Thekla Müller, 19392018 (78 Jahre alt)

Name
Thekla /Müller/
Nachname
Müller
Vornamen
Thekla
Auch bekannt als
Junghans
Geburt
Tod einer väterlichen Großmutter
Tod eines väterlichen Großvaters
Tod eines mütterlichen Großvaters
Tod eines Sohns
um 1986 (46 Jahre alt)
Ursache: Absturz in der Hohen Tatra
Tod eines Sohns
um 1986 (46 Jahre alt)
Ursache: Absturz in der Hohen Tatra
Tod einer Mutter
Bestattung einer Mutter
Tod eines Vaters
Bestattung eines Vaters
Tod eines Ehemanns
Bestattung eines Ehemanns
Tod
Bestattung
Familie mit Eltern
Vater
Müller, Joachim
19092006
Geburt: 28. Mai 1909 30 25 Tschechien
Tod: 10. Mai 2006Deutschland
Mutter
19101997
Geburt: 11. Mai 1910 31 28 Finnland
Tod: 3. Juli 1997Deutschland
sie selbst
Schwester
Vertraulich
Bruder
Vertraulich
Bruder
Vertraulich
Schwester
Vertraulich
Schwester
Vertraulich
Familie mit Helmar Junghans
Ehemann
Junghans, Helmar
19312010
Geburt: 19. Oktober 1931Deutschland
Tod: 16. Mai 2010Deutschland
sie selbst
Sohn
Vertraulich
Sohn
2 Jahre
Sohn
Tochter
Vertraulich
Sohn
Vertraulich
Notiz

Leipzig, am 21. September 2018 - 12:30 Uhr Marienkirche Leipzig-Stötteritz
Liebe Geschwister, liebe Verwandte, liebe Weggefährten unserer Mutter, liebe Trauergemeinde,
als wir am vergangenen Freitag nach dem Tod unserer Mutter zusammensaßen, nahm mein Bruder Burghard das Losungsheft und las die Losung und den Lehrtext vom Donnerstag, dem
13. September, dem Todestag unserer Mutter:Der Herr spricht:Siehe, ich sende einen Engel vor dir her, der dich behüte auf dem Wege und dich bringe an den Ort, den ich bestimmt habe. (2. Mose 23, 20)Der Herr wird mich erlösen von allem Übel und mich retten in mein himmlisches Reich. Ihmsei Ehre. (2. Timotheus 4, 18)
Wir hätten uns alle gewünscht, dass der Engel Gottes unserer Mutter noch länger auf dieser Erde beschützt und begleitet. Sie war so vielen Menschen, insbesondere ihren Kindern und Enkeln, zum Engel geworden. Das hätten wir gern noch etliche Jahre erlebt. Dieses weitere gemeinsame Leben ist uns nun leider nicht mehr vergönnt. So erinnern wir uns mit großer Dankbarkeit an die gemeinsam erlebte Zeit, die durch viele verschiedene Erfahrungen geprägt ist.
Als unsere Mutter am 15. November 1939 in Leipzig geboren wurde, war noch nicht zu ahnen, dass sie hier ihren späteren Lebensmittelpunkt finden würde. Die ersten Monate des Zweiten Weltkrieges waren bei ihrer Geburt in vollem Gange und ihr Vater war schon zum Krieg eingezogen. Jedoch konnte die Familie nach Röcknitz ziehen, wo der Vater später als Pfarrer wirken sollte. Dort war es wesentlich ungefährlicher als in Leipzig, aber der rote Himmel bei den Bombennächten über Leipzig blieb ihr in eindrücklicher Erinnerung.
Nun folgten in den nächsten 16 Jahren fünf weitere Geschwister, die sich immer wieder gern an die Zeit in Röcknitz erinnern, wo deren Eltern beerdigt sind. Bei der jüngsten Schwester rückte sie in die Mutterrolle, weil in dieser Zeit ihre Mutter nicht so dazu die Kraft hatte. Viele Jahrzehnte später fragte ihre Schwiegertochter Marion bei der Geburt ihrer Enke-lin in die Runde: „Welche Erfahrungen man so mit seinem ersten Kind gesammelt habe?“ Da antwortete unsere Mutter: „Die ersten Muttererfahrungen habe sie mit ihrer jüngsten Schwes-ter gesammelt.“
Diese Muttererfahrungen werden ihr ganzes Leben prägen. Wie gewinnen wir zu Lebens-inhalten eine gute emotionale Bindung, sodass wir immer wieder gern darauf zurückgreifen? Mit einer entsprechenden Emotionalität entwickelt sich ein roter Faden, der sich durch viele Lebensereignisse webt. In uns stecken auch andere Impulse, aber unsere Lebensentscheidun-gen richten wir dann oft danach aus, was für uns emotional wichtig ist.
Nach dem Abitur durfte unsere Mutter als Pfarrerstochter nicht direkt Medizin studieren. So nahm sie die Ausbildung zur Krankenschwester im Leipziger Diakonissenkrankenhaus auf.
