So, es hat Sie also in die schwäbische Diaspora verschlagen?
Verzweifeln Sie nicht, ein faszinierender Landstrich wartet darauf, von Ihnen
entdeckt (und vielleicht sogar geschätzt) zu werden, vorausgesetzt, Sie befolgen
einige wichtige Regeln im Umgang mit den einheimischen Ureinwohnern.
Schon bei der Wegsuche auf der Anreise ('Wo wellat Sie denn
nô, hä?') zeigt sich, der typische Schwabe ist auf der Strasse nur schwer auf
den ersten Blick zu erkennen. Ist doch so mancher 'Schwabe' in Antalya, Bari
oder Belgrad geboren und hat das vermeintliche Hochdeutsch 'beim Daimler am
Band' gelernt.
"Dô fahrat se am beschta glei dô nuff, ond nô dô nieber ond
dann lenks in dui Gass nei, do isch's", heißt ganz einfach "Sie fahren am besten
hier den Berg hinauf, dann in die gezeigte Richtung und biegen anschließend nach
links in die gesuchte Strasse ein".
Sollten Sie ein Haus gekauft oder gemietet haben und
Handwerker benötigen, warne ich vor der sprichwörtlichen schwäbischen
Zuverlässigkeit, 'isch halt halt nemme dees', jedoch wird Sie der eine oder
andere pragmatische Vorschlag überraschen: "Dô gangat mir mit ra schwera Walz
ganz leicht driber".
Mäkeln Sie nicht zu sehr an den Preisen rum 'Warum ist denn
das so teuer?', weil die Antwort in etwa 'Weil i nô nemme so viel d'ra verdiena
dät.!' lauten wird. Ein Schwabe würde zähneknirschend den Preis bezahlen ('Ha,
so an Saukerle'), sich künftig einen billigeren Lieferanten suchen und den
Wucherer nie mehr beehren, was dann auch selbstverständlich für die zweite und
dritte Generation gilt.
Als nächstes gilt es den ersten Gang zum Bäcker und Metzger
heil zu überstehen. Nicht nur, dass es sich hier in aller Regel um die örtliche
Nachrichtenzentrale handelt ('Sie han'ne au nô net hier gsäha, sin Si neu zuzôga?'),
auch die ständige Gefahr verbalen Ungemachs droht!
Des Schwaben liebstes Gebäck: die Laugenbrezel (sagen Sie um
Gottes Willen nicht: 'Breetzel', sondern 'Brätz', das Laugenbrötchen ('Laugawegg'),
der Briegel oder 'Wasserwegg' schmecken köstlich und bestehen nach wie vor gegen
die Flut von 3-Korn-, Fitness-, Quark-Bio- und sonstigen neumodischen 'Glombb'.
Der echte Schwabe 'donkt' sein Frühstück in den Kaffee ein, vor allem wenn es
noch vom Vortag ('altbacha') ist, so werden auch die 'Fiaßla von dera alta Brätz'
wieder geniesbar. Der Schwabe wirft keine Lebensmittel weg ('bei ons derf nix
omkomma') und nimmt dazu bedenkenlos eine Lebensmittelvergiftung in Kauf.
Beim Metzger gibt es 'Wurscht ond Floisch', das Angebot an
guten Wurstsorten ist riesig, von der 'Gelbwurscht', (die innen die Farbe einer
Wasserleiche hat), dem 'Leberkäs' (der anders als in Bayern keinerlei Leber
enthält), dem 'Preßsack', 'Schingawurscht', 'Schwartamaga', 'Bluutwurscht'
(alles typische Sorten) bis hin zum 'Soitawirschtle' (eine Art Frankfurter, aber
mit mehr Wasser) oder 'Beitschaschtegga', dem Landjäger.
Erkundigen Sie sich sofort bei den Nachbarn, wie es um die
Kehrwoche bestellt ist. Dieses wöchentliche Ritual kollektiven Sauberkeitswahns
dient meist weniger dem Kampf gegen Staub und 'Drägg', sondern vor allem dem von
allen 'Gesehen werden' mit Besen, Schrubber und 'Kutterschaufl'. Befolgen Sie
die Anweisungen peinlich genau, bei der Kehrwoche hört der Spaß auf, aber
vermeiden Sie auch unangebrachte Anstrengungen ('Dia wellat ons wohl zeiga, dass
mir Dreggsäu senn !').
Wenn es Ihnen auch nie gelingen wird, richtiges Schwäbisch
'zu schwätza', so sollten Sie doch nach einiger Zeit in der Lage sein, einige
Brocken im einheimischen Idioms einzustreuen, zum Beispiel: 'Wia schbät isch au
?'. A propos, der Schwabe kennt nicht nur die halben oder vollen Stunden, denn
'11 Uhr 15' oder 'Viertel nach elf' heißt bei ihm ganz logisch 'Vierdel Zwelfe'
und '15:45 Uhr' spricht er 'Dreivierdel Viera' aus.
