2003) auf der Ebene der Richtlinien geklärt. In der
Vergangenheit erwies es sich als schwierig, den Praktikumsbericht "als
pädagogisches Tagebuch" bis zur Auswertungsveranstaltung fertig zu stellen (so
vorgesehen in den Richtlinien, 5.4), sofern diese unmittelbar und in einem Block
– wie in der Pilotphase - an die praktische Phase in der Schule anschließt. Zum
einen lassen die Belastungen durch das laufende HP wenig Zeit zur Abfassung, zum
anderen zeigte sich, dass gerade Auswertungsseminare Reflexionsebenen und
Theoriebezüge sowie notwendige Gliederungshilfen geben können. Dieses mag bei
einer anderen zeitlichen Planung (Auswertungsveranstaltung zu einem späteren
Zeitpunkt oder als Veranstaltung über das ganze Sommersemester) und einer
Erarbeitung der Gestaltung des Berichtes bereits in der Begleitveranstaltung
anders zu handhaben sein.
Eine "fortlaufende, das gesamte Praktikum umfassende Darstellung des
Verlaufs", wie in den Richtlinien in 5.4.a als Teil des Praktikumsberichtes
gefordert, ließ sich nicht realisieren. Stattdessen scheint die exemplarische
Darstellung und Reflexion ausgesuchter Erfahrungen sinnvoller zu sein. Die
ansonsten in 5.4 genannten Inhalte sind dagegen als praktikabel anzusehen.
Empfehlungen:
Anregungen, wie ein Praxistagebuch geführt werden kann, sowie die
Gestaltung und der Charakter des Praktukumsberiches sollten bereits in den
Vorbereitungsveranstaltungen verbindlich angesprochen und geklärt werden,
sowie Gegenstand des erziehungswissenschaftlichen Begleitseminars sein. Das
Praxistagebuch soll insbesondere dazu dienen den Erfahrungs- und Lernprozess
der Studierenden zu dokumentieren und einer weiteren Reflexion zugänglich zu
machen.
Das Praxistagebuch sollte in der Verfügung der Studierenden bleiben und
nicht vorgelegt werden müssen.
Zu den Inhalten des abzugebenden Praktikumsberichtes sollte festgelegt
werden: Rahmenbedingungen der Schule, eine tabellarische Übersicht über den
Verlauf des Praktikums; eine exemplarische detaillierte Darstellung und
erziehungswissenschaftliche Reflexion ausgesuchter Erfahrungen; Darstellung
der Planung, Durchführung und Reflexion der Unterrichtvorhaben in beiden
Fächern.
Die Auswertung des Praktikumsberichtes sollte sich im Gegensatz zur
Beschlusslage des Ausbildungsauschusses (Mai 2003) auf beide
Unterrichtseinheiten beziehen. Dabei ist es sinnvoll, je eine einzelne
Unterrichtsstunde im Kontext der durchgeführten Unterrichtseinheiten vertieft
auszuwerten.
Die Studierenden sollten dazu angeregt werden, den Praktikumsbericht als
Instrument für eine individuelle Schwerpunktsetzung ihrer Praxisreflexion zu
verwenden.
In den Richtlinien sollte den Hochschullehrenden freigestellt werden, den
Zeitpunkt (zur Auswertungsveranstaltung oder danach) festzulegen, zu dem der
Praktikumsbericht abgegeben werden soll. Allerdings müsste eine Endfrist (Ende
September) festgelegt werden.
Der Praktikumsbericht soll von den Veranstaltenden (möglichst
Dozenten-Teams) des besuchten Auswertungsseminars bewertet werden.
Die Studierenden sollten einen Anspruch auf eine differenzierte
Rückmeldung (schriftliche Korrektur und Gespräch) zu ihrem Praktikumsbericht
durch die Hochschullehrenden haben.
In der Lehrveranstaltungsplanung sollte von Anfang an vorgesehen werden,
wo die Studierenden ihr Auswertungsseminar machen können so dass die Betreuung
des Praktikumsberichtes von Beginn an festgelegt werden kann (insbesondere,
damit die Gestaltung und die Anforderungen an den Praktikumsbericht mit den
Lehrenden rechtzeitig abgestimmt werden können und damit die Person, die den
Praktikumsbericht bewertet frühzeitig festgelegt werden kann). Die Bewertung
des Praktikumsberichtes und eine diesbezügliche Beratung soll damit explizit
an das Auswertungsseminar gekoppelt werden.
Mehr als zwei Drittel der Studierenden bejahten die Notwendigkeit einer
universitären Beratungsinstitution für Lehramtsstudierende hinsichtlich
Studienentscheidung, Erfahrungen im HP und Studienablauf. Die Dringlichkeit von
Zeit und Raum für Beratung und Begleitung des Prozesses, in dem
Lehramtsstudierende sich befinden, wurde besonders auch in den intensiven
Gesprächen in und am Rande der Begleitseminare deutlich. Nicht alle Erfahrungen
und Probleme können in Universitätsseminaren bearbeitet werden., Hierzu ist eine
professionelle Beratung erforderlich die auch einen vertraulichen Ort erfordert,
der es ermöglicht die Beurteilung zum Beispiel durch die Schule / MentorInnen
einzubeziehen.
Empfehlungen:
Es sollte im Rahmen der Universität für Lehramtsstudierende eine Beratung
implementiert werden, die vertraulich und personell unabhängig von Stellen
arbeitet, die mit Fragen der Anerkennung des HP bzw. von Leistungsnachweisen
befasst sind. Hier sollten MitarbeiterInnen tätig sein, die über Erfahrungen
in Beratung und Supervision verfügen.
Beratung sollte hier verstanden werden als Unterstützung zur
Selbstevaluation hinsichtlich der Dimensionen Eignung für den
LehrerInnen-Beruf, der dazu erforderlichen psychischen Dispositionen und
Kompetenzen (Selbstwertgefühl, Kommunikationsfähigkeiten etc.) sowie der
weiteren Studienwegsplanung nach dem HP.
Weiter müsste für eine entsprechend einschlägige Beratungsqualifikation
auch bei den MentorInnen gesorgt werden. Dieses sollte Gegenstand der
genannten Fortbildung der MentorInnen sein.
Die Benennung der Notwendigkeit von ausbildungsbegleitender einschlägiger
Beratung von Studierenden hinsichtlich von Eignung, Studienwahlentscheidung
etc. müsste im Rahmen der Überarbeitung der Studienordnungen der Fächer
berücksichtigt werden.