Inzwischen hatte sie den Theologiestudenten Helmar Junghans aus Affalter kennengelernt. Am Hochzeitstag zu Pfingsten 1960 in Röcknitz stand er in aller Frühe auf und sammelte ei-nen Feldblumenstrauß mit vielen schönen blauen Kornblumen. Nun war aber schon ein klas-sischer Brautstrauß aus Rosen bestellt. Später fand sie es schade, dass sie sich damals für die-sen klassischen Rosenstrauß im Traugottesdienst entschieden hat.
Wenige Monate später erblickte ich das Licht der Welt. Mir folgen in Jahresabständen meine Brüder Eckhard und Sieghard und mit etwas größeren Abständen meine Schwester Katharina und mein Bruder Burghard. Nach meiner Geburt warb das Diakonissenkrankenhaus sie, doch ihre Ausbildung abzuschließen, aber unser Vater konnte sich das nicht vorstellen. Für ihn gehörte eine Mutter zu den Kindern. Diese Haltung entsprach ihrem damaligen Le-bensgefühl und so entschied sie sich nacheinander für uns fünf Kinder.
Mit dem Umzug 1962 nach Stötteritz begann eine intensive Zeit in der Stötteritzer Marien-kirchgemeinde. Dazu gehörten die regelmäßigen Gottesdienstbesuche genauso wie beispiels-weise die Mitarbeit im Besuchsdienst, im Kirchenvorstand, mit der Partnergemeinde Hanno-ver und zuletzt im Tansania-Komitee. Wir Kinder haben alle kirchlichen Angebote von der Christenlehre bis zur Jungen Gemeinde über Kurrende und Posaunenchor genutzt. Viele kirchliche Familienfeste fanden in der Marienkirche statt. Unsere Mutter erfreut sich am neu-en kirchlichen Liedgut und später dann über die Einführung des roten Gesangbuchs „Singt von Hoffnung“, das auch auf die Liedauswahl Einfluss nahm.
In der Ludolf-Colditz-Straße gab es neben dem Haus einen kleinen Schrebergarten. Für sie, die in einem großen Pfarrgarten groß geworden ist, war es nur ein kleiner Ersatz. Einen naturbelassenen Garten zu hegen und zu pflegen, gehörte zu ihren großen Leidenschaften. Später wird sie in dem größeren Schrebergarten in der Naunhofer Straße ihre Kreativität ent-falten und mit vielen Gästen ins Gespräch kommen.
Für uns Kinder hat sie viel und oft auch gleich in Serie genäht. Später wird sie ihre künst-lerischen Fähigkeiten in Quiltarbeiten einbringen.
Anfang der 70-er Jahre wird unser Vater Hochschullehrer für Kirchengeschichte und dar-aus erwachsen verschiedene wissenschaftliche Verpflichtungen an Veröffentlichungen und Tagungen. Damit wird unsere Mutter zur Wissenschaftssekretärin ohne Computer, aber mit Schreibmaschine und Korrekturstift. Aus dem Wissenschaftsbetrieb erwachsen viele intensive persönliche Beziehungen, die auch über den Tod von unserem Vater hinaus Bestand haben werden. Diese Kontakte erweiterten den Horizont weit über die kleinkarierte DDR hinaus und weckten unter den Kindern auch manche Sehnsucht, die erst nach der Wende in Erfüllung gehen konnte. Noch in den letzten DDR-Jahren durfte sie mit Helmar nach Brasilien fahren.
Sie wollte gern noch eine Ausbildung absolvieren. Da getraute sie sich gegenüber dem kla-ren Rollenverständnis von ihrem Mann nur, die Perspektive eines Theologiestudiums aufzu-machen. So nahm sie das Fernstudium in Theologie auf und lehrte auch später wenige Jahre in dieser Ausbildung.
Als die Frau eines Kollegen nach der Geburt für ihr Kind nicht entsprechend sorgen konn-te, kam diesbezüglich eine Anfrage an unserer Mutter. So übernahm unsere Mutter mit ihrer Liebe die Pflege, und so wohnte Ruth Fischer bei uns, bis sie wieder zurückgehen konnte.
Im März 1986 brachen unser Brüder Eckhard und Sieghard zum Winterbergsteigen in die Hohe Tatra auf. Nach der geplanten Rückkehr folgten ungewisse Tage, bis klar war, dass sie tödlich verunglückt sind. Dieser doppelte Tod zerbrach insbesondere ihr Mutterherz. Sie hielt es nicht mehr zuhause aus und ging im Dösener Krankenhaus arbeiten.
Im Jahre 1988 beginnt mit Sarah die Enkelgeneration heranzuwachsen. Sie gibt ihr Anstel-lung auf und wird sich um Sarah kümmern, während die modernen Eltern ihrer Ausbildung und ihrem Beruf nachgehen. Mit ihrer Enkeltochter beginnt sie wieder aufzuleben. Es folgen dann über die Jahre Pelle, Benjamin, Johanna, Paul, Alma, Martha und Leonhard. Die Enkel werden ihr neuer Lebensinhalt.