Sehr erfreuliches erwartet Sie in der schwäbischen Küche,
auch wenn sich manches nicht sofort als genießbar erschließt. Gott sei es
geklagt, gibt es fast keine urschwäbische Lokale mehr, in denen die Portionen
ebenso umfangreich sind, wie der Körperumfang der Wirtin und die Qualität von so
hohen Niveau, wie der Schimpfwortschatz der Bedienung.
Daher gibt es nur zwei Möglichkeiten: bitten Sie in der
Nachbarschaft um Tipps oder testen Sie einfach die Lokale in Ihrer Umgebung in
konzentrischen Kreisen. Meist genügt schon ein Blick auf die Speisekarte um die
kulinarische Spreu vom Weizen zu trennen.
Probieren Sie auf jeden Fall einen schwäbischen Rostbraten
(den man leider nur selten in früherer Qualität erhält), mit handgeschabten
Spätzle und einem dunklen Sößle, einfach Spitze. Ganz Mutige versuchen auch den
Rostbraten auf einem Berg von duftendem Filderkraut .
Ein Muss sind auch Maultaschen, eine Art überdimensionaler
Ravioli mit köstlicher Füllung, für die jede schwäbische Hausfrau ein
überliefertes Rezept vorweisen kann. (... und dann doch die industriell
gefertigten Bürger-Maultaschen kauft!). Man isst sie 'gschmälzt', also mit einer
Haube aus in Butter gebräunten Semmelbröseln und einem fast inzestuösen Beilager
aus Kartoffelsalat (nix Maionaise, sondern mit Essig, Öl, Zwiebeln und
Fleischbrühe aufs trefflichste angemacht). Oder aber 'gröschdet', also in
Scheiben geschnitten und mit Ei in der Pfanne gebacken. Oder 'en dr Briah', also
in einer Fleischbrühe gegart und mit frischem Schnittlauch optisch in Form
gebracht.
Wer Innereien mag, der sollte 'saure Nierle' oder 'saure
Läber' probieren, mit hauchdünn geschnittenen Bratkartoffeln und einem
köstlichen Sößle, im übrigen eines meiner Leibgerichte.
Optisch gewöhnungsbedürftig, aber geschmacklich genial, der
'Gaisburger Marsch', ein Eintopf aus gewürfeltem Tafelspitz, Fleischbrühe,
Spätzle, Kartoffeln und Gemüse. Früher ein Arme-Leute-Essen, heute ein Gericht
für fröhliche Runden, beim keiner ruht, bis der Topfboden sichtbar wird.
Gewagt, aber ebenfalls ein Leibgericht in meiner Familie,
'Kartoffelsupp mit Floischkiachla', eine klare Kartoffelsuppe aus festkochenden
Kartoffeln in einer Rinderbrühe und dazu die schwäbische Version der Bulette aus
kräftigem Hack und Zwiebeln, schön 'rösch' gebacken. Manches Nordlicht musste
diesem Gericht schon seinen neidlosen Respekt zollen.
Weitere schwäbische Köstlichkeiten: 'Flädlesupp', eine
Fleischbrühe mit hauchdünn ausgebackenen und in Streifen geschnittenen
Pfannkuchen, 'Soida mit Lensa und Schpätzle', also Saitenwürste (s.o.) mit sauer
zubereiteten Linsen und handgeschabten Spätzle, 'Buabaschpitzla mit Kraut',
Schupfnudeln aus einer Kartoffel/Nudelteigmasse in Filderkraut mit viel
Speckwürfeln, 'Wurschtsalat', ein Vespertraum aus hauchdünnen
Schinkenwurststreifen, angemacht mit Zwiebeln, Essig und Öl, 'Dellarsulz mit
Brot', die schwäbisch-deftige Version der Sülze, 'saure Kuttla', in Streifen
geschnittene Vormagenteile(!) des Rindes, in dunklem Sössle mit Bratkartoffeln
(Mein leider verstorbener Onkel konnte aus diesem, eigentlich unappetitlichen
Gericht, einen wahrhaft kulinarischen Höhepunkt zaubern.).
