Aug 292012
 

Die Deutsche Bahn ist erfinderisch, wenn es darum geht, die Konkurrenz zu ärgern. Wer auf leisere Züge umstellt, soll dem Konzern für die Trassennutzung künftig weniger zahlen. Das nützt vor allem: der Deutschen Bahn

Von Jens Tartier

Sie haben wirklich alles versucht. Als für Detthold Aden und Gerald Binz, die Chefs des Mainzer Logistikunternehmens BLG Autorail, die Taufe ihres 1000. flüsterleisen Eisenbahnwaggons anstand, luden sie als Taufpaten Andreas Scheuer ein. Der junge, ehrgeizige CSU-Mann ist parlamentarischer Staatssekretär bei Verkehrsminister Peter Ramsauer. Scheuer fühlte sich geschmeichelt, kam zum Termin nach Mainz und taufte den Waggon auf den originellen Namen „Andreas“.

Aden und Binz hatten Scheuer allerdings nicht ohne Hintergedanken eingeladen. Sie wollten dem Politiker im trauten Gespräch am Gleis ein Problem nahebringen. Es geht mal wieder um die Deutsche Bahn. Die privaten Konkurrenten des Staatskonzerns klagen seit Jahren darüber, dass die DB Netz bei der Vergabe ihrer Trassen die bahneigenen Unternehmen bevorzuge und deren Wettbewerber benachteilige.

In diesem Fall geht es um den Lärmschutz – gerade bei Güterzügen von 600 Metern ein störendes Thema. Die Preise für die Trassen sollen stärker nach der Lautstärke der Züge gestaffelt werden. Nun will die DB Netz aber nur für Waggons, die nach dem 9. Dezember zugelassen werden, günstigere Tarife verlangen.

Flüsterzüge, die schon, rollen, sollen dagegen nicht gefördert werden. „Wir fühlen uns diskriminiert“, sagt BLG-Gesellschafter Binz. Sein Unternehmen habe schon 1024 leise Waggons angeschafft und dafür 135 Mio. Euro ausgegeben. 1275 Wagen sollen es eigentlich noch werden. Die Flüsterzüge haben zum Beispiel Bremsen aus Kunststoff statt Grauguss, was die Instandhaltung teurer macht, und Hartgummipuffer zwischen den klappernden Blechen.

Die Bahn-Tochter DB Schenker Rail habe dagegen noch viele Krachmacher in ihrem Bestand, sagt Binz. Die ganze Branche habe damit gerechnet, dass die bisherigen Investitionen auch belohnt würden. Die Bahn trickse aber nicht hur bei den Trassenpreisen. Zusätzlich wolle sich DB Schenker Rail auch noch die Modernisierung seines alten Wagenparks mit 1 Mrd. Euro aus dem Bundeshaushalt subventionieren lassen.

Ihre gesammelten Beschwerden haben Binz und Aden dem Staatssekretär ins Bordgepäck nach Berlin mitgegeben. Ob sich der Patenonkel für die BLG einsetzen wird, blieb offen. Im Erfolgsfall darf er aber sicher auf dem Containerterminal in Bremerhaven ein bisschen Lokführer spielen.

Financial Times vom 29.08.2012