In den verschiedenen Jahren erleben Wissenschaftler, Bekannte oder Verwandte über meh-rere Monate ihre Gastfreundschaft. In den 90-er Jahren nimmt sie dann ihre Eltern auf und begleitet sie auf ihrem letzten Lebensabschnitt.
Jedoch reißen die Schicksalsschläge in der Familie nicht ab. Nachdem meine Frau Constanze 1999 verstarb, wird sie für meine Kinder Sarah und Benjamin quasi zur Mutter. Sie kommt oft zu uns nach Gohlis und nimmt sich Zeit für ihre Enkelkinder.
Die Familie vom Burghard zieht mit unseren Eltern auf eine Etage in der Gletscherstein-straße. Da haben die Enkel Johanna, Paul und Alma nur einen kurzen Weg zu ihrer Großmut-ter. Unsere Mutter hält auch den Kontakt nach Kanada zu ihrem Enkel Pelle und organisiert entsprechende Reisen.
Nach dem Tod ihres Mannes und unseres Vaters im Jahre 2010 musste sie lernen, ihr Le-ben neu zu organisieren. Dabei half ihr unsere Schwester Katharina.
Mit dem Hausbau der Familie unseres Bruders Burghard in der Strümpellstraße eröffnete sich für sie die Möglichkeit, in einem Familienhaus zu wohnen. Damit ging für sie auch ein Lebenswunsch in Erfüllung.
Dort, wo sie wohnte, kam die Familie gern zusammen. Verwandte und Freunde waren oft zu Gast und es gab lange Gespräche über Gott und die Welt. Besonders die Enkel verwöhnte sie in vielfältiger Weise. Sie gab ihnen Liebe und Geborgenheit, die sich niemand verdienen musste. Aus freiem Herzen nahm sie sich alle Zeit der Welt, wenn es Fragen oder Sorgen gab. Ihre Reserven schienen da unerschöpflich zu sein. Sie freute sich über jeden Besuch. Sie konnte sich nicht vorstellen, irgendwo alleine zu leben.
Am Ende müssen wir Geschwister uns eingestehen: Sie war nicht nur unsere Mutter, sie war die Mutter für viele und wurde dadurch zum Engel für viele. Dafür sind alle, die sie erle-ben durften, sehr dankbar.
Wir fahren auf unterschiedliche Weise durchs Leben. Wie kommen wir zu unserer Be-stimmung, wie entwickeln wir unsere Leidenschaften? Wann eröffnet der Engel Gottes in uns eine sinnvolle Lebensperspektive? Das Naturell unserer Mutter und bestimmte Lebensereig-nisse haben sie immer wieder zu den Kindern geführt. In ihr gab es auch andere Impulse, die sie aber am Ende der Liebe zu den Kindern und Enkeln unterordnete. Sie wünschte sich einen fairen und gerechten Umgang auf der einen Welt und mit der Natur, aber ganz besonders in der Familie. Versöhnung und Vergebung waren ihr sehr wichtig. Probleme sollten mit Güte und Barmherzigkeit gelöst werden.
Ihr Engel führt sie nun zu Gott. Er hat sich dafür einen Ort ausgewählt, der viel von ihrem Leben erzählt: ihren Garten. Sie hatte gerade noch ein paar Äpfel eingesammelt, schloss das Gartentor ab und schob das Fahrrad. Nach wenigen Schritten wird ihr wohl klar, dass es ihr letzter Weg sein wird, der am Ende zu Gott führt. Sie starb wie ihr Mann mit 78 Jahren und mit dem Fahrrad. Wer kennt sie nicht, auch Fahrrad fahrend, durch Stötteritz oder Leipzig? Alles geschah am Abend. Für uns geht die Sonne nach einem Abend am Morgen wieder auf, für sie ging nach diesem Abend die Sonne der Liebe und Geborgenheit Gottes auf. Dann voll-endet Gott an ihr, was er in ihrer Taufe begonnen hat, was sie mit ihrem Glauben, Lieben und Hoffen angestrebt hat.
Lasst uns darauf vertrauen, dass der Engel Gottes auch unser Leben vollenden wird und wir in dem Garten Gottes alle wieder ins Gespräch kommen werden. Auf diese Gesprächsrunde freut sich in besonderer Weise unsere Mutter, Grußmutter und Freundin, wenn alle um sie herum versammelt sind. Bis dahin lasst uns die Liebe und Geborgenheit leben, die unsere Mutter gelebt hat, damit wir ihr dann gute Geschichten erzählen können.
Amen.

Medienobjekt
Thekla Junghans geb. Müller Todesanzeige
Thekla Junghans geb. Müller Todesanzeige
Notiz: 1939 - 2018
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Thekla Junghans geb. Müller Todesanzeige
Thekla Junghans geb. Müller Todesanzeige
Notiz: 1939 - 2018