Beim Trinken herrschen nicht mehr die strengen Sitten der
Vergangenheit, also die strikte Trennung in Wein- (Vierteles-Schotzer) und
Biertrinker. So sehr ich manchmal einen trockenen einheimischen Rotwein liebe,
ebenso schätze in an heißen Tagen ein 'Woiza', ein kühles Weizenbier. Als
restsüße-gewohnte Mosel-Saar-Ruwer-Konsumenten (dieses Cola-Zeugs in
Weinflaschen), wird Ihnen der heimische Wein zuerst sehr trocken bis herb
vorkommen. Aber ganz sicher, es wird eine lebenslange Liebe werden, es gibt
keinen Weg mehr zurück!
Leider übersteigt die Nachfrage, gerade nach Rotwein, die
Produktion und treibt die Preise für einen 'ôständiga Tropfa' in schwindelnde
Höhen ('Dô schmeggts fast nemme'), aber noch gibt es überall ein vielfältiges
Angebot. Wichtig ist, lassen Sie sich keinesfalls von bombastischen Etiketten
und noch bombastischeren Preisen täuschen, die erfreulichsten Tropfen kommen oft
im unscheinbaren Büßergewand einher! Wein wird übrigens geschlotzt (und nicht
getrunken) und ist mäßig genossen auch in größeren Mengen gut bekömmlich.
Vorbei sind die Zeiten, da Tübinger Wein im Ruf stand, ein
Loch in den Magen zu fressen, das nur durch Reutlinger Wein zu kurieren war, bei
dem sich alles (wirklich alles !) wieder zusammenzog.
Baden-Württemberg ist nicht ohne Grund eine der
>übernachtungsstärksten Regionen in Deutschland, es gibt vieles zu entdecken.
Immer lohnend ein Besuch in Stuttgart, sei es um zu bummeln, einzukaufen, sich
kulturell verwöhnen zu lassen (Staatsgalerie, Großes Haus uvm.) oder einfach den
Charme einer Großstadt in einer einzigartigen Talkessellage (Offizieller Slogan:
'Stadt zwischen Wald und Reben' - inoffiziell: 'Stadt zwischen Halt und Gräben')
zu genießen.
Auch andere größere Städte haben Ihren eigenen Reiz:
Karlsruhe mit seinem außergewöhnlichen Verkehrskonzept, Ulm mit einer riesigen
Fußgängerzone und "dem Münster", Heilbronn mit viel Grün und einem sehenswerten
Blick vom Wartberg, Esslingen mit seiner Burg, Schwäbisch Gmünd und
Leonberg mit einem wunderschönen alten Marktplatz, Tübingen als quicklebendige
Stadt in altem Gemäuer ...
Typische Muss-Ziele schwäbischer Klassenfahrten: Die drei
Kaiserberge mit der Ruine Rechberg, Schloss Lichtenstein, die Bären- und
Nebelhöhle, das Hohenzollernschloss in Sigmaringen, die 'raue Alb' bei
Münsingen, aber das können Sie ja in jedem guten Reiseführer nachlesen.
Zum Schluss noch ein wohlgemeinte Ratschläge: Der Schwabe ist
mundfaul, aber nicht auf den Mund gefallen. Er liebt es Dinge kurz und prägnant
auszudrücken (siehe dazu auch 'Schwäbische Sprüche und Lebensweisheiten') und
meint es aber keinesfalls so hart, wie es in Ihren Ohren klingt, vor allem wenn
er schimpft und flucht. Der Schwabe ist vorsichtig und eher zurückhaltend, seine
Freundschaft zu erlangen ist ein Privileg, an dem Sie ständig arbeiten sollten.
Und ganz zum Schluss: Behaupten Sie nie, Florenz sei schöner
als Laichingen oder die Schwaben könnten nicht mit Geld umgehen! Machen Sie
keine vorschnellen Bemerkungen über heimische Weine oder die Kehrwoche! Und
versuchen Sie nie, wirklich nie, auf schwäbisch zu schimpfen.
Vielleicht hilft Ihnen der eine oder andere Tipp, sich dem
Leben im 'Schwôbaländle' besser anzupassen. Also, nix fir ôguat ond bleibat
g'sund!
Sachsen
Wurm aus Sachsen
|||||.
.(o) (o).
..(___)..
...(_)... Güden tog!
...(_)...
..(_)...
.(_).... Isch bin en Hägga aus Lepzsch
.(_).....
.(_)..... un diss iss en selbstprögrammirder
..(_)....
...(_)... bösartscher Compjuderwurm..
....(_)..
....(_)..
...(_).... Da isch noch net sö viel weeß vom Compjuder
..(_)....
...(_)... iss des en manueller Wurm.
.(_)....
..(_)....
..(_)....
...(_)... Also löschen se bidde
...(_)...
....(_).... alle Dadeien von de Festpladde
..(_)....
.(_).....
.(_)......
.(_)..... und schickese den Wurm
.(_).... an alle die se kennen.
..(_)....
..(_)....